Aktenzeichen 3 CE 16.2126
Leitsatz
1 Ein Anordnungsanspruch auf Einstellung in den Vorbereitungsdienst als Beamter auf Widerruf ist nicht glaubhaft gemacht, wenn der Bewerber zu einer erforderlichen weiteren amtsärztlichen Untersuchung nicht erscheint und eine positive Eignungsprognose deshalb nicht möglich ist. (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine rückwirkende Einstellung ist ebenso ausgeschlossen (§ 8 Abs. 4 BeamStG) wie eine Ernennung unter der aufschiebenden Bedingung des Nachweises der gesundheitlichen Eignung, weil die beamtenrechtliche Ernennung grundsätzlich bedingungsfeindlich ist (BVerwG BeckRS 2015, 48584). (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 5 E 16.4437 2016-09-30 Bes VGMUENCHEN VG München
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.174,35 Euro festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Antragsteller nicht als Baureferendar – als Beamten auf Widerruf – einzustellen und die darauf gerichtete, unter dem Vorbehalt der gesundheitlichen Eignung stehende Einstellungszusage zu widerrufen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die fristgerecht vorgetragenen Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen zu keiner anderen Beurteilung.
Das Verwaltungsgericht hat die Rechtsgrundlage für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis zutreffend dargestellt. Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Insoweit hat sich der Bewerber der Untersuchung durch einen Amtsarzt zu unterziehen, der gegebenenfalls einen Facharzt hinzuziehen hat. Hier war aufgrund der Einschätzung der Amtsärztin vom 22. August 2016 eine Nachuntersuchung bei einem weiteren, spezialisierten Amtsarzt (Chirurg Dr. W.) vorgesehen. Zu der für den 23. September 2016, 11.00 Uhr festgelegten weiteren Untersuchung beim Referat für Gesundheit und Umwelt der Antragsgegnerin ist der Antragsteller nicht erschienen. Eine positive Eignungsprognose ist damit derzeit nicht möglich.
Soweit der Antragsteller meint, er sei für die angestrebte Stelle gesundheitlich voll geeignet, ihm sei medizinisch völlig unklar, welche weitere Untersuchung noch durchgeführt werden sollte, deren Befunde nicht schon vorgelegen hätten oder Gegenstand der ersten Untersuchung gewesen wären, kann ihm nicht gefolgt werden. Der Hinweis darauf, dass nach der Stellenausschreibung Schwerbehinderte bevorzugt würden und dementsprechend keine besonderen körperlichen Anforderungen erforderlich seien, führt schon deshalb nicht weiter, weil solche besonderen körperlichen Anforderungen von der Antragsgegnerin nicht angeführt worden sind. Bereits der dem Verwaltungsgericht vorgelegte Zwischenbericht der Abteilung und Poliklinik für Sportorthopädie im Klinikum rechts der Isar vom 21. Juli 2016 ergibt erhebliche Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des mehrfach am linken Knie operierten Antragstellers (Arbeitsunfall vom 12.1.1999; MdE 20%; letzte OP am 16.10.2015), wenn dort unter anderem eine näher beschriebene Schmerz-Symptomatik vermerkt ist, „längeres Sitzen ist weiterhin nicht mögl.“ und „AU weiter bis 4.10.2016“. Vor dem Hintergrund, dass dem früheren Arztbericht des Klinikums vom 7. Oktober 2015 zu entnehmen ist, dass der letzten Operation vier Operationen vorausgingen und dem Antragsteller damals ärztlicherseits eine weitergehende Operation (DFO – Osteotomie) empfohlen wurde, ist in keiner Weise glaubhaft gemacht, dass die gesundheitlichen Beschwerden des Antragstellers seiner Einstellung in das Beamtenverhältnis aller Voraussicht nach nicht entgegenstehen werden. Dies bedarf vielmehr eingehender amtsärztlicher Zusatzbegutachtung durch einen fachlich auf chirurgisch-orthopädischem Sachgebiet versierten Amtsarzt.
Die fehlende Feststellung der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers zum vorgesehenen Einstellungszeitpunkt fällt in die Sphäre des Antragstellers. Dies lässt sich nicht dadurch relativieren, dass er sich nach dem Verstreichen des vorgesehenen Einstellungstermins weiter bereit erklärt, sich ergänzend untersuchen zu lassen. Auf die Frage, ob die Antragsgegnerin den Widerruf der Einstellungszusage bereits verfügt hat, als erkennbar wurde, dass der Antragsteller den Termin am 23. September 2016 nicht wahrnehmen wird, dieser Termin selbst aber noch nicht verstrichen war, kommt es ebenfalls nicht an.
Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass es dem Bewerber grundsätzlich zuzumuten sei, sich den organisatorischen Vorgaben des künftigen Dienstherrn unterzuordnen, es sei denn diese seien willkürlich oder dem Bewerber aus wichtigem Grund unzumutbar. Beides ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beschwerde nicht erkennbar. Der Einwand, der Antragsteller habe sich nachhaltig um einen anderen Termin bemüht, führt nicht auf eine willkürliche Terminverweigerung. Dr. W. hat in Emails vom 5. und 9. September 2016 geschildert, dass er im angegebenen Zeitraum (16.9. bis 20.9. ) keinen Termin frei hatte, der Termin am 23. September bereits zusätzlich eingeschoben war und der nächste reguläre Termin erst am 6. November zur Verfügung gestanden hätte. Der Umstand, dass der Antragsteller den für den 22. September 2016 7 Uhr 35 zusammen mit seiner Partnerin gebuchten Urlaubsflug erst (zwei Tage) später hätte antreten können, zeigt keine Unzumutbarkeit der Umbuchung oder des alleine später Nachkommens auf.
Die mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrte rückwirkende Einstellung zum 1. Oktober 2016 ist darüber hinaus nach § 8 Abs. 4 BeamtStG ausgeschlossen. Dem Hilfsantrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Antragsteller seine gesundheitliche Eignung nachweist, zur vorläufigen Einstellung zu verpflichten, konnte ebenfalls nicht stattgegeben werden, da eine Einstellung „unter dem Vorbehalt der nachträglichen Feststellung der gesundheitlichen Eignung“ der Systematik des § 9 BeamtStG, Art. 14 LlbG fremd ist (NdsOVG, B. v. 2.8.2016 – 5 ME 103/16 – DÖD 2016, 284/287). Die beamtenrechtliche Ernennung ist ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt, der aufgrund seiner rechtsgestaltenden Wirkung grundsätzlich bedingungsfeindlich ist (BVerwG, U. v. 23.4.2015 – 2 C 35/13 – juris Rn. 11; U. v. 6.7.1989 – 2 C 52.87 – BVerwGE 82, 196 ). Mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs besteht auch keine Veranlassung, der Antragsgegnerin eine anderweitige Besetzung der ausgeschriebenen Stelle zu untersagen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 5, § 47 GKG (wie Vorinstanz).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).