Aktenzeichen M 24 E 16.32510
Leitsatz
Nicht mit dem Asylverfahren in Zusammenhang stehende Gründe, die zu einer vorübergehenden Aussetzung der Abschiebung führen könnten, sind gegenüber der vollziehenden Ausländerbehörde und nicht gegenüber dem Bundesamt geltend zu machen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Die am … 1988 geborene Antragstellerin ist mazedonische Staatsangehörige islamischen Glaubens und gehört zur Volksgruppe der Albaner. Ihr erstes Asylverfahren wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom … Januar 1995, bestandskräftig seit … Januar 1996, negativ abgeschlossen.
Am … September 2014 reiste sie erneut ins Bundesgebiet ein und beantragte am selben Tag ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Bevor über diesen Antrag entschieden wurde, reiste sie am … November 2014 wieder aus dem Bundesgebiet aus. Nach ihrer erneuten Einreise am … Juli 2015 beantragte sie am … August 2015 wiederum ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
Mit Bescheid vom … April 2016, Az.: 5807867-144, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung (Nr. 2) jeweils als offensichtlich unbegründet ab, lehnte den Antrag auf subsidiären Schutz ab (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bis 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Nr. 4). Zugleich wurde die Antragstellerin aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Anderenfalls würde sie nach Mazedonien oder in einen anderen zu ihrer Aufnahme bereiten oder verpflichteten Staat abgeschoben (Nr. 4). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Nr. 6). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 7). Der von der Ausländerbehörde in einem parallelen Eilverfahren (M 24 E 16. 4192) vorgelegten Behördenakte zufolge wurde dieser Bescheid am … Mai 2016 bestandskräftig.
Mit in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts München vom … Juni 2016 abgeänderten Umverteilungsbescheid vom … März 2016 wurde der Antragstellerin als künftiger Wohnsitz die Ankunfts- und Rückführungseinrichtung (…) in … zugewiesen und eine Umzugsverpflichtung ab … August 2016 ausgesprochen.
Am … August 2016 heiratete die Antragstellerin und beantragte mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom … August 2016 bei der … die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nach § 28 AufenthG, da ihr Ehemann deutscher Staatsangehöriger sei. Die gesetzlichen Voraussetzungen lägen vor, die Antragstellerin spreche fließend deutsch.
Am 26. August 2016 beantragte die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten die vorläufige Aussetzung der Abschiebung und der Vollziehung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom … April 2016.
Obwohl um eilige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gebeten worden sei, ziehe sich die Bearbeitung auf unbestimmte Zeit hin. Solange eine Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt sei, könne die Antragstellerin jederzeit nach Mazedonien abgeschoben werden. Aus diesem Grund benötige sie einen vorläufigen Schutz vor der nach Sachlage drohenden Abschiebung.
Die Antragsgegnerin äußerte sich hierzu nicht und legte auch keine Behördenakten vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten
M 24 E 16.32510, M 24 E 16.4192 und die im Verfahren M 24 E 16.4192 von der Ausländerbehörde vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag gemäß § 123 Abs. 1 VwGO bleibt ohne Erfolg.
1. Auf Antrag kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung u.a. nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Mit dem Eilantrag sind der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund geltend und glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO).
2. Für die Entscheidung über diesen Antrag ist das Verwaltungsgericht … als Gericht der Hauptsache insbesondere örtlich zuständig, weil die Antragstellerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit ihren Aufenthalt nach dem AsylG im Regierungsbezirk Oberbayern (Stadt ……) und damit im Gerichtsbezirk zu nehmen hatte (§ 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO, Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung – AGVwGO). Zur Entscheidung über den Antrag nach § 123 VwGO ist der Berichterstatter als Einzelrichter berufen (§ 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG).
3. Der Antrag hat keinen Erfolg, weil die Antragstellerin im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) einen Anordnungsanspruch gegen die Antragsgegnerin weder geltend noch glaubhaft gemacht hat.
Die Antragstellerin ist aufgrund des bestandskräftigen Bescheides des Bundesamtes vom … April 2016 vollziehbar ausreisepflichtig. Der Vollzug der Abschiebung obliegt der zuständigen Ausländerbehörde. Etwaige – nicht mit dem Asylverfahren in Zusammenhang stehende – Gründe, die zu einer vorübergehenden Aussetzung der Abschiebung führen könnten, wie vorliegend die Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen, sind gegenüber der vollziehenden Ausländerbehörde und nicht gegenüber dem Bundesamt geltend zu machen.
Dass die Antragstellerin einen nach § 71 AsylG wirksamen Asylfolgeantrag gestellt hat, so dass ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO mit dem Inhalt, die Antragsgegnerin zu verpflichten von einer Mitteilung an die Ausländerbehörde gemäß § 71 Abs. 5 AsylG abzusehen bzw. eine solche zu widerrufen, im Raume stehen könnte, wurde vom Bevollmächtigten der Antragstellerin weder dargetan noch ist dies aus der (von der Ausländerbehörde im parallelen Eilverfahren vorgelegten) Ausländerakte ersichtlich. Im Hinblick auf die Sperrwirkung des § 10 Abs. 1 AufenthG dürfte dies mit dem eigentlichen Ziel der Antragstellerin, einen Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu ihrem Ehemann zu erhalten, auch nicht in Einklang stehen.
4. Der Antrag ist mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).