Verwaltungsrecht

Flüchtlingsrecht – Anordnung der Sicherungshaft zwecks Zurückweisung nach § 15 V AufenthG

Aktenzeichen  7 XIV 11/18

Datum:
25.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 55116
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Ingolstadt
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 15 V
AsylVfG § 34a
FamFG § 420 I 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

7 XIV 11/18 2018-01-25 Bes AGINGOLSTADT AG Ingolstadt

Tenor

1. Gegen die Betroffene wird Sicherungshaft zur Zurückweisung bis einschließlich 02.03.2018 angeordnet § 15 V AufenthG.
2. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.

Gründe

I.
Gegen die Betroffene wurde mit Beschluss des AG Kempten vom 01.01.2018 Sicherungshaft zur Sicherung der Zurückweisung bis 27.01.2018 erlassen. Bezüglich des Sachverhalts, der zunächst notwendig erscheinenden Haftdauer, der Haftgründe, der Verhältnismäßigkeit der Haft etc. wird vollumfänglich auf diesen Beschluss verwiesen.
Die beteiligte Ausländerbehörde beantragte am 24.01.2018 gegen die Betroffene die Verlängerung der Zurückweisungshaft bis zur vollzogenen Abschiebung, längstens jedoch bis zum 02.03.2018 anzuordnen. Hinsichtlich der Haftdauer wird auf den Verlängerungsantrag verwiesen.
II.
Im Rahmen der heutigen Vorführung wurde die Betroffene gemäß § 420 I 1 FamFG in der gebotenen Weise vor der Entscheidung rechtliches Gehör gewährt.
Der Haftantrag der beteiligten Ausländerbehörde ist die Betroffene vor der Anhörung übersetzt und damit der gesamte Antragsinhalt bekannt gegeben worden. Ein Abdruck des Antrags ist der Betroffenen überlassen worden. Die Betroffene war in der Lage, sich zu sämtlichen Angaben der beteiligten Behörde zu äußern. Es handelt sich vorliegend um einen überschaubaren Sachverhalt, den die Betroffene vor der Anhörung ausreichend erfassen konnte. Zudem hatte er bereits aufgrund des Erstbeschlusses des AG Kempten Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, die die Ausländerbehörde dem Antrag zugrunde gelegt hat.
Bei der mündlichen Anhörung am 25.01.2018 erklärte die Betroffene:
Ich möchte dazu nichts sagen.
Im Übrigen wird auf die Niederschrift vom heutigen Tag Bezug genommen.
III.
1. Die zuständige Ausländerbehörde hat den Verlängerungsantrag zulässig und ausreichend begründet.
Der vorliegende Haftantrag genügt den Darlegungsanforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BGH vom 15.09.2011, Az V ZB 123/11; vom 10.05.2012, Az V ZB 246/11). 317).
Das Gericht erachtet diese Voraussetzungen unter Bezugnahme auf I. für erfüllt.
Insbesondere hat die Ausländerbehörde auch schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, warum die Verlängerung der Sicherungshaft erforderlich und unverzichtbar ist (vgl. auch BGH vom 12.09.2013, Az V ZB 171/12).
Sie trägt hierzu plausibel folgendes vor:
In Anwendung der Dublin III-VO soll die Betroffene nach Italien zurückgewiesen werden.
Die Gesamtdauer des Verfahrens beläuft sich auf 9 Wochen.
Die bisherigen 4 Wochen Haftdauer der vorläufigen Freiheitsentziehung wurden benötigt für die Bearbeitungszeit bei der Bundespolizei und beim BAMF zwischen Aufgriff und Eingang des Wiederaufnahmegesuchs beim zuständigen Mitgliedsstaat. Sowie die zweiwöchige Antwortfrist des zuständigen Staates, hier Italien.
Nach Zustimmung durch Nichtantworten von Italien zur Übernahme der Person, setzt sich der jetzt beantragte Zeitansatz von 5 Wochen für die endgültige Freiheitsentziehung wie folgt zusammen:
2 Wochen für die Bescheiderstellung und -übersendung durch das BAMF an den Betroffenen, die Rechtsmittelfrist gem. § 34a AsylVfG die dem Betroffenen eingeräumt wird und die Übersendung der Überstellungsdaten durch den zuständigen Mitgliedstaat an Deutschland.
3 Woche für die Organisation der tatsächlichen Überstellung (Flugbuchung, etc.) durch die Bundespolizei. Nach Rücksprache mit der zuständigen Stelle für Flugbuchungen wurde der frühest mögliche Flug nach Italien für den 01.03.2018 gebucht. Ein Tag zusätzlich wird eingeplant, falls der Abflug nicht stattfinden kann oder die Betroffene erneut vorgeführt werden muss, falls sie den Flug nicht antritt.
Es sind keine Umstände ersichtlich, die einer Durchführung der Zurückweisung innerhalb der nächsten 3 Monate aus Gründen entgegenstehen, die die Betroffene nicht zu vertreten hat Dieser Zeitplan ist nachvollziehbar und berücksichtigt die besondere Eilbedürftigkeit. Die Haft wird daher auf die kürzestmögliche Dauer beschränkt.
Die Dauer der angeordneten Haft wird somit von der Behörde glaubhaft mit den für die Organisation und Durchführung der Abschiebung nach Italien notwendigen Erfordernissen, mithin mit der voraussichtlichen Dauer des Rücknahmeverfahrens begründet. Die im Antrag angegebenen einzelnen Zeitspannen sind für die organisatorische Realisierung der Zurückweisung einerseits erforderlich, andererseits aber auch ausreichend und für das Gericht nachvollziehbar.
Sollte das Rücknahmeverfahren vor Ablauf der Frist abgeschlossen sein, so ist die Behörde aufgrund des Beschleunigungsgebots gehalten, die Betroffene unverzüglich abzuschieben, vgl. auch § 62 I 2 AufenthG
2. Im Übrigen liegen Zurückweisungshindernisse nicht vor. Ob die Zurückweisung zu Recht erfolgt, ist nicht vom Haftrichter, sondern von den jeweils zuständigen Verwaltungsgerichten zu entscheiden (BGH vom 25.02.2010, Az V ZB 172/09); Es ist lediglich das Vorliegen einer Zurückweisungsentscheidung zu prüfen, was hier gegeben ist. Bezüglich der Erforderlichkeit nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit wird vollumfänglich auf die Gründe der zu verlängernden Erstentscheidung verwiesen.
3. Ein milderes Mittel als die Inhaftierung der Betroffenen ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist – angesichts des bisherigen Verhaltens des Betroffenen – die Hinterlegung von Ausweispapieren bzw. eine Meldeauflage bzw. die Auflage, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten, vorliegend nicht ausreichend.
Das Verfahren beruht auf den §§ 416, 418, 419, 420, 421, 425 III FamFG.
Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit der Entscheidung beruht auf § 422 Abs. 2 FamFG.

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