Verwaltungsrecht

Führen der Bezeichnung „Gastprofessorin“

Aktenzeichen  7 ZB 15.1582

Datum:
19.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 46979
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayHSchG Art. 66, Art. 103 Abs. 3
BayVwVfG Art. 46, Art. 48
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3

 

Leitsatz

1. Bei der Bezeichnung „Gastprofessorin für Sozialmedizin“ handelt es sich nicht um einen akademischen Grad. (redaktioneller Leitsatz)
2. Mit der „Bestellung“ zur „Gastprofessorin für Sozialmedizin“ wird kein akademischer Grad erworben. Dies berechtigt auch nicht dazu, die Bezeichnung „Professorin“ als Amts- oder Dienstbezeichnung oder als akademische Würde zu führen.  (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

2 K 13.1080 2015-05-20 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Klägerin begehrt, die Bezeichnung „Gastprofessorin für Sozialmedizin“ führen zu dürfen.
Die Ukrainische Freie Universität in München hat die Klägerin mit Urkunde vom 21. November 2011 zur „Gastprofessorin für Sozialmedizin an der Philosophischen Fakultät der Ukrainischen Freien Universität im Rahmen des interdisziplinären Projekts ‚Galizien‘ mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten“ bestellt. Das damalige Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat der Klägerin mit einem Stempelaufdruck auf der beglaubigten Urkunde am 29. November 2011 bescheinigt, dass der in dieser Urkunde verliehene akademische Grad in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Zusatz „der Ukrainischen Freien Universität München“ oder dem abgekürzten Zusatz „UFU“ geführt werden darf.
Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat mit streitgegenständlichem Bescheid vom 22. Juni 2012 den oben genannten Bescheid des Staatsministeriums vom 29. November 2011 zurückgenommen, weil es sich bei der Bezeichnung (bzw. dem „Titel“) „Gastprofessor“ um keinen akademischen Grad handele und die Ukrainische Freie Universität nach Maßgabe der Genehmigung des damaligen Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 16. September 1950 nicht berechtigt sei, mit Wirkung für den allgemeinen Rechtsverkehr die Bezeichnung „Gastprofessor“ zu verleihen. Der Klägerin sei es deshalb künftig nicht gestattet, die Bezeichnung „Gastprofessorin für Sozialmedizin“ zu führen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des Bescheids verwiesen.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg hat die auf Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 22. Juni 2012 gerichtete Klage mit Urteil vom 20. Mai 2015 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird verwiesen.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren geltend, an der Richtigkeit des Urteils bestünden ernstliche Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Rechtssache habe außerdem grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Ukrainische Freie Universität sei berechtigt, die Klägerin zur „Gastprofessorin für Sozialmedizin“ zu bestellen und die „Titel ihrer Lehrkräfte selbstständig und ohne staatliche Einmischung“ zu verleihen. Der Bescheid des Beklagten sei schon deshalb rechtswidrig, weil lediglich die Ukrainische Freie Universität und nicht der Beklagte zuständig und befugt sei, die Bestellung zur Gastprofessorin zurückzunehmen und der Klägerin zu untersagen, die Bezeichnung „Gastprofessorin“ zu führen. Dem Bescheid des Beklagten fehle es ferner an einer Ermächtigungsgrundlage, da die Voraussetzungen des Art. 48 BayVwVfG nicht erfüllt seien. Der Bescheid sei zudem nicht frei von Ermessensfehlern, weil das schutzwürdige Interesse der Klägerin, die Bezeichnung führen zu dürfen, nicht berücksichtigt worden sei. Der Beklagte habe es im Übrigen unterlassen, die Klägerin vor Erlass des Bescheids anzuhören. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Bevollmächtigten der Klägerin vom 24. August 2015 und 1. Dezember 2015 Bezug genommen.
Der Beklagte widersetzt sich dem Begehren der Klägerin.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakten Bezug genommen.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Senat folgt den Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsverfahren ist lediglich ergänzend zu bemerken:
a) Die Ukrainische Freie Universität in München ist nicht berechtigt, der Klägerin mit Wirkung für den allgemeinen Rechtsverkehr die Bezeichnung „Gastprofessorin für Sozialmedizin“ zu verleihen.
Die Ukrainische Freie Universität in München (Universität) ist eine private und staatlich nicht anerkannte, sondern vom damaligen Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus mit Schreiben (KMS) vom 16. September 1950 (lediglich) genehmigte Universität. Sie kann nach der ausdrücklichen Sondervorschrift des Bayerischen Hochschulgesetzes nach Maßgabe der erteilten Genehmigung weiter betrieben werden und das Promotionsrecht und Habilitationsrecht nach dem Rechtszustand zum 1. April 1979 wahrnehmen (vgl. Art. 103 Abs. 3 Bayerisches Hochschulgesetz [BayHSchG] vom 23.5.2006 [GVBl S. 245; BayRS 2210-1-1-K], zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.7.2014 [GVBl S. 286]).
Das KMS vom 16. September 1950 hat die Führung der von der Universität verliehenen akademischen Grade (mit dem Zusatz „der Ukrainischen Freien Universität in München“ oder entsprechender Abkürzung) widerruflich genehmigt (Nr. 4 der KMS) und sich die Genehmigung der an der Universität tätigen Lehrkräfte vorbehalten (Nr. 5 der KMS). Weitergehende Befugnisse hat das KMS vom 16. September 1950 der Universität nicht verliehen. Die Genehmigung umfasst insbesondere nicht das Recht, die „Titel“ der Lehrkräfte „selbstständig und ohne staatliche Einmischung“ zu bestimmen und insbesondere nicht die Befugnis, dem bayerischen Hochschulrecht unbekannte „neue“ akademische Grade oder Titel und Bezeichnungen für Lehrkräfte zu erfinden.
Bei der Bezeichnung „Gastprofessorin für Sozialmedizin“ handelt es sich – wie das Verwaltungsgericht in seiner angefochtenen Entscheidung zutreffend ausführt – nicht um einen akademischen Grad (Art. 66 BayHSchG). Das Verwaltungsgericht hat ebenso zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin nach Maßgabe der einschlägigen Regelungen des Bayerischen Hochschulgesetzes und des Bayerischen Hochschulpersonalgesetzes (BayHSchPG) auch nicht berechtigt ist, die Bezeichnung „Professorin“ als Amts- oder Dienstbezeichnung oder als akademische Würde zu führen. Die von der Universität vorgenommene „Bestellung“ der Klägerin zur „Gastprofessorin für Sozialmedizin“ ändert an dieser Rechtslage nichts.
b) Der Beklagte hat entgegen der Ansicht der Klägerin nicht die von der Universität vorgenommene „Bestellung“ der Klägerin zur „Gastprofessorin für Sozialmedizin“ zurückgenommen, sondern (lediglich) die ersichtlich versehentlich auf der beglaubigten Urkunde vermerkte Bescheinigung, dass die Klägerin den in der Urkunde verliehenen „akademischen Grad“ (mit dem Zusatz „der Ukrainischen Freien Universität München“ oder dem abgekürzten Zusatz „UFU“) führen dürfe. Der Beklagte hat – wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend ausführt – diese offensichtlich zu Unrecht erteilte Bescheinigung auf der Grundlage des Art. 48 BayVwVfG ermessensfehlerfrei zurücknehmen dürfen. Das von der Klägerin geltend gemachte Vertrauen in die Richtigkeit der Bescheinigung besteht schon deshalb nicht, weil die Klägerin mit der „Bestellung“ zur „Gastprofessorin für Sozialmedizin“ keinen akademischen Grad erworben hat. Der Hinweis des Beklagten im Bescheid, dass es der Klägerin deshalb künftig nicht gestattet ist, die Bezeichnung „Gastprofessorin für Sozialmedizin“ zu führen, stellt lediglich klar, dass die Klägerin nach Maßgabe des bayerischen Hochschulrechts nicht berechtigt ist, die Bezeichnung „Professorin“ (mit oder ohne Zusatz) zu führen. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung auch darauf hingewiesen, dass die unterlassene Anhörung der Klägerin vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nicht zur Aufhebung des Verwaltungsakts führt, weil dies die Entscheidung in der Sache offensichtlich nicht beeinflusst hat (Art. 46 BayVwVfG).
2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), weil es sich vorliegend um einen Einzelfall handelt, der keine klärungsbedürftigen Fragen aufwirft.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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