Aktenzeichen M 7 S 17.48142
Leitsatz
1. Die Berufung einer Asylbewerberin in ihrem Asylverfahren auf eine akute Gefahr der Zwangsbeschneidung ihrer Tochter in Nigeria ist nicht möglich, wenn das Asylverfahren der Tochter durch Verfügung von ihrem Asylverfahren ausdrücklich abgetrennt wurde. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Trotz allgemein schwieriger wirtschaftlicher und sozialer Lage in Nigeria ist nicht erkennbar, dass Rückkehrer nach Nigeria grundsätzlich einer lebensbedrohlichen Situation und Gefahr iSv § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG bzw. iSv Art. 3 EMRK unmenschlichen Verhältnissen nach § 60 Abs. 5 AufenthG ausgesetzt wären. Hinsichtlich der Gefährdungslage für alleinerziehende Mütter bei einer Rückkehr nach Nigeria ist jedoch eine Einzelfallbetrachtung geboten, die ein Abschiebungsverbot begründen kann. (Rn. 17 – 20) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 27. September 2017 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. September 2017 – Gesch.Z. … wird angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin, nigerianische Staatsangehörige vom Volk der Issa und christlichen Glaubens, begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen einen ablehnenden Asylbescheid der Antragsgegnerin.
Sie hat ihren Angaben gegenüber der Bundespolizei R. und dem Bundesamt für … (Bundesamt) nach bereits 1990 ihr Heimatland verlassen und bis 2011 in Lybien gelebt, das sie wegen des Krieges nach Italien verlassen habe. Dort habe sie ca. 5 Jahre gelebt. Am 21. Januar 2016 sei sie in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, um hier zu arbeiten, und stellte am 23. August 2016 einen Asylantrag. Dabei gab sie auf Nachfrage an, in Italien einen Asylantrag gestellt habt zu haben, dessen Ausgang ihr nicht bekannt sei. Ihr sei aber eine Aufenthaltsgestattung erteilt worden und sie denke, eine positive Entscheidung erhalten zu haben. Ihre Aufenthaltsgestattung in Italien sei abgelaufen und hätte sie verlängern lassen müssen. Ihr Heimatland habe sie mit 6 Jahren zusammen mit ihrer Mutter verlassen, nachdem ihr Onkel ihren Vater vergiftet habe, um an das Eigentum und den Besitz zu kommen. Ihre Mutter sehr alt, aber von Lybien nach Nigeria zurückgekehrt, und ihre zwei Brüder lebensgefährlich verletzt worden und daran gestorben. Weitere Verwandte habe sie nicht mehr. Als Christin habe sie in Lybien nicht in die Schule gedurft. Sie habe bislang als Friseurin oder Haushälterin gearbeitet, auch Fruchtsäfte hergestellt, in einem Restaurant gearbeitet oder Kinder betreut. In einer Befragung am 23. August 2017 gab sie zunächst an, neue Gründe und Beweismittel, die nicht in einem früheren Verfahren geltend gemacht wurden und ein neues Asylverfahren rechtfertigen sollen, nicht zu haben. In ihrer Anhörung am 6. September 2016 hingegen bejahte sie diese Frage und gab an, dass ihr Ehemann, den sie 2015 in Italien geheiratet habe, versucht habe, sie zu töten. Ihr Ehemann verfolge sie immer noch. Neue Gründe, weshalb sie nicht mehr zurück nach Nigeria könne, habe sie selber nicht, aber ihre Tochter, die in Deutschland eine bessere Zukunft habe.
Mit Verfügung vom 18. August 2017 wurde das Verfahren der Tochter abgetrennt und als Erstantrag weiterbehandelt, während das vorliegende Verfahren der Antragstellerin als Zweitantrag behandelt wurde.
Mit Bescheid vom 21. September 2017, Gesch.-Z. …, lehnte die Antragsgegnerin daraufhin den Asylantrag der Antragstellerin als unzulässig ab (Nr. 1) und verneinte das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (Nr. 2). Der Antragstellerin wurde die Abschiebung nach Nigeria angedroht, falls sie nicht innerhalb einer Woche die Bundesrepublik Deutschland verlasse (Nr. 3). Zur Begründung führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, dass es sich bei dem in der Bundesrepublik Deutschland gestellten Asylantrag um einen Zweitantrag i.S.v. § 71a AsylG handle, nachdem der Antragsteller bereits in einem sicheren Drittstaat gemäß § 26a AsylG erfolglos ein Asylverfahren betrieben habe. Aus einem Schreiben der Questura di Milano ergebe sich, dass der Antragstellerin ihr Pass ausgehändigt worden sei, da ihr zwar kein internationaler Schutz gewährt, aber die Existenz ernsthafter humanitärer Gründe anerkannt worden sei. Durch den von der Antragstellerin eingereichten Aufenthaltstitel ergebe sich zudem die Erteilung aus humanitären Gründen („motivi umanitari“). Das Asylverfahren sei daher in Italien negativ abgeschlossen worden. Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVfG in Bezug auf das Heimatland der Antragstellerin Nigeria lägen nicht vor. Dies habe sie selber angegeben. Die Fluchtgründe hinsichtlich Italien seien für das Asylverfahren in Deutschland nicht relevant. Der Asylantrag sei daher gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG unzulässig. Abschiebungsverbote lägen zudem nicht vor. Die allgemeine schlechte wirtschaftliche und soziale Lage reiche insofern nicht aus. Bei der Antragstellerin handle es sich um eine gesunde und arbeitsfähige junge Frau, die bei einer Rückkehr nach Nigeria dort mindestens das Existenzminimum erreichen könne. Die Abschiebungsandrohung sei nach § 71a Abs. 4 AsylG i.V.m. § 34 Abs. 1 AsylG und § 59 AufenthG zu erlassen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Bescheidsbegründung Bezug genommen.
Am 27. September 2017 erhoben die Bevollmächtigten der Antragstellerin Klage zum Verwaltungsgericht München (M 7 K 17.48141) und beantragen zudem,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Tochter der Antragstellerin bei einer Rückkehr nach Nigeria der akuten Gefahr der Zwangsbeschneidung ausgesetzt werde. Zudem handle es sich bei der Antragstellerin um eine alleinstehende Frau mit ihrem eineinhalbjährigen Kind. Von der problematischen wirtschaftlichen und sozialen Lage seien alleinstehende Frauen besonders betroffen. Die einzige in Nigeria lebende Verwandte sei ihre Mutter, die über 90 Jahre alt sei, werde notdürftig von Nachbarn unterstützt und nicht in der Lage, die Antragstellerin zu unterstützen. Onkel oder Tanten gebe es im Heimatland nicht, die zwei Brüder seien in Lybien verstorben. In vergleichbaren Fällen habe die Antragsgegnerin durchaus ein Abschiebungshindernis bejaht. Insoweit wurden zwei Entscheidungen des Bundesamtes anonymisiert vorgelegt.
Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten auf die in elektronischer Form beigezogene Behördenakte und die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der erhobenen Klage gegen die kraft Gesetzes (§§ 75, 71a Abs. 4 i.V.m. §§ 34, 36 AsylG) sofort vollziehbare Abschiebungsandrohung in Nr. 3 des ablehnenden Asylbescheids der Antragsgegnerin anzuordnen, ist zulässig, insbesondere statthaft und fristgerecht.
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist aufgrund von Zweifeln an der Ablehnung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 5 bzw. 7 AufenthG begründet.
Gemäß § 36 Abs. 4 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden, wenn – gemäß § 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG gemessen am antragstellerischen Vortrag – ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen (§ 71a Abs. 4 AsylG i.V.m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Ernstliche Zweifel liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Abschiebungsandrohung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris Rn. 99 ff.). Von einem Standhalten ist auszugehen, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung sich die Abweisung geradezu aufdrängt (BVerfG, B.v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – juris Rn. 15; B.v. 20.9.2001 – 2 BvR 1392/00 – juris Rn. 17).
Gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids der Antragsgegnerin vom 21. September 2017 bestehen keine ernstliche Zweifel i.S.v. § 71a Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG in Bezug auf die Ablehnung des Asylantrags in Nr. 1 des Bescheids.
Die Einstufung des Asylantrags der Antragstellerin als Zweitantrag i.S.v. § 71a Abs. 1 AsylG i.V.m. § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist nicht zu beanstanden und von den Bevollmächtigten der Antragstellerin auch nicht bestritten worden. Voraussetzung für das Vorliegen eines Zweitantrags ist gemäß § 71a AsylG der erfolglose Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat, für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat (vgl. BayVGH, U. v. 3. Dezember 2015 – 13a B 15.50069 u.a. – juris Rn 24 ff.; BVerwG, U. v. 14. Dezember 2016 – 1 C 4.16 – juris Rn 27 ff; VGH BW, U. v. 29. April 2015 – A 11 S 121/15 – juris Rn 36). Erfolglos abgeschlossen ist ein Asylverfahren in diesem Sinne erst mit der rechtskräftigen negativen Entscheidung – in der Sache -. Die Schlussfolgerung der Antragsgegnerin von den Ausführungen in der – übersetzten – Bescheinigung hinsichtlich der Aushändigung des Reisepasses an die Antragstellerin mit dem Hinweis, dass internationaler Schutz nicht anerkannt worden sei (Bl. 160 f. der Behördenakte), und die Gewährung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen („motivi umanitari“; Bl. 34 der Behördenakte) darauf, dass das Asylverfahren der Antragstellerin erfolglos abgeschlossen wurde, ist nachvollziehbar und schlüssig.
Wiederaufgreifensgründe i.S.v. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG in Bezug auf das Heimatland Nigeria hat die Antragstellerin für sich nicht vorgetragen. Soweit in der Begründung gegenüber dem Gericht auf eine akute Gefahr der Zwangsbeschneidung der Tochter abgestellt wird, kann sich die Antragstellerin in ihrem Asylverfahren hierauf nicht berufen bzw. daraus internationale Schutzbedürftigkeit für sich ableiten. Die Antragsgegnerin hat das Asylverfahren der Tochter von dem der Antragstellerin mit Verfügung vom 18. August 2017 ausdrücklich abgetrennt.
Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes aber auch die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG), zum Gegenstand der Prüfung zu machen. Dies ist zwar der gesetzlichen Regelung des § 36 AsylG nicht ausdrücklich zu entnehmen, jedoch gebieten die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen der Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG die diesbezügliche Berücksichtigung auch im Verfahren nach § 36 AsylG (vgl. zur vergleichbaren Rechtslage nach § 51 Ausländergesetz 1990 BVerfG, U. v. 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 – juris).
Soweit die Antragsgegnerin das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im angegriffenen Bescheid verneint hat, bestehen angesichts der vorliegenden besonderen Situation der Antragstellerin als alleinerziehende Mutter ohne jegliches familiäres und angesichts jahrelanger Abwesenheit auch weiteres soziales Netzwerk ernsthafte Zweifel.
Nach der derzeitigen Erkenntnislage ist die allgemeine wirtschaftliche und soziale Lage für die Mehrheit der Bevölkerung in Nigeria problematisch. Ein staatlich organisiertes Hilfsnetz für Mittellose existiert nicht. Bei den mit der schwierigen ökonomischen Situation verbundenen Gefahren handelt es sich jedoch um Gefahren, die einen Großteil der Bevölkerung in Nigeria betreffen und die für sich keine Verletzung von Art. 3 EMRK i.S.d. Rechtsprechung des EGMR begründen (vgl. BVerwG, B.v. 25.10.2012 – 10 B 16/12 – juris).
Es ist trotz der allgemein schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Lage in Nigeria aber nicht erkennbar, dass Rückkehrer nach Nigeria grundsätzlich einer lebensbedrohlichen Situation und Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bzw. i.S.v. Art. 3 EMRK unmenschlichen Verhältnissen nach § 60 Abs. 5 AufenthG ausgesetzt würde. Die regelmäßige – und auch im vorliegenden Fall getätigte – Annahme der Antragsgegnerin, eine gesunde und arbeitsfähige junge Frau könne bei einer Rückkehr mindestens das Existenzminimun erreichen, ist insoweit nicht ernstlich zweifelhaft.
Allerdings lässt die Argumentation der Antragsgegnerin eine Auseinandersetzung damit vermissen, dass die Antragstellerin bei einer Rückkehr nach Nigeria nicht nur für sich, sondern auch für ihr Kind sorgen muss.
Soweit die Bevollmächtigten der Antragstellerin hinsichtlich der Gefährdungslage für alleinerziehende Mütter bei einer Rückkehr nach Nigeria daher auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts München vom 17. Februar 2014 und 28. April 2014 verweisen, bedarf es einer besonderen Einzelfallbetrachtung. Das Gericht hat in den Verfahren ausgeführt (VG München, U.v. 28.4.2014 – M 21 K 11.30680 – juris Rn 26 ff.; VG München, U.v. 17.2.2014 – 21 K 11.30405 – nicht veröffentlicht), dass es nicht generell davon ausgehe, dass bei alleinstehenden jungen Müttern und ihren Kindern eine Extremgefahr zu prognostizieren sei. Es gebe zwar gerade für alleinstehende Mütter soziale Schwierigkeiten in Nigeria, insbesondere in traditionell geprägten Landesteilen. Jedoch sei in größeren Städten und im Süden des Landes die Akzeptanz vorhanden und steigend. Es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass auch in Nigeria die Möglichkeit bestehe, ökonomisch eigenständig zu leben und auch mit oder ohne Hilfe Dritter zu überleben. Alleine in wenigen besonders gelagerten Einzelfällen komme deshalb ein Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 AufenthG in Betracht (VG München, a.a.O. m.w.N.). Dem schließt sich das Gericht grundsätzlich an.
Bei dieser gebotenen Einzelfallbetrachtung ist vorliegend zu beachten, dass die Antragstellerin bei einer Rückkehr nach Nigeria nach ihrem durchaus schlüssigen und stringenten Vorbringen in allen Anhörungen und Stellungnahmen auf kein familiäres und soziales Netzwerk außer ihrer Mutter zur Unterstützung zurückgreifen können wird. Selbst ihre Mutter wird sie mit 90 Jahren nicht wesentlich unterstützen können, zumal diese nach Angaben der Antragstellerin selber nur notdürftig von Nachbarn unterstützt werde. Auch auf Freunde oder Bekannte wird die Antragstellerin kaum zurückgreifen können, nachdem sie Nigeria bereits 1990 im Alter von 6 Jahren verließ. Hierzu finden sich keine Ausführungen in der Begründung der Antragsgegnerin.
Insofern fehlt es auch einer Auseinandersetzung mit Erwägungen der Antragsgegnerin in anderen Fällen, in denen hingegen Abschiebungsschutz gewährt wurde. So wird in den von den Bevollmächtigten der Antragstellerin anonymisiert vorgelegten Entscheidungen der Antragsgegnerin vom 7. April 2017 (Gesch.Z. …) und 28. April 2017 (Gesch.Z.: …) folgendes ausgeführt:
„Die Antragssteller gehören zur Gruppe der vulnerablen Personen. Die Antragstellerin zu 1) verfügt in Nigeria über keinerlei familiäres Netzwerk. Wie bereits oben erläutert, ist es gerade für alleinstehende Frauen schwierig sich ein Leben am Rande des Existenzminimuns aufzubauen. Dies ist umso mehr der Fall, da die Antragstellerin zu 1) zwei minderjährige Kinder hat, […]. Die Tätigkeit der Antragstellerin zu 1) als Straßenverkäuferin von Tomaten hat bereits vor der Ausreise nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts ausgereicht und sie war auf Lebensmittelhilfen von Seiten der Kirche angewiesen. Daher ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin zu 1) bei einer Rückkehr nicht in der Lage sein wird, den Lebensunterhalt für sich und zwei minderjährige Kinder sicherzustellen. Bei einer Rückkehr nach Nigeria erwartet sie kein familiäres Netzwerk, welches sie in der Anfangszeit unterstützen könnte, außerdem sind ihre beruflichen Perspektiven angesichts ihrer fehlenden schulischen Bildung schlecht“ (Seite 5 des Bescheides des Bundesamtes vom 7. April 2017 – Gesch.Z. …)).
„Die Antragsteller gehören aufgrund ihrer individuellen Situation einer besonders schutzbedürftigen Risikogruppe an, da es ihnen nach den vorgenannten Grundsätzen fast nicht möglich ist, ohne den Schutz der Familienstruktur und ohne finanziellen Rückhalt, sich in Nigeria eine minimale Lebensgrundlage zu schaffen. Die Antragstellerin zu 1) ist als Frau und Mutter der minderjährigen Antragstellerin zu 2) in besonderem Maße gefährdet, das Existenzminimum für sich und ihr Kind nicht bilden zu können. Auch kann die Antragstellerin unter 1. nicht auf die sonst übliche Unterstützung oder Hilfe durch Familienangehörige zählen, da diese selber am Existenzminimum leben.“ (Seite 6 des Bescheides des Bundesamtes vom 28. April 2017 (Gesch.Z. …)).
Die zu prognostizierende Situation der Antragstellerin unterscheidet sich vorliegend zwar insoweit hiervon, als sich die Antragstellerin – zwar ohne Schulbesuch und nur etwas Lesen und Schreiben könnend – durch ihre bisherigen beruflichen Tätigkeiten als Friseurin, Haushälterin, Kinderbetreuerin, Arbeit in einem Restaurant und bei der Fruchtsaftherstellung als durchaus fähig erwiesen hat, sich eine Arbeit zu suchen und für sich aufzukommen. Dies bezieht sich jedoch auf Verhältnisse außerhalb Nigerias. Der Antragstellerin dürften die konkreten nigerianischen Verhältnisse fremd sein, sie kann nicht an bisherige Arbeitsstellen, frühere Kontakte usw. anknüpfen und dürfte sich kaum auskennen. Ob es der Antragstellerin bei den Verhältnissen in Nigeria in ihrem konkreten Einzelfall daher ohne familiäres und soziales Netzwerk und ohne Kenntnis der nigerianischen Verhältnisse gelingen wird, sich ein Leben zumindest am Rande des Existenzminimums aufzubauen, ist durchaus fraglich und zweifelhaft.
Das Gericht sieht nach der summarischen Prüfung die Ablehnung eines entsprechenden Abschiebungsverbots somit als durchaus zweifelhaft an.
Dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).