Verwaltungsrecht

Gesundheitliche Eignung für den Flugdienst der Bundespolizei

Aktenzeichen  6 ZB 15.1933

Datum:
18.8.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 50795
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Anforderungen, denen die Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen müssen, legt der Dienstherr in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Dabei steht ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der jeweiligen Dienstposten zu orientieren hat. Subjektive Rechte der Beamten werden hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Kein Beurteilungsspielraum ist dem Dienstherrn hingegen hinsichtlich der anschließenden Frage eröffnet, ob der einzelne Bewerber den festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt (BVerwG BeckRS 2014, 45916). (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Ausschluss der Fliegertauglichkeit für den Flugdienst der Bundespolizei bei Vorliegen einer Hirnzyste hält sich im Rahmen des Beurteilungsspielraums des Dienstherren, weil er auch geringe Risiken für die Flugsicherheit ausschließen kann. (redaktioneller Leitsatz)
3 Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet nur die einheitliche Behandlung in einem bestimmten Dienstbereich (hier: Bundespolizei). Welche Anforderungen in anderen Bereichen (Bundeswehr) an die Fliegertauglichkeit gestellt werden, ist deshalb unerheblich. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 21 K 13.5758 2015-06-19 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Juni 2015 – M 21 K 13.5758 – wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III.
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils) und des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensfehler) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Zulassung zu dem nächsterreichbaren Lehrgang der Bundespolizei zur Ausbildung von Hubschrauberpiloten bei der Bundespolizei zu Recht abgewiesen. Der Senat bleibt auch für das Hauptsacheverfahren bei der im Eilrechtsschutz gewonnenen Auffassung, dass die Beklagte die gesundheitliche Eignung des Klägers für den Flugdienst der Bundespolizei in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint hat (BayVGH, B. v. 6.5.2014 – 6 CE 14.422); der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf es nicht.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ergeben sich aus den Darlegungen des Klägers nicht.
Solche Zweifel sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B. v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009,3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerwG, B. v. 22.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011,546/548). Das ist vorliegend nicht der Fall.
Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung außer Acht gelassen, dass es weder sachlich noch fachlich gerechtfertigt sei, dass in den Rahmenempfehlungen des Bundesministeriums des Innern vom 19. April 2010 sowie vom 19. September 2013 im Hinblick auf Hubschrauberpiloten der Bundespolizei höhere gesundheitliche Anforderungen gestellt würden, als das beim fliegenden Personal der Bundeswehr der Fall sei. Die beim Kläger festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen seien auch tatsächlich nicht geeignet, eine negative Prognose hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung für den Einsatz als Hubschrauberpilot zu belegen. Mit diesem Vortrag werden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils dargetan.
a) Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen des angestrebten Dienstpostens genügt und sich dort voraussichtlich bewähren wird. Geeignet in diesem Sinne ist nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, B. v. 21.2.1995 – 1 BvR 1397/93 – BVerfGE 92, 140/151).
Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Dabei steht ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der jeweiligen Dienstposten zu orientieren hat. Subjektive Rechte der Beamten werden hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist.
Kein Beurteilungsspielraum ist dem Dienstherrn hingegen hinsichtlich der anschließenden Frage eröffnet, ob der einzelne Bewerber den laufbahnbezogen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Darüber haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Bewertungen des Dienstherrn gebunden zu sein (BVerwG, U. v. 30.10.2013 – 2 C 16.12 – BVerwGE 148, 204 Rn. 18 f.). Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Mit Blick auf den dabei anzuwendenden Prognosemaßstab hat das Bundesverwaltungsgericht – unter Änderung seiner Rechtsprechung – entschieden, dass ein Beamtenbewerber gesundheitlich (erst) dann nicht geeignet ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist (BVerwG, U. v. 25.7.2013 – 2 C 12.11 – BVerwGE 147, 244 ff.). Dieser Prognosemaßstab gilt nicht nur für Bewerber, die die Ernennung zum Probebeamten beanspruchen, sondern auch für Probebeamte, die in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen werden wollen (BVerwG, U. v. 30.10.2013 – 2 C 16.12 – BVerwGE 148, 204 Rn. 22).
b) Gemessen an diesem Maßstab ist die Entscheidung der Beklagten, den Kläger mangels gesundheitlicher Eignung nicht zum Lehrgang der Bundespolizei zur Ausbildung von Hubschrauberpiloten und Flugtechniker zuzulassen und damit von der entsprechenden besonderen Fachverwendung (im Flugdienst als Pilot gemäß § 12 BPolLV i. V. mit Anlage 2) auszuschließen, rechtlich nicht zu beanstanden.
Das ergibt sich bereits aus dem – insoweit unstreitigen – Befund einer intrasellären Hirnzyste, was nach der „Rahmenempfehlung des Bundesministeriums des Innern für die Untersuchung von Polizeivollzugsbeamtinnen/-beamten für den Flugdienst der Bundespolizei“ vom 19. April 2010 Az. B 1 – 666 307/12, zuletzt geändert durch Schreiben vom 19. September 2013 Az. Z II 2 – 30112/3, die Fliegertauglichkeit für den Flugdienst bei der Bundespolizei ausschließt. Auf die Folgen aus der beim Kläger ebenfalls festgestellten Beeinträchtigungen der Wirbelsäule kommt es daher nicht streitentscheidend an.
aa) Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass der Dienstherr – im Rahmen der ihm insoweit zukommenden Organisationsgewalt – die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers für die Fachverwendung als Pilot im Flugdienst der Bundespolizei (Fliegertauglichkeit) bereits beim bloßen Vorhandensein einer Hirnzyste auch ohne aktuelle Symptome verneint. Die darin zum Ausdruck kommende Prognose und Risikoabschätzung sind an den Besonderheiten dieser Fachverwendung orientiert, ohne den Zugang zu ihr in einer nicht mehr zu rechtfertigenden Weise zu erschweren.
Hirnzysten sind abgegrenzte Hohlräume im Hirngewebe, die entweder inhaltslos oder aber auch flüssigkeitsgefüllt sein können. Sie sind generell gutartig und häufig nur ein Zufallsbefund bei offensichtlich gesunden Personen. Die Symptome, die durch Hirnzysten insbesondere bei einer Größenzunahme hervorgerufen werden können (keineswegs müssen), sind sehr variabel. Mögliche Symptome sind Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Übelkeit, Krampfanfälle und Bewusstseinsstörungen. Hirnzysten können aber auch zu motorischen Ausfällen, d. h. zu Lähmungserscheinungen, Koordinationsproblemen und Schwierigkeiten in der Abfolge von Bewegungsabläufen führen. Nicht zuletzt sind auch Sprach- und Sehstörungen möglich. In der flugmedizinischen Literatur werden Hirnzysten, wie bereits seitens des polizeiärztlichen Dienstes in der Stellungnahme von Frau Dr. B. vom 6. Dezember 2013 hervorgehoben wurde (VGH-Akt 6 CE 14.422 Bl. 46 f.), kontrovers diskutiert; denn es gibt keine zuverlässigen Daten für eine Prognose, welcher Träger einer Zyste mit welcher Wahrscheinlichkeit überhaupt und ggf. in welcher Form symptomatisch wird. Aus flugmedizinischer Sicht wird es gleichwohl für den Bereich der Bundeswehr angesichts des erheblichen pathogenen Potentials und des grundsätzlich strengen Maßstabs, den die dort maßgebliche Verwaltungsvorschrift ZDv 46/6 vor allem bei Erstbewerbern anlegt, als gerechtfertigt angesehen, Zystenträger grundsätzlich von der Wehrfliegerverwendungsfähigkeit (WFV) auszuschließen und bei Sondergenehmigungen einen strengen Maßstab anzulegen (Pongratz , Kompendium der Flugmedizin, 2006, 18-256). Die Tauglichkeit wird, wie Frau Dr. B. hervorgehoben hat, nur mit einer Sondergenehmigung mit Einschränkung und Auflagen für ein Jahr befürwortet, wobei sie bei Größenzunahme in jährlich durchzuführenden Kontrolluntersuchungen wieder erlischt.
Vor diesem Hintergrund ist die Einstufung einer Hirnzyste als Ausschlusskriterium für die Fliegertauglichkeit bei der Bundespolizei von der Organisationsgewalt des Dienstherrn ohne weiteres gerechtfertigt, auch wenn das Risiko, dass sie die genannten Symptome verursacht, mehr oder weniger gering ist. Das ergibt sich zum einen aus dem gewichtigen öffentlichen Interesse daran, Risiken für die Flugsicherheit möglichst auszuschließen. Angesichts der großen Verantwortung, die ein Pilot der Bundespolizei im Einsatz nicht nur für sich und seine Crew trägt, sondern auch für die Bevölkerung der zu überfliegenden, meist dicht besiedelten innerdeutschen Gebiete, liegt es auf der Hand, dass bereits eine geringe Wahrscheinlichkeit von erheblichen gesundheitlichen Störungen, die aus behandelnder medizinischer Sicht zu vernachlässigen wäre, unter dem Blickwinkel der Flugsicherheit ausgeschlossen werden darf. Hinzu kommt das berechtigte Interesse des Dienstherrn, von der aufwändigen Ausbildung für eine besondere Fachverwendung einen „Risikopersonenkreis“ auszunehmen, der möglicherweise akute gesundheitliche Beeinträchtigungen mit einem hohen Gefahrenpotential entwickelt, jedenfalls aber jährlich auf etwaige Veränderungen der Hirnzyste untersucht werden müsste. Demgegenüber muss das Interesse der betroffenen Personen an einem Zugang zu der Fachverwendung als Pilot zurücktreten. Das gilt umso mehr als die Polizeidienstfähigkeit und der Zugang zu den übrigen Verwendungen des Polizeivollzugsdienstes uneingeschränkt erhalten bleibt.
Keine abweichende Beurteilung zugunsten des Klägers folgt aus der eingangs genannten neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum maßgeblichen Prognosemaßstab. Diese Rechtsprechung (BVerwG, U. v. 25.7.2013 – 2 C 12.11 – BVerwGE 147, 244 ff., und U. v. 30.10.2013 – 2 C 16.12 – BVerwGE 148, 204 ff.) betrifft nicht die hier inmitten stehenden rechtlichen Grenzen, die der Organisationsgewalt des Dienstherrn bei Festlegung der körperlichen Anforderungen (keine Hirnzyste) für die besondere Fachverwendung als Pilot gezogen sind, sondern erst die sich daran anschließende Frage, ob der einzelne Bewerber diesen Anforderungen voraussichtlich genügen wird. Im Übrigen steht nicht das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestand des Beamten im Vordergrund. Vielmehr geht es um die Feststellung der Befähigung des Bewerbers im Hinblick auf ein spezielles, besonders gefahrgeneigtes Aufgabengebiet. In diesem Zusammenhang ist in den Blick zu nehmen, dass eine Verpflichtung des Dienstherrn zur Vermeidung (unnötiger) gesundheitlicher Risiken für den jeweiligen Beamten und darüber hinaus für die Bevölkerung besteht. In solchen Fällen kann es auch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts gerechtfertigt sein, die Eignung eines im Zeitpunkt der Einstellungsuntersuchung grundsätzlich dienstfähigen Beamtenbewerbers bereits im Hinblick auf dessen Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe zu verneinen, da sich die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für die von ihm angestrebte Verwendung nicht nur auf den gegenwärtigen Stand, sondern auch auf die künftige Tätigkeit bezieht und eine Prognose enthält, die eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers im Hinblick auf die konkrete angestrebte Tätigkeit verlangt; diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber zu messen sind (BVerwG, U. v. 25.7.2013 – 2 C 12.11 – BVerwGE 147, 244 Rn. 12 f.).
bb) Ebenfalls nicht überzeugen kann der Einwand des Klägers, die Rahmenempfehlung des Bundesministeriums des Innern verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG), weil die Frage, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen ein Auswahlhindernis darstellten, für den Flugdienst in der Bundespolizei und in der Bundeswehr unterschiedlich beantwortet würde. Das ergibt sich schon daraus, dass der Kläger im Rahmen seiner Untersuchung beim flugmedizinischen Institut der Luftwaffe lediglich die – zudem eingeschränkte – Bescheinigung seiner Flugtauglichkeit hinsichtlich ziviler Standards erhalten hat. Daraus kann nicht geschlussfolgert werden, dass er die vollständigen medizinischen Voraussetzungen für eine dauerhafte Verwendung als Militärpilot bei der Bundeswehr erfüllen würde und dort für eine entsprechende Ausbildung zugelassen worden wäre. Vielmehr hat das Flugmedizinische Institut der Luftwaffe in seinem neurologischen und psychiatrischen Gutachten vom 29. Juli 2013 ausdrücklich bemerkt, dass der beim Kläger erfolgte Nachweis einer großen intrasellären Zyste die Wehrfliegerverwendungsfähigkeit gemäß ZDV 46/6 im Grundsatz ausschließt.
Im Übrigen vermittelt Art. 3 Abs. 1 GG einen Anspruch auf Gleichbehandlung nur für gleiche Sachverhalte. Das bedeutet, dass ein Dienstherr (nur) sicherstellen muss, dass alle Bewerber in einem bestimmten Dienstbereich (hier Bundespolizei) einheitlich und gleichmäßig behandelt werden; das ist vorliegend der Fall, nachdem Frau Dr. B. in ihrer Stellungnahme vom 6. Dezember 2013 unwidersprochen ausgeführt hat, dass bisher alle Bewerber für die Bundespolizei-Fliegergruppe, bei denen eine Zyste im Gehirn entdeckt wurde, als untauglich bewertet wurden. Selbst wenn bei der Bundeswehr die Anforderungsprofile möglicherweise nicht ganz so „streng“ sein sollten, könnte der Kläger daraus für sich nichts herleiten.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen. Entgegen der Rüge des Klägers hat das Verwaltungsgericht den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag betreffend die medizinische Bewertung der Hirnzyste ohne Rechtsfehler abgelehnt; auf den Beweisantrag zur asymptomatischen Bandscheibendehydration kommt es nicht entscheidungserheblich an.
Der Kläger beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass aus der Lage der Zyste im Gehirn des Klägers sowie deren Beschaffenheit und zudem aus der Tatsache, dass die Zyste sich in den letzten zwei Jahren nicht verändert habe, zu schließen sei, dass diese Zyste angeboren und bei solchen angeborenen Zysten nicht mit Veränderungen und damit auch künftig nicht mit gesundheitlichen Problemen zu rechnen sei. Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag laut Niederschrift über die mündliche Verhandlung mit der Begründung abgelehnt, dass keine fundierten Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Beklagte durch ihren ärztlichen Dienst eine medizinisch fragwürdige oder gar unvertretbare Einstufung vorgenommen haben könnte und es sich daher um einen unzulässigen Beweisermittlungsantrag handle. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Beweisanträge der Prozessbeteiligten nach § 86 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind unsubstantiiert und als Ausforschungsbegehren unzulässig, wenn sie dazu dienen sollen, Behauptungen und Vermutungen zu stützen, die erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage erhoben werden. Einem Prozessbeteiligten ist es verwehrt, unter formalem Beweisantritt Behauptungen aufzustellen, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (BVerwG, B. v. 13.6.2007 – 4 BN 6.07 – juris; BayVGH, B. v. 25.2.2016 – 3 ZB 13.2198 – juris, Rn. 4 m. w. N.).
Gemessen daran war die Ablehnung des Beweisantrags nicht verfahrensfehlerhaft. Denn die dem Beweisantrag zugrunde liegende Behauptung des Klägers, bei der bei ihm entdeckten Zyste sei, weil angeboren, nicht mit Veränderungen zu rechnen, erfolgte ersichtlich ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“. Sie steht in Widerspruch zu dem vom Kläger selbst eingeholten Befundbericht von Frau Dr. K. vom 9. Juni 2015, in dem das Vorhandensein einer „vorbekannten“ und im Vergleich zur Voruntersuchung 2013 unveränderten Hypophysenzyste bestätigt, zugleich aber ausdrücklich empfohlen wird, diese in zwei Jahren kernspintomographisch zu kontrollieren. Eine solche Kontrolle wäre entbehrlich, könnten Veränderungen ausgeschlossen werden. Im Übrigen ist die unter Beweis gestellte Behauptung nicht erheblich für die zur Entscheidung stehende Frage, ob der Dienstherr das Vorhandensein einer Hirnzyste allgemein und unabhängig von der Risikoabschätzung im Einzelfall als Ausschlusskriterium für die Fliegertauglichkeit werten darf.
3. Der Zulassungsantrag war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen