Aktenzeichen 3 ZB 19.601
BayVwVfG Art. 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Art. 43 Abs. 3, Art. 44 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, Art. 48
BayHLeistBV § 4, § 6 Abs. 2
BGB § 242, § 814
BeamtStG § 33 Abs. 1 S. 2, § 34 S. 2, § 48
Leitsatz
1. Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist neben § 48 BeamtStG nicht ausgeschlossen. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Voraussetzungen des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs entsprechen denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs und sind verschuldensunabhängig. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Erstattungspflicht im Rahmen des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs entfällt regelmäßig dann, wenn das private Vertrauensschutzinteresse das öffentliche Interesse an der Wiederherstellung einer dem Gesetz entsprechenden Vermögenslage überwiegt. Auf Vertrauensschutz kann der Veursacher eines nichtigen Verwaltungsakts sich nicht berufen. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
4. Hat ein Verwaltungsakt Selbstbegünstigung und Entscheidung in unmittelbar eigener Sache zum Gegenstand, so ist im Lichte der rechtsstaatlichen Tradition grundsätzlich Nichtigkeit anzunehmen, die nur in besonderen Fällen ausscheiden kann. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
5. Auf den Rechtsgedanken des § 814 1. Alt. BGB, wonach das zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden kann, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet ist, kann sich nicht berufen, wer sich als Leistender und Empfänger in einer Person rechtsmissbräuchlich und treuwidrig verhalten hat. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 5 K 17.2446 2019-02-06 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 6.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger, der bis zur Beendigung seines Beamtenverhältnisses nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG als verbeamteter Professor (Besoldungsgruppe W 3) und (bis 30.9.2014) Präsident der Hochschule für Musik und Theater M. (Hochschule) im Dienst des Beklagten stand, seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids der Hochschule vom 21. Dezember 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 16. Mai 2017 weiter, mit dem die ihm im Kalenderjahr 2013 ausgezahlten besonderen Leistungsbezüge (Art. 71 BayBesG i.V.m. § 4 BayHLeistBV) in Höhe von 6.000,00 Euro zurückfordert wurden.
Mit Urteil vom 6. Februar 2019 hat das Verwaltungsgericht die dagegen erhobene Anfechtungsklage abgewiesen. Die Hochschule stütze ihre Rückforderung zu Recht auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, so dass die Prüfung eines Schadensersatzanspruches nach § 48 BeamtStG nicht mehr entscheidungserheblich sei. Die streitgegenständliche Einmalzahlung sei ohne Rechtsgrund erfolgt. Die Mitteilung des Kanzlers der Hochschule an das Landesamt für Finanzen vom 12. November 2013 mit der Bitte, die entsprechenden Verbuchungen vorzunehmen, stelle eine bloße Auszahlungsanordnung dar, die einen Rechtsgrund voraussetze. Das hierfür gemäß § 6 Abs. 2 BayHLeistBV zuständige Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (Staatsministerium) habe weder vor noch nach dieser Auszahlungsanordnung Hochschulleistungsbezüge an den Kläger gewährt. Die mit dem vom Kläger unterzeichneten, an ihn selbst adressierten Schreiben vom 22. November 2013 erfolgte Gewährung der besonderen Leistungsbezüge sei nichtig und unwirksam. Indem er in eigener Sache gehandelt und sich selbst die Bezüge gewährt habe, habe er gegen den Grundsatz unparteilichen Verwaltungshandelns schwer und offenkundig verstoßen. Seine Einlassung, er habe die Einmalzahlung wegen der von ihm unentgeltlich erbrachten Lehrleistungen in der Sache für gerechtfertigt gehalten, zumal der Vorschlag hierfür von Dritten gekommen sei, ändere nichts an der Nichtigkeit des Verwaltungsakts, da dies lediglich seine Motivlage umschreibe.
Dagegen wendet sich der Kläger mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegengetreten ist.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
Aus dem Vorbringen in der Antragsbegründung, die sich mit Ausnahme von § 124 Abs. 2 Ziff. 4 (Divergenz) auf sämtliche der in § 124 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Zulassungsgründe beruft, ergeben sich nicht die primär geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.). Die weiteren Zulassungsgründe (2.) liegen gleichfalls nicht vor bzw. sind nicht in der von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geforderten Weise dargelegt.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen würden (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Dies ist jedoch nicht der Fall.
1.1 Soweit anknüpfend an gerichtliche Feststellungen im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung in der Begründung des Zulassungsantrags die Zugrundelegung eines unvollständigen Sachverhalts gerügt wird (z.B. zum Verlauf der Sitzung der Hochschulleitung vom 12.11.2013, zur Identität der Schreiben – Entwurf und endgültige Fassung – vom 22.11.2013, etc.) werden weder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen noch daran anknüpfende Bewertungen des Verwaltungsgerichts ernsthaft in Zweifel gezogen. Insbesondere wird dabei verkannt, dass das Verwaltungsgericht im Tatbestand seiner Entscheidung den Sach- und Streitstand (s. § 117 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO) im Wesentlichen durch auszugsweise Wiedergabe des Inhalts der Behördenakten darstellt, es für die Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils aber entscheidend auf materielle Fehler bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts und der darauf bezogenen Rechtsanwendung in den Entscheidungsgründen des Urteils (s. § 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) ankommt. Solche materiellen Fehler zeigt das Zulassungsvorbringen allerdings nicht auf.
1.2 Das Erstgericht hat zu Recht festgestellt, dass nicht mehr entscheidungserheblich ist, ob die Rückzahlung der im Kalenderjahr 2013 ausgezahlten besonderen Leistungsbezüge neben dem allgemeinen öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch auch auf einen Schadensersatzanspruch nach § 48 BeamtStG gestützt werden kann (UA S. 14). Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist neben § 48 BeamtStG nicht ausgeschlossen (BVerwG, U.v. 15.6.2006 – 2 C 10.05 – juris Rn. 15 zu § 78 BBG; Burth in Brinktrine/Schollendorf, BeckOK Beamtenrecht Bund, 18. Edition Stand: 31.01.2020; § 48 BeamtStG Rn. 2; Reich, Beamtenstatusgesetz, 3. Auflage 2018, § 48 Rn. 6). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind auch die Voraussetzungen des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs geklärt. Sie entsprechen denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (BVerwG, U.v. 15.5.2008 – 5 C 25.07 – juris Rn. 13 m.w.N) und sind verschuldensunabhängig. Der Kläger geht daher fehl in seiner Annahme, Voraussetzung eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch sei, dass der Anspruchsschuldner (Kläger) im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit und der Strafbarkeit gehandelt haben müsse. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem vom Kläger zitierten Urteil vom 15. Juni 2006 (2 C 10.05 – juris Rn. 18) ausführt, dass „ein irgendwie gearteter Vertrauensschutz nicht in Betracht“ komme, weil der Anspruchsschuldner die Rechtswidrigkeit der Vermögensverschiebung „kannte“ und „im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit und Strafbarkeit gehandelt habe“, setzt es diese subjektiven Tatumstände für das Entstehen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs nicht etwa voraus, sondern entkräftet damit den geltend gemachten Vertrauensschutzgesichtspunkt.
Dabei bleibt nicht außer Betracht, dass die Erstattungspflicht im Rahmen des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs regelmäßig dann entfällt, wenn das private Vertrauensschutzinteresse das öffentliche Interesse an der Wiederherstellung einer dem Gesetz entsprechenden Vermögenslage überwiegt (BVerwG, U.v. 12.3.1985 – 7 C 48.82 – juris Rn. 15). Auf die Vertrauensschutzregelungen des Art. 48 BayVwVfG kann sich der Kläger nicht berufen, weil die Gewährung der besonderen Leistungsbezüge nichtig und mithin unwirksam (Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG) ist. Von einem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers kann schon vom Ansatz her keine Rede sein. Denn ihm hätte sowohl bewusst sein müssen, dass das Staatsministerium für die Gewährung der besonderen Leistungsbezüge an ihn zuständig ist, als auch, dass er nicht in eigener Angelegenheit hätte handeln dürfen, indem er das an ihn gerichtete Schreiben vom 22. November 2013 – nach Weigerung des Kanzlers – eigenhändig unterzeichnete. Mit E-Mail vom 24. September 2013 wurde dem Kläger der Schriftverkehr zwischen der Hochschule und dem Staatsministerium zur Kenntnis gegeben. Darin ging es um die auf Bitten des Präsidenten (Behördenakte S. 2) gestellte Frage, wer an das Staatsministerium einen Antrag auf Entscheidung über die Gewährung von Hochschulleistungsbezügen an den Präsidenten stellen solle. Das Staatsministerium äußerte sich dahingehend, dass der Präsident den Antrag stellen, die Hochschulleitung aber Stellung nehmen solle. Es müssten die von der Hochschule festgelegten Kriterien aufgeführt und die besonderen Leistungen und deren hauptamtliche Erbringung dargelegt werden. Es sei aber unklar, wofür der Präsident besondere Leistungsbezüge erhalten solle. Für seine Tätigkeit als Präsident erhalte er Funktionsleistungsbezüge, seine Lehrverpflichtung sei auf Null reduziert und künstlerische Leistungen erbringe er nicht im Hauptamt.
Aber nicht nur aufgrund dieses Schriftwechsels, sondern auch aufgrund des Hinweises des Kanzlers in der Sitzung der Hochschulleitung am 12. November 2013: „[Der Kanzler der Hochschule] bittet [den Kläger], die ihn betreffenden Leistungsprämien noch vom Ministerium beschließen zu lassen, das dafür zuständig ist“ (Protokoll der Leitungssitzung TOP 4; Behördenakte S. 4) war ihm seine Zuständigkeitsüberschreitung bekannt.
Trotz seiner positiven Kenntnis über die alleinige Entscheidungskompetenz des Staatsministeriums gewährte er sich selbst die Hochschulleistungsbezüge in beträchtlicher Höhe. Aufgrund der aufgezeigten Umstände musste ihm aber bewusst sein, dass die Gewährung der besonderen Leistungsbezüge – ohne Einbindung des Staatsministeriums – rechtlich keinen Bestand haben kann. Dies gilt unabhängig davon, auf wessen Veranlassung, Vorschlag oder Beschluss die Gewährung durch den Kläger erfolgte. Aufgrund der Äußerungen des Staatsministeriums waren dem Kläger nicht nur die Verfahrensabläufe bekannt, er musste vielmehr auch damit rechnen, dass ein von ihm gestellter Antrag auf Gewährung besonderer Leistungsbezüge aller Voraussicht nach abgelehnt werden würde. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass dieser Gesichtspunkt Einfluss auf das eigenmächtige Handeln des Klägers gehabt hat. Die Weigerung des Kanzlers das Schreiben vom 22. November 2013 zu unterzeichnen, hätte beim Kläger darüber hinaus zu erheblichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit seines Vorgehens führen müssen. Indem er sich wider besseres Wissens über die maßgebliche Zuständigkeitsvorschrift hinwegsetzte, verhielt er sich grob pflichtwidrig. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand der Gewährung der besonderen Leistungsbezüge lag damit offenkundig nicht vor.
1.3 Auch für die Beurteilung der Frage, ob der Verwaltungsakt der Gewährung besonderer Leistungsbezüge (Schr. v. 22.11.2013) nichtig ist (Art. 44 BayVwVfG), spielt es keine Rolle, ob der Kanzler diese Gewährung in der Sitzung der Hochschulleitung am 22. November 2013 vorgeschlagen, die Unterzeichnung des Klägers durch eine Unterschriftsverweigerung veranlasst oder die Hochschulleitung die Gewährung beschlossen hat. Der Senat vermag den vom Kläger gezogenen Schluss nicht nachzuvollziehen, die Gewährung sei aufgrund dieser Umstände offensichtlich nicht nichtig.
Denn ein Verwaltungsakt ist gemäß Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ein Fehler ist besonders schwerwiegend im Sinne des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG zugrundeliegenden allgemeinen Grundsatzes, wenn er ein Handeln als schlechterdings unerträglich, d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lässt (BVerwG, B.v. 19.10.2015 – 5 P 11.14 – juris Rn. 21). Entsprechend liegt ein besonders schwerwiegender Fehler beispielsweise bei offensichtlich parteilichen Entscheidungen vor. Der in Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG geregelte besonders eklatante Fall eines Interessenkonfliktes wegen der Mitwirkung eines Beteiligten selbst ist von Art. 44 Abs. 3 Nr. 2 BayVwVfG ausdrücklich ausgenommen. In diesen Fällen einer Selbstbegünstigung und Entscheidung in unmittelbar eigener Sache ist im Lichte der rechtsstaatlichen Tradition grundsätzlich Nichtigkeit anzunehmen, die nur in besonderen, hier nicht vorliegenden Fällen ausscheiden kann (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 44 Rn. 178, § 20 Rn. 69; Schemmer in BeckOK VwVfG Bader/Ronellenfitsch, Stand 1.4.2020, § 44 Rn. 34; Fehling in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 20 VwVfG Rn. 63; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 44 Rn. 54). Für einen mit der Gewährung von besonderen Hochschulleistungsbezügen und den rechtsstaatlichen Grundsätzen für die Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung grundsätzlich vertrauten verständigen Betrachter ist ohne Weiteres die schwere Fehlerhaftigkeit der Gewährung besonderer Leistungsbezügen an sich selbst ersichtlich. Bei verständiger Würdigung aller Umstände ist offenkundig evident, dass eine entsprechende Selbstbegünstigung in diesem Ausmaß an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet. Der Kläger traf die Entscheidung in unmittelbar eigener Sache, obwohl er positive Kenntnis von der ausschließlichen Zuständigkeit des Staatsministeriums hatte. Aus der Behördenakte ist nicht ansatzweise erkennbar, inwieweit der Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung der Hochschulleistungsbezüge erfüllt haben könnte. Hierfür fehlt es bereits an jeglichem Begründungsansatz, der anlässlich der vorhergehenden kritischen Äußerung des Staatsministeriums zwingend erforderlich gewesen wäre. Dieses selbstbegünstigende Vorgehen in eigener Angelegenheit widerspricht eklatant dem Grundsatz rechtsstaatlicher Verfahrensgestaltung. Art. 20 BayVwVfG ist Ausdruck eines rechtsstaatlichen (fairen, objektiven, unparteiischen, allein an Recht und Gesetz orientierten) Verwaltungsverfahrens (Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs a.a.O. § 20 Rn. 1). Es liegt auf der Hand, dass gerade durch den Ausschluss der Selbstbeteiligung die durch das persönliche Interesse am Ausgang des Verwaltungsverfahren unausweichliche Interessenkollision vermieden werden soll. Die unparteiische (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) und uneigennützige (§ 34 Satz 2 BeamtStG) Amtsführung zählte bereits unter der Weimarer Reichsverfassung zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (BVerfG, U.v. 27.4.1959 – 2 BvF 2/58 – juris). Die uneigennützige, nicht auf einen privaten Vorteil bedachte Amtsführung eines Beamten stellt die wesentliche Grundlage des Berufsbeamtentums dar. Sie ist unverzichtbar, um das notwendige Vertrauen der Bevölkerung darauf zu erhalten, dass sich die Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung ausschließlich an Recht und Gesetz orientiert. Nutzt ein Beamter seine Amtsstellung aus, um private Vorteile zu erzielen, beeinträchtigt er dieses Vertrauen. Er muss jeden Eindruck vermeiden, dienstliche Tätigkeit oder Auftreten könnten beeinflusst werden (BVerwG, U.v. 28.2.2013 – 2 C 3.12 – juris Rn. 15). Aufgrund der Bedeutung und der leichten Einsehbarkeit der Pflicht, nicht in eigenen Angelegenheiten, zumal finanziell selbstbegünstigend, tätig zu werden, offenbart das Verhalten des Klägers unter erschwerender Berücksichtigung der bekannten Stellungnahme des Staatsministeriums ein besonders hohes Maß an Pflichtvergessenheit. Das Verwaltungsgericht (UA S. 12 – juris Rn. 38) geht damit Recht in der Annahme, dass das klägerische Verhalten einen solch schweren und offenkundigen Verstoß gegen den Grundsatz unparteilichen Verwaltungshandelns darstellt, dass diesem Verwaltungsakt im oben dargestellten Sinne die Fehlerhaftigkeit „auf die Stirn geschrieben steht“. Jeder billig und gerecht Denkende, unvoreingenommene Beobachter müsse zu dem Schluss kommen, dass diese Gewährung des Klägers als Präsidenten der Hochschule an sich selbst unmöglich rechtens sein kann.
Gerade vor diesem Hintergrund vermag der Kläger mit seinem Einwand, er habe einen Beschluss der Hochschulleitung und einen Vorschlag des (rechtskundigen) Kanzlers „lediglich ausgeführt“, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils aufzuwerfen.
Ausweislich des Protokolls der Sitzung vom 12. November 2013 bat der Kanzler den Kläger, die ihn betreffende Leistungsprämie vom Staatsministerium beschließen zu lassen, das dafür zuständig ist. Sowohl den Mitgliedern der Hochschulleitung als auch dem Kläger wurde mit diesem Hinweis nochmals klar vor Augen geführt, dass die Zuständigkeit für die Gewährung der Hochschulleistungsbezüge allein beim Staatsministerium lag. Vor diesem Hintergrund konnte der Kläger nicht darauf schließen, dass ihm ein Anspruch zustünde oder er selbst ohne Einbindung des Staatsministeriums befugt sei, sich selbst eine Leistungsprämie zu gewähren. Auf einen etwaigen Vorschlag des Kanzlers („Du hast ja noch nie etwas bekommen“) kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Denn aus dem Inhalt des Protokolls der Leitungssitzung lässt sich unzweifelhaft entnehmen, dass der Kanzler die Gewährung der besonderen Leistungsbezüge durch das hierfür zuständige Staatsministerium für zwingend notwendig erachtete. Über dieses Junktim setzte sich der Kläger eigenmächtig hinweg. Auch lässt er bei seinem Vorbringen, er habe lediglich den Vorschlag des Kanzlers und den in der Hochschulleitungssitzung getroffenen Beschluss „ausgeführt“, außer Betracht, dass sich zum einen aus der E-Mail des Vertreters des Kanzlers an das Staatsministerium vom 17. September 2013 ergibt, dass die Initiative bzgl. der streitgegenständlichen Gewährung von besonderen Leistungsbezügen von dem Kläger selbst ausging, und sich zum anderen dem Protokoll der Sitzung am 12. November 2013 keine formale Beschlussfassung der Hochschulleitung entnehmen lässt. Schließlich rechtfertigt auch die verweigerte Unterschrift des Kanzlers nicht das Handeln des Klägers in eigener Angelegenheit. Vielmehr offenbart das Verhalten des Kanzlers (vgl. handschriftliche Vermerke: „[Der Kanzler der Hochschule] möchte nicht unterschreiben“ und „rechtlich nicht möglich“ – Behördenakte S. 5 f) das bei den Beteiligten wohl bestehende Bewusstsein hinsichtlich der grob rechtswidrigen Vorgehensweise, das den Kläger hätte veranlassen müssen, von der Gewährung der Leistungsbezüge an sich selbst Abstand zu nehmen.
1.4 Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf den Rechtsgedanken des § 814 1. Alt. BGB berufen, wonach das zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden kann, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet ist. Für den Senat ist schon nicht erkennbar, auf wessen positive Kenntnis der Kläger abstellen will, wenn er die Auffassung vertritt, weder Hochschulleitung noch Kanzler oder Kläger selbst hätten im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit gehandelt. Abgesehen davon, handelt es sich bei § 814 1. Alt. BGB um einen gesetzlichen Fall des Verbots widersprüchlichen Verhaltens bzw. eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (Buck-Heeb in Ermann, BGB, 15. Aufl. 2017, § 814 Rn. 1; Martinek in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl. Stand: 1.2.2020; § 814 Rn. 3), der sich wiederum selbst an § 242 BGB messen lassen muss. Infolgedessen scheidet eine Berufung auf § 814 1. Alt. BGB aus, wenn sich der Berufende – wie hier – selbst rechtsmissbräuchlich und treuwidrig verhalten hat. Es würde einen erheblichen Wertungswiderspruch darstellen, könnte sich ein Beamter im Rahmen der Gewährung von besonderen Leistungsbezügen an sich selbst, insbesondere auf seine eigene Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit der Leistung berufen und dies mit Erfolg einem Rückforderungsbegehren des Dienstherrn entgegenhalten.
2. Die weiterhin geltend gemachten übrigen drei Zulassungsgründe sind nicht in der erforderlichen Weise dargetan und liegen auch nicht vor.
2.1 Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sind nicht ausreichend dargetan. Die stichpunktartige Auflistung unter Berufung auf die „Einzelheiten im Zusammenhang mit dem Beschluss der Hochschulleitung vom 12. November 2013 und dessen Umsetzung, die fehlenden Voraussetzungen für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (der Kläger hat nicht im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit gehandelt), keine Nichtigkeit des Verwaltungsakts im Schreiben vom 22. November 2013, keine Rücknahme des Verwaltungsakts, keine – hier notwendige – Anwendung des § 814 BGB und kein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB analog)“ genügt schon nicht dem Darlegungserfordernis, da daraus nicht ersichtlich wird, worin die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten liegen sollten. Ungeachtet dessen sieht der Zulassungsantrag die besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache in denselben Fragen, die auch zu dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts angeführt wurden. Diese Fragen sind jedoch – wie sich aus vorstehenden Darlegungen ergibt – weder komplex noch fehleranfällig (vgl. zu diesem Maßstab BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – juris Rn. 28 m.w.N.). Sie können vielmehr ohne weiteres anhand der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung bereits im Zulassungsverfahren geklärt werden (s. unter 1.). Die Wiederholung der Begründungselemente zum Vorliegen rechtlicher Zweifel genügen insoweit nicht, vielmehr zeigen die Ausführungen unter 1., dass sich die aufgeworfenen Themenkomplexe unschwer rechtlich beurteilen lassen.
2.2 Die Rechtssache weist auch nicht die ihr vom Kläger zugedachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) auf. Um diesen Zulassungsgrund in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden Weise darzulegen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.
Die in diesem Zusammenhang formulierte Rechtsfrage,
„unter welchen Voraussetzungen bei einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch § 814 BGB analog anzuwenden ist“,
ist bereits nicht entscheidungserheblich, da das Erstgericht die Anwendbarkeit des § 814 BGB analog ausdrücklich mit dem Hinweis offen ließ (UA S. 13), dass es dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechen würde, wenn der Kläger, der als Präsident und Dienstvorgesetzter auch des Kanzlers sich die Einmalzahlung durch einen nichtigen Verwaltungsakt selbst bewilligt und sodann den ausgezahlten Betrag entgegengenommen und behalten hat, einem Rückforderungsbegehren entgegenhalten könnte, sein Dienstherr habe – durch wen auch immer – von dem Fehlen des Grundes gewusst.
2.3 Schließlich führt auch die als Verfahrensmangel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO erhobene Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Hilfsbeweisantrag zu Unrecht abgelehnt, nicht zur Zulassung der Berufung.
Dabei verkennt der Kläger, dass die unter Beweis gestellte Tatsache („…, dass Ausgangspunkt einer Diskussion über die Gewährung von Leistungsbezügen in Höhe von 6.000,00 Euro an den Kläger in der Hochschulleitungssitzung vom 12. November 2013 war, dass … der Kanzler vorgeschlagen hat, der Kläger solle 6.000,00 Euro erhalten “) für die Entscheidung unerheblich war bzw. als wahr unterstellt werden konnte und das Verwaltungsgericht den Antrag daher verfahrensfehlerfrei abgelehnt hat. Das Verwaltungsgericht wies zu Recht darauf hin, dass es für die Frage der Nichtigkeit des Verwaltungsakts an sich „rechtlich unerheblich sei, wer ursprünglich einen Vorschlag hierfür gemacht“ habe (s. unter 1.3).
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1, 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG (wie Vorinstanz).
4. Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).