Verwaltungsrecht

Gewerbeuntersagung wegen Steuerrückständen

Aktenzeichen  22 ZB 16.884

Datum:
4.10.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 53475
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 227 Abs. 1
GewO § 35 Abs. 1 S. 1, S. 2
GG Art. 103 Abs. 1
VwGO § 124 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Geladene und erschienene Beteilgte haben die Pflicht, sich in geeigneter Weise darum zu kümmern, dass sie vom Aufruf ihrer Sache erfahren, um an der mündlichen Verhandlung teilnehmen zu können. (redaktioneller Leitsatz)
2 Angesichts erheblicher und über einen längeren Zeitraum angewachsener Steuerrückstände wäre ein erfolgsversprechendes Sanierungskonzept wesentliche Voraussetzung dafür, künftige Zahlungsfähigkeit und gewerberechtliche Zuverlässigkeit annehmen zu können. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

16 K 15.3271 2016-03-01 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der Kläger wendet sich gegen die Untersagung des von ihm ausgeübten Gewerbes „Vermittlung von Versicherungen (als gebundener Versicherungsvertreter mit uneingeschränkter Haftung durch den Versicherer)“ und der Ausübung aller sonstigen Gewerbe sowie einer Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person durch Bescheid der Beklagten vom 24. Juli 2015. Der Kläger sei gewerberechtlich unzuverlässig im Sinn des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO, da er seinen Zahlungsverpflichtungen insbesondere gegenüber dem Finanzamt München und der Beklagten nicht ordnungsgemäß nachkomme.
Das Verwaltungsgericht terminierte die mündliche Verhandlung betreffend die vom Kläger gegen diesen Bescheid erhobene Klage für den 1. März 2016, 9:30 Uhr. An diesem Tag teilte der Bevollmächtigte des Klägers der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts um ca. 9:20 Uhr telefonisch mit, er stehe im Stau. Nachdem der Bevollmächtigte des Klägers bis 10:40 Uhr nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen war, wurde eine Rückfrage der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts bei der Kanzlei des Bevollmächtigten veranlasst, die ergab, dass dieser mittlerweile dort eingetroffen sei und den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht wahrnehmen könne. Daraufhin wurde um 10:44 Uhr die mündliche Verhandlung eröffnet und die Verwaltungsstreitsache des Klägers aufgerufen; für die Klagepartei war der Sitzungsniederschrift zufolge niemand erschienen.
Mit Urteil vom 1. März 2016 wies das Verwaltungsgericht die Klage des Klägers ab.
Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da sich aus den Darlegungen in der Antragsbegründung des Klägers (vgl. zur deren Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass die Voraussetzungen eines Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 VwGO erfüllt sind.
1. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Er macht geltend, er sei während des Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem Sitzungssaal gesessen und sei bei Aufruf der Sache nicht „hereingebeten“ worden; dadurch sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. Aus diesen Darlegungen ergibt sich indes kein Verfahrensmangel.
Zur Wahrung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) ist das Gericht zwar verpflichtet, bei anberaumter mündlicher Verhandlung durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass erschienene Verfahrensbeteiligte den Aufruf ihrer Sache (§ 103 Abs. 2 VwGO) zur Kenntnis nehmen und ihren Anspruch auf rechtliches Gehör wahrnehmen können. Die Anforderungen an die Art und Weise des Aufrufens einer Sache hängen von den Umständen des Einzelfalls ab (BVerfG, B. v. 5.10.1976 – 2 BvR 558/75 – BVerfGE 42, 364; BVerwG, U. v. 12.7.1985 – 6 C 95/82 – BVerwGE 72, 28). Grundsätzlich dürfen sich rechtzeitig zum anberaumten Zeitpunkt ihrer Sache erschienene Verfahrensbeteiligte darauf verlassen, dass das Gericht den Aufruf ihrer Sache in einen Warteraum übermittelt, wenn ein solcher zur Vermeidung von Störungen der jeweils laufenden Verhandlung bereitgestellt wird (BVerwG, U. v. 12.7.1985 – 6 C 95/82 – BVerwGE 72, 28 Rn. 27). Allerdings bestehen in diesem Zusammenhang auch Obliegenheiten der Verfahrensbeteiligten. Geladene und erschienene Beteiligte haben die Pflicht, sich in geeigneter Weise darum zu kümmern, dass sie von dem Aufruf ihrer Sache erfahren (BVerfG, B. v. 5.10.1976 – 2 BvR 558/75 – BVerfGE 42, 364; BVerwG U. v. 12.7.1985 – 6 C 95/82 – BVerwGE 72, 28 Rn. 26). Kommt ein Beteiligter dieser Obliegenheit nicht nach, so liegt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor (BVerwG, B. v. 6.12.1988 – 8 B 54/88 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 210). Eine Obliegenheit des Verfahrensbeteiligten, sich von sich aus im Sitzungssaal nach dem Stand ihrer Sache zu erkundigen, ergibt sich insbesondere dann, wenn entweder seit dem anberaumten Terminsbeginn ein längerer Zeitraum verstrichen ist, ohne dass überhaupt ein Aufruf einer Sache erfolgt ist, oder wenn bereits die nach dem ausgehängten Terminplan nächstfolgende Sache aufgerufen wird (BVerwG, U. v. 12.7.1985 – 6 C 95/82 – BVerwGE 72, 28 Rn. 27). Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht, dass das Verwaltungsgericht durch einen unzureichenden Aufruf der Sache dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat.
Der Kläger hat bereits nicht hinreichend konkret und schlüssig dargelegt, dass tatsächlich kein ausreichender Aufruf seiner Sache erfolgt ist. Er trägt nur knapp vor, er sei „in dem Gerichtstermin“ der mündlichen Verhandlung vom 1. März 2016 entgegen der Feststellung im Urteil „anwesend“ gewesen; er habe vor dem Gerichtssaal gesessen und sei nicht „hereingebeten“ worden. Auch habe er einen Zeugen dabei gehabt. Andererseits wird in der Verhandlungsniederschrift vom 1. März 2016 festgestellt, dass um 10:44 Uhr die Sache des Klägers aufgerufen wurde und für die Klagepartei niemand erschienen ist, womit sich der Kläger in der Antragsbegründung nicht auseinandergesetzt hat. Sollte sich der Kläger tatsächlich wie behauptet vor dem Sitzungssaal aufgehalten haben, so kann seinen Darlegungen auch nicht entnommen werden, dass er dort von 9:30 Uhr an auf einen Aufruf seiner Sache gewartet hat. Vielmehr ist mindestens ebenso wahrscheinlich, dass er sich vor dem Sitzungssaal mit seinem Bevollmächtigten treffen und nicht ohne diesen an der Verhandlung teilnehmen wollte. Es ist weiterhin gut möglich, dass der Kläger lediglich zum anberaumten Terminsbeginn vor dem Sitzungssaal anwesend und vor dem Aufruf seiner Sache um 10:44 Uhr wieder abgereist ist, nachdem sein Bevollmächtigter nicht erschienen ist oder spätestens nachdem dieser entschieden hatte, diesen Termin nicht mehr wahrzunehmen. Es wären daher insbesondere Darlegungen dazu veranlasst gewesen, ob sich der Kläger (noch) zum Zeitpunkt des Aufrufs seiner Sache um 10:44 Uhr unmittelbar vor dem Sitzungssaal aufgehalten hat.
Unabhängig hiervon würde auch dann kein Verfahrensmangel vorliegen, falls die Sache des Klägers nur im Sitzungssaal aufgerufen worden sein sollte und der Kläger sich zu dieser Zeit vor dem Sitzungssaal aufgehalten hätte. Der Kläger wäre aufgrund der Umstände im vorliegenden Fall jedenfalls verpflichtet gewesen, von sich aus im Sitzungssaal den Sachstand in seiner Sache zu erfragen. Sollte er wie behauptet am Tag der mündlichen Verhandlung ab 9:30 Uhr vor dem Sitzungssaal gewartet haben, so durfte er nicht darauf vertrauen, dass er dort über den bevorstehenden Beginn der Verhandlung informiert werden würde. Bereits der Umstand, dass die mündliche Verhandlung zur Sache des Klägers als Auftakt der öffentlichen Sitzung um 9:30 Uhr beginnen sollte und diese Sache bis 10:44 Uhr nicht aufgerufen wurde, hätte dazu Anlass gegeben. Seit dem anberaumten Terminsbeginn war damit ein längerer Zeitraum im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 12.7.1985 – 6 C 95/82 – BVerwGE 72, 28 Rn. 27) verstrichen. Hinzu kommt, dass sein Klageverfahren ausweislich der bei der Gerichtsakte befindlichen Tagesordnung die erste zu diesem Termin geladene Sache war und um 10:15 Uhr die nächste Verhandlung folgen sollte. Der Kläger musste aufgrund der ausgehängten Tagesordnung davon ausgehen, dass sich der Aufruf seiner Sache nicht durch einen vorangehenden Termin verzögern konnte und er den Sitzungssaal naheliegender Weise sofort um 9:30 Uhr hätte betreten können. Spätestens jedoch nach Ende der nachfolgenden Verhandlung, d. h. vor dem Aufruf seiner Sache um 10:44 Uhr und vor dem protokollierten Ende der mündlichen Verhandlung um 11:03 Uhr, hätte Veranlassung zur Nachfrage bestanden.
Unabhängig davon bestand auch deshalb eine Obliegenheit der Klagepartei zur Nachfrage im Sitzungssaal, weil das Verwaltungsgericht wegen der telefonischen Verspätungsanzeige des Klägerbevollmächtigten am Verhandlungstag um ca. 9:20 Uhr mit der Eröffnung der mündlichen Verhandlung bis 10:40 Uhr zugewartet hat. Das Verwaltungsgericht konnte aufgrund dieser Anzeige davon ausgehen, dass sich der Kläger und gegebenenfalls sein Bevollmächtigter im Sitzungssaal melden würden, sobald die Klagepartei zur Teilnahme an der Verhandlung bereit ist.
Soweit der Antragsbegründung hilfsweise die Rüge zu entnehmen ist, dass das Verwaltungsgericht nicht ungeachtet des Ausbleibens der Klagepartei hätte verhandeln und entscheiden dürfen, so ergibt sich hieraus gleichfalls nicht die Darlegung eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO. Da die Klagepartei in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 2 VwGO), konnte das Verwaltungsgericht grundsätzlich auch bei Ausbleiben eines Beteiligten verhandeln und entscheiden. Aus den Darlegungen in der Antragsbegründung des Klägers ergibt sich nicht, inwieweit das Gericht von dieser Möglichkeit beim Ausbleiben der Klagepartei in der mündlichen Verhandlung am 1. März 2016 keinen Gebrauch hätte machen dürfen. Im Übrigen ist auch sonst nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht eine Terminsänderung (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO) in Betracht hätte ziehen müssen. Die Ankündigung eines Beteiligten, nicht zu erscheinen, stellt keinen eine Terminsänderung rechtfertigenden erheblichen Grund dar, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO). Hier war für das Verwaltungsgericht nicht ersichtlich, weshalb es der Klagepartei nicht möglich gewesen wäre, zumindest verspätetet zu dem angesetzten Termin zu erscheinen. Der Klägerbevollmächtigte teilte der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts auf telefonische Nachfrage am 1. März 2016 um etwa 10:40 Uhr lediglich mit, dass er den Termin nicht wahrnehmen könne; er hielt sich zu diesem Zeitpunkt in der Kanzlei in München auf (vgl. Sitzungsniederschrift vom 1.3.2016, S. 2; Vermerk der Geschäftsstelle vom 3.3.2016). Daraus ergibt sich nicht, dass der Klägerbevollmächtigte geltend gemacht hätte, zu diesem Zeitpunkt hätte (weiterhin) ein sachlicher Grund für eine Terminsänderung bestanden. Auch aus dem Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom 1. März 2016 ergibt sich lediglich, dass er zum Termin zur mündlichen Verhandlung an diesem Tag um 9:30 Uhr aufgrund „chaotischer Verkehrsverhältnisse nicht rechtzeitig erscheinen“ konnte.
Der Kläger hat zudem nicht vorgetragen und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass Anhaltspunkte dafür vorlagen, das Verwaltungsgericht würde die Verhandlung in der Sache des Klägers nicht auch noch später eröffnen. Es entspricht allgemeiner Gerichtspraxis, im Falle der Anzeige der unverschuldeten Verspätung eines Beteiligten mit dem Verhandlungsbeginn zuzuwarten. Bei Sitzungsterminen mit mehreren geladenen Sachen ergibt sich mitunter die Möglichkeit einer deutlichen Verschiebung der Verhandlung.
Ferner hat der Kläger nicht entsprechend den sich aus § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ergebenden Anforderungen dargelegt, inwieweit die Einzelrichterin dem Kläger in einem Telefonat am 5. April 2016 die Möglichkeit weiteren Vortrags und einen „weiteren Termin“ in Aussicht gestellt und damit das Recht des Klägers auf ein faires Verfahren verletzt haben könnte. Aus den klägerischen Darlegungen hierzu ergibt bereits nicht, inwiefern die angefochtene – zum Zeitpunkt des angeblichen Telefonats bereits an die Klagepartei zugestellte – Entscheidung auf dem behaupteten Verfahrensmangel im Sinne § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO beruhen könnte. Im Übrigen wären nähere Darlegungen zum genaueren Gesprächsinhalt gerade auch im Hinblick darauf veranlasst gewesen, dass die Einzelrichterin der Klagepartei vor dem angeblichen Telefonat mit Schreiben vom 3. März 2016 u. a. unmissverständlich mitgeteilt hatte, dass die klageabweisende Entscheidung bereits mit Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle am 1. März 2016 wirksam geworden ist.
2. Der Kläger hat auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) dargelegt, soweit er in der Antragsbegründung vom 1. Juni 2016 ausführt, entgegen der Feststellung im angefochtenen Urteil sei eine positive Prognose hinsichtlich einer weiteren Steuer- und Abgabenzahlung möglich.
In seinem Urteil (UA S. 9 und 10) hat das Verwaltungsgericht für die Beurteilung, ob im Falle des Klägers eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorliegt, zutreffend auf die Prognose abgestellt, inwieweit davon auszugehen ist, dass dieser künftig insbesondere seinen öffentlich-rechtlichen Zahlungspflichten nachkommen kann und will. Das Verwaltungsgericht hat die künftige Zahlungsfähigkeit, nicht dagegen die Zahlungswilligkeit des Klägers verneint. Es hat anerkannt, dass der Kläger bemüht war, seine Zahlungsrückstände abzubauen, wenngleich ihm dies in dem langen Zeitraum seit Einleitung des Gewerbeuntersagungsverfahrens im Februar 2012 bis zum Bescheidserlass im Juli 2015 nicht gelungen sei. Auf die Frage, ob Zahlungen des Klägers in Zukunft aufgrund eines „verwerflichen Verhaltens“ ausbleiben werden, kommt es dagegen, anders als er annimmt, nicht an. Das Verwaltungsgericht geht in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z. B. U. v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – GewArch 2015, 366) und des Verwaltungsgerichtshofs (U. v. 14.8.2014 – 22 B 14.880 – juris Rn. 19) weiter davon aus, dass angesichts des erheblichen und über längere Zeiträume hin anwachsenden Schuldenstands des Klägers ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept wesentliche Voraussetzung dafür wäre, die künftige Zahlungsfähigkeit und damit die gewerberechtliche Zuverlässigkeit des Klägers (erneut) annehmen zu können. Aus Sicht des Verwaltungsgerichts lag hier kein solches Sanierungskonzept vor, das die geordnete Rückführung der Steuerschulden des Klägers in einem überschaubaren Zeitraum hätte erwarten lassen (UA S. 12).
Diesen tragenden Gründen im angefochtenen Urteil ist der Kläger nicht mit schlüssigen Argumenten entgegengetreten. Seine Behauptung, Pfändungen seitens des Finanzamtes hätten die Einhaltung der zur Tilgung der Steuerschulden getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung vereitelt, ist offensichtlich nicht stichhaltig. Sie wird bereits dadurch widerlegt, dass das Finanzamt zunächst in Betracht gezogene Ratenzahlungen gerade deshalb nicht mehr als zielführend angesehen hat, weil ungeachtet dessen mit der Realisierung der Steueransprüche auch mittelfristig nicht zu rechnen war. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung (UA S. 11) u. a. auf die Mitteilung des Finanzamts München an den Kläger vom 23. April 2014 Bezug genommen, angesichts des Ansteigens seiner Steuerschulden sei eine Rückzahlung wie bisher von monatlich 1.000 Euro nicht mehr hinnehmbar. Die Steueransprüche seien insgesamt als gefährdet anzusehen, da ihre Realisierung selbst mittelfristig nicht absehbar sei. Billigkeitsmaßnahmen würden daher ausscheiden. Weiter hat das Finanzamt demnach dem Kläger mit Schreiben vom 20. August 2014 erklärt, dass die früher eingeräumte Vollstreckungsbeschränkung als widerrufen gelte, da der Kläger den vereinbarten Ratenzahlungen nicht hinreichend nachgekommen war. Mit diesen Ausführungen im angefochtenen Urteil hat sich der Kläger in der Antragsbegründung nicht auseinandergesetzt.
Hinsichtlich der vagen Angaben in der Antragsbegründung zu einem angeblichen Guthaben des Klägers bei einer Bank in Afrika in Höhe von ca. 300.000 Euro bleibt zum einen im Dunkeln, worauf dieser die Hoffnung gründet, dass eine angeblich bereits seit über zwei Jahren ausstehende Zahlung in absehbarer Zeit beim Kläger eingehen könnte. Unterstellt, dieser Mittelzufluss wäre gesichert, so hat der Kläger zudem nicht dargelegt, inwieweit diese Mittel (wesentlicher) Bestandteil eines aussichtsreichen Sanierungskonzepts sein könnten. Die bloße Behauptung, er würde mithilfe ausstehender Zahlungen in der Lage sein, seine Steuer- und Abgabenverbindlichkeiten vollständig auszugleichen, genügt hierzu nicht ansatzweise. Ungeachtet fehlender nachprüfbarer Belege für seinen Vortrag ist z. B. offen, inwieweit gesichert wäre, dass solche Mittel angesichts sonstiger Verbindlichkeiten tatsächlich zur Tilgung aktueller Zahlungsrückstände bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern eingesetzt werden. Darüber hinaus ist unklar, welche Anhaltspunkte beim Kläger derzeit für eine Schuldentragfähigkeit sprechen könnten, nachdem das Finanzamt zuletzt zur Einschätzung gelangt ist, dass die Steueransprüche insgesamt als gefährdet anzusehen sind, weil ihre Realisierung selbst mittelfristig nicht absehbar ist (vgl. Schreiben des Finanzamts an den Kläger vom 23.4.2014). Für ein tragfähiges Sanierungskonzept genügen keine Leistungen, mit denen der Schuldenstand bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern allenfalls vorübergehend gesenkt werden kann. Darüber hinaus müsste nachvollziehbar sein, dass der Kläger auch künftig fällig werdende öffentlich-rechtliche Zahlungsansprüche pünktlich erfüllen kann.
Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.
Streitwert: §§ 47, 52 Abs. 1 GKG, Nrn. 54.2.1, 54.2.2 des Streitwertkatalogs 2013.

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