Verwaltungsrecht

Grabnutzungsrecht im Falle einer ungeteilten Erbengemeinschaft

Aktenzeichen  Au 7 K 16.1361

Datum:
4.9.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 144767
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 42 Abs. 2
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1, Art. 43, Art. 45 Abs. 1 Nr. 1, Art. 48
BGB §§ 2032 ff.

 

Leitsatz

1 Eine Erbengemeinschaft (§§ 2032 ff.) kann als solche im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht klagebefugt sein; die Klagebefugnis kann nur den Mitgliedern der Erbengemeinschaft gemeinschaftlich zustehen. Für den Fall, dass ein Mitglied der Erbengemeinschaft der alleinige Adressat eines Verwaltungsakts ist, der auch nur ihm gegenüber bekanntgegeben wurde, ist auch dieses Mitglied grundsätzlich klagebefugt.  (Rn. 45 – 46) (redaktioneller Leitsatz)
2 Soll ein Verwaltungsakt an die Miglieder einer Erbengemeinschaft ergehen, ist die Bezeichnung des Adressaten iSv Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG inhaltlich hinreichned bestimmt, wenn die Erbengemeinschaft als solche nach dem Erblasser bezeichnet wird. Eine derartige Sammelbezeichnung ist so auszulegen, dass die jeweils dazugehörenden Personen gemeint sind; eine namentliche Aufzählung der einzelnen Mitglieder ist nicht erforderlich. Falls der Bescheid nur einem Mitglied der Erbengemeinschaft bekanntgegeben wird, ist er aber nur gegenüber diesem Mitglied wirksam. (Rn. 50 – 53) (redaktioneller Leitsatz)
3 Bei dem Nutzungsrecht an einem Familiengrab auf einem städtischen Friedhof handelt es sich um einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt, der eines Antrags bedarf. Der entsprechende Antrag muss nicht im Voraus gestellt werden; die Antragstellung kann auch nachträglich erfolgen. Eine ausdrückliche oder schriftliche Antragstellung ist nicht erforderlich. In der widerspruchslosen Bezahlung der Nutzungsgebühren ist ein konkludenter Antrag zu sehen. (Rn. 82 und 84 – 86) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) konnte die Entscheidung mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen.
Die Klage ist zwar zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
I.
Im Rahmen der Zulässigkeit ist bereits die Klagebefugnis des Klägers gemäß § 42 Abs. 2 VwGO problematisch. Klagebefugt ist nur, wer durch den streitgegenständlichen Verwaltungsakt möglicherweise in subjektiven Rechten verletzt ist.
1. Inhaltlich betrifft die Regelung des Bescheids des Beklagten vom 23. August 2016 nicht den Kläger persönlich, sondern den Kläger „für die Erbengemeinschaft nach …“. Sowohl die Graburkunde, als auch der entsprechende Gebührenbescheid vom 19. November 2013 sind nicht auf den Kläger persönlich, sondern als Vertreter der Erbengemeinschaft ausgestellt. Die Rücknahme des Grabnutzungsrechts belastet inhaltlich also auch nicht den Kläger persönlich, sondern die Erbengemeinschaft. Die Erbengemeinschaft bestand zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses aus Frau, Frau, Herrn … und Herrn … zu je ein Viertel (vgl. Auskunft des Amtsgerichts … vom 7. Juli 2016).
Die Mitglieder einer ungeteilten Erbengemeinschaft können ihre Rechte jedoch nach Maßgabe der §§ 2032 ff. BGB nur gemeinschaftlich geltend machen (vgl. BayVGH, U.v. 24.8.2007 – 22 B 05.2870 – VGH n.F. 61, 16 = BayVBl 2008, 405; 2.2.2012 Az. 1 N 09.368). Gemäß § 2038 Abs. 1 BGB steht die Verwaltung des Nachlasses den Erben bis zur Auseinandersetzung nur gemeinschaftlich zu. Die in den § 2038 Abs. 1 Satz 2 H.S. 2 BGB und § 2039 Satz 1 BGB enthaltenden Ausnahmen von diesem Grundsatz, die einen Miterben unter den dort genannten Voraussetzungen berechtigen, in eigenem Namen und aus eigenem Recht ohne Mitwirkung der anderen Miterben zu Gunsten der Gesamthandsgemeinschaft zum Nachlass gehörende, auch öffentlich-rechtliche Ansprüche, geltend zu machen und zu diesem Zweck auch Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einzulegen, liegen nicht vor.
Weder ist ein Fall der Notgeschäftsführung nach § 2038 Abs. 1 Satz 2 H.S. 2 BGB gegeben, die einer zur Erhaltung des Nachlasses notwendige Maßregel bzw. besondere Dringlichkeit voraussetzen würde (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1993 – 4 C 15/93 – N wZ-RR 1994, 305; 23.2.2005 – 4 A 1/04 – NVwZ 2005, 810), noch liegt ein Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft nach § 2039 Satz 1 BGB vor. Der Kläger macht vorliegend keinen Anspruch des Nachlasses gegen einen Nachlassschuldner geltend, bei dem der Verpflichtete nur an alle Erben gemeinschaftlich leisten und jeder Miterbe nur die Leistung an alle Erben fordern kann (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2012 -2 ZB 10.2436 – juris Rn. 7).
Die Erbengemeinschaft selbst kann jedoch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht klagebefugt sein (vgl. SächsOVG, B.v. 11.2.2013 – 5 A 751/10 – juris Rn. 7). Allerdings sind es die Mitglieder der Erbengemeinschaft gemeinschaftlich. Dass keine alleinige Vollmacht für den Kläger zur Vertretung der Erbengemeinschaft besteht, wurde durch die anderen Erben mit Schreiben vom 12. Januar 2016 sogar ausdrücklich klargestellt. Im vorliegenden Fall ergeben sich darüber hinaus auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im Namen der Erbengemeinschaft handeln wollte. Insbesondere wäre er dazu mangels Vertretungsbefugnis auch nicht befugt gewesen. Zudem waren die anderen Miterben nach … von Anfang an mit der Erteilung des Grabnutzungsrechts an die Erbengemeinschaft nicht einverstanden und hätten insofern sicher keinen Rechtsbehelf gegen den Rücknahmebescheid erhoben.
2. Allerdings ist der Kläger formell alleiniger Adressat des Bescheids des Beklagten vom 23. August 2016, so dass der Bescheid nur ihm gegenüber bekanntgegeben wurde und daher auch nur ihm gegenüber wirksam wurde. Das heißt, dass der Kläger zumindest als Teil der Erbengemeinschaft möglicherweise in seinen Rechten verletzt sein könnte.
II.
Die Klage kann in der Sache keinen Erfolg haben. Der Bescheid des Beklagten vom 23. August 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
1. Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 23. August 2016 ist Art. 48 Abs. 1 Satz 2 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG). Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
2. Der Rücknahmebescheid vom 23. August 2016 ist formell rechtmäßig.
a) Er ist nicht schon deswegen unwirksam, weil er hinsichtlich des Adressaten zu unbestimmt ist, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Grundsätzlich muss der Adressat in einem schriftlichen Verwaltungsakt so genau angegeben werden, dass eine Verwechslung mit anderen Personen unmöglich ist. Fallen formeller Adressat und inhaltlicher Adressat auseinander, so muss dem Verwaltungsakt eindeutig zu entnehmen sein, wer von beiden inhaltlich, bzw. der Sache nach Adressat sein soll (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl. 2014, § 37 Rn. 9 f.).
Aus dem Tenor des Rücknahmebescheids geht eindeutig hervor, dass inhaltlich die Erbengemeinschaft nach … betroffen sein soll. Bei Erbengemeinschaften genügt es grundsätzlich, wenn diese als solche nach dem entsprechenden Erblasser bezeichnet wird, da die dazugehörigen Personen eindeutig identifizierbar sind. Eine solche Sammelbezeichnung ist so auszulegen, dass die jeweils dazugehörenden Personen gemeint sind. Die namentliche Aufzählung der einzelnen Mitglieder ist nicht erforderlich (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl. 2014, § 37 Rn. 9d).
b) Der Rücknahmebescheid wurde zumindest in Bezug auf den Kläger auch wirksam, da er ihm gegenüber gemäß Art. 41 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG bekanntgeben worden ist.
Der Verwaltungsakt betrifft inhaltlich die Erbengemeinschaft. Grundsätzlich ist die Erbengemeinschaft selbst aber nicht beteiligungsfähig, sondern nur die einzelnen Mitglieder in ihrer Gesamtheit (Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl. 2014, § 11 Rn. 13a). Als Mitglied der Erbengemeinschaft konnte dem Kläger der Bescheid jedenfalls bekanntgegeben werden. Er ist daher gem. Art. 41 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG zumindest dem Kläger gegenüber wirksam geworden. Dass der Bescheid grundsätzlich auch den anderen Mitgliedern der Erbengemeinschaft hätte bekanntgegeben werden müssen, kann vorliegend nicht dazu führen, dass er gegenüber dem Kläger nicht wirksam geworden ist.
3. Der Rücknahmebescheid vom 23. August 2016 ist auch materiell rechtmäßig.
Gegenstand der streitgegenständlichen Rücknahme ist die Graburkunde vom 11. Februar 2015, die als Grabnutzungsberechtigten den Kläger „für die Erbengemeinschaft nach …“ ausweist.
a) Es handelt sich dabei um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt, da richtigerweise nicht die „Erbengemeinschaft nach …“ Grabnutzungsberechtigte, sondern der Kläger selbst grabnutzungsberechtigt ist.
Rechtsgrundlage für die Erteilung eines Grabnutzungsrechts ist § 9 der Satzung über das Bestattungswesen des … vom 13. Februar 1980 in der Fassung die sie durch die Satzung zur Änderung der Satzung über das Bestattungswesen des … vom 19. Oktober 1993 (Friedhofssatzung/FS) erhielt, in Verbindung mit Art. 23, 24 Abs. 1 Nr. 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO).
An der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit der Friedhofssatzung bestehen keine Zweifel.
Hiernach ist gemäß § 1 Abs. 1 FS auch der Friedhof in dem Ortsteil … von den satzungsmäßigen Regelungen umfasst.
Nach § 9 Abs. 2 FS wird das Benutzungsrecht an einzelne natürliche Personen nach Entrichtung der Grabgebühren verliehen. Hierüber wird dem Benutzungsberechtigten eine Bescheinigung ausgestellt.
Nach § 9 Abs. 3 FS kann das Recht an einer Grabstätte unter Lebenden nur mit Zustimmung der Gemeinde übertragen werden.
§ 9 Abs. 4 FS bestimmt schließlich, dass mit dem Tod des Berechtigten das Recht an der Grabstätte auf die Person übergeht, zu deren Gunsten eine schriftliche Willenserklärung des verstorbenen Berechtigten vorliegt. Liegt keine Erklärung vor, geht das Grabrecht an den überlebenden Ehegatten oder auf die weiteren Nachkommen über. Sind mehrere Nachkommen vorhanden, so ist jeweils der älteste Nachkomme berechtigt, wenn nicht durch übereinstimmende Erklärung sämtlicher Nachkommen die Berechtigung einem anderen übertragen wird.
aa) Die Verleihung des Grabnutzungsrechts an die Erbengemeinschaft nach … ist bereits formell rechtswidrig.
Der Widerspruch der anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft führt dazu, dass für die Verleihung des Grabnutzungsrechts an die Erbengemeinschaft kein nachträglicher Antrag vorliegt, so dass er schon deswegen formell rechtswidrig (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 17. Aufl. 2016, § 35 Rn. 182) war. Eine Antragstellung -somit auch die nachträgliche konkludente Antragstellung – hätte nur durch alle Mitglieder der Erbengemeinschaft gemeinschaftlich erfolgen können.
bb) Des Weiteren ist die Verleihung des Grabnutzungsrechts an die Erbengemeinschaft auch materiell rechtswidrig, weil es an der notwendigen Rechtsgrundlage fehlt.
Nach § 9 Abs. 2 FS ist eine Verleihung des Grabnutzungsrechts an eine Erbengemeinschaft nicht vorgesehen. Dort heißt es nämlich, dass das Benutzungsrecht an einzelne natürliche Personen verliehen wird. Der hier zwar nicht einschlägige Abs. 4 bestätigt dies, indem er bestimmt, dass auch bei Vorhandensein mehrerer Nachkommen (im Falle des Übergangs im Todesfall), das Recht nur auf den ältesten Nachkommen übergeht, es sei denn es wurde ein anderer bestimmt. Die Verleihung des Rechts an eine Gesamthandgemeinschaft ist daher nicht vorgesehen und entbehrt der Rechtsgrundlage. Allenfalls die einzelnen Erben können das Grabnutzungsrecht erhalten und auf dieser Grundlage auch entsprechend mit den Gebühren belastet werden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der aktuell geltenden Fassung der Satzung über die öffentliche Bestattungseinrichtung des … vom 15. Dezember 2015. Ausweißlich deren § 29 Abs. 1 gilt die Satzung in den relevanten Punkten noch nicht für die am 11. Februar 2015 ausgestellt Graburkunde. Zudem würde sich auch bei deren Anwendung kein anderweitiges Normverständnis ergeben.
cc) Zudem ist auch der Kläger selbst grabnutzungsberechtigt.
Chronologisch stellt sich die Inhaberschaft des Grabnutzungsrechts wie folgt dar:
(1) Herr … wurde als Ersterwerber nach Inkrafttreten der Friedhofssatzung der (damals selbständigen) Gemeinde … vom 27. Januar 1971 gemäß § 10 Abs. 3 dieser Satzung Grabnutzungsberechtigter durch Eintragung in die Graburkunde vom … 1971 (vgl. Bl. 28 der vorgelegten Behördenakte). Darin ist das Familiengrab mit der Nummer 4 bezeichnet. Allerdings ist davon auszugehen, dass von den Parteien übereinstimmend das Familiengrab mit der Nummer 3 gemeint gewesen sein soll, da auch im Folgenden immer vom Familiengrab mit der Nummer 3 die Rede ist. Laut der Graburkunde, die sich auf die Satzung bezieht, erlischt das Grabrecht nach 25 Jahren, also am … 1996. Unerheblich ist, dass der Beklagte eine (unrichtige) Karteikarte angelegt hat, auf der die Schwester von Herrn … als grabnutzungsberechtigt ausgewiesen wurde. Eine auf sie lautende Graburkunde wurde nie ausgestellt. Dies ist zwischen den Parteien auch unstreitig.
Am Grabnutzungsrecht von Herrn … änderte sich nichts mit der Eingliederung der vormals selbständigen Gemeinde … in den … mit Wirkung zum 1. Juli 1972. Entgegen der zunächst durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers vertretenen Ansicht, ist das Grabnutzungsrecht nicht aufgrund der Eingliederung erloschen.
Die zum Zeitpunkt der Eingliederung geltende Friedhofssatzung der Gemeinde … vom 27. Januar 1971 trat mit der Eingliederung der Gemeinde in die Gemeinde … nicht außer Kraft. Dies ergibt sich eindeutig aus Ziffer 3 der Entscheidung der Regierung von … bzgl. eben benannter Eingliederung vom 18. April 1972.
Darüber hinaus wäre das Grabnutzungsrecht als Verwaltungsakt gemäß Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG auch über das Außerkrafttreten der entsprechenden Satzung als Rechtsgrundlage weiter wirksam, wenn nicht einer der dort genannten Tatbestände eintritt oder ein nichtiger Verwaltungsakt vorliegt. Das bedeutet, dass der Verwaltungsakt im Falle der zeitlichen Begrenzung – wie vorliegend – erst mit Erledigung durch Zeitablauf seine Wirksamkeit verliert.
Gemäß § 11 Abs. 1 FS erlischt das Recht an der Grabstätte schließlich, sofern nicht entsprechend den Bestimmungen der Satzung seine Verlängerung rechtzeitig beantragt wurde, durch Ablauf der Benutzungsdauer. Dies war der … 1996, da seitens des Grabnutzungsberechtigten ersichtlich keine Verlängerung des Nutzungsrechts beantragt wurde.
Ein Übergang des Grabnutzungsrechtes an die Erbengemeinschaft nach dem Verstorbenen oder den Kläger mit dem Tod des Herrn … am … 2012 gemäß § 9 Abs. 4 FS konnte daher nicht erfolgen, da dieser zum Zeitpunkt seines Todes nicht mehr Inhaber des Grabnutzungsrechtes war.
(2) Anlässlich des Todes von Frau … am … 1993 erhob der Beklagte die entsprechende Grabgebühr für das Familiengrab von deren Ehemann und dem Vater des Klägers,, und wies diesen in der Rechnung vom 14. April 1993 bzw. den diesbezüglichen Anlagen als Grabberechtigten aus.
Zu diesem Zeitpunkt war rechtlich jedoch noch Herr … Grabnutzungsberechtigter. Die bloße Rechnungsstellung und die darin zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht, dass Herr … Grabberechtigter sei, stellt keinen Widerruf bzw. keine Rücknahme des Rechts zur Grabnutzung von Herrn … dar. Ob von einer konkludenten Aufhebung eines Verwaltungsaktes immer schon dann auszugehen ist, wenn der neue Verwaltungsakt in Widerspruch zu einem früheren ergeht und insoweit hinsichtlich des Regelungsgegenstands jedenfalls eine andere Regelung trifft, ohne den früheren Verwaltungsakt ausdrücklich abzuändern (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 48 Rn. 29, BverwG, U.v. 9.5.2012 – 6 C 3/11 – juris, Rn. 39), bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung, da jedenfalls in der Kostenerhebung kein Verwaltungsakt gemäß Art. 35 BayVwVfG in Bezug auf die Verleihung des Grabnutzungsrechts zu sehen ist. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Behörde fälschlicherweise davon ausging, dass es sich bei Herrn … um den Grabberechtigten handelt und sie insofern gar nicht den Willen bilden konnte, eine diesbezügliche Regelung für den Einzelfall zu treffen.
Daran ändert es auch nichts, dass der Beklagte am 25. Februar 1997 – also nach Erlöschen des Grabnutzungsrechts des Herrn … – seinen Rechtsirrtum offenbar ohne Prüfung der wahren Rechtslage vertiefte, indem er erneut Kosten von Herrn … für die Grabnutzung erhob. Schließlich wurde auch nie eine entsprechende Graburkunde ausgestellt.
Entsprechend konnte das Grabnutzungsrecht auch nicht gemäß § 9 Abs. 4 FS mit dem Tod des Herrn … am … 2002 auf den Kläger übergehen, da ein solches nie bestand. Auf eine entsprechende Verfügung im notariellen Testament des Verstorbe-nen kommt es daher ebenfalls nicht an. Vielmehr bestand das Grab mit dem Ablauf des … 1996 ohne Nutzungsberechtigten.
Dass ein solcher Zustand möglich ist, geht auch aus § 11 Abs. 1 FS eindeutig hervor. Hiernach kann die Gemeinde nach Erlöschen des Benutzungsrechts und nach Ablauf der Ruhefrist über die Grabstätte anderweitig verfügen. Ist die Ruhefrist (25 Jahre für alle Verstorbenen in der Einrichtung … nach § 26 FS) noch nicht abgelaufen – wie vorliegend nach dem Tod der Mutter des Klägers (…) der Fall -, kann die Gemeinde, sofern der bisherige Berechtigte die für die noch übrigen Jahre der Ruhefrist anteiligen Gebühren nicht entrichtet, die Grabstätte einebnen. Dass der Beklagte von diesem Zustand nicht wusste, weil von einem Grabnutzungsrecht zugunsten von Herrn … ausgegangen wurde, ist unschädlich. Insofern waren nur die eigenen Rechte des Beklagten betroffen.
(3) Der Kläger selbst erwarb im Oktober 2002 nach dem Tod seines Vaters das Grabnutzungsrecht. Dem Bescheid vom 18. Oktober 2002 war eine Graburkunde zugunsten des Klägers beigefügt. Dabei handelt es sich um die Bescheinigung über das entsprechende Benutzungsrecht nach § 9 Abs. 2 FS.
Bei der Vergabe des Nutzungsrechts an einem Familiengrab auf einem städtischen Friedhof handelt es sich um einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt, der ohne Schriftform wirksam ist. Es kommt letztlich für die Einräumung des Nutzungsrechts darauf an, auf wessen Namen entsprechend dem gestellten (auch nachträglich möglichen) Antrag die Graburkunde ausgestellt wurde, und nicht auf die sonstigen Vorstellungen der Beteiligten (vgl. BayVGH, U.v. 7.6.1989 – 4 B 86.02596 -, juris).
Das Grabnutzungsrecht steht zunächst demjenigen zu, dem der Beklagte das Nutzungsrecht nach dem objektiven Gehalt der in diesem Verfahren maßgeblichen öffentlich-rechtlichen Erklärungen eingeräumt hat (vgl. VG Würzburg, U.v. 7.5.2003 – W 2 K 02.796 -, juris). Dass dies der Kläger sein soll, geht aus dem Bescheid über die Friedhofs- und Bestattungsgebühren vom 18. Oktober 2002 und der beiliegenden Graburkunde eindeutig hervor. Dabei ist es unerheblich, dass die Behörde fälschlicherweise angab, dass das Grabnutzungsrecht „auf Antrag verlängert von 2002 bis 2027“ wurde. Eine Verlängerung war nicht möglich, da zuvor kein Benutzungsrecht mehr bestand. Es kann sich daher nur um einen Neuerwerb handeln. Aus der Graburkunde geht nichts desto trotz der eindeutige Wille des Beklagten hervor, dem Kläger ein Grabnutzungsrecht für die Dauer von 25 Jahren einzuräumen.
Entsprechend der Rechtsansicht des Prozessbevollmächtigten des Klägers, ist die Vergabe des Grabnutzungsrechts nur dann rechtmäßig, wenn der Nutzungsberechtigte das Nutzungsrecht auch beantragt hat. Niemandem soll das Nutzungsrecht an einem Grab aufgedrängt werden (BayVGH U.v. 7.6.1989, BayVBl. 1990, 152/153, VG Würzburg, U.v. 7.5.2003 – W 2 K 02.796 -, juris). Nach der bereits zitierten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs muss dieser Antrag aber nicht im Voraus gestellt werden. Die Antragstellung kann auch nachträglich erfolgen. Dies ergibt sich im Übrigen ebenso aus Art. 45 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG.
Für das Erfordernis einer ausdrücklichen oder gar schriftlichen Antragstellung ist nichts ersichtlich. Erforderlich ist vielmehr nur eine Mitwirkungshandlung des Betroffenen. Sowohl die Verwaltung selbst, als auch der davon betroffene Bürger kann auch durch schlüssiges Handeln den eigenen Willen zum Ausdruck bringen.
Nach Erhalt des Bescheids vom 18. Oktober 2002 mit der entsprechenden Graburkunde für das Familiengrab Nr. 3 erhob der Kläger keinerlei Einwände und entrichtete zudem die festgesetzten Gebühren. Spätestens mit der widerspruchslosen Bezahlung der Gebühren brachte der Kläger zum Ausdruck, dass er mit der Verleihung des Grabnutzungsrechts materiell rechtlich einverstanden ist. In formeller Hinsicht ist dieses Verhalten als konkludente nachträgliche Antragstellung zu betrachten. Es handelt sich dabei nicht – wie vom Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgebracht – um reines „Schweigen“, dem grundsätzlich kein Erklärungsgehalt beigemessen werden könnte. Davon könnte nur ausgegangen werden, wenn der Kläger keinerlei Reaktion gezeigt hätte, also auch nicht die Gebühren bezahlt hätte. Durch das widerspruchslose Bezahlen der Gebühren nahm der Kläger gerade eine Handlung vor, der ein entsprechender Erklärungsinhalt zu entnehmen ist.
Beim Kläger handelt es sich daher in den Jahren 2002 bis 2027 um den Grabnutzungsberechtigten.
(4) Dieses Grabrecht des Klägers wurde nicht konkludent wieder beseitigt, durch den Bescheid vom 19. November 2013 und der entsprechenden Graburkunde vom 11. Februar 2015, die den Kläger als Vertreter der Erbengemeinschaft nach … als Grabberechtigten ausweist.
Diesem Bescheid wurde durch die anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft (Frau, Frau … und Herr …) mit Schreiben vom 22. November 2013 fristgerecht widersprochen.
Dabei kann dieser Widerspruch i.S.d. §§ 68 ff. VwGO aber nicht für die gesamte Erbengemeinschaft gelten, weil nicht alle Mitglieder der Erbengemeinschaft widersprochen haben; der Kläger widersprach nicht. Seitens der Beklagten erfolgte keine Abhilfe des Widerspruchs, was aus der Ausstellung der Graburkunde am 11. Februar 2015 hervorgeht. Es erging im Folgenden aber kein Widerspruchsbescheid der zuständigen Widerspruchsbehörde, so dass der Bescheid gegenüber der Mehrheit der Erbengemeinschaft nie bestandskräftig wurde.
b) Die Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes ist gemäß Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG nur innerhalb eines Jahres ab Kenntniserlangung von den die Rücknahme rechtfertigenden Umständen seitens der Behörde möglich.
Entsprechend der Ansicht des Prozessbevollmächtigten des Klägers handelt es sich bei der Einräumung des Grabnutzungsrechts um einen begünstigenden Verwaltungsakt, so dass Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG einschlägig ist. Allerdings genügt für den Fristbeginn nach Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG nicht allein die Kenntnis der Tatsachengrundlage. Da der Beklagte vorliegend von Anfang an alle Tatsachen kannte aber das Recht falsch angewendet hat, kommt es vorliegend darauf an, wann der Beklagte von der Rechtswidrigkeit des zurückzunehmenden Bescheides Kenntnis erlangte oder zumindest hätte Kenntnis erlangen müssen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl. § 48 Rn. 154 f.).
Entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten des Klägers kann die Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Umstände nicht bereits am 11. Februar 2015 angenommen werden. Im Gegenteil: Zu diesem Zeitpunkt ging der Beklagte noch davon aus, dass die Erbengemeinschaft nach … grabnutzungsberechtigt ist. Andernfalls wäre es widersprüchlich und nicht nachvollziehbar die entsprechende Graburkunde auszustellen. Erst nach einer nochmaligen Überprüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund des Schreibens der Erbengemeinschaft vom 12. Januar 2016 stellte der Beklagte fest, dass der Kläger laut Graburkunde vom 16. Oktober 2002 Grabnutzungsberechtigter ist. Dies teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 17. Mai 2016 mit. Das heißt, erst zu diesem Zeitpunkt kann die Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Umstände angenommen werden.
c) Die Rücknahme des Verwaltungsaktes steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten. Der Gesetzgeber hat mit Art. 48 Abs. 3 BayVwVfG zum Ausdruck gebracht, dass dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit im Grundsatz der Vorrang eingeräumt werden soll, zugleich hat die Behörde aber eine abwägende Entscheidung zu treffen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl. § 48 Rn. 135).
Allerdings ist vorliegend zu beachten, dass lediglich der Kläger selbst auf den Bestand des aufzuhebenden Verwaltungsakts vertraut hat und ansonsten keine Erwägungen für die Aufrechterhaltung der Regelung ersichtlich sind. Die anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft, die ebenfalls von dem Verwaltungsakt betroffen sind, haben Widerspruch eingelegt und ausdrücklich zum Ausdruck gebracht, dass sie diese Regelung nicht akzeptieren. Da hier also auch – und zwar insbesondere – Rechte Dritter betroffen sind – der Kläger ist nur ein Mitglied von insgesamt vier Mitgliedern der Erbengemeinschaft – spricht einiges dafür, dass das Ermessen des Beklagten vorliegend auf Null reduziert war und insofern kein Spielraum hinsichtlich der Entscheidung bestand.
3. Nach alledem ist der Bescheid vom 23. August 2016, indem der Beklagte schließlich den Bescheid vom 19. November 2013 und die entsprechende Graburkunde vom 11. Februar 2015 zurücknahm, rechtmäßig.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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