Verwaltungsrecht

Grundrecht auf Natur- und Landschaftsschutz

Aktenzeichen  M 8 K 15.2644

Datum:
13.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 20a
BV BV Art. 141 Abs. 3
BayNatSchG BayNatSchG Art. 26, Art. 33
LStVG LStVG Art. 19 Abs. 5
VwGO VwGO § 42 Abs. 2

 

Leitsatz

Bereiche eines Landschaftsschutzgebiets, die aufgrund einer (temporären) kulturellgastronomischen Veranstaltung für deren Durchführung durch bauliche und technische Anlagen in Anspruch genommen werden, sind während der Dauer der Veranstaltung nicht Teil der freien Natur und stellen daher auch keine Sperre dar (Abgrenzung zu BayVGH, U.v. 21.11.2013 – 14 BV 13.487).

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Soweit die Klage mit dem zuletzt gestellten Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 19. Mai 2015 gerichtet ist, ist sie abzuweisen, weil sie bereits unzulässig ist.
Die Klage ist sowohl hinsichtlich der in diesem Bescheid unter Nr. II und III erteilten Ausnahmegenehmigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 Satzung über die Benutzung der städtischen und öffentlichen Grünanlagen vom 15.6.2012, MüABl. S. 197 (Grünanlagensatzung), als auch hinsichtlich der unter Nr. IV.5 erteilten Erlaubnis nach § 2 Buchst. s und § 3 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 13, Abs. 3 Gemeindeverordnung zum Schutze von Landschaftsteilen in der … … vom 9.10.1964, zuletzt geändert durch Verordnung vom 2.8.2013, MüABl. S. 314 (Landschaftsschutzverordnung), gegen die sich der Kläger wendet, mangels Klagebefugnis unzulässig.
Die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) setzt bei einer Anfechtungs- oder Fortsetzungsfeststellungsklage gegen einen Verwaltungsakt voraus, dass der Kläger geltend machen können muss, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Erforderlich ist hierfür nach der sog. Möglichkeitstheorie die Darlegung, dass eine Verletzung seiner Rechte möglich ist bzw. nicht offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte nicht bestehen oder ihm nicht zustehen können (BVerwG, U.v. 22.2.1994 – 1 C 24.92 – juris Rn. 11; Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 101; Bamberger in: Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 113 Rn. 75).
Vorliegend kommt es somit darauf an, ob der Kläger durch die im streitgegenständlichen Bescheid der Beigeladenen erteilten naturschutzrechtlichen Gestattungen für die Veranstaltung „… 2015“ als Dritter in subjektiven Rechten verletzt sein kann. Dies ist zu verneinen. Auch unter Zugrundelegung des Klagevorbringens können offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise Rechte des Klägers verletzt sein
1. Dem Kläger fehlt hinsichtlich der Genehmigung nach der Grünanlagensatzung die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis, weil er durch die erteilte Erlaubnis nicht in eigenen Rechten verletzt ist. Zwar genügt für die Klagebefugnis grundsätzlich – wie ausgeführt – die Möglichkeit, dass der Kläger durch die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis in seinen eigenen Rechten verletzt ist, doch ergeben sich aus § 3 Grünanlagensatzung, auf den der angefochtene Bescheid insoweit gestützt wird, keine Individualrechte des Klägers. Eine Norm ist nach der Schutznormtheorie dann drittschützend, wenn sie jedenfalls neben den mit ihr verfolgten allgemeinen Interessen zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt ist, was durch Auslegung zu ermitteln ist (vgl. Happ in: Eyermann, a.a.O., § 42 Rn. 86, 90).
§ 3 Grünanlagensatzung, auch i.V.m. mit dessen Präambel und § 1 Abs. 1, schützt nach seinem Wortlaut und Sinn und Zweck nicht auch Individualrechte, hier solche des Klägers. Die Grünanlagen i.S.d. Grünanlagensatzung sind öffentliche Einrichtungen der Beklagten, die der Allgemeinheit zur unentgeltlichen Benutzung für Erholungs- und Freizeitzwecke nach Maßgabe der Satzung dienen. Die in § 2 Grünanlagensatzung erwähnten Verbote sind dazu bestimmt, die Funktion der öffentlichen Grünanlagen als Park- und Anlagenflächen, Erholungsflächen, Freizeitflächen, Sport- und Spielflächen usw. zu sichern und zu erhalten (vgl. § 1 Abs. 1 Grünanlagensatzung). Ziel der Satzung ist es, den in der Präambel betonten außerordentlich hohen Nutzungsdruck unterschiedlicher, teils widerstreitender Nutzergruppen und -inter-essen mit Blick auf die hierdurch berührten öffentlichen Belange (vgl. § 3 Abs. 1) zu einem gemeinwohlverträglichen Ausgleich im Rahmen der Nutzung der Grünanlagen zu bringen. Weder aus dem Zweck noch aus dem Wortlaut der Grünanlagensatzung ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Verbotsregelung in § 2 Grünanlagensatzung daneben auch den Interessen der Nachbarn und Anlieger der öffentlichen Grünanlagen zu dienen bestimmt ist (vgl. BayVGH, B.v. 7.10.1996 – 4 CS 96.628 – juris Rn. 12 f.; VG München, U.v. 9.2.2000 – M 7 K 99.142 – juris Rn. 17).
Ebenso bestehen im Hinblick auf die in § 1 Abs. 1 Grünanlagensatzung i.V.m. der Präambel erfolgten Widmung der Grünanlagen zur unentgeltlichen Nutzung durch die Allgemeinheit zu Erholungs- und Freizeitzwecken keine Anhaltspunkte dafür, dass individuelle Nutzer daraus berechtigt werden sollen, sich gegen die Zulassung von Ausnahmen für sie nicht genehme Veranstaltungen in den Grünanlagen zur Wehr setzen zu können. Dementsprechend stellt § 3 Abs. 1 Grünanlagensatzung als Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis auch ausschließlich darauf ab, dass öffentliche Belange der Ausnahme nicht entgegenstehen. Auf mögliche Rechte Dritter, die hierdurch Nachteile erleiden könnten, rekurriert § 3 Abs. 1 Grünanlagensatzung nicht. Sonach ist es mit Blick auf die teils erheblich widerstreitenden privaten Nutzerinteressen – wie es das vorliegende Verfahren beispielhaft zeigt – rechtlich auch nur konsequent und im Rahmen der Auslegung der Grünanlagensatzung folgerichtig, bei der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 3 Abs. 1 Grünanlagensatzung allein auf die Wahrung der öffentlichen Belange im Rahmen eines gemeinwohlverträglichen Gesamtausgleiches abzustellen und mögliche Rechte privater Dritter nicht in den Blick zu nehmen. Eine drittschützende Wirkung zugunsten des Klägers bei der hier streitbefangenen Zulassung von Ausnahmen nach der Grünanlagensatzung scheidet folglich aus.
2. Durch die des Weiteren streitbefangene Erlaubnis nach der Landschaftsschutzverordnung werden ebenfalls keine subjektiven Rechte des Klägers verletzt. Weder kommt den Bestimmungen der Landschaftsschutzverordnung eine drittschützende Wirkung zugunsten des Klägers zu (2.1) noch wird durch die erteilte Erlaubnis in den Schutzbereich des dem Kläger zustehenden Grundrechts auf Naturgenuss aus Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV eingegriffen (2.2). Auch insoweit fehlt es an der nach § 42 Abs. 2 VwGO notwendigen Klagebefugnis.
2.1 Die Verbotsnormen in § 3 Landschaftsschutzverordnung dienen nicht dem Schutz von Interessen eines erkennbar abgegrenzten Personenkreises. Der Natur- und Landschaftsschutz verfolgt objektive, nicht einem Einzelnen zugeordnete Ziele des Gemeinwohls (vgl. BVerwG, U.v. 17.1.2001 – 6 CN 3.00 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 15.3.2006 – 9 CS 05.2251 – juris Rn. 23 ff.; B.v. 27.7.2010 – 15 CS 10.37 – juris Rn. 24). Das negative Betroffensein in einem ideellen Interesse, wie beispielsweise dem Wunsch nach Erhaltung der Landschaft und des Naturgenusses, stellt keinen rechtlich beachtlichen Nachteil dar, der ein Abwehrrecht eines Einzelnen gegen Eingriffe begründen könnte. Das Naturschutzrecht gewährt auch keinen einklagbaren Schutz vor unästhetischen Auswirkungen, die von ausnahmsweise zugelassenen Anlagen ausgehen können (vgl. BayVGH, B.v. 27.7.2010 – 15 CS 10.37 – juris Rn. 24). Ebenso wenig hat der Kläger als „verantwortungsvoller Bürger“ und „Teil der Allgemeinheit, deren Interessen durch die Landschaftsschutzverordnung geschützt werden sollen“, ein solches Abwehrrecht. Die „Allgemeinheit“ kann sich nicht auf die allgemeinen Belange des Natur- und Landschaftsschutzes berufen (vgl. BayVGH, B.v. 15.3.2006 – 9 CS 05.2251 – juris Rn. 25).
Die streitbefangene Erlaubnis der Beklagten nach § 3 Landschaftsschutzverordnung eröffnet mithin keinen korrespondierenden subjektiven Anspruch des Klägers auf eine rechtsfehlerfreie naturschutzrechtliche Entscheidung der Behörde. Der Kläger hat keinen prokuratorischen, klagbaren (§ 42 Abs. 2 VwGO) Anspruch gegen die Beklagte, die Einhaltung der naturschutzrechtlichen Ge- und Verbote, die sich aus der Landschaftsschutzverordnung ergeben, zu überwachen und durchzusetzen.
2.2 Auch die Berufung auf das Grundrecht aus Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV, das Recht auf Naturgenuss, vermag dem Kläger schließlich nicht die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis zu vermitteln. Gleiches gilt für den objektiv-verfassungsrechtlich verankerten Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen im Sinne einer Staatszielbestimmung (vgl. Art. 20a Grundgesetz – GG – und Art. 141 Abs. 1 BV).
Ein allgemeines „Grundrecht auf Natur- und Landschaftsschutz“ existiert nicht (BayVGH, B.v. 15.3.2006 – 9 CS 05.2251 – juris Rn. 26; B.v. 27.7.2010 – 15 CS 10.37 – juris Rn. 25). Zwar kann der Aufenthalt in der freien Natur dem Grundrecht auf Naturgenuss nach Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV unterfallen. Dieses Grundrecht beinhaltet aber nicht die Befugnis, Einfluss auf die Nutzung der von der Landschaftsschutzverordnung erfassten Flächen zu nehmen oder gar über deren ästhetische Gestaltung (mit) zu bestimmen. Die natur- und landschaftsschutzrechtlichen Bestimmungen der Bayerischen Verfassung gewähren – ebenso wie Art. 20a GG und auch die einfach-gesetzlichen Bestimmungen der Art. 26 ff. BayNatSchG – dem Einzelnen keinen Anspruch auf den Erhalt eines bestimmten Zustands der natürlichen Umgebung (BayVGH, B.v. 15.3.2006 – 9 CS 05.2251 – juris Rn. 26; B.v. 27.07.2010 – 15 CS 10.37 – juris Rn. 25). Es handelt sich bei Art. 20a GG und Art. 141 Abs. 1 und 2 BV um ausschließlich objektiv-rechtlich zu verstehende Verfassungssätze ohne anspruchsbegründende Wirkung für den Einzelnen; subjektiv-rechtliche Schutzziele werden damit nicht verfolgt. Der Einzelne kann aus diesen verfassungsrechtlichen Umweltschutzbestimmungen keine konkreten, einklagbaren subjektiven Rechte herleiten. Weder die Bayerische Verfassung noch das Grundgesetz kennen ein „Grundrecht auf Umweltschutz“ (vgl. zur BV: Müller in: Meder/Brechmann, BV, 5. Aufl. 2014, Art. 141 Rn. 8 m.w.N.; zum GG: BVerwG, B.v. 19.12.1997 – 8 B 234.97 – juris Rn. 3). Aus der Ablehnung eines als subjektive Anspruchsberechtigung formulierten Umweltgrundrechts und der Entscheidung der Verfassungsgeber für eine allein objektiv-rechtliche Staatszielbestimmung folgt auch, dass der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz damit nicht erweitert wird. Insbesondere erhalten Vorschriften, die keinen drittschützenden Charakter besitzen, einen solchen (mit entsprechender Klagebefugnis) nicht etwa dadurch, dass sie den verfassungsrechtlichen Schutzauftrag des Art. 20a GG und Art. 141 Abs. 1 und 2 BV auf einfachgesetzlicher Ebene näher ausformen (vgl. BayVGH, B.v. 9.11.2000 – 9 ZB 00.1635 – juris Rn. 9).
Auch das vom Kläger herangezogene Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. November 2013 (14 BV 13.487 – juris) gebietet keine andere Entscheidung, da nach dem dort zu entscheidenden Sachverhalt eine Genehmigung von Sperren der freien Natur (Art. 26, 27 und 33 BayNatSchG) inmitten stand, also die Zulassung einer Einschränkung des Kerngewährleistungsgehalts des Grundrechts nach Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV, das Betreten der freien Natur (vgl. Müller in: Brechmann/Meder, BV, 5. Aufl. 2014, Art. 141 Rn. 28 m.w.N. aus der Rspr. des BayVerfGH).
Der Begriff der freien Natur ist gesetzlich nicht geregelt, sondern wird sowohl in Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV als auch in Art. 26 ff. BayNatSchG vorausgesetzt. Der Begründung zu Art. 14 BayNatSchG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 27. Juli 1973 (GVBl. S. 437), der Vorgängervorschrift des Art. 26 BayNatSchG, ist zu entnehmen (vgl. LT-Drs. 7/3007, S. 24), dass nach Auffassung des historischen Gesetzgebers auch größere Flächen innerhalb von Stadtgebieten oder im Zusammenhang bebauten Ortsteilen Bestandteil der freien Natur sein können. Ein Ort könne auch in seiner Gesamtheit so in die Landschaft eingebettet sein, mit dieser zu einem einheitlichen Bild verwachsen oder zu einem Bestandteil der Landschaft geworden sein, dass lediglich die tatsächlich überbauten Flächen und die Umgriffe der Gebäude nicht zur freien Natur gerechnet werden könnten. Der Begriff „freie Natur“ könne somit nicht für alle Fälle eindeutig und abschließend gesetzlich definiert werden. Im Einzelfall müsse jeweils nach den tatsächlichen Gegebenheiten entschieden werden, ob ein Gebiet Teil der freien Natur sei.
Dies zugrunde gelegt, handelt es sich bei dem von der Veranstaltung „… 2015“ durch bauliche Anlagen, aufgestellte Gegenstände und technischen Einrichtungen temporär physisch-räumlich in Anspruch genommenen Umgriff während der Zeit dieser Veranstaltung zur Überzeugung des Gerichts nicht mehr um freie Natur i.S.d. Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV und Art. 26 ff. BayNatSchG. Daher steht vorliegend – entgegen der Auffassung des Klägers – auch keine Sperre des Bereichs „… 2015“ im rechtlichen Sinne (Art. 33 BayNatSchG) inmitten. Vielmehr wird in der angefochtenen Genehmigung zeitlich befristet (Aufbau ab 13.5.2015, Abbau bis 31.8.2015, Veranstaltungsbetrieb vom 21.5.2015 bis 23.8.2015) die Durchführung einer Veranstaltung und die damit einhergehende Veränderung bestimmter (kleinerer) Bereiche um den …-Brunnen zur gastronomischen und kulturellen Nutzung im Landschaftsschutzgebiet zugelassen, wobei das Veranstaltungsareal im Übrigen nahezu durchgehend für die Allgemeinheit zugänglich bleibt. Die unter zahlreichen Nebenbestimmungen erteilten Gestattungen nach der Grünanlagensatzung und der Landschaftsschutzverordnung stellen dies auch ausdrücklich sicher. Namentlich wurde die Beigeladene dazu verpflichtet, die Bereiche unter den Baum- und Strauchgruppen von jeglicher Nutzung frei zu halten und nur die für eine ordnungsgemäße Durchführung der Veranstaltung zwingend erforderlichen Absperrungen zu errichten, im Übrigen allerdings den Zugang zur Grünanlage für den allgemeinen Besucherverkehr zu gewährleisten (vgl. Nr. III.4 und III.8 des streitbefangenen Bescheids).
Die von der Veranstaltung „… 2015“ notwendig physisch-räumlich in Anspruch genommenen Flächen für Aufbauten (Sitzmöbel, Bühne, Kiosk, Infobox, WC, Logistik) sowie Kies- und Sandaufschüttungen zur Durchführung des Programms (Musik, Gastronomie, Podiumsdiskussionen, Events, Sport) sind während der Zeit der Veranstaltung nicht Teil der freien Natur, sonach nicht vom Gewährleistungsgehalt des Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV erfasst und damit auch nicht Gegenstand des Betretungsrechts nach Art. 26 ff. BayNatSchG. Aufgrund der physisch-räumlichen Inanspruchnahme durch die während der Zeit der Veranstaltung zugelassenen baulichen Anlagen, aufgestellten Gegenstände und technische Einrichtungen der Beigeladenen verlieren die hierdurch überbauten und genutzten Flächen (hier ohnehin nur temporär) ihre Eigenschaft als Bestandteile der freien Natur (vgl. Müller in: Meder/Brechmann, BV, 5. Aufl. 2014, Art. 141 Rn. 26; Bachmann/Mayer, BayVBl. 2012, 613, 614; Engelhardt/Fischer-Hüftle/Egner/Brenner, Naturschutzrecht in Bayern, Stand April 2016, Art. 26 BayNatSchG Rn. 7). Sie werden während dieser Zeit nicht von ihrer Einbettung in die sie umgebende Landschaft der … und -insel, die frei zugänglich bleibt, geprägt, sondern sind als kulturell und gastronomisch genutzte Flächen, ähnlich wie beispielsweise Badeanstalten oder andere (gewerblich) genutzte Flächen, aufgrund ihrer entsprechenden (temporären) Zweckbestimmung und (baulichen) Ausgestaltung nicht als Teil der freien Natur zu qualifizieren. So ist zum Beispiel für Golfplätze anerkannt, dass diese nur außerhalb des Bereichs, der für Gebäude, Parkplätze, Höfe usw. genutzt wird, Teil der freien Natur sind (vgl. Engelhardt/Fischer-Hüftle/Egner/Brenner, a.a.O. Rn. 8; BayVerfGH, E.v. 27.1.2016 – Vf. 106-VI-14 – juris Rn 37 f.). Gleiches gilt – wie bereits ausgeführt – für Badeanstalten und z.B. auch Friedhöfe (vgl. Engelhardt/Fischer-Hüftle/Egner/Brenner, a.a.O. Rn. 7). So liegt der Fall auch hier.
Dass dies dem Kläger aufgrund eines grundsätzlich anderen Kultur- und Freizeitverständnisses missfällt und von ihm subjektiv als Sperre dieses Bereichs empfunden wird, ändert hieran nichts. In den Gewährleistungsgehalt des Rechts auf Naturgenuss, das Recht zum Betreten der freien Natur nach Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV i.V.m. Art. 26 ff. BayNatSchG, wird dadurch nicht eingegriffen. Der Gewährleistungsgehalt des Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV vermittelt – ebenso wie Art. 26 ff. BayNatSchG – keinen Anspruch auf den Erhalt eines bestimmten Zustands der natürlichen Umgebung.
Die natur- und landschaftsschutzrechtlichen Bestimmungen der Bayerischen Verfassung in Art. 141 BV gewähren dem Einzelnen keinen Anspruch auf den Erhalt eines bestimmten Zustands der natürlichen Umgebung. Dies gilt sowohl mit Blick auf die Staatszielbestimmung in Art. 141 Abs. 1 und 2 BV als auch für das vom Kläger als Kern seiner Argumentation herangezogene Grundrecht nach Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV. Auch diese Bestimmung verbürgt nur ein Recht auf Genuss der Natur in ihrem jeweiligen Bestand, räumt dem Einzelnen aber gerade keine grundrechtlichen Anspruch auf unveränderten Fortbestand bestimmter Landschaftsgebiete ein und gewährt ihm folglich auch kein Abwehrrecht gegen (gegebenenfalls rechtswidrige) hoheitliche Maßnahmen naturverändernder Wirkung. Auch wenn Art. 141 BV im Einzelfall Pflichten Dritter begründet, vermitteln die Vorschrift keinen Anspruch des Einzelnen auf (klageweise prokuratorische) Durchsetzung der Befolgung dieser Pflichten. Anderes gilt nur dann, wenn die öffentliche Hand den Verfassungsauftrag des Art. 141 BV in einer Weise vernachlässigt, die den Kernbereich des Grundrechts auf Naturgenuss nach Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV treffen würde (vgl. Müller in: Meder/Brechmann, BV. 5. Aufl. 2014. Art. 141 Rn. 28). Hierfür ist vorliegend indes nichts ersichtlich, da eine lediglich geringfügig und zudem auch nur temporäre Inanspruchnahme von Flächen, wie sie der streitgegenständliche Bescheid zulässt, die Kerngewährleistung nach Art. 141 BV, bezogen auf das gesamte von der Beklagten unter Schutz gestellte Landschaftsschutzgebiet, erkennbar nicht zu berühren vermag. Da vorliegend zudem allein der streitbefangene Bescheid mit befristeten Gestattungen für das Jahr 2015 Gegenstand des Verwaltungsrechtsstreits ist, kommt es im Übrigen auch auf die vom Kläger wiederholt thematisierte dauerhafte Etablierung des „…“ oder etwaiger (ähnlicher oder verwandter urbaner gastronomisch-kultureller) Nachfolgekonzepte (vgl. zuletzt Schreiben vom 3.2.2017) nicht an.
II.
Soweit der Kläger schließlich im vorliegenden Verfahren unverändert auch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der gaststättenrechtlichen Bescheide vom 21. Mai 2015 und 18. Juni 2015 beantragt, fehlt seiner Klage das Rechtsschutzbedürfnis bzw. steht dem die anderweitige Rechtshängigkeit entgegen (§§ 90, 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG). Das Verfahren wird insoweit nach Abtrennung mit Beschluss der Kammer vom 24. September 2015 unter M 16 K 15.4238 vor der sachlich und örtlich zuständigen 16. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts München (fort-)geführt und ist dort noch anhängig. Auch insoweit ist die Klage mithin unzulässig.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 und 3 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).
Nachdem die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO nicht vorlagen, war der Anregung des Klägers, die Berufung zuzulassen, nicht nachzukommen.

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