Verwaltungsrecht

Haft zur Sicherung der Abschiebung

Aktenzeichen  52 T 1/19

Datum:
8.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 51444
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG § 62 Abs.3 S.1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

XIV 62/18 (B) 2018-11-20 Bes AGBAYREUTH AG Bayreuth

Tenor

1. Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bayreuth vom 20.11.2019, Az: XIV 62/18 (B), wird zurückgewiesen.
2. Der Betroffene hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Der Beschwerdeführer begehrt nach erfolgter Abschiebung Feststellung der Rechtswidrigkeit der gegen ihn angeordneten und im Zeitraum 20.11.2019 bis 07.01.2019 vollzogenen Haft zur Sicherung der Abschiebung.
I.
Auf Antrag der zuständigen Ausländerbehörde (Bl. 1ff d.A.) hat das Amtsgericht Bayreuth nach Anhörung des Betroffenen (Bl. 6-8 d.A.) mit Beschluss vom 20.11.2018 Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum Ablauf des 31.01.2019 und zugleich die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet. (Bl. 9 d.A.). Auf den Anhörungsvermerk wird Bezug genommen (Bl. 6-8 d.A.)
Am 06.12.2018 hat sich RA F. für den Betroffenen angezeigt und zugleich Beschwerde eingelegt, die mit weiterem Schreiben vom 27.12.2018 begründet wurde (Bl. 26 und 27 d.A.). Zugleich wurde eine weitere Begründung der Beschwerde nach Einsicht in die Verfahrens- und Ausländerakte angekündigt.
Am 28.12.2018 wurde dem Betroffenen unter Beiordnung von RA F. Verfahrenskostenhilfe bewilligt (Bl. 32 d.A.). Mit Nichtabhilfebeschluss vom selben Tag (Bl. 36) hat das Amtsgericht Bayreuth die Akte dem Landgericht Bayreuth zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt.
Durch Beschluss des Landgerichts Bayreuth vom 03.01.2019 wurde das Verfahren auf den Einzelrichter übertragen.
Am 08.01.2019 hat die Regierung von O. – Zentrale Ausländerbehörde – mitgeteilt, dass der Betroffene in sein Heimatland abgeschoben wurde.
Auf den Hinweis des Gerichts hat der Vertreter des Beschwerdeführers die Beschwerde umgestellt, mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses (Bl. 45 d.A.).
Nach erfolgter Akteneinsicht hat der Vertreter des Beschwerdeführers die Beschwerde am 05.02.2019 ergänzend begründet (Bl. 45 d.A.).
Der gesamte Inhalt der Akte und der vorliegenden Ausländerakte wird zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
II.
1. Die nach §§ 58ff. FamFG zulässige Beschwerde ist in der Sache unbegründet.
Die Beschwerde ist zulässig. Der Vertreter des Beschwerdeführers hat am 06.12.2018 form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt. Nach der erfolgten Abschiebung hat er auf Hinweis des Gerichts den Antrag umgestellt auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der angeordneten und vollzogenen Haft zur Sicherung der Abschiebung, § 62 FamFG.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Auch nach Überprüfung in der Beschwerdeinstanz erweist sich die angefochtene Entscheidung als zutreffend. Das Amtsgericht Bayreuth hat mit Beschluss vom 07.09.2020 zu Recht gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Abschiebung bis 02.10.2020 angeordnet.
Der Betroffene war zur Ausreise verpflichtet. Sein Asylantrag wurde bestandskräftig abgewiesen. Die Ausreisepflicht war vollstreckbar.
Zurecht hat das Amtsgericht Bayreuth den Haftgrund des § 62 Abs. 3 S. 1 Ziffer 5 Aufenthaltsgesetz (Fluchtgefahr) als vorliegend angesehen. Haftausschließungsgründe oder sonstige der Inhaftierung entgegenstehende Gründe lagen nicht vor.
Auch die Dauer der angeordneten Haft zur Sicherung der Abschiebung ist nicht zu beanstanden.
Im Detail wird auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts Bayreuth, um Wiederholungen zu vermeiden, Bezug genommen.
Die Gründe, mit denen zutreffend Haft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet wurde, werden weder durch das Vorbringen des Betroffenen im Rahmen der Anhörung noch durch das weitere Vorbringen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens entkräftet.
a) Entgegen der Ansicht des Vertreters des Beschwerdeführers konnte das Amtsgericht Bayreuth vorliegend nach Anhörung des Betroffenen in der Hauptsache entscheiden.
Der Antrag der zuständigen Ausländerbehörde (Bl. 1 d.A.) war auf Erlass einer Hauptsacheentscheidung gerichtet.
Dies ergibt sich aus dem vorliegenden Antrag (Ziffern 1-3, Bl. 1 d. A.) selbst. Darüber hinaus werden die §§ 415ff. FamFG genannt, was ebenfalls für einen Hauptsacheantrag spricht. Auf Seite 5 des Antrags wird ausdrücklich „Sicherungshaft bis 31.01.2019 mit sofortiger Wirksamkeit“ beantragt. Auch dies spricht für einen Antrag in der Hauptsache. Vor diesem Hintergrund ist der letzte Absatz unter Ziffer II., Satz 5 Mitte – sofern es sich nicht um ein Versehen des Antragstellers handelt – allenfalls als zulässiger hilfsweiser Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzusehen.
Wie sich aus dem Beschluss des Amtsgerichts Bayreuth selbst und zudem aus der eindeutigen Äußerung des Amtsgerichts im Rahmen des Abhilfeverfahrens ergibt, hat das Gericht in der Hauptsache entschieden. Die vom Beschwerdeführer angeführte Rechtsprechung des BGH, Beschluss vom 16.09.2015 – V ZB 40/15) betrifft eine andere, hier nicht anwendbare Fallkonstellation.
b) Das Gericht war entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch nicht daran gehindert, in der Hauptsache zu entscheiden. Das Erstgericht hat den Betroffenen angehört. Dabei handelte es sich um einen einfach gelagerten und überschaubaren Sachverhalt. Zu diesem konnte sich, wie sich aus dem vorliegenden Anhörungsprotokoll ergibt, der Betroffene mit sachlichen Erwägungen umfassend äußern.
Zudem hat der Betroffene ausweislich des Anhörungsprotokolls zwar zunächst angegeben, dass er gerne einen Anwalt beiziehen möchte, dann jedoch erklärt, dass er damit einverstanden ist, einen Anwalt erst nach dem heutigen Anhörungstermin zu beauftragen. Der Betroffene selbst, der wie sich aus dem Anhörungsvermerk ergibt, mit sachlichen Argumenten unstreitig seine Rechte wahrnehmen konnte, hat damit auf die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters im Rahmen der Anhörung verzichtet.
Im Übrigen hat sich der nunmehr bevollmächtigte Vertreter des Betroffenen erst am 06.12.2018 und damit einige Zeit nach Ergehen des Beschlusses vom 20.11.2018 angezeigt.
Unter den vorgenannten Umständen war das Erstgericht nicht gehindert, in der Hauptsache zu entscheiden. Insbesondere musste es nicht, wie vom Beschwerdeführer vorgetragen, zunächst eine einstweilige Anordnung erlassen.
c) Auch liegt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot nicht vor.
Der Sachvortrag des Beschwerdeführers, dass die zuständige Ausländerbehörde ab dem 15.10.2018 selbst ein laissez passé Dokument ausstellen hätte können und eine Rückführung damit bereits im Dezember erfolgen hätte können, greift zu kurz.
Der Betroffene war spätestens am 01.05.2017 nach unbekannt verzogen. Seitdem war der Betroffene unbekannten Aufenthalts und für die Ausländerbehörde nicht mehr erreichbar. Erst am 05.11.2018 meldete sich der Betroffene in einer Erstaufnahmeeinrichtung in H. Dort wurde er mit Meldeauflage aufgefordert, am 06.11.2018 bei der Regierung von O. vorzusprechen. Dies tat der Betroffene nicht. Erst am 19.11.2018 wurde der Betroffene bei der ZAB O. vorstellig. Bereits am 20.11.2018 wurde Antrag auf Haft zur Sicherung der Abschiebung gestellt und bereits mitgeteilt, dass eine so kurzfristige Buchung im Sammelcharter für Dezember nicht mehr möglich war (Bl. 5 d.A.).
Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden und liegt eine Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot nicht vor, wenn es der zuständigen Ausländerbehörde aus organisatorischen Gründen und einem gewissen zeitlich zuzubilligenden Vorlauf nicht mehr möglich war, den Betroffenen bereits im Dezember abzuschieben. Dies gilt insbesondere auch, da die Abschiebung dann zeitnah, am 07.01.2019 vollzogen werden konnte. Die vom Beschwerdeführer gerügte, angeblich verzögerte Ausstellung eines laissez passé Dokuments wäre damit unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände (u.a. Sicherheitsbegleitung für Flug erforderlich, Bl. 343 d. Ausländerakte) auch nicht kausal für die spätere Rückführung geworden.
d) In der Sache hat das Erstgericht zurecht das Vorliegen des Haftgrundes der Fluchtgefahr, § 62 Abs. 3 S. 1 Ziffer 5 Aufenthaltsgesetz, bejaht.
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Betroffenen am 19.01.2019 bei der zuständigen ZAB O. vorgesprochen hat. Zu der Vorsprache, zu der der Betroffenen verpflichtet war, erschien er bewusst wiederum zwei Wochen verspätet. Er hätte bereits einen Tag nach Erscheinen in der Erstaufnahmeeinrichtung in H. in B. vorsprechen müssen.
Der Betroffene war zuvor eineinhalb Jahre unbekannten Aufenthalts. Da er untergetaucht war, war er nicht greifbar.
Im Rahmen der Anhörung hat er geäußert, dass er nicht nach Afghanistan zurück möchte. Bereits diese Äußerung indiziert die Fluchtgefahr. Es liegt klar auf der Hand, dass er es wiederum vorziehen würde, unterzutauchen, als sich der Abschiebung zu stellen.
Bei der Äußerung des Betroffenen, dass er zwischenzeitlich nach Italien ausgereist und nach Deutschland zurückgekehrt sei, handelt es sich um eine im Übrigen nicht belegte reine Schutzbehauptung. Bezeichnend für den fehlenden Wahrheitsgehalt der Aussagen des Betroffenen im Rahmen der Anhörung sind bereits seine Ausführungen hinsichtlich der ihm auferlegten Vorsprache in B. für den nächsten Tag: So behauptet er zum einen, er habe nicht nach B. fahren können, weil seine Mutter krank sei. Sodann gibt er an, obwohl auf dem Bescheid deutlich vermerkt war, dass er am nächsten Tag in B. vorzusprechen habe, dass man ihm in H. gesagt habe, dass er 10 Tage Zeit habe. Das Gericht ist vielmehr überzeugt davon, dass der Betroffene bewusst in H. vorgesprochen hat, um die dortigen und die zuständigen B. Ausländerbehörden hinters Licht führen zu wollen und durch die nicht unverzügliche Vorsprache in B. nach seinem Untertauchen Zeit gewinnen wollte.

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