Aktenzeichen 1 XIV 114/16
Leitsatz
1 Das Verhindern der Identitätsfeststellung durch Untertauchen begründet den Verdacht, dass der Betroffene sich der Abschiebung entziehen will. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ist der Betroffene in Abschiebehaft, hat die Behörde ihn nach Abschluss des Rückübernahmeverfahrens unverzüglich abzuschieben. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Gegen den Betroffenen wird Haft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.
II. Die Haft beginnt mit der Festnahme am 12.09.2016 und endet spätestens am 03.10.2016.
III. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
Gründe
I. Der Betroffene ist ghanaischer Staatangehöriger.
II. Die beteiligte Ausländerbehörde beabsichtigt, den Betroffenen abzuschieben und hat am 12.09.2016 beantragt, gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Abschiebung für die Dauer bis zum 03.10.2016 unter Anordnung der sofortigen Wirksamkeit anzuordnen.
III. Der Betroffene wurde zu dem Antrag gehört. Bei der mündlichen Anhörung am 12.09.2016 hat er vorgetragen, dass er alles verstanden hat. Im Übrigen wird auf das Protokoll Bezug genommen.
IV. Die Voraussetzungen für die Anordnung der Haft zur Sicherung der Abschiebung sind gegeben.
Es besteht der Haftgrund des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, da der Betroffene aufgrund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist (§ 50 AufenthG).
Mit Bescheid vom 23.03.2015 des Landkreises Rostock – Der Landrat, Kreisordnungsamt, Sachgebiet Ausländerangelegenheiten, wurde über den Antrag auf Feststellung von Abschiebehindernissen, der vom anwaltlichen Vertreter des Betroffenen gestellt wurde, entschieden. Die Feststellung von Abschiebehindernissen wurde abgelehnt. Damit verbunden war die freiwillige Ausreisefrist von vier Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung, einer Abschiebeandrohung, §§ 34 Abs. 1, 59 AufenthG, und die Festsetzung der Einreise- und Aufenthaltssperre, § 11 Abs. 1 AufenthG.
Es besteht weiter der Haftgrund des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AufenthG, da die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Betroffene seinen Aufenthaltsort gewechselt hat, ohne der Ausländerbehörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist.
Der freiwilligen Ausreisefrist kam der Betroffene zunächst nicht nach. Er erhielt fortlaufend Duldungen, da er kein Identitätsdokument vorlegen konnte. Zwei Termine für Vorführungen vor einer ghanaischen Delegation zur Beschaffung von Passersatzpapieren nahm der Betroffene nicht wahr und widersetzte sich somit seiner Mitwirkungspflicht zur Identitätssaufklärung. Die letzte Duldung lief am 19.08.2016 ab, mindestens seit dem 20.08.2016 hielt sich der Betroffene nicht mehr im Bundesgebiet auf, sondern war unbekannten Aufenthalts, wahrscheinlich in Italien.
Es besteht weiter der Haftgrund des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG, da der begründete Verdacht besteht, dass der Betroffene sich der Abschiebung entziehen will. Der begründete Verdacht folgt daraus, dass der Betroffene bereits einmal untergetaucht war und sich der Identitätsfeststellung entzogen hat. Der Aufenthaltsort des Betroffenen war bis zu seiner Festnahme am 12.09.2016 nicht bekannt und konnte auch nicht ermittelt werden.
Der Betroffene teilt im Rahmen der Anhörung mit, er sei anerkannter Asylberwerber in Italien und verfüge über entsprechende Dokumente. Diese seien jedoch zum Teil abgelaufen, zum Teil habe er sich verloren.
Er legt einen aktuellen ghanaischen Reisepass vor. Zudem ein italienisches Dokument des „Ministero dell’interno“ aus dem sich jedoch ergibt, dass ihm internationaler Schutz verwehrt worden ist. Zudem legt er einen Abschnitt mit seinem Namen, dem Datum 06.09.2016 und einem Passfoto vor. Dieser Abschnitt gibt in keiner Weise Aufschluss über den Stand eines etwaigen Asylverfahrens in Italien. Auch gab er bisher ein falsches Geburtsdatum gegenüber den deutschen Behörden an.
Die Einlassung des Betroffenen, anerkannter Asylbewerber in Italien zu sein, ist als Schutzbehauptung zu werten. Es steht fest, dass der Betroffenen sich der Abschiebung in sein Heimatland nach wie vor entziehen möchte und daher in Italien untergetaucht ist. Bereits gegenüber den deutschen Behörden verweigerte er die Mithilfe bei der Feststellung seiner Identität. Auch am Tag der Vorführung führt er Dokumente, die den Stand eines Asylverfahrens in Italien belegen würden, nicht mit sich.
Gemäß der zwingenden Regelung des § 62 Abs. 3 Satz 1 AufenthG war daher Haft zu verhängen. Das Vorliegen der Abschiebungsvoraussetzungen war in diesem Verfahren nicht zu prüfen.
Es besteht der Haftgrund des § 62 AufenthG. Die Ausreisefrist ist abgelaufen. Es steht auch fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Die Anordnung der Haft ist erforderlich, um die Abschiebung zu gewährleisten, für die die organisatorischen Voraussetzungen im Wesentlichen abgeschlossen sind. Die Abschiebung soll nicht daran scheitern, dass der Betroffene nicht rechtzeitig präsent ist.
Tatsachen, die ein ausnahmsweises Absehen von der Haftverhängung gemäß § 62 Abs. 3 Satz 2 AufenthG gestatten würden, sind nicht vorgetragen bzw. wurden nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere steht weder die Hüftverletzung noch die Diabeteserkrankung der Anordnung der Sicherungshaft entgegen.
Umstände, die einer Durchführung der Abschiebung innerhalb der nächsten 3 Monate aus Gründen, die der Betroffene nicht zu vertreten hat, bzw. innerhalb von 6 Monaten nach seiner Einreise entgegenstehen, sind nicht ersichtlich.
V. Die beantragte Dauer der Haft ist angemessen. Die Dauer der Haft wird von der Behörde glaubhaft mit den für die Organisation und Durchführung der Abschiebung notwendigen Erfordernissen begründet.
Bei der Bestimmung der Dauer der Abschiebehaft ist auf die voraussichtliche Dauer des Rückübernahmeverfahrens abzustellen. Sollte dieses Verfahren bereits vor Ablauf der Frist abgeschlossen sein, so ist die Behörde gehalten, den Betroffenen unverzüglich abzuschieben.
VI. Das Verfahren beruht auf den §§ 416, 418, 419, 420 FamFG. Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit der Entscheidung beruht auf § 422 Abs. 2 FamFG.