Aktenzeichen 22 ZB 16.11
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 3
BayBO Art. 82 Abs. 1
BayVwVfG Art. 28 Abs. 1, Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2
Leitsatz
1. Die Genehmigungsbehörde ist weder berechtigt noch verpflichtet, mit der Entscheidung über einen Genehmigungsantrag solange zuzuwarten, bis eine für den Antragsteller weniger günstige Rechtslage (hier: sog. 10-H-Regelung) in Kraft tritt. (redaktioneller Leitsatz)
2. Eiswurfgefahren können sonstige Gefahren im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG darstellen, deren Verhütung die Nachbarschaft einer Windkraftanlage verlangen kann. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bezweckt insofern allerdings keinen absoluten Schutz. Risiken, die als solche erkannt sind, müssen nur mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein. (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Fehlen einer nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erforderlichen Anhörung kann grundsätzlich dadurch im Verwaltungsverfahren geheilt werden, dass die Behörde das Vorbringen des Klägers im Klageverfahren zur Kenntnis nimmt und in einem besonderen Schriftsatz würdigt. Hierbei setzt eine funktionsgerecht nachgeholte Anhörung voraus, dass die Behörde das Vorbringen des Betroffenen erkennbar zum Anlass nimmt, die Entscheidung kritisch zu überdenken. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RO 7 K 14.2105 2015-10-09 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Kläger zu 1 und 2 tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Kläger wenden sich als Eigentümer eines Anwesens in der Ortschaft T. in der Gemeinde G. gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von 5 Windkraftanlagen auf einem bewaldeten Höhenrücken („Großer Kulm“) in der Gemarkung P. Die Gesamthöhe über Grund soll jeweils 199 m betragen. Diese Genehmigung wurde vom Landratsamt Schwandorf unter dem Datum des 14. November 2014 erteilt und laut den bei den Behördenakten befindlichen Empfangsbekenntnissen der Beigeladenen am 17. November 2014 zugestellt, dem Klägerbevollmächtigten am 18. November 2014. Das Wohnanwesen der Kläger ist nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts ca. 850 m bis 900 m von der nächst gelegenen Windkraftanlage Nr. 5 entfernt, von der Windkraftanlage Nr. 4 ca. 1.090 m, von der Windkraftanlage Nr. 3 ca. 1.400 m, von der Windkraftanlage Nr. 1 ca. 1.750 m und von der Windkraftanlage Nr. 2 ca. 1.850 m. Die Windkraftanlagen liegen im Nordwesten von T. Der Kläger zu 2 ist außerdem Eigentümer des Waldgrundstücks FlNr. … der Gemarkung P., das an das Baugrundstück FlNr. 683 der Gemarkung P. für die Windkraftanlage Nr. 5 angrenzt. In Nr. 3 des angefochtenen Bescheids ist diesbezüglich bestimmt, dass eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den Abstandsflächenvorschriften zugelassen werde, und zwar bis auf 81,4 m. Die Kläger erhoben Drittanfechtungsklage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg, die erfolglos blieb (U. v. 9.10.2015). Die Kläger haben die Zulassung der Berufung beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Beiladung: Die Veräußerung der strittigen Genehmigung nach Rechtshängigkeit hat auf den Prozess keinen Einfluss (§ 173 VwGO, § 265 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Beigeladene möchte den Prozess fortführen. Eine – nicht beantragte – zusätzliche Beiladung der Erwerberin ist nicht erforderlich (§ 173 VwGO, § 325 Abs. 1 ZPO).
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen der Kläger, auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), lassen den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils) und den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmängel) nicht hervortreten.
A. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 124 Rn. 7 m. w. N.). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 – 2 BVR 758/07 – NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.). Gemessen an diesen Voraussetzungen ergeben sich aus dem Vortrag der Kläger keine ernstlichen Zweifel.
1. Was die Ausführungen zu „erheblichen Defiziten“ in den Bereichen des Naturschutzes, des Denkmalschutzes, des Artenschutzes sowie des Landschaftsschutzes angeht, fehlt es bereits an der erforderlichen konkreten Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts.
2. Verstoß gegen die sogenannte 10-H-Regelung:
Die Kläger fordern ohne Erfolg zusätzlichen Schutz nach Maßgabe der sogenannten 10-H-Regelung.
Zunächst ist bei dieser Regelung klarzustellen, dass Art. 82 Abs. 1 BayBO n. F. lediglich die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB entfallen lässt, aber die Genehmigungsfähigkeit von Windkraftanlagen gem. § 35 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB (schädliche Umwelteinwirkungen, Gebot der Rücksichtnahme auch im Hinblick auf optisch bedrängende Wirkungen) unberührt lässt.
Das Verwaltungsgericht hat dazu im Übrigen ausgeführt, dass der angefochtene Genehmigungsbescheid vom 14. November 2014 vor dem Inkrafttreten der sogenannten 10-H-Regelung am 21. November 2014 (vgl. § 3 des Gesetzes zur Änderung der Bayerischen Bauordnung u. a. vom 17.11.2014, GVBl. S. 178) erlassen worden ist und sich diese insoweit keine Rückwirkung beilegt. Dagegen haben die Kläger nichts eingewendet. Für die Entscheidung über Anfechtungsklagen von Nachbarn wegen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung maßgeblich (BVerwG, B. v. 11.1.1991 – 7 B 102/90 – NVwZ-RR 1991, 236; BayVGH, U. v. 25.6.2013 – 22 B 11.701 – BayVBl 2014, 502/505 Rn. 47; BayVGH, B. v. 24.3.2015 – 22 ZB 15.113 – Rn. 36). Dies ist hier der Zeitpunkt der Zustellung des Genehmigungsbescheids (am 17. November 2014 an die Beigeladene, am 18. November 2014 an die Bevollmächtigten der Kläger). Die Neuregelung ist aber nach § 3 des Gesetzes vom 17. November 2014 erst am 21. November 2014 in Kraft getreten.
Art. 82 BayBO n. F. ist hier auch nicht mittelbar von Bedeutung. Schränkt der Landesgesetzgeber nämlich die kraft Bundesrechts (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) grundsätzlich bestehende Befugnis, Windkraftanlagen im Außenbereich zu errichten, gem. § 249 Abs. 3 BauGB ein, bestimmt er jedoch gleichzeitig, dass diese Einschränkung erst ab einem bestimmen Zeitpunkt Platz greifen soll, so ist es dem Rechtsanwender verwehrt, diese ausdrückliche Entscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers dadurch zu unterlaufen, dass er die einschränkende Regelung im Rahmen der Konkretisierung des Gebots der Rücksichtnahme auch auf Vorhaben anwendet, die nach dem Willen des Gesetzgebers dieser Restriktion nicht unterfallen sollen (BayVGH, B. v. 27.3.2015 – 22 CS 15.481 – Rn. 27; BayVGH, B. v. 23.4.2015 – 22 CS 15.484 – Rn. 4; BayVGH, B. v. 19.8.2015 – 22 ZB 15.457 – Rn. 12). Dass das Landratsamt weder berechtigt noch verpflichtet war, mit der Entscheidung über den Genehmigungsantrag der Beigeladenen solange zuzuwarten, bis eine für die Beigeladene weniger günstige Rechtslage in Kraft trat, ergibt sich aus Art. 10 Satz 2 BayVwVfG im Allgemeinen und § 10 Abs. 6a BImSchG im Besonderen. Das Landratsamt ist gehalten, immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren zügig und beschleunigt abzuschließen. Dass dies möglich war, wird nicht durch den Einwand widerlegt, im späteren Gerichtsverfahren seien weitere fachliche Stellungnahmen vorgelegt worden; es handelt sich hierbei um eine zur Rechtsverteidigung vor Gericht übliche Vorgehensweise. Damit setzen sich die Kläger nicht auseinander. Dass die im Zusammenhang mit der Zulassung einer Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO gebotene Anhörung (Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG) vor dem Inkrafttreten der sogenannten 10-H-Regelung nicht möglich gewesen und unterlassen worden wäre, um den rechtzeitigen Erlass des Genehmigungsbescheids zu ermöglichen, ergibt sich aus den Darlegungen der Kläger nicht.
3. Die Kläger machen – nach Ablauf der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO – als neue Tatsache geltend, sie hätten beim Bau der strittigen Windkraftanlagen festgestellt, dass eine von ihnen benutzte Quelle (die sogenannte „W…quelle“) aufgrund der Baumaßnahmen weniger Wasser liefere. Während der Baumaßnahmen seien mehrere Quellen offengelegt, umgelegt oder verschüttet worden. Die Kläger nehmen insofern nicht zum Umfang des wasserrechtlichen Prüfungsprogramms bei der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung Stellung, meinen aber, das Landratsamt hätte die Bauarbeiten zwischenzeitlich zum Zwecke der Aufklärung des hydrogeologischen Sachverhalts einstellen müssen. Auch dieses Vorbringen führt nicht zur Zulassung der Berufung.
Der angefochtene Bescheid stellt durch seine Nebenbestimmung Nr. 6.3.10 klar, dass die angefochtene Genehmigung keinerlei Gestattungen zur Grundwasserbenutzung(vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 5 WHG) einschließt und diese gegebenenfalls eigens eingeholt werden müssten, wie sich auch aus § 13 BImSchG ergibt. Ob dies hier geboten gewesen wäre und ob zwischenzeitlich gewässeraufsichtliche Maßnahmen hätten ergriffen werden müssen, ist keine Frage der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigung. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass der Begriff des Grundwassers legal definiert ist (§ 3 Nr. 3 WHG) und sich demzufolge auf das unterirdische Wasser „in der Sättigungszone“ beschränkt, so dass eventuelle Hangdruckwasser nicht dazu gehören (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014 Rn. 49). Auf die fehlende Darlegung eventueller subjektiver Rechte der Kläger im Zusammenhang mit der sogenannten W…quelle, deren Verletzung für einen Erfolg ihrer Drittanfechtungsklage entscheidend wäre (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), muss hier nicht weiter eingegangen werden.
4. Soweit der Kläger zu 2 geltend macht, er werde bei Waldarbeiten auf seinem Waldgrundstück, die er gerade in den Wintermonaten vornehmen müsse, wenn die Böden gefroren seien, während des gesamten Winters konkreten Gefahren durch Eiswurf ausgesetzt, deren Eintritt für ihn absolut nicht vorhersehbar sei, führt dies ebenfalls nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Dass Eiswurfgefahren sonstige Gefahren im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG darstellen können, deren Verhütung die Nachbarschaft einer Windkraftanlage verlangen kann, ist nicht von der Hand zu weisen (vgl. BayVGH, B. v. 4.12.2014 – 22 CS 14.2157 u. a. – Rn. 14 ff.). § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bezweckt insofern allerdings keinen absoluten Schutz. Er verlangt nicht, dass jedes nur denkbare Risiko der Herbeiführung von schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren ausgeschlossen sein muss. Risiken, die als solche erkannt sind, müssen nur mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein (BVerwG, U. v. 17.2.1978 – 1 C 102.76 – BVerwGE 55, 250/254). Das Verwaltungsgericht hat insofern – gestützt auf erneute Erklärungen des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung vom 9. Oktober 2015 – auf den angefochtenen Bescheid (S. 32) hingewiesen, wonach in den Antragsunterlagen (Reg 3.10.4) drei unabhängige, standardmäßige und dauerhaft arbeitende Eiserkennungssysteme vorgesehen seien, die geeignet seien, die Risiken des Eiswurfs wirksam zu mindern. Dagegen hat der Kläger zu 2 keine substantiierten Einwände erhoben. Er hat insbesondere nicht aufgezeigt, dass und inwiefern diese Eiserkennungssysteme nicht geeignet sein sollen, das Eiswurfrisiko unter die Gefahrenschwelle zu drücken. Von der Wirksamkeit dieser Gefahrenverhütungsmaßnahmen muss demnach im vorliegenden Zulassungsverfahren ausgegangen werden. Wenn dem aber so ist, dann kommt es auf die weiteren, zwischen den Beteiligten umstrittenen Überlegungen des Verwaltungsgerichts, dass bei Waldarbeiten die Bäume zusätzlichen Schutz böten, nicht entscheidend an, ebenso wenig auf das vom Verwaltungsgericht nicht näher bezeichnete allgemeine Gutachten des … Dass die Möglichkeit der Anbringung von Warnschildern für den Kläger zu 2 nicht hilfreich ist, ist offensichtlich, im Ergebnis aber ohne Belang.
5. Soweit der Kläger zu 2 rügt, die Zulassung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO sei ohne die erforderliche Anhörung erfolgt, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg seines Zulassungsantrags. Es trifft zwar zu, dass eine solche Anhörung nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erforderlich gewesen wäre (vgl. dazu BayVGH, B. v. 19.8.2014 – 22 CS 14.1597 – Rn. 16). Das Verwaltungsgericht hat dies ebenso wie der Kläger gesehen, geht aber von einer Heilung dieses Fehlers im Verwaltungsverfahren dadurch aus, dass das Landratsamt das Vorbringen der Kläger im Klage- und Antragsverfahren nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO zur Kenntnis genommen und in einem besonderen Schriftsatz vom 15. Januar 2015 gewürdigt hat (vgl. dazu Bl. 69 der VG-Akte im Verfahren RO 7 S 14.2150). Der Kläger zu 2 hält dagegen, es handle sich hier lediglich um ein prozessuales Verteidigungsvorbringen, „da insoweit ein Versäumnis von Seiten des Landratsamts vorgelegen habe“. Dies greift aber zu kurz. Es ist zwar zutreffend, dass eine funktionsgerecht nachgeholte Anhörung voraussetzt, dass sich die Behörde nicht darauf beschränkt, die einmal getroffene Sachentscheidung zu verteidigen, sondern das Vorbringen des Betroffenen erkennbar zum Anlass nimmt, die Entscheidung kritisch zu überdenken (vgl. zuletzt BVerwG, U. v. 17.12.2015 – 7 C 5.14 – Rn. 17). Das Verwaltungsgericht ist aber zutreffend gerade auch von dieser Rechtslage ausgegangen. Es hat seine diesbezügliche Überzeugungsbildung darauf gestützt, dass das Landratsamt die Begründung für die Zulassung der Abweichung ergänzt habe. Diese richterliche Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) kann jedenfalls nicht mit dem Hinweis in Frage gestellt werden, dass hier ein Versäumnis des Landratsamts vorgelegen habe, denn ohne ein solches könnte es die Nachholungsfälle des Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG überhaupt nicht geben.
B. Die Darlegungen der Kläger lassen den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO in Verbindung mit § 86 Abs. 1 VwGO nicht hervortreten.
Die Kläger machen geltend, ein kurzer gerichtlicher Augenschein hätte zur Feststellung der rücksichtslosen optisch bedrängenden Wirkung im Hinblick auf das Anwesen der Kläger ausgereicht. Dies ergibt sich aus dem klägerischen Vorbringen jedoch nicht. Es trifft vielmehr zu, dass nicht immer die unmittelbare Gewinnung eines Eindrucks vor Ort erforderlich ist, sondern auch andere Erkenntnisquellen ausreichen können (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 30.5.1997 – 8 C 6/95 – NVWZ 1998, 290/291 m. w. N.). Die Kläger verweisen zwar insofern auf die erhöhte Lage der Windkraftanlagen und die Anzahl von insgesamt 5 Windkraftanlagen. Beide Umstände können den vorliegenden Lage- und Höhenplänen in vollem Umfang entnommen werden; warum die Richter der ersten Instanz dazu nicht in der Lage gewesen sein sollten, tragen die Kläger nicht vor. Das Verwaltungsgericht ist jedenfalls in seinen Entscheidungsgründen auf die erhöhte Lage der strittigen Windkraftanlagen und ihre Situierung eingegangen. Es hat dazu Erwägungen angestellt, mit denen sich die Kläger nicht substantiiert auseinandergesetzt haben.
Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, das Wohnhaus der Kläger sei mit den Wohnräumen nach Südwesten ausgerichtet, so dass die nordwestlich liegenden Windkraftanlagen nicht immer im direkten Blickfeld vom Wohnhaus aus gelegen seien. Darüber hinaus sei das Wohnhaus nach Nordwesten durch bestehende Gebäude, jedenfalls im Erdgeschossbereich, abgeschirmt. Auch sei der von den Klägern vorgelegten Digitalaufnahme aus dem Gartenbereich hinter dem Haus zu entnehmen, dass die Windkraftanlagen nur im oberen Bereich zu sehen wären. Die Kläger gehen darauf nicht ein, weisen aber darauf hin, dass vom Schlafzimmer, von den Kinderzimmern sowie von einem Badezimmer aus eine Windkraftanlage (Nr. 5) „im Blickfeld“ der Kläger liege und „die Anlage“ auch bei Arbeiten auf dem Hof sichtbar wäre. Letztlich beschränkt sich dieses Vorbringen nur auf eine Windkraftanlage, nämlich die nächstgelegene Windkraftanlage Nr. 5, und lässt nicht erkennen, weshalb sich deren Anblick vom Badezimmer, vom Schlafzimmer, von den Kinderzimmern oder von der Hoffläche aus überhaupt zulasten der Wohnnutzung besonders auswirken könnte. Im Übrigen sind die Aussagen „im Blickfeld der Kläger“ und „permanent sichtbar“ zu unsubstantiiert, um daraus auf eine optisch bedrängende Wirkung schließen zu können.
Kosten: § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.