Verwaltungsrecht

Kein Anordnungsgrund bei reiner Dienstpostenkonkurrenz

Aktenzeichen  M 5 E 17.1304

Datum:
23.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 131767
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123 Abs. 1

 

Leitsatz

Ein Anordnungsgrund im Eilverfahren ist zu verneinen, wenn es im angegriffenen Dienstpostenbesetzungsverfahren nicht um die Vergabe eines höherwertigen Dienstpostens im Sinne eines Beförderungsdienstpostens geht, sondern es sich lediglich um eine Ver- oder Umsetzung handelt und die Übertragung des Dienstpostens damit weder mit einem beruflichen Aufstieg noch mit einer Statusänderung verbunden ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller steht als Polizeioberkommissar (Besoldungsgruppe A 10) in Diensten des Antragsgegners, wobei sein derzeit innegehabter Dienstposten mit A 09/11 bewertet ist.
Der Beigeladene steht als Polizeikommissar (Besoldungsgruppe A 9) in Diensten des Antragsgegners und ist ebenfalls auf einem mit A 09/11 bewerteten Dienstposten tätig.
Mit Stellenausschreibung Nr. 21 vom 15. November 2016 wurde eine Stelle als Dienstgruppenleiter/ Dienstgruppenleiterin bei der Polizeiinspektion 22 in M. ausgeschrieben. Der Dienstposten ist mit A 11/00 bewertet. Auf die Stellenausschreibung bewarben sich zwei Bewerber, der Antragsteller und der Beigeladene.
Ausweislich des Auswahlentscheidungsvermerks vom 4. Januar 2017 komme nur der Beigeladene für den Dienstposten in Frage, da der Antragsteller in seiner letzten dienstlichen Beurteilung keine Eignung für Führungsaufgaben zuerkannt bekommen habe. Der Personalrat stimmte mit Schreiben vom 12. Januar 2017 zu, den ausgeschriebenen Dienstposten dem Beigeladenen zu übertragen.
Mit Bescheid vom 13. Januar 2017 wurde der Antragsteller über die Auswahlentscheidung informiert. Hiergegen legte er mit Schreiben vom 21. Januar 2017 Widerspruch ein. Der Antragsteller hat diesen mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2017 zurückgewiesen.
Am 2. Februar 2017 hat der Antragsteller im Rahmen eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Verwaltungsgericht Regensburg beantragt,
dem Antragsgegner zu untersagen, die in der Dienstpostenausschreibung Nr. 21 vom 15. November 2016 unter 1.) 1.2 ausgeschriebene Stelle als Dienstgruppenleiter bei der Polizeiinspektion … in M. einem anderen Bewerber zu übertragen oder mit einem anderen Bewerber zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist.
Ein Anordnungsgrund sei gegeben, da zu befürchten sei, dass die Stelle mit einem anderen Beamten besetzt werde. Aufgrund des zu befürchtenden Erfahrungsvorsprungs bestehe Eilbedürftigkeit.
Demgegenüber hat das Polizeipräsidium M. für den Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Bei dem streitbefangenen Dienstposten handele es sich nicht um einen Beförderungsdienstposten. Es bestehe kein Anordnungsgrund.
Der ausgewählte Beamte ist mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. Februar 2017 (Az. RO 1 E 17.192) zum Verfahren beigeladen worden. Er hat sich weder zum Verfahren geäußert noch einen Antrag gestellt.
Am 2. März 2017 hat der Antragsteller gegen den Bescheid vom 13. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Februar 2017 Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben (Az. M 5 K 17.864), über die bislang noch nicht entschieden ist.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Verwaltungsgerichts Regensburg am 13. März 2017 die Streitsache zur Entscheidung an das Verwaltungsgericht München verwiesen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.
Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung – vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen – notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
2. Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts München ergibt sich aufgrund des Verweisungsbeschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 13. März 2017. Zwar verkennt das Verwaltungsgericht Regensburg, dass es für das streitgegenständliche Verfahren nach § 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO zuständig ist. Demnach ist für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamtenverhältnis das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Maßgeblich sind die Umstände im Zeitpunkt der Klageerhebung (Kraft in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, RdNr. 7). Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Der Zuständigkeitsbereich einer Behörde bezieht sich dabei nicht lediglich auf die allgemeine örtliche Zuständigkeit, sondern ist „universell“ zu verstehen (Böck, DÖD 2001, 297, 301; VG München, B.v. 27.6.2016 – M 5 K 14.5576 – juris Rn. 4). Die Zuständigkeit des Polizeipräsidiums M. erstreckt sich somit auf das gesamte Bundesland. Daher ist an sich das Verwaltungsgericht Regensburg für die Entscheidung über den Eilantrag örtlich zuständig. Gleichwohl ist auch ein rechtswidriger Verweisungsbeschluss bindend, da er im vorliegenden Fall nicht als willkürlich anzusehen ist.
3. Der Antragsteller hat keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Aus dem Gesichtspunkt, dass der Beigeladene auf dem streitbefangenen Dienstposten einen Bewährungsvorsprung erlangen könnte, ergibt sich vorliegend kein Anordnungsgrund, da diese Erwägung primär im Anwendungsbereich des Leistungsgrundsatzes bzw. der Bestenauslese Bedeutung erlangen kann. Vorliegend geht es jedoch nicht um die Vergabe eines höherwertigen Dienstpostens im Sinne eines Beförderungsdienstposten, der nur unter Beachtung des Leistungsgrundsatzes vergeben werden darf (Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland – GG, Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der Bayerischen Beamten und Beamtinnen/ Leistungslaufbahngesetz – LlbG), sondern um eine reine Dienstpostenkonkurrenz. Die umstrittene Stelle bietet weder für den Antragsteller noch für den Beigeladenen eine Beförderungsmöglichkeit. Denn beide Beamte haben derzeit einen Dienstposten inne, der mit A 09/11 bewertet ist und daher eine Beförderung bis A 11 zulässt, also demselben Statusamt, mit dem auch der ausgeschriebene Dienstposten bewertet ist. Mit der Übertragung des Dienstpostens ist somit weder ein beruflicher Aufstieg noch eine Statusänderung verbunden (VG München, B.v. 24.10.2014 – M 5 E 14.3405 – juris Rn. 18 ff.; BayVGH, B.v. 10.8.2012 – 3 CE 12.1392 – juris Rn. 27). Ein Anordnungsgrund scheidet daher mangels Schaffung vollendeter Tatsachen aus, welche typischerweise dann droht, wenn die Besetzungsentscheidung mit einer zeitnah bevorstehenden Änderung des beamtenrechtlichen Status des ausgewählten Bewerbers, etwa durch Beförderung, verbunden ist. Denn sollte sich die Entscheidung, den ausgewählten Bewerber und nicht seinen Konkurrenten auf den in Rede stehenden Dienstposten umzusetzen, im Hauptsacheverfahren als rechtwidrig erweisen, kann sie ohne weiteres wieder rückgängig gemacht werden (OVG NRW, B.v. 12.7.2010 – 1 B 403/10 – juris Rn. 7).
Dabei ist unerheblich, dass Antragsteller und Beigeladener durch den Antragsgegner selbst im Auswahlvermerk vom … Januar 2017 fehlerhaft als „Beförderungsbewerber“ bezeichnet wurden. Aufgrund der Wertigkeit der Dienstposten handelt es sich bei den Beamten nicht um Beförderungsbewerber.
4. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO abzulehnen. Der nach § 65 Abs. 2 VwGO beigeladene ausgewählte Bewerber hat seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen, da er keinen Antrag gestellt noch das Verfahren in anderer Weise gefördert hat.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG).

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