Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf Beurlaubung vom Studium

Aktenzeichen  M 3 K 14.73

Datum:
12.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 127935
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayHSchG Art. 48 Abs. 2, Art. 51 S. 1, S. 2

 

Leitsatz

1 Angesichts der weitreichenden Folgen einer Beurlaubung auf den Status des Studierenden sind zur Schaffung von Rechtssicherheit sowie Klarheit Regelungen über Antragsfristen sachgerecht. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2 Mit der Beurlaubungsregelung geht der Gesetzgeber grundsätzlich von einer vorhersehbaren und während des gesamten Semesters oder zumindest während eines weit überwiegenden Teils dauernden Verhinderung aus wichtigem Grund aus. Zur Vermeidung unbilliger Härten infolge nachträglicher Ausfallzeiten sieht das Gesetz vor, Fristen für Prüfungen und einen zu erzielenden Studienfortschritt hinauszuschieben. (Rn. 29 – 32) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beurlaubung für das Wintersemester 2013/2014.
Gemäß Art. 48 Abs. 2 BayHSchG können Studierende von der Hochschule auf Antrag aus wichtigem Grund von der Verpflichtung zu einem ordnungsgemäßen Studium befreit werden (Beurlaubung). Die Zeit der Beurlaubung soll in der Regel zwei Semester nicht überschreiten. Gemäß Art. 51 Sätze 1 und 2 BayHSchG erlassen die Hochschulen die erforderlichen Bestimmungen über die Immatrikulation, Rückmeldung, Beurlaubung und Exmatrikulation durch Satzung. In den Satzungen haben die Hochschulen insbesondere Bestimmungen über das Verfahren und die einzuhaltenden Fristen zu treffen.
Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte durch Erlass der Satzung über das Voranmelde-, Immatrikulations-, Beurlaubungs-, Rückmelde- und Exmatrikulationsverfahren an der Hochschule für … vom 14.08.2006 (mit nachfolgenden Änderungen, insbesondere der Fünften Änderungssatzung vom 2. November 2012 (im Folgenden: Satzung), Gebrauch gemacht.
Gemäß § 9 Abs. 1 der Satzung können Studierende auf Antrag aus wichtigem Grund von der Verpflichtung zu einem ordnungsgemäßen Studium befreit werden. Als wichtiger Grund für eine Beurlaubung nach Art. 48 Abs. 2 BayHSchG gilt regelmäßig eine Krankheit, die zu einer Studierunfähigkeit für den überwiegenden Teil des Semesters führt (§ 9 Abs. 3 Satz 1 1. Spiegelstrich der Satzung).
Gemäß § 9 Abs. 4 der Satzung ist ein Urlaubssemester in der Regel mit der Rückmeldung für das nachfolgende Semester zu beantragen. Sollte der Beurlaubungsgrund erst später eintreten, können Anträge auf Beurlaubung für das bereits laufende Semester nur bis spätestens zum 14. April eines Jahres für das Sommersemester und nur bis spätestens zum 31. Oktober eines Jahres für das Wintersemester gestellt werden. Eine rückwirkende, nachträgliche Beurlaubung für bereits laufende bzw. abgeschlossene Semester ist nach Ablauf der Frist nach Satz 2 ausgeschlossen.
Nachdem der Antrag des Klägers für das Wintersemester 2013/2014 vom 4. Dezember 2013 erst am 9. Dezember 2013 bei der Beklagten eingegangen ist, war dieser später, als es die Satzung zulässt, gestellt worden.
Entgegen dem Vortrag des Klägers ist die Regelung des § 9 Abs. 4 Satz 2 der Satzung nicht als rechtswidrig und nichtig sondern als rechtmäßig anzusehen.
Wie sich aus dem Wortlaut des Art. 51 BayHSchG ergibt, ist der Gesetzgeber auch im Fall der Beurlaubung davon ausgegangen, dass für die entsprechenden Anträge Fristen bestimmt werden können. Somit hat die Beklagte nicht eine über Art. 48 Abs. 2 BayHSchG hinausgehende Voraussetzung in § 9 Abs. 4 der Satzung geschaffen, sondern lediglich den Zeitraum, innerhalb dessen Beurlaubungsanträge gestellt werden können, in grundsätzlich zulässiger Weise eingeschränkt; diese Regelungen werden von der Ermächtigungsgrundlage in Art. 51 BayHSchG umfasst. Sie sind auch geeignet, das Verfahren der Beurlaubung sinnvoll zu regeln. Besonders im Hinblick auf die weitreichenden Folgen einer Beurlaubung auf den Status des Studierenden, ist es notwendig und sinnvoll, möglichst schnell Rechtssicherheit und Klarheit mit Hilfe der festgesetzten Fristen zu erreichen.
Mit der Beurlaubungsregelung des Art. 48 Abs. 2 BayHSchG verfolgt der Gesetzgeber den Zweck, denjenigen Studierenden, die während eines Semesters aus wichtigem Grund an einem ordnungsgemäßen Studium gehindert sind, aufgrund der Beurlaubung die Möglichkeit zu geben, während des Urlaubssemesters keine Studienleistungen erbringen zu müssen und dieses Semester nicht als Fachsemester angerechnet zu bekommen. Dabei geht der Gesetzgeber grundsätzlich von einer vorhersehbaren Verhinderung aus. Dies ergibt sich bereits aus der systematischen Stellung der Beurlaubungsregelung im unmittelbaren Zusammenhang mit der Rückmeldung. Außerdem geht die Regelung von einer Verhinderung des Studierenden während des gesamten Semesters oder zumindest während eines weit überwiegenden Teils davon aus, da ansonsten eine Beurlaubung während des gesamten Semesters unverhältnismäßig wäre.
Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ist die von der Beklagten in § 9 Abs. 4 der Satzung getroffene Fristenregelung nicht zu beanstanden. Auch die Regelung des § 9 Abs. 4 Satz 2 der Satzung verstößt nicht gegen das Willkürverbot, weil die Beklagte hierfür sachliche Gründe angeführt hat. Insbesondere im Hinblick darauf, dass im Wintersemester bis zum 31. Oktober eines Jahres bereits ein Drittel der Lehrveranstaltungen des Semesters abgehalten wurde, ist es sachgerecht, Studierende, die diesen nicht unerheblichen Teil des Semesters ordnungsgemäß studieren konnten, nicht mehr für das gesamte Semester zu beurlauben.
Berücksichtigt man im Falle des Klägers unabhängig vom Zeitpunkt der Beantragung des Urlaubssemesters am 9. Dezember 2013 – zu diesem Zeitpunkt waren bereits zwei Drittel der Lehrveranstaltungen durchgeführt – den Zeitraum seiner Erkrankung vom 17. November bis zum Ende des Jahres 2013 (nach seinem glaubhaften Vorbringen in der mündlichen Verhandlung), so konnte der Kläger annähernd die Hälfte der Lehrveranstaltungen ungehindert besuchen. Lediglich sechs Wochen des Semesters war er durch seine Krankheit beeinträchtigt, wobei eine Woche in die vorlesungsfreie Zeit um Weihnachten fiel.
Zwar schließt Art. 48 Abs. 2 BayHSchG eine nachträgliche Beurlaubung nicht grundsätzlich aus. Trotzdem ist die von der Beklagten getroffene Fristenregelung von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Denn die Beklagte hat als Korrektiv zur Vermeidung unbilliger Härten infolge nachträglicher krankheitsbedingter Ausfallzeiten die Möglichkeit geschaffen, Fristen für Prüfungen und einen zu erzielenden Studienfortschritt hinauszuschieben. Auf die diesbezüglichen Regelungen kann sich auch der Kläger grundsätzlich berufen und müsste gegebenenfalls die von der Beklagten hierzu ergehenden Entscheidungen einer gerichtlichen Überprüfung zuführen.
Aus den dargestellten Gründen war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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