Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf Einstellung in den Vorbereitungsdienst bei mangelnder gesundheitlicher Eignung

Aktenzeichen  B 5 K 14.719

Datum:
16.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 33 Abs. 2, Art. 34 S. 1
BeamtStG BeamtStG § 8 Abs. 4, § 54 Abs. 2
BayLlbG BayLlbG Art. 22
BGB BGB § 839 Abs. 3
VwGO VwGO § 113 Abs. 4 analog, § 123 Abs. 1
AVfV AVfV Art. 14 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Ein für den Einstellungstermin eventuell bestehender materieller Einstellungsanspruch ist mit dem Verstreichen des Einstellungszeitpunktes und der Ernennung der anderen Bewerber untergegangen; § 8 Abs. 4 BeamtStG steht der rückwirkenden Ernennung entgegen.   (redaktioneller Leitsatz)
2 Nach § 14 Abs. 2 AVfV hat ein Auswahlverfahren grundsätzlich nur für das Einstellungsjahr Geltung, für das es durchgeführt worden ist.  (redaktioneller Leitsatz)
3 Der erfolglose Einstellungsbewerber kann grundsätzlich eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs im Wege des Schadenersatzes geltend machen. Die sekundäre Ersatzpflicht für rechtswidrig staatliches Handeln tritt dann nicht ein, wenn der Verletzte unmittelbar gegen die beanstandete Entscheidung mögliche Rechtsbehelfe ohne hinreichenden Grund nicht in Anspruch genommen hat.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Soweit der Kläger seine Einstellung in den Vorbereitungsdienst als Steuerinspektoranwärter in den Vorbereitungsdienst für die dritte Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen, fachlicher Schwerpunkt Steuer (im Folgenden: Vorbereitungsdienst) unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum nächstmöglichen Einstellungszeitpunkt begehrt (Nr. 1 des Klageantrags) bzw. beansprucht, so gestellt zu werden, als wäre er zum 1. Oktober 2014 eingestellt worden (Nr. 2 des Klageantrags), ist die Klage zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg (dazu unten Buchst. a)). Im Übrigen, d. h. hinsichtlich des Hilfsantrags (Nr. 3 des Klageantrags) ist die Klage bereits unzulässig (dazu unten Buchst. b)).
a) Die Klage hat im Hinblick auf die Hauptanträge (Nrn. 1 und 2 des Klageantrags vom 27. Oktober 2014) in der Sache keinen Erfolg.
aa) Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Einstellung als Steuerinspektoranwärter in den Vorbereitungsdienst unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum nächstmöglichen Einstellungszeitpunkt.
Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung. Ein Bewerber hat danach einen Anspruch darauf, dass über seine Bewerbung um ein öffentliches Amt ermessens- und beurteilungsfehlerfrei allein nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes entschieden wird. Seine einfachgesetzliche Konkretisierung findet dieser sogenannte Bewerbungsverfahrensanspruch in § 9 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG). Der Geltungsanspruch dieses Grundsatzes wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Daher können Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz oder durch andere verfassungsgemäße Vorgaben gedeckt sind (BVerfG, B. v. 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – NVwZ 2008, 194; BVerwG, U. v. 28.10.2004 – 2 C 23.03 – BVerwGE 122, 147 ; U. v. 25.11.2004 – 2 C 17.03 – BVerwGE 122, 237 ; U. v. 17.8.2005 – BVerwG 2 C 37.04 – BVerwGE 124, 99 ). Der Bewerbungsverfahrensanspruch steht insbesondere auch Einstellungsbewerbern, d. h. jenen Bewerbern zu, die noch außerhalb des beamteten öffentlichen Dienstes stehen und sich um ein Eingangsamt im Sinne des erstmaligen Zugangs zu einem öffentlichen Amt bemühen (BVerwG, U. v. 25.2.2010 – 2 C 22/09 – BVerwGE 136, 140 – juris Rn. 16). Es handelt sich dabei jedoch in erster Linie um einen verfahrensrechtlichen Anspruch auf sachgerechte Bewerberauswahl. Nur dann, wenn das dem Dienstherrn eröffnete Auswahlermessen ausnahmsweise in dem Sinne „auf Null reduziert“ ist, dass nur die Entscheidung für die Einstellung rechtmäßig wäre, kann sich der Bewerbungsverfahrensanspruch zu einem Einstellungsanspruch verdichten. Dies setzt jedoch voraus, dass der Bewerber offensichtlich alle gesetzlichen Einstellungsvoraussetzungen erfüllt (BayVGH, B. v. 17.9.2009 – 3 CE 09.1383 – juris Rn. 52).
Der Bewerbungsverfahrensanspruch unterliegt jedoch zeitlichen Einschränkungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erlischt der materielle Einstellungsanspruch in Konstellationen, in denen Stellen für Beamte zu regelmäßig wiederkehrenden Zeitpunkten ausgeschrieben und besetzt werden, wie dies etwa für Lehrer und Polizeibeamte typisch ist, mit dem Verstreichen des Einstellungszeitpunktes und der Besetzung der Stellen durch andere Bewerber. Ist der Bewerber zu diesem Einstellungszeitpunkt verfahrensfehlerhaft nicht eingestellt worden, so kommt der primäre Rechtsschutz zu spät, weil auch der im gerichtlichen Verfahren obsiegende Bewerber nicht rückwirkend zum Beamten ernannt werden kann (BVerwG, U. v. 25.2.2010 – 2 C 22/09 – BVerwGE 136, 140 – juris Rn. 19). In Hinblick darauf regelt § 8 Abs. 4 BeamtStG, dass eine Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt unzulässig und insoweit unwirksam ist.
Vorliegend hat sich der Kläger ursprünglich um eine Einstellung in den Vorbereitungsdienst zum 1. Oktober 2014 beworben. Er hat insofern zunächst erfolgreich an der Auswahlprüfung beim Bayerischen Landespersonalausschuss im Oktober 2013 teilgenommen und damit seine fachliche Eignung bewiesen. Er hat darüber hinaus auch erfolgreich an dem in Art. 22 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2, Abs. 8 Leistungslaufbahngesetz (LlbG) vorgesehenen besonderen Auswahlverfahren zur Feststellung des Vorliegens der persönlichen Eignung für das erstrebte Amt in Form eines strukturierten Interviews am 27. Januar 2014 teilgenommen, in welchem ihm die Eignung für eine Einstellung in die Finanzverwaltung bescheinigt wurde. Ihm wurde jedoch von Seiten des Beklagten die gesundheitliche Eignung für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst auf Grundlage des amtsärztlichen Zeugnisses vom 16. Juli 2014 und weiterer hierzu ergangener Stellungnahmen abgesprochen und seine Bewerbung daraufhin mit Schreiben vom 28. Juli 2014 abgelehnt. Unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung kann der Kläger jedoch nicht mit Erfolg eine Einstellung in den Vorbereitungsdienst beanspruchen, da mit dem Verstreichen des Einstellungstermins 1. Oktober 2014 hinsichtlich seines ursprünglichen Begehrens – Einstellung in den Vorbereitungsdienst zum 1. Oktober 2014 – Erledigung eingetreten ist.
Ein Anspruch auf Einstellung rückwirkend zum 1. Oktober 2014 scheitert bereits an § 8 Abs. 4 BeamtStG, der einer rückwirkenden Ernennung des Klägers entgegensteht. Für diesen Einstellungstermin ist ein eventuell bestehender materieller Einstellungsanspruch mit dem Verstreichen des Einstellungszeitpunktes und der Ernennung der anderen Bewerber untergegangen.
Aber auch, soweit der Kläger eine Einstellung zu einem anderen, in der Zukunft liegenden Termin begehrt, besteht hierauf kein Anspruch. Nach Art. 14 Satz 2 der Verordnung zur Regelung der besonderen Auswahlverfahren für den Einstieg in der zweiten und dritten Qualifikationsebene im nichttechnischen Bereich der Leistungslaufbahn (Auswahlverfahrensordnung – AVfV) hat ein Auswahlverfahren grundsätzlich nur für das Einstellungsjahr Geltung, für das es durchgeführt worden ist. Der Kläger hat das Auswahlverfahren beim Bayerischen Landespersonalausschuss gem. Art. 22 Abs. 2 Satz 2, Abs. 7 LlbG i. V. m. der AVfV für den Einstellungstermin 2014 absolviert und sich im Rahmen der zu diesem Zeitpunkt gegebenen Konkurrenzsituation als fachlich geeignet für eine Einstellung in den Vorbereitungsdienst erwiesen. Dieses Ergebnis und die damit in Verbindung stehende Eignungsfeststellung hat, wie oben dargelegt, jedoch nur für diesen konkreten Einstellungstermin Geltung (vgl. VG Ansbach, B. v. 26.11.2012 – AN 1 E 12.01993 – juris Rn. 68). Da das Auswahlverfahren für den Einstellungsjahrgang 2014 mit der Einstellung und Berufung der übrigen Bewerber in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum 1. Oktober 2014 abgeschlossen war, kann der Kläger aus dem damals durchgeführten Auswahlverfahren keine Rechte herleiten. Es wäre im Übrigen auch mit dem Grundsatz der Chancengleichheit nicht vereinbar, würde der Kläger im Rahmen der Bewerberauswahl für einen anderen Einstellungstermin als jenen, in dessen Rahmen er am Auswahlverfahren teilgenommen hat, mit seinem damaligen Ergebnis in eine vergleichende Betrachtung der aktuellen Bewerber einbezogen. Insoweit verbietet sich auch eine kombinierte Heranziehung verschiedener Eignungsfeststellungen aus unterschiedlichen Zeiträumen. Der Kläger hat daher insbesondere auch keinen Anspruch auf eine Einstellung zum 1. Oktober 2016, da er das strukturierte Interview für diesen Einstellungstermin nicht erfolgreich durchgeführt hat.
bb) Der Kläger kann vom Beklagten weiterhin nicht beanspruchen, in besoldungs-, beihilfe- und versorgungsrechtlicher Hinsicht so gestellt zu werden, als wäre er bereits zum 1. Oktober 2014 als Steuerinspektoranwärter in der Bayerischen Finanzverwaltung eingestellt worden. Der Sache nach verfolgt der Kläger mit seinem Antrag zu 2) die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs. Insoweit kommt als Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren allein Art. 33 Abs. 2 GG unter dem Gesichtspunkt eines durch den Antrag auf Einstellung in den Vorbereitungsdienst begründeten beamtenrechtlichen Bewerbungsverhältnisses in Betracht. Der unmittelbar aus Art. 33 Abs. 2 GG fließende Schadensersatzanspruch des rechtswidrig übergangenen Einstellungsbewerbers besteht unabhängig von einem Schadensersatzanspruch aus Amtspflichtverletzung nach § 839 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Art. 34 Satz 1 GG (vgl. BVerwG, U. v. 25.2.2010 – 2 C 22/09 – BVerwGE 136, 140 – juris Rn. 13). Wie oben unter aa) dargestellt, unterliegt der Bewerbungsverfahrensanspruch eines rechtswidrig übergangenen Einstellungsbewerbers in Konstellationen wie der vorliegenden zeitlichen Einschränkungen, aufgrund derer der zum materiellen Einstellungsanspruch verdichtete Bewerbungsverfahrensanspruch mit Verstreichen des Einstellungszeitpunkts und Besetzung der verfügbaren Stellen durch andere Bewerber erlischt. Der erfolglose Einstellungsbewerber kann daher grundsätzlich eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs im Wege des Schadensersatzes geltend machen. Wie im Falle des allgemein anerkannten beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruchs, der seinen Rechtsgrund in einem bestehenden Beamtenverhältnis findet und einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis resultierenden Pflichten entstehen, begründet (vgl. BVerwG, U. v. 19.3.2015 – 2 C 12/14 – BVerwGE 151, 333 – juris Rn. 9 ff.), ist jedoch auch bei dem hier streitgegenständlichen Schadensersatzanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG der in § 839 Abs. 3 BGB wurzelnde Rechtsgedanke vom Vorrang des Primärrechtschutzes zu beachten. Danach tritt die sekundäre Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln nicht ein, wenn der Verletzte unmittelbar gegen die beanstandete Entscheidung mögliche Rechtsbehelfe ohne hinreichenden Grund nicht in Anspruch genommen hat (vgl. zum Fall einer rechtswidrig übergangenen Beförderungsbewerberin BVerwG a. a. O. – juris Rn. 11). Effektiven Rechtsschutz gegen eine rechtswidrig verweigerte Einbeziehung in ein beamtenrechtliches Auswahlverfahren und – bei einer Ermessenreduzierung „auf Null“ – auch gegen eine rechtswidrig nicht erfolgende Einstellung bzw. Ernennung kann der Bewerber nur durch Erhebung des Widerspruchs (§ 54 Abs. 2 BeamtStG) und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erlangen.
Vorliegend hat der Kläger zwar gegen das Schreiben des Beklagten vom 28. Juli 2014, mit dem seine Bewerbung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung abgelehnt worden war, mit Schreiben vom 23. August 2014 Widerspruch erhoben. Gegen den Widerspruchsbescheid vom 23. September 2014 hat er dann, nachdem der Einstellungstermin 1. Oktober 2014 bereits vorüber war, am 23. Oktober 2014 durch seinen Bevollmächtigten Klage erheben lassen. Er hat es jedoch versäumt, im Vorfeld des Einstellungstermins am 1. Oktober 2014 im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO gegen die ablehnende Entscheidung des Beklagten vorzugehen. Damit hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, den Beklagten zu verpflichten, jedenfalls eine der für den Einstellungsjahrgang 2014 vorgesehenen Anwärterstellen freizuhalten und seine Teilnahme an der Ausbildung temporär sicherzustellen. Hierzu hätte ihm auch ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden. Es ist weder ersichtlich noch vom Kläger hinreichend dargetan, dass er diese Möglichkeit nicht hätte nutzen können. Rechtsunkenntnis vermag ihn in diesem Zusammenhang nicht zu entlasten. Vielmehr wäre er in Anbetracht der Situation gehalten gewesen, frühzeitig die Möglichkeiten des Primärrechtschutzes auszuschöpfen. Da dies jedoch nicht erfolgte, ist der Kläger nunmehr mit Sekundäransprüchen ausgeschlossen.
b) Im Hinblick auf den hilfsweise gestellten Klageantrag zu 3. ist die Klage bereits unzulässig.
Der Kläger begehrt mit diesem Antrag die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids des Beklagten vom 28. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. September 2014. Da sich das Begehren des Klägers auf Einstellung in den Vorbereitungsdienst unter gleichzeitiger Aufhebung der Bescheide im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits erledigt hatte (s.o. unter a), handelt es sich um eine Fortsetzungsfeststellungsklage, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog. Die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung einer Fortsetzungsfeststellungsklage – das Bestehen eines berechtigten Interesses an der begehrten Feststellung (Fortsetzungsfeststellungsinteresse), für das verschiedene Fallgruppen anerkannt sind (Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.1.2016, § 113 Rn. 86 ff.) – ist vorliegend jedoch nicht erfüllt.
aa) Die Fallgruppe der Vorbereitung eines (nicht offensichtlich aussichtlosen) Amtshaftungsprozesses beruht auf der Präjudizwirkung der verwaltungsgerichtlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts für Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche. Vorliegend macht der Kläger zwar geltend, die Entscheidung des Beklagten, ihn nicht in den Vorbereitungsdienst einzustellen, sei rechtswidrig. Daraus können grundsätzlich Schadensersatzansprüche resultieren, wie sie der Kläger im Klageantrag zu 2) auch geltend macht und im Übrigen im Wege der Amtshaftungsklage vor den Zivilgerichten verfolgen könnte. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse besteht jedoch dann nicht, wenn die Erledigung des streitgegenständlichen Verwaltungsakts bereits vor Klageerhebung eingetreten ist, da der Kläger in diesem Fall ohne die Möglichkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage nicht um die „Früchte des Prozesses“ gebracht würde, und vielmehr darauf verwiesen werden kann, die Rechtswidrigkeit des beanstandeten Verwaltungsakts unmittelbar im Rahmen eines entsprechenden Amtshaftungsprozesses feststellen zu lassen (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, § 113 Rn. 136). Da die Klage vorliegend erst nach dem erledigenden Ereignis (Einstellungstag 1. Oktober 2014) erhoben wurde, ergibt sich insofern kein berechtigtes Interesse des Klägers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Entscheidung.
bb) Der Kläger kann darüber hinaus auch kein Feststellungsinteresse auf der Grundlage einer bestehenden Wiederholungsgefahr für sich beanspruchen. Wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten Umständen eine gleichartige behördliche Entscheidung getroffen wird (Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.1.2016, § 113 Rn. 87.2). Der Kläger macht insoweit geltend, es bestehe die Möglichkeit, dass der Beklagte bei einer erneuten Entscheidung über die gesundheitliche Eignung des Klägers für eine Einstellung in den Vorbereitungsdienst wiederum einen falschen Prüfungsmaßstab anlege. Eine solche Gefahr besteht allerdings nicht, da sich der Kläger nicht erneut einem Bewerbungsverfahren für eine Einstellung für den Einstieg in der dritten Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen – fachlicher Schwerpunkt Steuer – unterziehen kann. Dies folgt aus der Vorschrift des Art. 22 Abs. 8 Satz 7 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 LlbG. Danach kann ein Bewerber das gesonderte wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren zur Feststellung der persönlichen Eignung – vorliegend in Form eines strukturierten Interviews – einmal wiederholen. Der Kläger hat ausweislich der in den Akten befindlichen Niederschrift bereits am 27. Januar 2014 an einem strukturierten Interview zur Feststellung seiner persönlichen Eignung teilgenommen. Wie in der mündlichen Verhandlung vom 16. Februar 2016 von den Beteiligten übereinstimmend mitgeteilt worden ist, hat der Kläger am 1. Februar 2016 im Rahmen seiner Bewerbung um Einstellung in den Vorbereitungsdienst zum 1. Oktober 2016 erneut an einem strukturierten Interview teilgenommen, wobei das Ergebnis „nicht geeignet“ gelautet habe. Dem Kläger ist somit nach der oben zitierten gesetzlichen Bestimmung eine weitere Wiederholung des strukturierten Interviews nicht möglich, so dass nicht die Gefahr besteht, dass der Beklagte im Rahmen einer erneuten Bewerbung des Klägers über dessen gesundheitliche Eignung befinden muss und dabei die Möglichkeit besteht, dass ein falscher Prognosemaßstab bei der Beurteilung zugrunde gelegt wird. Im Übrigen ist eine Wiederholungsgefahr auch deshalb nicht gegeben, weil die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und nachvollziehbar versichert hat, dass der Beklagte sich des durch die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geänderten Prognosemaßstabs bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung von Beamtenbewerbern bewusst sei und dieser in künftigen Fällen uneingeschränkt Anwendung finden werde.
In Ermangelung eines besonderen Feststellungsinteresses kann eine inhaltliche Prüfung der angegriffenen Entscheidung dahinstehen.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
3. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

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