Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug für ausgewiesenen Straftäter

Aktenzeichen  M 10 K 16.5409

Datum:
23.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 11 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, S. 5, Abs. 3 S. 1 – 3, § 27, § 29, § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 53 Abs. 1, Abs. 2, § 54 Abs. 2 Nr. 3, § 55 Abs. 1, 2, § 60a Abs. 2 S. 1
StGB StGB § 56 Abs. 1
GG GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Abs. 2, Art. 20 Abs. 3
EMRK EMRK Art. 8 Abs. 1, Abs. 2
VwGO VwGO § 114 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. In Anbetracht der hohen Sozialschädlichkeit des Heroinhandels ist für die prognostische Einschätzung der Wiederholungsgefahr von Straftaten im Rahmen des § 53 Abs. 1 AufenthG ein abgesenkter Grad an Wahrscheinlichkeit anzusetzen. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
2. Muss ein ausländischer Ehegatte einer Ausländerin, die über eine Niederlassungserlaubnis verfügt und die er während eines illegalen Aufenthalts geheiratet hat, infolge einer strafgerichtlichen Verurteilung mit seiner Ausweisung rechnen und besteht die Ehe erst kurze Zeit, können die Eheleute nicht darauf vertrauen, ihre Lebensgemeinschaft ohne Einschränkungen in Deutschland zu führen. (Rn. 71) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 17. November 2016 wird in Ziffer 3 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, über die Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

A.
Die zulässige Klage ist im Wesentlichen unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 17. November 2016 ist sowohl hinsichtlich der Ausweisung des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland in Ziffer 1 als auch hinsichtlich der Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung in Ziffer 4 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; nachstehend I. und III.).
Darüber hinaus hat der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, so dass auch die Ablehnung seines Antrags durch die Beklagte in Ziffer 2 ihres Bescheids vom 17. November 2016 rechtmäßig ist und er dadurch nicht in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO; nachstehend II.).
Der Kläger hat lediglich einen Anspruch auf Neuverbescheidung der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Ziffer 3 des angegriffenen Bescheids) durch die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts; der auf Aufhebung der Ziffer 3 gerichtete Klageantrag ist insoweit sachdienlich dahingehend auszulegen, dass er als „Minus“ hilfsweise einen solchen Verbescheidungsantrag im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO enthält (nachstehend IV.).
Maßgeblicher Zeitpunkt zur rechtlichen Überprüfung der Ausweisung sowie der weiteren durch die Beklagte getroffenen Entscheidungen ist dabei jeweils die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. nur BVerwG, U.v. 30.7.2013 – 1 C 9.12 – juris Rn. 8; U.v. 10.7.2012 – 1 C 19.11 – juris Rn. 12).
I. Rechtsgrundlage für die Ausweisung ist § 53 Abs. 1 AufenthG in der Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl. I S. 1386). Danach wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Mit dieser am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Neuregelung wurde das bisherige dreistufige System der Ist-, Regel- und Kann-Ausweisung durch eine am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierte gebundene Entscheidung ersetzt (vgl. BT-Drs. 18/4097, S. 49 bis 54; BVerwG, U.v. 22.2.2017 – 1 C 3/16 – juris Rn. 21). Dabei ist die von der Ausländerbehörde durchzuführende Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerichtlich voll überprüfbar (BT-Drs. 18/4097, S. 49 a.E.).
1. Vom Kläger geht nach Überzeugung des Gerichts eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus, § 53 Abs. 1 AufenthG.
a. Der Kläger wurde mit Urteil des Amtsgerichts -Schöffengericht- München vom 9. Juni 2015, hinsichtlich des Klägers rechtskräftig seit 28. April 2016, wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Heroin) zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung verurteilt; vom 11. September 2014 bis 9. Juni 2015, also knapp neun Monate, befand er sich in Untersuchungshaft. Mit der Beteiligung an diesem Delikt aus dem Bereich der Betäubungsmittelkriminalität hat er die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland verletzt.
b. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung besteht unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch eine hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit dafür, dass vom Kläger die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten ausgeht und dadurch ein Schaden an den Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eintritt.
Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH, U.v. 30.10.2012 – 10 B 11.2744 – juris Rn. 33 m.w.N.). Insoweit gilt für die im Rahmen tatrichterlicher Prognose festzustellende Wiederholungsgefahr ein mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (BVerwG, U.v. 4.10.2012 – 1 C 13.11 – juris Rn. 18; U.v. 10.7.2012 – 1 C 19.11 – juris Rn. 16 m.w.N.).
Dabei besteht grundsätzlich keine rechtliche Bindung von Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichten an die tatsächlichen Feststellungen und die Beurteilung des Strafrichters. Dies gilt auch in Bezug auf die strafgerichtliche Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung und die ihr zu Grunde liegende Erwartung nach § 56 Abs. 1 StGB, dass der Verurteilte „künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs Straftaten nicht mehr begehen wird“ (st. Rspr., vgl. z.B. BVerfG, B.v. 19.10.2016 – 2 BvR 1943/16 – juris Rn. 21; BVerwG, U.v. 15.1.2013 – 1 C 10.12 – juris Rn. 18 m.w.N.; BayVGH, B.v. 27. 12.2016 – 10 CS 16.2289 – juris Rn. 6 ff.). Vielmehr haben Ausländerbehörde und Verwaltungsgerichte über das Vorliegen einer hinreichenden Gefahr neuer Verfehlungen eigenständig zu entscheiden.
Die strafgerichtliche Entscheidung über die Aussetzung der Strafe zur Bewährung – namentlich bei einer Strafaussetzung nach § 56 StGB – ist allerdings von tatsächlicher Bedeutung für die behördliche und verwaltungsgerichtliche Sachverhaltswürdigung dahingehend, ob eine die Ausweisung rechtfertigende Gefahr gegeben ist; auch vor dem Hintergrund, dass dem Strafrecht und dem Ausländerrecht unterschiedliche Gesetzeszwecke zugrunde liegen, kann von der sachkundigen strafrichterlichen Prognose bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr grundsätzlich nur bei Vorliegen überzeugender bzw. weiterer Gründe abgewichen werden (BayVGH, B.v. 27. 12.2016 – 10 CS 16.2289 – juris Rn. 6 ff. m.w.N.; B.v. 22.2.2012 – 19 ZB 11.2850 – juris).
Im vorliegenden Fall teilt das das Gericht die Einschätzung der Ausländerbehörde über das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr – trotz der strafrichterlichen Prognose nach § 56 Abs. 1 Satz 1 StGB – und zwar aus folgenden Gründen:
Das Strafgericht hat in seine Entscheidung über die Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung einerseits einbezogen, dass der Kläger in Deutschland nicht vorbestraft sei; gleichzeitig hat es aber klargestellt, dass sich der Kläger vor Tatbegehung erst wenige Tage hier aufgehalten habe, mithin auf der Hand liege, dass er sich nach Deutschland begeben habe, um eine Straftat zu begehen (S. 25 des Strafurteils vom 9.6.2015). Letzterem Umstand ist aufenthaltsrechtlich besondere Bedeutung beizumessen. Der Kläger wurde wegen Beihilfe zum Heroinhandel verurteilt; Heroin ist das gefährlichste Rauschgift, dessen Konsum extrem schnell zur Abhängigkeit und zum physischen und psychischen Zusammenbruch führt. In Anbetracht der hohen Sozialschädlichkeit des Heroinhandels ist für die prognostische Einschätzung der Wiederholungsgefahr im Rahmen des § 53 Abs. 1 AufenthG ein abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit anzusetzen.
Darüber hinaus ist das Strafgericht bei seiner Entscheidung entsprechend der Einlassung des Klägers davon ausgegangen, dass der Kläger lediglich ein entfernter Verwandter, namentlich der „Sohn eines Cousins“ des Mitangeklagten und Haupttäters R. D. (alias A. D., A. X., R. D.) sei. Später räumte der Kläger in der mündlichen Verhandlung der Verwaltungsstreitsache auf Vorhalt des Gerichts (Angaben in seinem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, Bl. 125 der Ausländerakte) aber ein, bei R. D. handle es sich tatsächlich um seinen Vater. Der Kläger hat mithin gegenüber dem Strafgericht über seine Beziehung zu R. D. gelogen. R.D. ist siebenfach vorbestraft, u.a. wegen Drogenhandels; gegen ihn wurden Freiheitsstrafen mit bis zu 3 Jahren 3 Monaten Dauer verhängt. Die verwandtschaftliche Beziehung setzt die abgeurteilte Tat insoweit in ein ganz neues Licht; es liegt die Vermutung nahe, dass der Kläger mit der Lüge seine Nähe zu R. D. und zu dessen Umfeld „herunterspielen“ wollte, welche sich möglicherweise negativ bei der Strafzumessung ausgewirkt hätte.
Zudem ist der Kläger auch nach seiner Entlassung aus der – immerhin fast neunmonatigen Untersuchungshaft – erneut straffällig geworden, indem er am 31. März 2016 ohne Führerschein auf der A 9 Richtung Berlin fuhr; infolgedessen verhängte das Amtsgerichts Hof wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis mit Strafbefehl vom 15. Juli 2016 eine Geldstrafe in Höhe von 15 Tagessätzen, die Tagessatzhöhe wurde unter dem 17. August 2016 nach Einspruch auf 7 Euro herabgesetzt. Dieses Verkehrsdelikt ist zwar grundsätzlich der Bagatellkriminalität zuzurechnen; dennoch zeigt es, dass der Kläger sich nach wie vor – und trotz laufender Bewährung – über (strafrechtliche) Rechtsnormen hinwegsetzt. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung einräumte, gegenüber den Polizisten zunächst eine falsche Identität, nämlich den Namen seines Schwagers Q. H., auf den das Fahrzeug zugelassen war, angab. Diese Falschangabe diente ersichtlich der Verschleierung und der Vermeidung strafrechtlicher Konsequenzen und verdeutlicht nochmals seine negierende Einstellung zum deutschen Rechtssystem.
In einer Gesamtschau unter Berücksichtigung nicht nur des abgeurteilten Drogendeliktes und dessen grundsätzlicher Sozialschädlichkeit, sondern auch des weiteren Verhaltens des Klägers nach seiner Haftentlassung ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger auch in Zukunft nicht willens ist, die deutsche Rechtsordnung zu respektieren und sich an Regeln zu halten. Demgegenüber ist es ihm mit seinem Klagevorbringen insgesamt nicht gelungen, die für ihn negative Gefahrenprognose zu entkräften.
2. Im Rahmen der nach Vorliegen der tatbestandsmäßigen Gefährdungslage gemäß § 53 Abs. 1 AufenthG vorzunehmenden Gesamtabwägung ist das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, dass unter Berücksichtigung aller Umstände im konkreten Fall das öffentliche Interesse an der Ausreise des Klägers seinem Interesse an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegt.
a. Nach § 53 Abs. 2 AufenthG sind bei der Abwägung nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer des Aufenthalts, die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.
Ferner sind in die Abwägung nach § 53 Abs. 1 AufenthG die in § 54 AufenthG und § 55 AufenthG vorgesehenen Ausweisungs- und Bleibeinteressen mit ihrer im Gesetz vorgenommenen grundsätzlichen Gewichtung einzubeziehen.
Dabei schließt weder die Aufzählung in § 53 Abs. 2 AufenthG noch die Katalogisierung in den §§ 54, 55 AufenthG die Berücksichtigung weiterer Umstände aus (BT-Drs. 18/4097, S. 49 f.).
Insoweit sind für die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung maßgeblich auch die Kriterien des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte heranzuziehen (vgl. nur EGMR, U.v. 18.10.2006 – Üner, Nr. 46410/99 – juris; EGMR, U.v. 2.8.2001 – Boultif, Nr. 54273/00 – InfAuslR 2001, 476-481), namentlich die Art und die Schwere der vom Ausländer begangenen Straftaten, die Dauer des Aufenthaltes in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll, die seit der Begehung der Straftat verstrichene Zeit und das seitherige Verhalten des Ausländers, die Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen, die familiäre Situation des Ausländers, ob zu der Familie Kinder gehören und welches Alter diese haben, sowie die Ernsthaftigkeit der Schwierigkeiten, welche die Familienangehörigen voraussichtlich in dem Staat ausgesetzt wären, in den der Ausländer ausgewiesen werden soll, die Belange und das Wohl der Kinder und die Stabilität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland und zum Zielland.
b. Nach diesen Maßgaben ist hinsichtlich des Klägers Folgendes festzustellen:
aa. Im Hinblick auf den Kläger besteht ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse i.S.d. § 54 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG, denn er wurde mit Strafurteil vom 9. Juni 2015 wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach §§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, 27 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.
Ausreichend ist dabei zum einen, dass der Kläger wegen Beihilfe verurteilt wurde, da § 54 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG ausdrücklich auch die (bloße) Teilnahme am Delikt i. S. v. § 26, 27 StGB erfasst. Zum anderen ist unerheblich, dass die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde; denn § 54 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG knüpft – anders als § 54 Abs. 2 Nr. 1, 1a und 2 AufenthG – an die Tatbestandsverwirklichung und nicht an das Strafmaß und erst recht nicht an die Art der Vollstreckung an (BayVGH, B.v. 27. 12.2016 – 10 CS 16.2289 – juris Rn. 6 ff.).
Dem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse steht kein (typisiertes) besonders schwerwiegendes oder schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG gegenüber.
bb. Allein das Vorliegen eines der in § 54 AufenthG normierten Interessen führt indessen noch nicht zwingend zur Ausweisung des Betroffenen. So kann beispielsweise eine strafrechtliche Verurteilung in atypischen Fällen insgesamt weniger schwer erscheinen. Maßgebend ist letztlich die umfassende Würdigung des Einzelfalles (BT-Drs. 18/4097, S. 50).
Der Kläger wurde wegen eines Betäubungsmitteldelikts verurteilt; bei dem in Rede stehenden Betäubungsmittel handelt es sich um Heroin, der wohl gefährlichsten und sozialschädlichsten Droge. Die zehnmonatige Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, nachdem der Kläger zuvor allerdings fast neun Monate in Untersuchungshaft verbracht hatte. Trotz der laufenden Bewährungszeit und trotz der Hafterfahrung ist der Kläger nach dem Strafurteil im Sinne des mit Strafbefehl des Amtsgerichts Hof vom 15. Juli 2016 abgeurteilten Delikts – wenn auch nicht schwerwiegend, so doch erneut – straffällig geworden. Er hat die öffentliche Sicherheit und Ordnung wiederholt verletzt und nach der prognostischen Einschätzung des Gerichts kann derzeit nicht von einem in Zukunft rechtstreuen Verhalten ausgegangen werden.
Der Kläger war nach eigenen Angaben bislang immer nur kurzfristig im Rahmen des visumfreien Touristenverkehrs in Deutschland. Er hat keinerlei wirtschaftlichen Bindungen im Bundesgebiet, weder hat er hier bislang in irgendeiner Form gearbeitet, noch eine Ausbildung oder ein Studium aufgenommen.
Er ist nach eigenen Angaben bei seiner Familie in Albanien aufgewachsen, wo auch seine Mutter noch lebt. Er hat nach eigenen Angaben dort die Schule besucht und mit dem Abitur abgeschlossen und anschließend in einem Callcenter und als Kellner gearbeitet. Mithin verfügt er in Albanien über umfassende soziale, kulturelle und familiäre Bindungen.
Demgegenüber manifestiert sich sein Bleibeinteresse im Wesentlichen in der am … September 2016 vor dem Standesamt … geschlossenen Ehe mit der 1995 geborenen kosovarischen Staatsangehörige T. H., nach eigenen Angaben Schülerin, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis ist. Der Kläger macht geltend, seiner Ehefrau sei ein Umzug nach Albanien nicht zumutbar, sie beherrsche die albanische Sprache nicht ausreichend und wolle zudem im Sommer 2017 hier die Abiturprüfungen ablegen. Zudem habe sie psychische Probleme, sie leide an einer schweren depressiven Episode, eine zusätzliche psychosoziale Belastung könne zu einer Verschlechterung der Erkrankung führen.
Jedoch stellt sich die Ausweisung des Klägers auch unter Berücksichtigung des insoweit geltend gemachten Gebotes des Schutzes der Ehe im Sinne von auch Art. 6 GG und Art. 8 EMRK als verhältnismäßig dar.
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Die Behörde darf nach Art. 8 Abs. 2 EMRK in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Da Art. 8 Abs. 2 EMRK eindeutig Ausnahmen von den in Art. 8 Abs. 1 EMRK zugesicherten Rechten vorsieht, kann aus Art. 8 Abs. 1 EMRK kein absolutes Recht auf Nichtausweisung abgeleitet werden (Bauer in Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, Vor §§ 53-56 Rn. 96 ff.). Vielmehr bedarf es einer einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung, in die sämtliche Aspekte des Einzelfalls einzustellen sind.
Nach der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG hat der Staat die Pflicht, die Ehe zu schützen und zu fördern. Jedoch ergibt sich auch hieraus kein unmittelbarer Anspruch auf Aufenthalt (vgl. nur BVerfG, B.v. 9.1.2009 – 2 BvR 1064/08 – juris Rn. 14). Vielmehr verpflichtet Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG die Ausländerbehörde wie auch die Gerichte, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des Klägers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen bei der Entscheidung zu berücksichtigen (BVerfG, B.v. 23.1.2006 – 2 BvR 1935/05 – juris – Rn. 16; BVerfG, B.v. 9.1.2009 – 2 BvR 1064/08 – juris Rn. 14). Insofern beanspruchen die oben zu Art. 8 EMRK genannten Kriterien auch Geltung für die Beantwortung der Frage, ob der vorliegende Eingriff verhältnismäßig im Sinne von Art. 6 GG, Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 3 GG ist.
Nach diesen Maßgaben ist im Rahmen der Abwägung und Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen, dass die Ehefrau des Klägers in Deutschland geboren und aufgewachsen und damit als faktische Inländerin anzusehen ist. Sie spricht zwar albanisch, hat ansonsten aber keine Bindungen nach Albanien. Insoweit ist nachvollziehbar, dass sie es für unzumutbar ansieht, mit dem Kläger für die Dauer des mit der Ausweisung einhergehenden Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbotes nach Albanien zu ziehen.
Allerdings besteht die eheliche Lebensgemeinschaft erst seit dem … September 2016, also nicht einmal ein halbes Jahr. Die Eheschließung erfolgte zu einem Zeitpunkt des illegalen Aufenthalts des Klägers; die Fristen eines legalen Aufenthalts im Rahmen des visumfreien Touristenverkehrs nach der EG-VisaV (Nr. 539/2001) waren – auch unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung – überschritten. Zudem musste der Kläger infolge seiner strafgerichtlichen Verurteilung mit aufenthaltsrechtlichen Sanktionen, namentlich einer Ausweisung, rechnen. Die Eheleute konnten daher nicht in schützenswerter Weise darauf vertrauen, ihre eheliche Lebensgemeinschaft ohne (vorübergehende) Einschränkungen in Deutschland führen zu können.
Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht des Gerichts nicht unverhältnismäßig und den Eheleuten zumutbar, die Ehe bis zum Zeitpunkt der Befristung i. S. v. § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG als Fernbeziehung zu führen und Kontakt über Briefe, (Video-) Telefonate und Besuche der Ehefrau im Ausland (Albanien) pflegen. Zur Abmilderung etwaiger Härten hat die Beklagte auch Bereitschaft bekundet, dem Kläger Betretenserlaubnisse für das Bundesgebiet zu erteilen.
Eine besondere, über die vorübergehende räumliche Trennung hinausgehende Härte ist derzeit insoweit weder für den Kläger noch für seine Ehefrau ersichtlich.
Etwas anders folgt insbesondere auch nicht aus dem Vortrag, dass die Ehefrau an einer psychischen Erkrankung leide, und dem dazu vorgelegten ärztlichen Attest des Dr. med. S. M. (Univ.-Prishtina), Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 12. Dezember 2016.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 8 EMRK einem Ausländer ein auch nur vorübergehendes Verlassen des Bundesgebietes dann nicht zuzumuten und unverhältnismäßig, wenn ein Familienmitglied aufgrund individueller Besonderheiten wie etwa Krankheit oder Pflegebedürftigkeit mehr als im Regelfall auf seine Lebenshilfe angewiesen ist und dieser Beistand nur in Deutschland erbracht werden kann; dies kann selbst dann gelten, wenn der Ausländer vor Entstehung der zu schützenden Lebensgemeinschaft gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen hat (BVerfG, B.v. 17.5.2011 – 2 BvR 2625/10 – juris Rn. 15 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 11.3.2014 – 10 B 11.978 – juris Rn. 55 f.).
Das vorgelegte Attest besagt, dass die Ehefrau schon seit vielen Jahren wegen einer depressiven Periode in psychiatrischer Behandlung sei und an einer behandlungsbedürftigen depressiven Episode leide. Bei weiteren psychosozialen Belastungen – wie der Abschiebung des Klägers – könne es zu einer Dekompensation/Verschlechterung der Erkrankung kommen; sie habe suizidale Absichten geäußert, eine Selbstgefährdung könne nicht ausgeschlossen werden.
Weder aus dem Sachvortrag des Klägers noch aus dem Attest des Dr. M. lässt sich im Zeitpunkt der Entscheidung ein zu berücksichtigendes Angewiesensein der Ehefrau auf eine Lebenshilfe durch den Kläger erkennen.
Das Gericht verkennt nicht, dass eine – wenn auch nur vorübergehende Trennung der Eheleute – mit psychosozialen Belastungen verbunden ist. Dass die Ehefrau allerdings nicht in der Lage wäre, für die Zeit seines Aufenthaltsverbots ohne die ständige präsente Fürsorge des Klägers zu leben bzw. dass sie körperlich und/oder psychisch auf seine umfassende Betreuung „vor Ort“ angewiesen wäre, wird nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.
3. Nach alledem steht die Ausweisung des Klägers mit Art. 8 EMRK im Einklang; sie ist die geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme, um den beabsichtigten Zweck, nämlich die Verteidigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und die Verhinderung von Straftaten, durchzusetzen. Durch ein anderes, milderes Mittel kann der mit ihr verfolgte Zweck vorliegend nicht erreicht werden. Insgesamt überwiegt das Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse. Im Ergebnis ist die Ausweisung des Klägers daher verhältnismäßig und rechtmäßig.
II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug auf der Grundlage von § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG i.V.m. §§ 27, 29, 4, 5 AufenthG. Ungeachtet der Frage des Vorliegens der allgemeinen und besonderen Erteilungsvoraussetzungen steht jedenfalls der absolute Versagungsgrund nach § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen.
III. Die auf § 59 AufenthG beruhende Abschiebungsandrohung (Nr. 4 des Bescheids) ist nicht zu beanstanden. Der Kläger ist – ungeachtet der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Ausweisungsverfügung – kraft Gesetzes vollziehbar ausreisepflichtig (§§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 2 Satz 2, 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG). Abschiebungshindernisse sind nicht ersichtlich, insbesondere liegt keine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK wegen Betreuungsbedürftigkeit der Ehefrau des Klägers vor (s.o. A.I.2.b.bb.).
IV. Das Gericht hat die Beklagte zur Neubescheidung über die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Ziffer 3 des angegriffenen Bescheids) verpflichtet, weil es der Auffassung ist, dass die zusammen mit der Ausweisung festgesetzte Dauer von fünf Jahren zu lang und damit ermessensfehlerhaft ist.
1. Nach § 11 Abs. 2 AufenthG ist das mit einer Ausweisung verbundene Einreise- und Aufenthaltsverbot von Amts wegen zu befristen. Über die Länge der Frist wird nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen entschieden; sie darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht (§ 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG), und soll zehn Jahre nicht überschreiten (§ 11 Abs. 3 Satz 3 AufenthG).
Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte mit § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG in der Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 ausdrücklich klargestellt werden, dass die Entscheidung über die Dauer der Sperrfrist im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörden steht (vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drs. 18/4097 S. 36). Dieses Verständnis wurde nunmehr auch durch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 22. Februar 2017 – 1 C 27.16 – (BeckRS 2017, 107083) bestätigt.
Die Ausländerbehörde muss bei der allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzenden Frist das Gewicht des Ausweisungsinteresses und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck berücksichtigen. Hierzu bedarf es in einem ersten Schritt der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das seiner Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Die auf diese Weise an der Erreichung des Ausweisungszwecks ermittelte Höchstfrist muss von der Behörde in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG), sowie unions- und konventionsrechtlich den Vorgaben aus Art. 7 EU-Grundrechte-Charta und Art. 8 EMRK gemessen und ggf. relativiert werden; insoweit bedarf es nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls einer umfassenden Abwägung der betroffenen Belange. Da für die gerichtliche Überprüfung der Befristungsentscheidung – wie eingangs unter A dargelegt – auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts abzustellen ist, trifft die Ausländerbehörde auch während des gerichtlichen Verfahrens eine Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit ihrer Befristungsentscheidung und ggf. zur Ergänzung ihrer Ermessenserwägungen (BVerwG, U.v. 22.2.2017 a.a.O. Rn. 23 m.w.N.).
Als Ermessensentscheidung unterliegt die behördliche Befristungsentscheidung der gerichtlichen Kontrolle nach § 114 Abs. 1 Satz 1 VwGO; setzt die Behörde ermessensfehlerhaft eine zu lange Frist fest, ist diese Entscheidung im gerichtlichen Verfahren aufzuheben und die Behörde zur Neubescheidung zu verpflichten (BVerwG, U.v. 22.2.2017 a.a.O. Rn. 25 m.w.N.).
2. In Anwendung dieser Grundsätze hat die Beklagte mit ihrer (nach § 2 Abs. 2 Satz 5 AufenthG bedingten) Frist von fünf Jahren gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen und damit die Grenzen des Ermessens überschritten.
Die Beklagte hat zwar zutreffend die Festsetzung dieser Frist in zwei Schritten vorgenommen, indem sie zunächst die strafrechtliche Verurteilung des Klägers und die von ihm ausgehende konkrete Wiederholungsgefahr in den Blick genommen hat. Dabei hat sie auch zu Recht darauf hingewiesen, dass sie bei der Festsetzung der Frist nicht an die Fünfjahresgrenze des § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG gebunden war, weil der Kläger wegen einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen wurde. Bei der Dauer der Befristung stützt sie sich allerdings im Wesentlichen auf die „allgemeine Rückfallgefahr bei den vom Kläger verübten Straftaten“. Dabei hat sie hier aber außer Acht gelassen bzw. nicht ausreichend gewürdigt, dass der Kläger zwar wegen Beihilfe zu einem Drogendelikt verurteilt wurde, er selbst aber wohl keine Drogen konsumiert bzw. bei ihm jedenfalls keine Drogenabhängigkeit besteht, so dass der Aspekt der in diesen Fällen häufig zu befürchtenden Beschaffungskriminalität keine Rolle spielt.
Hinzu kommt, dass er aufgrund seiner Schulbildung und der deutschen Sprachkenntnisse durchaus auch realistische berufliche Perspektiven in der Bundesrepublik hat, wofür auch das Jobangebot der Firma … spricht.
Jedenfalls ist aber die auf der ersten Stufe auf fünf Jahre festgesetzte Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit Blick auf die familiäre Situation des Klägers (Art. 8 EMRK) nach Auffassung des Gerichts in einem zweiten Schritt zu relativieren. Der Kläger ist seit etwa einem halben Jahr verheiratet, seine Ehefrau hat er nach eigenen Angaben nach seiner Haftentlassung kennengelernt. Es ist zu hoffen, dass sich diese Beziehung positiv auf seine weitere Entwicklung auswirkt.
Wie oben ausgeführt hält es das Gericht den Eheleuten grundsätzlich für zumutbar, die Ehe vorübergehend als Fernbeziehung zu führen und Kontakt über Briefe, (Video-) Telefonate und Besuche der Ehefrau im Ausland (Albanien) zu halten. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass gerade zu Beginn einer jungen Beziehung regelmäßig das Bedürfnis besteht, möglichst viel Zeit miteinander zu verbringen. Dies ist nach Auffassung des Gerichts in die Ermessenserwägungen einzubeziehen; insofern hält es das Gericht für erforderlich und angemessen, den Eheleuten eine zeitlich überschaubarere Perspektive zu geben; eine Frist von mehr als drei Jahren wird nach den Umständen des Falls hier für schwer vertretbar gehalten. Die Frist kann dabei – wie bisher – an die Bedingung des Nachweises einer Straf- und Drogenfreiheit geknüpft werden (§ 11 Abs. 2 Satz 5 AufenthG).
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
C.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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