Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf Familienflüchtlingsschutz für in Deutschland geborene somalische Staatsangehörige

Aktenzeichen  W 4 K 17.31679

Datum:
29.8.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 26 Abs. 3 Nr. 2, § 83b

 

Leitsatz

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 26 Abs. 3 Nr. 2 AsylG und der Nähe zum Verfolgungsgeschehen muss die Familie im Sinne des Art. 2 lit. j RL 2011/95/EU und damit eine Betreuungs- und Erziehungsgemeinschaft bereits im Verfolgerstaat bestanden haben, sodass für ein nach der Einreise der Elten geborenes Kind kein Familienflüchtlingsschutz gewährt werden kann. (Rn. 13 – 14) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Über die Klage konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung am 28. August 2017 entschieden werden, obwohl die Beklagtenseite nicht erschienen ist, da in der Ladung zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen wurde, dass auch im Fall des Nichterscheinens von Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beklagte wurde form- und fristgerecht geladen.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes vom 31. März 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO).
Die Klägerin hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist § 26 Abs. 3 AsylG. Diese Vorschrift bezieht Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten und „andere Erwachsene“ im Sinne des Art. 2 lit. j. der Richtlinie 2011/95 in den Familienasylschutz ein, wenn folgende fünf Bedingungen erfüllt sind: 1. Unanfechtbare Anerkennung des Asylberechtigten; 2. Bestand der Familie bereits im Verfolgerstaat; 3. Einreise vor der Anerkennung des Asylberechtigten oder unverzügliche Antragstellung nach der Einreise; 4. Keine Gründe für Widerruf oder Rücknahme der Asylberechtigung; 5. Innehabung eines Personensorgerechts für den Asylberechtigten.
Zu Recht geht vorliegend das Bundesamt davon aus, dass jedenfalls die Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 Nr. 2 AsylG, wonach die Familie im Sinne des Art. 2 Buchst. j. der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden haben muss, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird, nicht gegeben ist. Es fehlt an einer Betreuungs- und Erziehungsgemeinschaft im Verfolgerstaat.
Zwar vertritt der Klägervertreter unter Bezugnahme auf Schröder in Hoffmann, Ausländerrecht, 2. Auflage (§ 26 AsylG Rn. 28) die Auffassung, dass die Regelung über das Elternasyl auch im Falle des in Deutschland nach der Einreise der Eltern geborenen Kindes, dem Asylbzw. Flüchtlingsschutz gewährt wurde, gelte, allerdings widerspricht dies dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift wie auch dem Sinn und Zweck. Dem Familienangehörigen soll nämlich gerade auch wegen seiner Nähe zum Verfolgungsgeschehen Schutz vor potentieller eigener politischer Verfolgung gewährt werden. Eine solche Nähe des Familienangehörigen zum Verfolgungsgeschehen und einer Eigengefährdung liegen regelmäßig aber nur dann vor, wenn die Familie schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird. Davon ging offensichtlich auch der Gesetzgeber aus, da er sonst eine Formulierung dahingehend gewählt hätte, dass die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt werden, wenn die Familie, in die das Kind später hineingeboren wird, bereits im Heimatland bestand. Von einer solchen Formulierung hat der Gesetzgeber aber gerade abgesehen.
Da nach alldem jedenfalls die Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 Nr. 2 AsylG nicht gegeben sind, kam es auf die weiteren vom Klägervertreter und vom Bundesamt diskutierten Probleme nicht an. Die Klage war vielmehr mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

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