Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder Subsidiaritätsprinzip Schutzes

Aktenzeichen  M 30 K 17.45999

Datum:
17.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 43571
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4, § 77 Abs. 2
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

1. Dass die Haftbedingungen in Sierra Leone bei einer etwaigen Inhaftierung eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen und den Anforderungen an eine unmenschliche Behandlung iSv § 4 AsylG entsprechen würden, ist unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des gesunden, jungen, männlichen Klägers nicht erkennbar. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die schlechte wirtschaftliche und humanitäre Lage in Sierra Leone begründet kein Abschiebungsverbot. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über die Klage konnte ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem die Parteien mit Schreiben vom 12. Dezember 2019 bzw. 5. Dezember 2019 hierauf verzichtet haben.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die ablehnende Entscheidung des Bundesamtes vom 14. Juli 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß §§ 3 ff. AsylG oder des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG. Ebenso liegen keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG bezüglich einer Rückkehr des Klägers nach Sierra Leone vor.
1. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Eine Verfolgung kann dabei gem. § 3c AsylG ausgehen von einem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Weiter darf für den Ausländer keine innerstaatliche Fluchtalternative bestehen, § 3e AsylG, deren Inanspruchnahme zumutbar ist.
Subsidiärer Schutz ist einem Ausländer zuzuerkennen, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt gemäß § 4 Abs. 1 AsylG die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Die §§ 3c bis 3e AsylG gelten entsprechend (§ 4 Abs. 3 AsylG).
Für die Prognose, die bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft (sowie bei der des subsidiären Schutzes) anzustellen ist, ist der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit setzt voraus, dass bei zusammenfassender Würdigung des zur Prüfung stehenden Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung vorzunehmen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris Rn. 32). Die Tatsache, dass ein Drittstaatsangehöriger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist gem. Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Betroffene erneut von solcher Verfolgung bedroht wird.
Hinsichtlich einer individuellen Verfolgung oder Bedrohung muss das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit erlangen. Angesichts des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich ein Ausländer insbesondere hinsichtlich individueller Gründe für einen asylrechtlichen Schutzstatus befindet, kommt dabei dem persönli-chen Vorbringen und dessen Würdigung für die Überzeugungsbildung eine ge-steigerte Bedeutung zu. Dabei obliegt es dem Ausländer, gegenüber dem Tatsachengericht einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, der geeignet ist, das Schutzbegehren lückenlos zu tragen. Der Ausländer muss die persönlichen Umstände seiner Verfolgung und Furcht vor einer Rückkehr hinreichend substantiiert, detailliert und widerspruchsfrei vortragen; er muss kohärente und plausible wirk-lichkeitsnahe Angaben machen (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.1989 – 9 B 239/89 – NVwZ 1990, 171; BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109/84 – NVwZ 1985, 658; BVerwG, U.v. 8.5.1984 – 9 C 141/83 – juris Rn. 11). Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann dem Asylsuchenden in der Regel nur bei einer überzeugenden Auflösung der Unstimmigkeiten geglaubt werden (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.1989 – 9 B 239/89 – NVwZ 1990, 171; BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109/84 – NVwZ 1985, 658).
2. In Anwendung dieser Maßstäbe liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß §§ 3 ff AsylG oder des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG beim Kläger nicht vor.
a) Das klägerische Vorbringen ist nicht glaubhaft. Daher bestehen erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers insgesamt.
Das Bundesamt hat in den Bescheidsgründen nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, weshalb das klägerische Vorbringen beim Bundesamt als unglaubhaft einzustufen ist. Auf die zutreffenden Ausführungen wird daher gemäß § 77 Abs. 2 AsylG insoweit Bezug genommen und von einer (wiederholenden) Darstellung abgesehen.
Diese Unglaubhaftigkeit wird durch die Vorlage der Anzeige bzw. Anklageschrift aus Sierra Leone in der mündlichen Verhandlung (erst) auf vorangegangene Vorhaltungen des Gerichts dem Kläger gegenüber letztlich untermauert. Der Kläger behauptet, dieses Dokument seit dem Jahre 2016 zu besitzen, legte es aber weder dem Bundesamt noch über seine Prozessbevollmächtigte dem Gericht vor. Soweit der Kläger dem entgegentritt und es dem Bundesamt vorgelegt haben will, ist dies nicht glaubhaft. Zum einen findet sich in den bisherigen klägerischen Angaben kein Hinweis auf ein solches existierendes Dokument. Zudem ist überaus unwahrscheinlich, dass in der Anhörung beim Bundesamt nicht nur vergessen worden wäre, das Dokument (jedenfalls in Kopie) zu den Akten zu nehmen, sondern gleichzeitig auch, es überhaupt zu erwähnen. Auch die Behauptung des Klägers, er habe das Dokument seiner Prozessbevollmächtigten gegeben, ist als reine Schutzbehauptung zu werten. Schließlich gab auch die Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung an, es das erste Mal wahrzunehmen. Im Übrigen teilt das Gericht die im Schreiben des Bundesamtes aufgeführten Bedenken an der Echtheit des Dokuments.
Unglaubhaft und reichlich konstruiert ist das klägerische Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, vom neuen Präsidenten nunmehr strafrechtlich wegen eines mit einem IT-Spezialisten begangenen Betrugs durch sog. „Ping-Anrufe“ verfolgt zu werden. Nachdem der Kläger beim Bundesamt angegeben hatte, er könne wieder nach Sierra Leone zurückkehren, sollte die SLPP die Wahlen 2018 gewinnen, und das Gericht ihm dies in der mündlichen Verhandlung vorhielt, benötigte der Kläger eine neue Geschichte. Es ist nicht glaubhaft, dass der neue Präsident von Sierra Leone selber involviert ist, den Fall vor Gericht gebracht zu haben, wie der Kläger das Gericht glauben machen will. Insoweit ist schon nicht nachvollziehbar, wieso der Fall nicht auch unter einer Präsidentschaft von Yumkella auf Veranlassung der sierra-leonischen Telefongesellschaft zur Anklage hätte kommen können. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung relativierte der Kläger dies schließlich auch und gab an, die Telefonfirma Sierra Tel habe eine Anzeige an das Criminal Investigations Departement gemacht, die ermittelt und den Fall zum Gericht gebracht habe.
Im Nachgang zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Gelegenheit, die bestehenden Unklarheiten aufzulösen und nochmals Stellung zu nehmen, gerade nicht genutzt.
b) Auch bei unterstellter Richtigkeit der klägerischen Angaben würde dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.
(1) Soweit der Kläger tatsächlich wegen eines Auftrags zu einer „Attacke“ von jungen SLPPlern gegenüber APClern noch strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen würde, wäre dies – wie auch ein strafbares Verhalten durch sog. „Ping-Anrufe“ – für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft grundsätzlich nicht von Belang. Es fehlte bereits an einem Anknüpfungsmerkmal i.S.v. §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3b AsylG, Der Kläger würde insbesondere nicht wegen seiner politischen Einstellung strafrechtlich belangt, sondern weil er zu einer „Attacke“, bei der Menschen verletzt wurden, aufgestachelt hat bzw. diese befohlen hat.
(2) Ein bei Wahrunterstellung ggf. in Betracht kommendes strafrechtliches Ermittlungsverfahren, etwaiges Gerichtsverfahren und eine womöglich Haftstrafe würden (noch) keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung i.S.v. § 4 AsylG darstellen. Es wäre nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass sich der Kläger einem nicht fairen Strafverfahren oder derart unmenschlichen Haftbedingungen ausgesetzt sehe.
aa) Zwar können schlechte Haftbedingungen eine unmenschliche Behandlung i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG i.V.m. Art. 3 EMRK darstellen. Dabei darf der allgemeine – in Sierra Leone somit eher schlechte – Standard im jeweiligen Herkunftsstaat bei der Bewertung der Haftbedingungen nicht unberücksichtigt bleiben darf, es gibt jedoch ebenso Mindestbedingungen der Unterbringung (z.B. Größe der Haftzelle, hygienische Verhältnisse) und Versorgung (z.B. Nahrung, medizinische Versorgung), deren Unterschreiten als unmenschlich zu bezeichnen wäre (Heusch in Heusch/Haderlein/Schönenbroicher, Das neue Asylrecht, 1. Aufl. 2016, A. IV. 2. b) bb) Rn. 104 – beck-online). Wann die maßgebliche Grenze über- bzw. unterschritten ist, ist aber eine Frage des jeweiligen Einzelfalls, insbesondere sind auch die persönlichen Umstände der betroffenen Person zu berücksichtigen. Was einem gesunden jungen Mann noch zumutbar sein mag, ist möglicherweise bei einem alten, geschwächten oder kranken Menschen als unmenschlich anzusehen (Heusch, a.a.O.). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat diese Rechtsprechung insoweit wie folgt zusammengefasst:
„Der Gerichtshof wiederholt, dass in Artikel 3 der Konvention einer der elementarsten Werte einer demokratischen Gesellschaft verankert ist. Er stellt ein absolutes Verbot von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ungeachtet der Umstände und des Verhaltens des Opfers dar (siehe, u.a., Labita ./. Italien [GK], Individualbeschwerde Nr. 26772/95, Rdnr. 119, ECHR 2000-IV; Kudła ./. Polen [GK], Individualbeschwerde Nr. 30210/96, Rdnr. 90, ECHR 2000-XI und Van der Ven ./. Niederlande, Individualbeschwerde Nr. 50901/99, Rdnr. 46, ECHR 2003-II).
Die Misshandlung muss jedoch ein Mindestmaß an Schwere erreicht haben, damit sie unter den Schutzbereich des Artikel 3 fällt. Die Beurteilung, ob dieses Mindestmaß erreicht ist, ist relativ: Sie hängt von allen Umständen des Falls ab, wie der Dauer der Behandlung, der körperlichen und mentalen Folgen und in einigen Fällen auch dem Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers (siehe u.a. Kalashnikov ./. Russland, Individualbeschwerde Nr. 47095/99, Rdnr. 95, ECHR 2002-VI; Van der Ven, a.a.O., Rdnr. 47 und Mkhitaryan ./. Russland, Individualbeschwerde Nr. 46108/11, Rdnr. 70, 5. Februar 2013).
Eine Behandlung wurde vom Gerichtshof für „unmenschlich“ gehalten, weil sie unter anderem vorsätzlich erfolgte, sich über Stunden erstreckte und entweder zu einer tatsächlichen Verletzung des Körpers oder zu intensivem körperlichen oder mentalen Leiden führte und auch als „erniedrigend“, weil sie so geartet war, dass sie bei den Opfern Gefühle der Angst, Qualen und Minderwertigkeit hervorrief, die geeignet waren, sie zu demütigen und entwürdigen (siehe z.B. Kudła, a.a.O., Rdnr. 92; Kalashnikov, a.a.O., Rdnr. 95 und H. ./. Deutschland, Individualbeschwerde Nr. 20999/05, Rdnr. 51, 7. Juli 2011). Die Frage, ob es Zweck der Behandlung war, das Opfer zu demütigen oder entwürdigen, ist ein weiterer Faktor, der berücksichtigt werden muss, allerdings kann allein die Tatsache, dass ein solcher Zweck nicht vorliegt, nicht abschließend eine Verletzung von Artikel 3 ausschließen (siehe z.B. Peers ./. Griechenland, Individualbeschwerde Nr. 28524/95, Rdnr. 74, ECHR 2001-III und Kalashnikov, a.a.O., Rdnr. 101).
Haftbedingungen können in Einzelfällen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellen (siehe Peers, a.a.O., Rdnr. 75). Bei der Untersuchung der Haftbedingungen müssen diese Bedingungen in der Gesamtschau gesehen werden sowie die besonderen Anschuldigungen des Beschwerdeführers (siehe Dougoz ./. Griechenland, Individualbeschwerde Nr. 40907/98, Rdnr. 46, ECHR 2001-II und Van der Ven, a.a.O., Rdnr. 49). Die Dauer, die eine Person unter den bestimmten Bedingungen inhaftiert ist, ist ein wesentlicher zu berücksichtigender Faktor (siehe Alver ./. Estland, Individualbeschwerde Nr. 64812/01, Rdnr. 50, 8. November 2005; Horshill ./. Griechenland, Individualbeschwerde Nr. 70427/11, Rdnr. 44, 1. August 2013; und Fakailo (Safoka) et alia ./. Frankreich, Individualbeschwerde Nr. 2871/11, Rdnr. 39, 2. Oktober 2014).
Der Staat muss sicherstellen, dass eine Person unter Bedingungen festgehalten wird, die mit dem Respekt der Menschenwürde übereinstimmen, dass die Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme des Freiheitsentzugs die Person keiner Belastung oder Härte aussetzt, die das unvermeidbare Maß von Leid, das mit einer Haft verbunden ist, überschreitet und dass die Gesundheit und das Wohlergehen der Person, unter Berücksichtigung der praktischen Erfordernisse einer Inhaftierung, angemessen sichergestellt werden (siehe Kudła, a.a.O., Rdnr. 94; Kalashnikov, a.a.O., Rdnr. 95; and Mkhitaryan, a.a.O., Rdnr. 72).
Was besondere Aspekte der Haftbedingungen angeht, hat der Gerichtshof u.a. bereits den Schlafentzug aufgrund einer dauerhaften Beleuchtung und Lärm als geeignet angesehen, für den Häftling eine körperliche oder psychische Belastung darzustellen, die in diesem Kontext relevant ist (siehe Kalashnikov, a.a.O, Rdnr. 97). Darüber hinaus hat der Gerichtshof berücksichtigt, ob es in der Zelle des Häftlings ein Fenster und eine Lüftung gab (siehe Peers, a.a.O, Rdnr. 75; Alver, a.a.O, Rdnr. 53; Horshill, a.a.O, Rdnr. 46 und Fakailo (Safoka) et alia, a.a.O, Rdnr. 41). Auch der Umfang, in dem einem Häftling die Beschäftigung im Freien erlaubt wurde, spielt hier eine Rolle (siehe Kalashnikov, a.a.O, Rdnr. 97; Mathew ./. Niederlande, Individualbeschwerde Nr. 24919/03, Rdnr. 213, ECHR 2005-IX; und Horshill, a.a.O, Rdnr. 46).
Die Verwendung von Handschellen oder anderen Mitteln zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit stellt normalerweise keine Behandlung dar, die unter Artikel 3 der Konvention problematisch ist, wenn die Maßnahme im Zusammenhang mit einer rechtmäßigen Haft erfolgte und nicht zu einem Einsatz von Gewalt oder öffentlicher Zurschaustellung führte, die über das hinausgeht, was vernünftigerweise unter den Umständen für notwendig erachtet wird. In dieser Hinsicht ist es z.B. wichtig, die Gefahr zu berücksichtigen, dass die Person flüchtet oder Menschen verletzt oder Sachschäden verursacht werden (siehe Raninen ./. Finnland, 16. Dezember 1997, Rdnr. 56, ECHR 1997-VIII; Mouisel ./. Frankreich, Individualbeschwerde Nr. 67263/01, Rdnr. 47, ECHR 2002-IX; und Kashavelov ./. Bulgarien, Individualbeschwerde Nr. 891/05, Rdnr. 38, 20. Januar 2011).“
(EGMR, U.v. 6.10.2015 – 80442/12 – juris Rn. 90 bis 96)
bb) Dass die Haftbedingungen in Sierra Leone bei einer etwaigen Inhaftierung des Klägers dem zuvor skizzierten Maßstab nach eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen und den Anforderungen an eine unmenschliche Behandlung i.S.v. § 4 AsylG entsprechen würden, ist den im Wesentlichen nachfolgend zitierten Erkenntnismitteln, die jeweils zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurden, unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des gesunden, jungen, männlichen Klägers (noch) nicht zu entnehmen:
Die BAMF-Länderinformation aus dem Jahre 2010 verzeichnete folgende Haftbedingungen:
„Die Haftbedingungen in Sierra Leone erfüllen nicht das Minimum internationaler Standards. Die Hauptprobleme sind Überfüllung, unhygienische Verhältnisse und mangelnde medizinische Versorgung. Das Padema Road Prison in Freetown, das für 324 Gefangene ausgelegt ist, war im Jahr 2007 nach Angaben der Gefängnisleitung mit 1.161 Inhaftieren um ein Mehrfaches überbelegt. In den Zellen fehlt es an ausreichender Bettenkapazität, Belüftung, Hygiene und Schutz vor Moskitos. 2007 starben im Padema Road Prison 20 Gefangene infolge schlechter Ernährung, mangelnder Hygiene, Malaria und Herzversagen. Eine medizinische Versorgung innerhalb der Gefängnisse ist kaum gegeben. Nur in extremen Fällen können männliche Inhaftierte das Gefängnis verlasssen und ein Krankenhaus aufsuchen. Weibliche Gefangene werden nur in einem Krankenhaus und nicht im Gefängnis medizinisch versorgt. Das Gefängnispersonal ist unterbesetzt und schlecht bezahlt. Korruption und Gewaltätigkeiten seitens des Gefängnispersonals aber auch seitens anderer Inhaftierter gehören zum Alltag. Familienbesuche sind im Padema Road Prison außer in Ausnahmefällen verboten. Hilfsorganisationen ist der Zugang jedoch erlaubt und das internationale Rote Kreuz bietet einen Service an, über den die Gefangenen mit ihren Angehörigen kommunizieren können.“
Das Länderinformationsblatt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich aus dem Jahre 2017 vermerkt hierzu:
„Gefängnis- und Haftbedingungen sind hart und manchmal lebensbedrohlich (USDOS 3.3.2017). Überbelegung ist eines der größten Probleme (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 2016), neben unhygienischen Lebensbedingungen und ungenügender medizinischer Versorgung. Die Menschenrechtskommission von Sierra Leone (HRCSL) bestätigt, dass seit Oktober Männer und Frauen in Gefängnissen separat untergebracht werden. Durch einen Mangel an jugendlichen Haftzentren werden Minderjährige häufig mit Erwachsenen inhaftiert. In Gefängniszellen fehlen oft Beleuchtung, Bettwäsche, Lüftung und Schutz vor Mücken. Die meisten Gefängnisse haben unzureichenden Zugang zu Trinkwasser. Offiziell erlauben Behörden regelmäßige Familienbesuche. Die Regierung erlaubt Kontrollen durch unabhängigen, nichtstaatlichen Beobachter. Die HRCSL überwacht monatlich die Gefängnisse (USDOS 3.3.2017).“
Im Amnesty Report Sierra Leone 2017/18 vom 23. Mai 2018 finden sich zu den Haftbedingungen u.a. folgende Ausführungen:
„Die Gefängnisse waren nach wie vor überbelegt und genügten internationalen Standards bei weitem nicht. Der Hauptgrund für die Überbelegung war, dass die Untersuchungshaft übermäßig lange dauerte. Zivilgesellschaftliche Organisationen äußerten sich besorgt über Verzögerungen bei der medizinischen Behandlung von Inhaftierten, unzureichendes Essen und eine mangelhafte Versorgung mit Artikeln des Grundbedarfs. Sie kritisierten außerdem die schlechten Haftbedingungen im Polizeigewahrsam, wie z. B. unzureichende sanitäre Einrichtungen, und die übermäßig langen Haftzeiten, die die verfassungsmäßigen Rechte der Inhaftierten verletzten. […] Der Ausschuss für die Verfahrensordnung von Gerichten verabschiedete im Mai 2017 neue Richtlinien bezüglich der Strafzumessung und der Freilassung gegen Kaution, um die Verhängung von Untersuchungshaft zu verringern. Die Richtlinien waren damit für die Gerichte verbindlich.“
Der Human Rights Report Sierra Leone 2017 des US Department of State stellt zu den Haftbedingungen Folgendes dar:
„Prison and detention center conditions were harsh and potentially life threatening due to food shortages, gross overcrowding, physical abuse, lack of clean water, inadequate sanitary conditions, and lack of medical care.
Physical Conditions: On July 26, the HRCSL reported unhygienic conditions in the male detention cells of Central, Kissy, Waterloo, Moyamba, and Tongo police stations. Some cells in Tongo station were littered with garbage and one had a leaky roof. The HRCSL reported poor toilet facilities in all stations except Magburuka and East End. It also observed illegal detention at Congo Cross, Magburuka, and Tongo Field police stations. During inspections in February and April, juveniles shared the same space as adults. Prison authorities issued bedding and blankets to inmates at the Freetown Female and Male Correctional Centers. Some mattresses were placed on the floor at the Male Correctional Center. In Moyamba some inmates slept on the bare floor using blankets as mattresses. As of August 2016, the nongovernmental organization (NGO) Prison Watch (PW) reported that, with the exception of the Freetown Female Correctional Center at the Special Court for Sierra Leone (FCCSL), the country’s 19 prisons and detention centers were seriously overcrowded. PWreported, however, that with the exception of the FCCSL, conditions in detention centers in the rest of the country, including lighting and ventilation for male prisoners, were generally better than for female prisoners.
As of October the HRCSL confirmed that no prison or detention center facility held male and female prisoners together.
As of August 22, the country’s 19 prisons, designed to hold 1,935 inmates, held 4,148. The Freetown Male Correctional Center, designed to hold 324 inmates, held 2,059 persons, including 926 convicted prisoners, 284 prisoners on remand, and 849 prisoners on trial. Some prison cells measuring six feet by nine feet held nine or more prisoners. As of August 22, prison authorities reported seven deaths in prisons and detention facilities due to malaria, respiratory infections, and typhoid fever but claimed none of the deaths was due to actions of staff members or other prisoners.
Human rights observers reported detention conditions remained below minimum international standards because of overcrowding, unhygienic conditions, and insufficient medical attention. Prison cells often lacked proper lighting, bedding, ventilation, and protection from mosquitoes. Most prisons did not have piped water systems, and some prisoners lacked sufficient access to potable drinking water.
PW reported that to control overcrowding in common areas, authorities confined prisoners to their cells for long periods without an opportunity for movement.
The Bureau of Prisons received only 16,600 leones ($2.27) per prisoner per day for food rations. Conditions in police station holding cells were poor, especially in small stations outside Freetown. Cells were often dark with little ventilation. Overcrowding in some police cells continued to be a problem. Lack of adequate physical facilities created life-threatening conditions for detainees. Inmates slept on bare floors, using their own clothes or cartons as bedding, and used waste buckets as toilets.
Few prisoners had access to adequate medical facilities, and clinics lacked supplies and medical personnel to provide basic services. One doctor staffed the Freetown Male Correctional Center clinic. There were 51 nurses in the country’s 19 prisons and detention centers. Prisons outside Freetown sent patients to local government hospitals and clinics. Authorities allowed only emergency patients to visit the clinic outside of the assigned schedule. Officials treated female prisoners as outpatients or referred them to local hospitals for special care, but doctors and nurses in these hospitals often refused to treat prisoners or provided inferior care because of the government’s failure to pay medical bills. Prison authorities and the HRCSL reported there was no discrimination against prisoners with disabilities, and PWreported it had no information regarding abuse of prisoners with disabilities.
PWreported a shortage of prison staff, which resulted in a lack of security that endangered prisoners’ safety.
Several prisons held infants, most of whom were born in prison and initially kept there with their mothers. Once these children were weaned, authorities released them to family members or to the Ministry of Social Welfare, Gender, and Children’s Affairs, which placed them in foster care. The ministry was responsible for all services except security in juvenile facilities. Authorities sent offenders under age 18 to “approved schools” or reformatory institutions. Although authorities made some effort to avoid detaining juveniles with adults, they frequently imprisoned minors with adult offenders. PWreported authorities often sent young adults over age 18 to the approved schools, while some children under 18 were sent to prison. As of August the National Legal Aid Board reported that, unlike previous years, authorities no longer held children under 18 years of age with adults at the Freetown Male Correctional Center.
At times police officers had difficulty determining a person’s age, given the lack of documentation, and they often depended on circumstantial evidence, such as possession of a voter registration card or affidavits from parents, who may have reasons to lie about their child’s age. In some cases police officers inflated the ages of juveniles to escape blame for detaining them. Several boys reported they were victims of physical and sexual abuse, including sodomy, by older prisoners. In the three juvenile facilities, detainees did not have adequate access to food and education and sometimes were unable to attend court hearings due to lack of transportation.
A lack of juvenile detention centers in many districts meant minors were frequently detained with adults in police cells.
In most cases pretrial detainees were held with convicted prisoners. The attorney general reported that as of August 22, of the 4,148 persons held in the prisons and detention centers, only 1,941 had been convicted.
Administration: There was no prison ombudsman, but senior prison officials were available to respond to complaints. NGOs reported that prisoners raised concerns to them about prison conditions, on condition that their concerns, if raised to prisons authorities, would be anonymous.
Although authorities officially permitted regular family visits, according to NGOs family members often had to pay bribes to gain visiting privileges.
Prisoners refrained from filing complaints directly with prison authorities because they believed such actions would spur retaliation by judicial authorities.
Prison rights advocacy groups reported that authorities generally investigated credible allegations of mistreatment of prisoners.
Independent Monitoring: The government permitted monitoring by independent nongovernmental observers. International monitors had unrestricted access to the prisons, detention centers, and police holding cells. The HRCSL monitored prisons on a monthly basis.“
Auf eigene Anfrage des Verwaltungsgerichts München vom 30. Januar 2019 hat das Auswärtige Amt unter dem 15. April 2019 – Gz 508-516.80/52335 – zu den Haftbedingungen in Sierra Leone am Beispiel der Haftanstalt im Kenema District als typisches Gefängnis Folgendes ausgeführt:
„In der Regel teilen sich vier Personen eine Zelle. Es gibt in der Zelle eine funktionierende Toilette mit Wasserspülung. Die Haftanstalt verfügt über eine medizinische Abteilung mit Ärzten und Krankenpflegern. Die Häftlinge erhalten täglich zwei Mahlzeiten (Frühstück und ein spätes Mittagsessen). Es kann zu gewaltsamen Auseinandersetzungen unter den Häftlingen kommen. Es liegen keine Erkenntnisse dazu vor, dass es zu Übergriffen des Gefängnispersonals kommt.“
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers beruft sich auf eine eigene Anfrage bei Amnesty international und legte insoweit folgende übersetzte Antwort vor:
„In Bezug auf die Bedingungen der Strafvollzugszentren wurde die Frage von den CSOs, darunter die Menschenrechtskommission und der Parlamentarische Überwachungsausschuss für Menschenrechte, über die unmenschlichen Bedingungen angesprochen. Die Regierung hat sich bemüht, die Bedingungen durch eine Erhöhung der Budgethilfe und eine intensive Überwachung durch CSOs zu verbessern. Die Bedingungen sind nicht sehr angenehm, aber es werden hektische Anstrengungen unternommen, um die Bedingungen zu verbessern.“
In Auswertung dieser Erkenntnisse ist daher festzustellen, dass die – in den Strafvollzugsanstalten besseren als in den Haftzellen der Polizeistationen vorherrschenden – Bedingungen schlecht sind und hinter internationalen Standards in Bezug auf hygienische Bedingungen und medizinische Versorgung zurückbleiben sowie oftmals überfüllt sind. Insbesondere die Darstellungen im Human Rights Report 2017 des US Departement of State lassen erkennen, dass die Mindeststandards in einzelnen, geschilderten Fällen nicht eingehalten wurden. Dass dies aber systematisch in den Strafvollzugsanstalten von Sierra Leone der Fall ist und der Kläger einem „real risk“ einer solchen unmenschlichen Behandlung ausgesetzt würde, ist vorliegend (noch) nicht zu erwarten. Zudem stellt Amnesty international in der aktuellen Auskunft „hektische Anstrengungen“ fest, um die Bedingungen zu verbessern. Er erscheint deshalb fraglich, ob die Ausführungen im Human Rights Report des US Departement of State aus dem Jahre 2017 noch aktuell und allgemeingültig sind. Insbesondere die aktuelle Auskunft des Auswärtigen Amtes belegt die Annahme unmenschlicher Haftbedingungen i.S.v. § 4 AsylG i.V.m. Art.3 EMRK und der zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (noch) nicht.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der Kläger für sich Kontakte zum damaligen Mitbewerber um die Präsidentschaftskandidatur der SLPP Yumkella in Anspruch nimmt. Schließlich soll das Problem des Klägers seinen Angaben zufolge erst dadurch entstanden sein, dass Maada Bio und nicht Yumkella Präsidentschaftskandidat der SLPP und Präsident von Sierra Leone wurde. Daher wird es dem Kläger bei Wahrunterstellung seiner Angaben und einem zu befürchtenden Strafverfahren gelingen, diese Kontakte auch in Bezug auf seine individuellen Haftbedingungen zu nutzen.
cc) Dass der Kläger bei Wahrunterstellung seiner Angaben in Sierra Leone vor einer Inhaftierung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keinem fairen Verfahren ausgesetzt wäre, vermag das Gericht ebensowenig festzustellen (vgl. u.a. die umfangreichen Ausführungen im Human Rights Report 2017 des US Department of State zu grundsätzlich bestehenden und im Allgemeinen, wenngleich nicht immer auch eingehaltenen Verfahrensrechten, insbesondere bezüglich eines fairen Verfahrens, bestehender Unschuldsvermutung, Aussageverweigerungsrechten usw., jedoch mitunter vorhandenem Einfluss von Korruption).
3. Der Kläger kann auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG für sich in Anspruch nehmen.
a) In Bezug auf ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK wird auf die voranstehenden Ausführungen und im Übrigen die Ausführungen im Bescheid des Bundesamtes Bezug genommen.
Insbesondere verkennt das Bundesamt die schlechten humanitären und wirtschaftlichen Verhältnisse in Sierra Leone nicht.
Sierra Leone gehört zwar zu den ärmsten Staaten der Erde und belegt nach dem Human Development Index von 2017 Rang 184 der 189 untersuchten Länder. Ein Großteil der Bevölkerung (ca. 77%) lebt in absoluter Armut und hat weniger als 2 US-Dollar pro Tag zur Verfügung (vgl. Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ): LIPortal – Länder-Informations-Portal – Sierra Leone – Stand November 2018 (LIPortal); BFA Republik Österreich: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Sierra Leone, 3.5.2017). Die Nachwirkungen des Bürgerkrieges, die weit verbreitete Korruption und die unzureichend ausgebaute Infrastruktur beeinflussen die wirtschaftliche Lage in Sierra Leone (vgl. LIPortal). Die Arbeitslosigkeit im Land ist sehr hoch (Bertelsmann Stiftung, Bertelsmann Stiftung’s Transformation Index (BTI) 2016 – Sierra Leone Country Report, Gütersloh, Bertelsmann Stiftung, 2016; BFA Republik Österreich a.a.O.). Es wird geschätzt, dass ungefähr zwei Drittel der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig sind (vgl. LIPortal; BFA Republik Österreich a.a.O.; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Informationszentrum Asyl und Migration, Glossar Islamische Länder – Band 17 Sierra Leone, Mai 2010). Die Mehrheit der Bevölkerung versucht zudem mit Gelegenheitsjobs oder Handel ein Auskommen zu erwirtschaften. Dabei wird die Subsistenzwirtschaft in Familien oft parallel oder alternativ genutzt, um den Lebensunterhalt zu sichern (LIPortal; BFA Republik Österreich a.a.O.). Die medizinische Versorgung ist in Sierra Leone nach wie vor schwierig und es herrscht ein ausgeprägter Mangel an Fachärzten (vgl. BFA Republik Österreich a.a.O.; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Informationszentrum Asyl und Migration, Glossar Islamische Länder – Band 17 Sierra Leone, Mai 2010).
Das Bundesamt hat jedoch zutreffend angenommen und näher ausgeführt, dass angesichts der beruflichen Vergangenheit des Klägers und seiner individuellen Verhältnisse keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass er bei Rückkehr nach Sierra Leone nicht in der Lage wäre, seinen Lebensunterhalt zu sichern. Auf die Ausführungen des Bundesamtes wird insoweit nach § 77 Abs. 2 AsylG verwiesen.
b) Der Kläger hat zudem über die bereits zuvor dargestellten Aspekte hinaus keine individuell gefahrenerhöhenden Umstände angegeben, die ein Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen könnten.
Im Übrigen wird auf die Bescheidsbegründung Bezug genommen.
Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung und die Abwendungsbefugnis ergeben sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordung (ZPO).

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