Aktenzeichen M 9 K 17.39942
Leitsatz
1 Bei zentralen Elementen des Verfolgungsvorbringens kann eine widerspruchsfreie und zutreffende Darstellung erwartet werden. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die wirtschaftliche Situation in Nigeria rechtfertigt kein Abschiebeverbot aus humanitären Gründen. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Über den Rechtsstreit konnte trotz Ausbleibens der Beklagten aufgrund der mündlichen Verhandlung am 28. September 2018 entschieden werden. In der frist- und formgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 VwGO.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (die Verpflichtung zur Feststellung der Asylberechtigung war nicht beantragt), auf die Gewährung subsidiären Schutzes oder auf ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 8. Mai 2017 ist daher rechtmäßig. Es wird insoweit zunächst in vollem Umfang auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) Bezug genommen und ergänzend ausgeführt:
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine Verfolgung i. S. des § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten.
Dabei ist es Sache des Schutzsuchenden, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Wegen des sachtypischen Beweisnotstands, in dem sich Flüchtlinge insbesondere im Hinblick auf asylbegründende Vorgänge im Verfolgerland vielfach befinden, genügt für diese Vorgänge in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
Unabhängig davon, ob das Vorbringen glaubhaft ist – dazu sogleich -, kommt eine Flüchtlingsanerkennung des Klägers deswegen nicht in Betracht, weil es in Ansehung des geltend gemachten Vorbringens dazu, warum der Kläger Nigeria verlassen habe, bereits an einer Anknüpfung an ein asylerhebliches Merkmal i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3b AsylG fehlt. Zwar käme bei dem Vorbringen einer Verfolgung ausgehend von einer wie hier die APC in Nigeria tätigen politischen Partei – unter dem Vorbehalt der Glaubhaftigkeit im Übrigen, dazu sogleich -, grundsätzlich die Geltendmachung von Furcht vor Verfolgung wegen der politischen Überzeugung, § 3 Abs. 1 Nr. 1 Var. 4 AsylG i.V.m. § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG, in Betracht. Allerdings nur dann, wenn ein Sachverhalt glaubhaft gemacht wird, der tatsächlich an das genannte Merkmal der politischen Überzeugung (oder an eines der übrigen in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, § 3b Abs. 1 AsylG genannten asylerheblichen Merkmale, wovon hier nach dem klägerischen Vortrag aber nichts in Betracht kommt) anknüpft. Solches wird vom Kläger aber nicht einmal vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht. Denn für eine Anknüpfung an das Merkmal der politischen Überzeugung reicht es nicht aus, dass ein Asylantragteller wie hier der Kläger geltend macht, von der örtlichen Untergliederung einer politischen Partei verfolgt zu werden; vielmehr muss dafür eben, wie sowohl der eindeutige Wortlaut der Überschrift, die eben gerade von politischer Überzeugung spricht, als auch ihr Sinn und Zweck belegen, ein Sachverhalt vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, der eine Verfolgung wegen der politischen Überzeugung beinhaltet. Ob die Verfolgung dann von einer politischen Partei ausgeht oder von einer anderen Einheit oder auch von Einzelperson(en), ist dagegen nicht entscheidend für die Asylerheblichkeit bzw. Flüchtlingsrelevanz eines Verfolgungsvorbringens. Diese Wirkungsweise wird vom Klägerbevollmächtigten zu 2. übersehen. Dem gesamten Vorbringen des Klägers kann nämlich nicht im Ansatz entnommen werden, dass er wegen einer von ihm gehegten politischen Überzeugung verfolgt zu werden vorbringt. Vielmehr besteht das Verfolgungsvorbringen des Klägers zusammengefasst darin: Er fürchtet, von der örtlichen Gliederung der Partei APC aus Rache (vgl. etwa explizit die Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung auf Seite 3 unten / Seite 4 oben des Sitzungsprotokolls) bedroht zu sein bzw. genauer gesagt wegen einer örtlichen Fehde zwischen den örtlichen Gliederungen der Parteien APC und PDP, die wegen des Übertritts der Eltern des Klägers von der APC zur PDP entstanden sei und der bereits, neben Opfern auf Seiten der APC – von Mitgliedern der PDP seien Mitglieder der APC getötet worden, weil diese wiederum die Eltern des Klägers wegen deren Übertritt bedroht hätten – die Eltern des Klägers zum Opfer gefallen seien. Dieses Vorbringen hat aber tatsächlich – wie das Bundesamt sowohl im Bescheid als auch in der Klageerwiderung richtig, wenn auch vielleicht nicht verständlich genug ausführt -, mit dem Vorbringen eines Sachverhalts, der an eine Verfolgung wegen der politischen Überzeugung i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Var. 4 AsylG, § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG anknüpft, nichts zu tun. Diese Anknüpfung ist nach dem Gesetz ohne weiteres auch bei einer Verfolgung wie hier geltend gemacht durch Akteure i.S.v. § 3c Nr. 2 AsylG erforderlich. § 3c Nr. 2 AsylG (wie auch § 3d AsylG) bezieht sich auf eine Verfolgung i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, ergänzt durch § 3b AsylG; d.h. auch eine Verfolgung durch Akteure i.S.v. § 3c Nr. 2 AsylG ist nur insoweit flüchtlingsrelevant, als sie wegen einem der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG aufgezählten Merkmale erfolgt. Darauf, dass selbst dann, wenn der Kläger eine Flüchtlingsrelevanz seines Vortrags von seinen Eltern ableiten könnte, das Ergebnis nicht anders wäre, weil auch insofern keine Geltendmachung einer Verfolgung wegen der politischen Überzeugung, sondern aus Rache bzw. Bestrafung für den Parteiwechsel erkennbar ist, kommt es nicht an. Denn für die Bewertung der Asylerheblichkeit bzw. Flüchtlingsrelevanz kommt es nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut auf den Asylantragsteller selbst an („Ein Ausländer ist Flüchtling […], wenn er sich […]“, Hervorhebungen durch das Gericht), nicht auf andere Personen, wie hier z.B. die Eltern des Klägers.
Das Gericht hat unabhängig vom Fehlen eines asylerheblichen Merkmals durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit des vom Kläger vorgetragenen Vorbringens zu den Gründen seines Weggangs aus Nigeria. Sein Vortrag kann dem Kläger, so wie er ihn vorgebracht hat, nicht geglaubt werden. Der Vortrag des Klägers enthält eine Vielzahl von erheblichen, durchgreifenden Widersprüchen und Ungereimtheiten. Insbesondere – neben anderem – ist hier zunächst darauf zu verweisen, dass bereits die Angaben zum Ausreisezeitpunkt widersprüchlich sind. Während der Kläger noch in der sog. Dublin-Erstbefragung (Bl. 21 der Bundesamtsakte) den Februar 2015 angegeben hat, hat er in der mündlichen Verhandlung hierzu das Jahr 2014 angegeben. Diesen Widerspruch hat der Kläger auf entsprechenden Vorhalt in der mündlichen Verhandlung auch nicht nachvollziehbar erklärt. Abgesehen davon handelt es sich hierbei um ein relativ einfaches Datum, bei dem auch bei einem noch recht jungen Mann, der mit Sicherheit unabhängig von der Bewertung der Glaubhaftigkeit seiner Angaben im Hinblick auf ihre Flüchtlingsrelevanz viel hinter sich hat, eine konsistente und widerspruchsfreie Darstellung erwartet werden darf. Diese Angabe beeinträchtigt die persönliche Glaubwürdigkeit, wirkt sich jedoch auch direkt auf die Glaubhaftigkeit der Angaben aus, da das Ausreisedatum auch für die Bewertung des geltend gemachten Verfolgungsvorbringens eine Rolle spielt. Weiterhin hat der Kläger angegeben, sein Vater habe die Partei gewechselt, weil er nach Wahlen im Jahr 2014 von der APC, bei der der Vater bzw. die Eltern des Klägers damals noch gewesen seien, einen vorher versprochenen Posten nicht bekommen habe. In diesem Zusammenhang hat der Kläger ausdrücklich erklärt, dass es sich um landesweite Wahlen gehandelt hat. Jedoch waren in Nigeria im Jahr 2014 keine landesweiten Wahlen. Allgemeine, landesweite Präsidentschafts- und Parlamentswahlen waren vielmehr im Jahr 2015. Wegen dieses Widerspruchs können dem Kläger seine Angaben nicht geglaubt werden, zudem passt die Verfolgungsgeschichte des Klägers damit auch nicht mehr mit dem geltend gemachten Ausreisezeitpunkt zusammen, wobei es nicht darauf ankommt, auf welchen Zeitpunkt (2014 oder Februar 2015) abgestellt wird. Schließlich ist ein erheblicher und auch für sich allein durchgreifender Widerspruch in der Darstellung der Verfolgungsgeschichte in Bezug auf das Niederbrennen des Hauses und die Tötung der Eltern einerseits und des dafür vom Kläger als Beleg vorgelegten Zeitungsartikel andererseits zu verzeichnen. Während der Kläger selbst angibt, sein Vater hätte ihn bereits vorher weggeschickt, geht aus dem Zeitungsartikel hervor, dass der Kläger bei dem Anschlag noch anwesend war, es aber dann geschafft hat, zu entkommen. Auf die ausführliche Darstellung dieser Umstände in der mündlichen Verhandlung (Sitzungsprotokoll Seite 4 Mitte bis Seite 5 oben) wird Bezug genommen. Der Kläger konnte diesen Widerspruch auf entsprechenden Vorhalt auch nicht nachvollziehbar auflösen. Der Verweis des Klägerbevollmächtigten darauf, dass nicht bekannt sei, ob die Quelle des Zeitungsartikels glaubwürdig sei, ändert insofern nichts. Denn erstens steht das bezogen auf den Kläger, wie die hiesigen Ausführungen zeigen, genau so wenig fest. Zweitens wurde der Zeitungsartikel ja von der Klägerseite vorgelegt und der Kläger beruft sich zur Stützung seines Verfolgungsvorbringens darauf; dann muss er sich aber auch daran festhalten lassen, wenn sich aus der Vorlage dieses Zeitungsartikels Anhaltspunkte für die fehlende Glaubhaftigkeit seiner Angaben ergeben. Zudem besteht die aus diesem Widerspruch folgende Unglaubhaftigkeit ja gerade nicht darin, dass erwiesen wäre, dass die Version in dem Zeitungsartikel stimmt; diese Überzeugung ist auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Amtsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO mit den dem Gericht zur Verfügung stehenden Mitteln zur Aufklärung eines Auslandssachverhalts schlechterdings nicht zu gewinnen. Das ist aber auch nicht nötig. Denn die Unglaubhaftigkeit der Angaben des Klägers folgt hier gerade daraus, dass die aufgezeigten Widersprüche nicht aufgelöst werden können, weswegen die Version des Klägers nicht glaubhaft gemacht ist; ein „Beweis“ des Gegenteils ist dafür nicht erforderlich.
Bei den aufgezeigten Widersprüchen und unrichtigen Darstellungen handelt es sich auch um zentrale Elemente des Verfolgungsvorbringens des Klägers, bei denen eine (einigermaßen) widerspruchsfreie und zutreffende Darstellung erwartet werden kann. Darauf, dass noch weitere Widersprüche und Ungereimtheiten bestehen (vgl. z.B. den Vorhalt in der mündlichen Verhandlung, Sitzungsprotokoll Seite 4, zweiter Absatz von oben) kommt es nicht mehr an.
Wiederum unabhängig davon gilt hinsichtlich der behaupteten drohenden Verfolgung, dass zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen ist, dass in diesem Fall eine inländische Fluchtalternative besteht bzw. interner Schutz zur Verfügung steht (§ 3e AsylG). Es steht außer Frage, dass der Kläger nach einer Rückkehr nach Nigeria in einen anderen Landesteil ziehen könnte, wo er – unterstellt, dass das insoweit angegebene Vorbringen stimmen würde – mit asylrechtlich hinreichender Wahrscheinlichkeit keine irgendwie geartete Verfolgung fürchten müsste. Jedenfalls ist es bei einer geltend gemachten Verfolgung durch eine örtliche Parteigliederung unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich aus dem Vortrag des Klägers nichts Gegenteiliges ergibt und unter Zugrundelegung der allgemeinen Verhältnisse in Nigeria, die Größe des Landes, die Einwohnerzahl usw. zu Grunde gelegt, nicht ersichtlich, dass der Kläger mit ausreichender Sicherheit überall im ganzen Land verfolgt / gefunden werden könnte. Insbesondere hat der Kläger nichts vorgetragen, was es plausibel erscheinen lässt, dass er wegen des geschilderten Umstands landesweit verfolgt würde. Selbst wenn man die Glaubhaftigkeit der Angaben des Klägers unterstellt, ist nicht plausibel, dass der Kläger nach einer Rückkehr nach Nigeria dort von der APC landesweit verfolgt würde; bei dem geschilderten Verfolgungsvorbringen handelt es sich um eine Angelegenheit, die lokal oder vielleicht auch regional eine Rolle gespielt hat, aber so, wie sie berichtet wurde, spricht nichts dafür, dass es sich um eine Begebenheit von solcher Tragweite handelt, dass die APC den Kläger in ganz anderen Landesteilen von sich aus suchen würde.
Ergänzend wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG), dort Seite 2 unter 1. und 2. bis Seite 4 oben.
2. Den beantragten (unionsrechtlichen) subsidiären Abschiebungsschutz nach § 4 AsylG kann der Kläger ebenfalls nicht beanspruchen, wofür ergänzend auf die zu § 3 AsylG erläuterten Gründe verwiesen wird.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt dabei auch die Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG). Die Art der Behandlung oder Bestrafung muss eine Schwere erreichen, die dem Schutzbereich des Art. 3 EMRK zuzuordnen ist und für den Fall, dass die Schlechtbehandlung von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht, muss der Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sein, Schutz zu gewähren (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3 c Nr. 3 AsylG).
Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG. Im Herkunftsstaat hat dem Kläger keine derartige Gefahr gedroht. Weshalb ihm bei der Rückkehr ein ernsthafter Schaden, insbesondere eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) oder gar die Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG) drohen sollte, ist unter keinem Gesichtspunkt erkennbar geworden. Schließlich besteht in Nigeria auch kein internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG.
Unabhängig davon gilt die inländische Fluchtalternative auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes, § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e Abs. 1 AsylG.
Ergänzend wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG), dort Seite 4 unter 3. bis Seite 5 Mitte.
3. Der streitgegenständliche Bescheid ist auch insoweit rechtmäßig, soweit das Nichtvorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festgestellt wurde.
Bei den national begründeten Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und dem nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG handelt es sich um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand (BVerwG, U.v. 8.9.2011 – 10 C 14.10 – BVerwGE 140, 319 Rn. 16 f.).
Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 AsylG) nicht vor. Andere Abschiebungsverbote kommen nicht in Betracht, weil dafür überhaupt keine tatsächlichen Anknüpfungspunkte bestehen.
§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Maßgeblich sind die Gesamtumstände des jeweiligen Falls und Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 7.9.2010 – 10 C 11/09 – juris Rn. 14). Ein Abschiebungsverbot infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt nur in Fällen ganz extremer Gewalt in Betracht und auch schlechte humanitäre Bedingungen können nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von einer Abschiebung abgesehen werden, wenn im Zielstaat für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Bei den in Nigeria vorherrschenden harten Lebensbedingungen handelt es sich um eine Situation, der die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist, weshalb Abschiebeschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG ausschließlich durch eine generelle Regelung nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt wird. Eine extreme Gefährdungslage, bei der aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG ausnahmsweise nicht greift (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 – 9 C 9/95 – juris LS 3 und Rn. 14; BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 38), liegt nicht vor.
Auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid des Bundesamts wird auch insofern Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG), dort Seite 5 unter 4. bis Seite 7. Ergänzend dazu wird noch ausgeführt, dass auch die wirtschaftliche Situation in Nigeria ein Abschiebeverbot aus humanitären Gründen nicht rechtfertigen kann. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass nach der derzeitigen Erkenntnislage die allgemeine wirtschaftliche und soziale Lage für die Mehrheit der Bevölkerung in Nigeria problematisch ist. Bei den mit der schwierigen ökonomischen Situation verbundenen Gefahren handelt es sich jedoch um Gefahren, die einen Großteil der Bevölkerung in Nigeria betreffen und die für sich keine Verletzung von Art. 3 EMRK i.S.d. Rechtsprechung des EGMR begründen (vgl. auch dazu BVerwG, B.v. 25.10 2012 – 10 B 16/12 – juris Rn. 8 f.).
Anhaltspunkte für einen besonderen Ausnahmefall, in dem humanitäre Gründe in der Person des Klägers zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung bzw. gegen eine Rückführung nach Nigeria sprechen, sind vorliegend nicht ersichtlich.
Für den Kläger kann auf Grund seiner individuellen Voraussetzungen und konkreten Lebenssituation bei einer Rückkehr nach Nigeria keine mit hoher Wahrscheinlichkeit eintretende besondere – außergewöhnliche – Gefahrenlage angenommen werden. Der Kläger hat nach seinen eigenen Angaben die Schule bis zur neunten Klasse besucht (Bl. 55 der Bundesamtsakte). Die (Schul-)Bildung des Klägers erweist sich damit für nigerianische Verhältnisse als weit überdurchschnittlich – die Analphabetenquote beträgt bei Männern 30 Prozent, bei Frauen sogar rund 50 Prozent (s. Auswärtiges Amt, Länderinformation/Nigeria/Kultur und Bildung unter www.auswäertiges-amt.de, Stand: März 2017). Der gut ausgebildete, junge und arbeitsfähige Kläger wird daher auch im Falle der Rückkehr nach Nigeria in der Lage sein, den Lebensunterhalt für sich sicherzustellen, zumal er nach seinen eigenen Angaben im Heimatland als Kellner gearbeitet hat (ebenfalls Bl. 55 der Bundesamtsakte); es ist nichts dafür ersichtlich, dass er das oder etwas ähnliches nicht wieder arbeiten könnte.
Die im Verwaltungsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen (Bl. 100 bzw. 104 und Bl. 105 der Bundesamtsakte) ändern am Ergebnis nichts. Unabhängig davon, dass die vorgelegten Unterlagen von Juni 2017 nicht (mehr) aktuell sind, vermögen die darin mitgeteilten Inhalte auch deswegen kein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot zu begründen, weil aus diesen Unterlagen nicht hervorgeht, dass die Schwelle gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG berührt oder gar überschritten ist. Wiederum unabhängig davon erfüllen die ärztlichen Unterlagen die Kriterien gemäß § 60a Abs. 2c Sätze 2 und 3 AufenthG – die Anforderungen an ein ärztliches Attest gemäß § 60a Abs. 2c AufenthG gelten auch für die Substantiierung der Voraussetzungen eines krankheitsbedingten, zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG (BayVGH, B.v. 24.1.2018 – 10 ZB 18.30105 – juris Rn. 7 m.w.N.) -, nicht. Es fehlen sowohl ausreichende Aussagen zum Schweregrad der Erkrankung als auch überhaupt irgendwelche Aussagen zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben.
4. Die im angefochtenen Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung nach Nigeria gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG ist ebenfalls rechtmäßig; die Voraussetzungen hierfür liegen vor, wie aus dem Ergebnis der Ausführungen oben 1. – 3. folgt. Einen asylunabhängigen Aufenthaltstitel hat der Kläger nicht.
5. Bedenken gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (§ 11 Abs. 1 AufenthG) sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Nach alledem wird die Klage abgewiesen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708ff. ZPO.