Verwaltungsrecht

Kein Asylrecht bei Wirtschaftsflüchtlingen

Aktenzeichen  M 16 S 16.30497

Datum:
3.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 16a Abs. 3 S. 1 u. 2
AsylG AsylG § 29a Abs. 1 u. 2, § 36 Abs. 1, Abs. 3 u 4, § 75 Abs. 1, § 77 Abs. 1 S. 1, § 83b
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5 u. Abs. 7 S. 1
VwGO VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist albanischer Staatsangehöriger. Nach eigenen Angaben reiste er am 23. März 2015 in einem Bus von Österreich aus in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 3. Juni 2015 Asylantrag.
In seiner Anhörung gab der Antragsteller an, er habe mit einem Freund ein Wettgeschäft betrieben, dieses aber auf Wunsch des Vermieters aufgeben müssen. Er sei auch Profifußballer in der zweiten albanischen Liga gewesen. Nachdem ihm sein Verein gekündigt habe, habe er keine Einnahmen mehr gehabt und sein Sportstudium abbrechen müssen. Er sei nach Deutschland gekommen, um seine Profikarriere fortzusetzen und damit sein Studium zu finanzieren. Bei einer Rückkehr nach Albanien hätte er weder Geld noch Arbeit.
Mit Bescheid vom 18. Dezember 2015, zugestellt am 8. März 2016, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, den Antrag auf Asylanerkennung und den Antrag auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet ab (Nrn. 1, 2 und 3), und verneinte das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz – AufenthG (Nr. 4). Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Albanien oder in einen anderen aufnahmebereiten oder zur Rückübernahme verpflichteten Staat angedroht (Nr. 5). Außerdem wurde ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Nr. 6) sowie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 7). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller stamme aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz – GG, § 29a Abs. 2 Asylgesetz – AsylG i. V. m. der Anlage II zum AsylG. Er habe nichts vorgetragen oder vorgelegt, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat in seinem Falle die Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ernsthaften Schadens erfüllt seien. Es drohe ihm auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Albanien führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten – EMRK vorliege. Eine schwierige soziale und wirtschaftliche Lage begründe kein Abschiebeverbot, sie müsse vielmehr vom Antragsteller ebenso wie von vielen seiner Landsleute bewältigt werden.
Am 10. März 2016 hat der Antragsteller zur Niederschrift der Urkundsbeamtin Klage (M 16 K 16.30496) erhoben und gleichzeitig beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Abschiebungsandrohung anzuordnen.
Zur Begründung hat er auf sein Vorbringen vor dem Bundesamt Bezug genommen.
Das Bundesamt legte die Behördenakten vor; ein Antrag wurde nicht gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Klageverfahren M 16 K 16.30496 sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag bleibt ohne Erfolg.
Der Antrag, die kraft Gesetzes (§ 75 Abs. 1 AsylG) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamts nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO anzuordnen, ist zulässig, insbesondere wurde die Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG gewahrt.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen (vgl. Art. 16a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 AsylG). Ernstliche Zweifel i. S. d. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG liegen nur vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris). Dabei ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz auch zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG offensichtlich nicht besteht – wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht – und ob diese Ablehnung weiterhin Bestand haben kann (BVerfG, B. v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – juris Rn. 40). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a GG) und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Dies ist nach ständiger Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und sich die Abweisung der Klage bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B. v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – juris Rn. 15).
Im vorliegenden Fall bestehen an der Rechtmäßigkeit der vom Bundesamt getroffenen Entscheidungen im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) keine derartigen ernstlichen Zweifel. Das Gericht folgt daher den Ausführungen des Bundesamts im angefochtenen Bescheid und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend bleibt auszuführen, dass Albanien als sicherer Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG in der Anlage II zu § 29a AsylG gelistet ist. Gegen diese Einstufung bestehen weder verfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken (vgl. VG Berlin, B. v. 22.12.2015 – 33 L 357.15 A – juris). Gemäß § 29a Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem sicheren Herkunftsstaat als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Der Antragsteller hat sich lediglich auf fehlende Geldmittel und Arbeitslosigkeit, mithin also auf wirtschaftliche Gründe berufen. Ein solches Vorbringen vermag aber die Regelvermutung des § 29a Abs. 1 AsylG, Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG nicht zu erschüttern. Zwar geht das Gericht davon aus, dass die allgemeine wirtschaftliche Situation in Albanien tatsächlich schlecht ist und sich die wirtschaftliche Lage vieler Albaner aufgrund hoher Arbeitslosigkeit und anderer Faktoren als schwierig darstellt. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln ist aber gewährleistet. Der albanische Staat gewährt Bedürftigen Sozialhilfe. Grundnahrungsmittel werden subventioniert. Eine Vielzahl von lokalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen engagiert sich im sozialen Bereich (vgl. Lagebericht des Auswärtige Amtes vom 10. Juni 2015, S. 12 f.).
Somit ist die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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