Aktenzeichen Au 5 K 17.32529
Leitsatz
Im Süden Malis besteht eine innerstaatliche zumutbare Fluchtalternative, da dieser Bereich vom Bürgerkrieg nicht betroffen ist. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage des Klägers verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2017 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die zulässige Klage ist offensichtlich unbegründet.
Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag des Klägers nicht im Ansatz (§ 30 Abs. 1 AsylG) erkennbar.
Die Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet beruht auf § 30 Abs. 1 AsylG. Nach § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemeiner Rechtsauffassung sich die Abweisung des Antrags geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – InfAuslR 1993, 196; B.v. 20.12.2006 – 2 BvR 2063/06 – NVWZ 2007, 1046).
Bei der Berufung auf eine Individualverfolgung kann das Offensichtlichkeitsurteil u.a. dann gerechtfertigt sein, wenn die im Einzelfall behauptete Gefährdung offensichtlich nicht asylrelevant ist, den erforderlichen Grad der Verfolgungsintensität nicht erreicht oder sich das Vorbringen des Asylbewerbers insgesamt als eindeutig unglaubhaft erweist.
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Klage des Klägers offensichtlich unbegründet. Zum einen knüpft der Vortrag des Klägers bereits nicht an ein asylrechtlich relevantes Merkmal i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG an. Sowohl bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2017 hat der Kläger nahezu ausschließlich auf innerfamiliäre Streitigkeiten als Folge einer von ihm verübten tödlichen Verletzungshandlung verwiesen. Anlässlich eines Fußballspieles habe der Kläger eine dritte Person mit einem Steinwurf lebensgefährlich am Hals verletzt. Als Folge dieser Verletzungshandlung (Steinwurf) sei der Geschädigte im Krankenhaus verstorben. Dessen Bruder habe dem Kläger aufgrund dieser Vorfälle Rache angekündigt. Deshalb habe der Kläger seine Heimatstadt … verlassen und sei nach Bamako übergesiedelt, wo ihn die Familie bzw. der Bruder des Opfers nicht hätten auffinden können. Diesem Vortrag ist keine Asylrelevanz vor dem Hintergrund des § 3 Abs. 1 AsylG zu entnehmen.
Zum anderen hat sich dieser Vorfall bereits im Jahr 2008 (so der Vortrag des Klägers gegenüber dem Bundesamt) bzw. spätestens in den Jahren 2009 bzw. 2010 (so das Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung) zugetragen. Der Vorfall hat sich unabhängig welcher Version des Klägers man Glauben schenkt jedenfalls bereits längere Zeit vor der letztmaligen Ausreise des Klägers aus Mali im Jahre 2012 ereignet. Auch insofern ist für das Gericht nicht ersichtlich, dass die vom Kläger geschilderten Ereignisse für diesen fluchtauslösend waren. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass der Kläger sein Heimatland allein wegen der aufgrund der Kriegsereignisse im Norden Malis schwieriger gewordenen wirtschaftlichen Lage verlassen hat.
Darüber hinaus hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung erstmalig dahingehend eingelassen, dass er während seiner Ausreise aus Mali im Jahr 2012 in … im Norden Malis festgehalten und inhaftiert worden sei. Aus welchen Gründen dies geschehen sei, hat der Kläger nicht glaubhaft machen können. Weitergehend fällt auf, dass der Kläger diesen Vortrag erstmalig in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2017 geschildert hat. Darüber hinaus handelt es sich um einen Vorfall, welcher sich lediglich beiläufig bei der Flucht des Klägers aus Mali ereignet hat, aber für den Kläger selbst nicht fluchtauslösend war. Vor dem Hintergrund des gesteigerten Vorbringens und der im Übrigen fehlenden Asylrelevanz der vorgetragenen Fluchtgründe des Klägers ist die Abweisung der Klage als offensichtlich unbegründet gerechtfertigt.
Insgesamt ist für das Gericht offensichtlich, dass der geltend gemachte Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dem Kläger nicht zusteht. Es ergeben sich im Sachvortrag des Klägers schon im Ansatz ganz offensichtlich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger bezogen auf den Zielstaat Mali eine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung vorliegen könnte.
Ernstliche Zweifel bestehen ebenfalls nicht hinsichtlich der Versagung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG). Die Gewährung subsidiären Schutzes kommt offensichtlich (§ 30 Abs. 1 AsylG) nicht in Betracht, weil unter Hinweis auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz und unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass ihm bei einer Rückkehr nach Mali ein ernsthafter Schaden droht. Einen solchen hat der Kläger bereits nicht aufgezeigt.
Ungeachtet der Frage, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG vorliegen, ist der Kläger, soweit er überhaupt eine Gefährdung in seiner Heimatregion bzw. seinem Heimatland befürchtet, auf eine innerstaatliche Fluchtalternative im Süden Malis zu verweisen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3e AsylG).
Der Süden Malis ist bürgerkriegsfrei. Von den Kampfhandlungen islamistischer Gruppen, die im Januar 2012 ihren Anfang nahmen, war der Norden Malis betroffen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Mali: Aktuelle Lage, Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 30. Oktober 2012). Bereits im Juni 2013 war zwischen der malischen Regierung und mehreren bewaffneten Gruppen ein Friedensabkommen zur Stabilisierung der Lage im Norden Malis geschlossen worden (Amnesty International, Mali-Report 2015). Am 15. Mai und 20. Juni 2015 wurde erneut ein innerstaatliches Friedensabkommen zur nachhaltigen Befriedung von Nord-Mali geschlossen. Von den bürgerkriegsähnlichen Zuständen im Norden Malis blieb der Süden Malis jedoch verschont, auch wenn selbst in der Hauptstadt Bamako eine Gefährdung durch terroristische Gruppen nicht ausgeschlossen werden kann (Auswärtiges Amt, Mali: Reise- und Sicherheitshinweise, Stand: 2.11.2016). Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass vereinzelte Anschläge bereits die Qualität eines Bürgerkriegs erreicht haben, bestehen nicht (s. hierzu auch VG Magdeburg, U.v. 27.5.2016 – 1 A 125/15 MD – juris). Im Übrigen stammt der Kläger selbst aus dem Süden Malis.
Ferner bestehen keine Anhaltspunkte für Abschiebungsverbote i.S. des § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG.
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bei seiner Abschiebung nach Mali befürchten müsste, auf derart schlechte humanitäre Bedingungen zu stoßen, dass die Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK besteht, gibt es, wie bereits ausgeführt, nicht. Obwohl die wirtschaftliche Lage nach wie vor schlecht ist (Auswärtiges Amt, Mali: Wirtschaftliche Rahmenbedingungen, Stand: April 2016), geht das Gericht, wie ausgeführt, davon aus, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt dort sicherstellen kann. Damit liegen weder die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG noch für die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Der Kläger stammt selbst aus dem Süden Malis. Er ist nach Auffassung des Gerichts erwerbsfähig und durchaus in der Lage im Süden Malis auch außerhalb seiner Heimatstadt seine Existenzgrundlage zu sichern. Hierfür spricht, dass der Kläger in Mali jedenfalls nach kurzem Schulbesuch eine Lehre als Schuhverkäufer in Bamako begonnen hat bzw. bereits in dieser Branche tätig war (so das Vorbringen des Klägers gegenüber dem Bundesamt). Deshalb sollte es für ihn möglich sein, entweder die begonnene Ausbildung fortzusetzen oder aber eine berufliche Anstellung in dem Sektor zu finden, in dem der Kläger bereits eine zweijährige Ausbildung absolviert hat. Weiter ist anzuführen, dass sich der Kläger auch in Marokko während seines dortigen Aufenthaltes von nahezu einem Jahr bereits beruflich in diversen Sparten betätigt hat. Eine Rückkehr für den Kläger nach Bamako scheint auch insofern nicht ausgeschlossen, als sich die Heimatstadt des Klägers nach dessen eigenen Aussagen lediglich 125 km von Bamako entfernt befindet. Darüber hinaus ist der Kläger nach eigenem Vortrag ledig und hat keine Unterhaltspflichten zu erfüllen. Schließlich dürften auch noch weitere Familienangehörige des Klägers in Mali vorhanden sein.
Vor diesem Hintergrund ist auch die nach Maßgabe des § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die dem Kläger gesetzte Ausreisefrist folgt aus § 36 Abs. 1 AsylG und entspricht der von der Beklagten getroffenen Entscheidung der Ablehnung des Asylantrages des Klägers als offensichtlich unbegründet. Eine Rechtsverletzung des Klägers ist insoweit nicht erkennbar.
Schließlich erweist sich auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG als offensichtlich rechtmäßig; das Bundesamt hat das ihm insoweit zukommende Ermessen erkannt und in der Befristungsentscheidung die maßgeblichen Belange in ordnungsgemäßer Weise abgewogen.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG); die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.
Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG).