Aktenzeichen M 12 E 16.5402
Leitsatz
Ist der ausgewiesene Ausländer im Besitz einer Duldung, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für einen Eilantrag auf Aussetzung der Abschiebung. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf EUR 1.250,- festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist libyscher Staatsangehöriger und reiste am … Juli 2011 mit einem Visum in das Bundesgebiet ein. Am 8. September 2011 wurde ihm erstmals eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 16 Abs. 1 AufenthG erteilt, die zuletzt bis 30. Juli 2016 verlängert wurde.
Am … Juni 2016 beantragte der Antragsteller die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis, woraufhin ihm eine Fiktionsbescheinigung gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG, gültig bis 27. September 2016, erteilt wurde. Seit … Juni 2016 lebt der Antragsteller mit seiner Lebensgefährtin in einer gemeinsamen Wohnung. Er ist ledig und hat keine Kinder.
Aufgrund von Mitteilungen des Polizeipräsidiums …, wonach Tatsachen vorlägen, die die Schlussfolgerung rechtfertigten, dass der Antragsteller die terroristische Vereinigung „Islamischer Staat“ unterstütze, hat die Antragsgegnerin den Antragsteller mit Bescheid vom 15. November 2016 aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Nr. 1 des Bescheids), seinen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom … Juni 2016 abgelehnt (Nr. 2 des Bescheids) und die Wirkungsdauer der Sperrwirkungen der Ausweisungsverfügung auf neun Jahre befristet (Nr. 3 des Bescheids). Dem Antragsteller wurde eine Ausreisefrist bis 5. Dezember 2016 gesetzt. Für den Fall der nichtfristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Libyen oder in einen anderen Staat angedroht, in den der Antragsteller einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Bis zum Vorliegen des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft wurde die Abschiebung ausgesetzt (Nr. 4 des Bescheids). Der Antragsteller wurde verpflichtet, sich ab dem 6. Dezember 2016 einmal täglich zwischen 10.00 Uhr und 12.00 Uhr bei der zuständigen Polizeiinspektion in … unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapieres zu melden (Nr. 5 des Bescheids). Sein Aufenthalt wurde ab dem 6. Dezember 2016 bis zu seiner Ausreise auf das Stadtgebiet … beschränkt (Nr. 6 des Bescheids) und der Antragsteller verpflichtet, in der Gemeinschaftsunterkunft in …, … und … Wohnsitz zu nehmen (Nr. 7 des Bescheids). Die Nutzung EDV-gestützter Kommunikationsmittel, von Mobiltelefonen aller Art, von öffentlichen und privaten Fernsprechern aller Art und Faxgeräten aller Art wurden mit Ausnahme der Nutzung eines nicht internetfähigen Mobiltelefons, nach Anzeige der Telefon-, Karten- und Gerätenummer gegenüber der Antragsgegnerin, untersagt (Nr. 8 des Bescheids). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1, 5 und 6 des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 9 des Bescheids). Für den Fall, dass der Antragsteller den Verpflichtungen unter Nrn. 5, 6 und 8 nicht nachkommt, wurde jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von Euro 250,– angedroht (Nr. 10, 11 und 13 des Bescheids). Für den Fall, dass der Antragsteller seiner Verpflichtung nach Nr. 7 des Bescheids nicht nachkommt, wurde unmittelbarer Zwang angedroht (Nr. 12 des Bescheids).
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom … November 2016, bei Gericht am 29. November 2016 eingegangen, hat der Antragsteller Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. November 2016 aufzuheben.
Gleichzeitig hat er beantragt,
der Antragsgegnerin aufzugeben, der Ausländerbehörde mitzuteilen, dass eine Abschiebung des Antragstellers vorläufig nicht durchgeführt werden darf.
Eilbedürftigkeit sei gegeben, da eine Ausreisefrist bis zum 5. Dezember 2016 gesetzt worden sei.
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2016 beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es mangele bereits an einem Anordnungsgrund, weil die Abschiebung nicht unmittelbar bevorstehe. Hierfür fehle es derzeit an dem nach § 72 Abs. 4 AufenthG erforderlichen Einvernehmen der Staatsanwaltschaft … Es seien daher auch noch keine konkreten Maßnahmen zur Abschiebung eingeleitet worden. Dem Bevollmächtigten sei bei einer Vorsprache am … Dezember 2016 daher mitgeteilt worden, dass dem Antragsteller am 6. Dezember 2016 eine Duldung ausgestellt werde.
Am 6. Dezember 2016 wurde dem Antragsteller eine bis 5. Januar 2017 gültige Duldung erteilt.
Der ebenfalls mit Schriftsatz vom … November 2016 gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausweisungsanordnung, die Aufenthaltsbeschränkung und die Meldepflicht anzuordnen, wurde mit Beschluss des Gerichts vom 13. Dezember 2016 (Az. M 12 S 16.5398) abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird die auf Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig.
Das auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt grundsätzlich, wenn die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nicht erforderlich ist (Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 123 VwGO Rn. 34). So liegt der Fall hier. Eine gerichtliche Verpflichtung der Antragsgegnerin dahingehend, der Ausländerbehörde … mitzuteilen, dass eine Abschiebung des Antragstellers vorläufig nicht durchgeführt werden darf, ist vorliegend nicht erforderlich. Denn die Antragsgegnerin hat bereits von sich aus angesichts des bislang fehlenden Einvernehmens der Staatsanwaltschaft … mit der Abschiebung dem Antragsteller am 6. Dezember 2016 eine bis 5. Januar 2017 gültige Duldung erteilt. Mit dieser kann der Antragsteller auch gegenüber der Ausländerbehörde … die Aussetzung der Abschiebung nachweisen, falls diese nicht – wovon allerdings auszugehen ist – ohnehin über die Antragsgegnerin hiervon bereits Kenntnis erlangt hat. Der vom Antragsgegner beantragten Anordnung bedarf es daher nicht. Im Übrigen sind darüber hinausgehende Gründe für eine Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 AufenthG weder vorgetragen worden noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG, Nr. 8.3 und 1.5 Streitwertkatalog.