Aktenzeichen 3 ZB 15.1967
Leitsatz
Eine isolierte Klage auf Auskunfterteilung im Zusammenhang mit Verfahren auf Beförderung bzw. Geltendmachung von Schadensersatz wegen Nichtbeförderung, um das Vorgehen (besser) begründen zu können, ist unzulässig. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 8 K 15.2524 2015-07-21 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000.- € festgesetzt.
Gründe
Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Solche sind nur zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit dieser Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
1.1 Der Kläger, der als Steueramtmann (BesGr A11) im Dienst des Beklagten steht, beantragte am 16. Juli 2013 (als Steueroberinspektor) die sofortige und rückwirkende Beförderung zum Steueramtmann, weil die anhand der „Pool-Regelung“ festgelegte Beförderungsreihenfolge nicht dem Gesetz und dem Leistungsgrundsatz entspreche. Der Antrag wurde am 7. August 2013 abgelehnt. Am 1. September 2013 wurde der Kläger zum Steueramtmann befördert. Am 17. September 2013 legte er Widerspruch gegen die Ablehnung des Beförderungsantrags ein und forderte die Vorlage der „Pool-Regelung“. Mit Schreiben vom 9. Dezember 2013 und vom 18. Februar 2014 erläuterte ihm das Landesamt für Steuern unter Vorlage der INFO 3/34/2004 die „Pool-Regelung“. Danach werden die zur Verfügung stehenden Planstellen für BesGr A11 drei Stellenpools (A: Finanzamt München; B: Finanzämter Nürnberg, Erlangen, Fürth, Schwabach; C: restliche Finanzämter) zugeteilt, für die Mindestpunktzahlen vorgegeben sind (siehe die im AIS veröffentlichten Mitteilungen 2013).
Nachdem sein Widerspruch am 14. Juli 2014 zurückgewiesen wurde, hat der Kläger hiergegen „Fortsetzungsfeststellungsklage“ erhoben und beantragt,
1. das Bayerische Landesamt für Steuern auf Herausgabe der vollständigen Pool-Regelung mit allen hierzu ergangenen Weisungen und vorhandenen Unterlagen und insbesondere den Namen der an der Erstellung beteiligten Personen betreffend die Beförderung vom Steueroberinspektor (A10) zum Steueramtmann (A11) zu verpflichten,
2. das Bayerische Landesamt für Steuern zu verpflichten, den tatsächlichen Nachweis zu erbringen, dass die angewandte Pool-Regelung, die nach deren eigenen Aussagen nicht veröffentlicht wurde und für die es keine gesetzliche Grundlage gibt, tatsächlich dazu geeignet ist, die Funktionsfähigkeit der bayerischen Steuerverwaltung auch in den Ballungsräumen zu gewährleisten und aufrecht zu erhalten (Umkehr der Beweislast).
Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, da für sie weder ein Rechtsschutzbedürfnis noch ein Feststellungsinteresse ersichtlich seien. Der Kläger, der zum 1. September 2013 zum Steueramtmann befördert worden sei, habe eine weitere Beförderung – auf die er im Übrigen auch keinen Anspruch hätte – nicht beantragt und könne gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 LlbG für die nächsten drei Jahre auch nicht befördert werden. Es sei nicht zu erkennen, welche Verbesserung seiner Rechtsposition er mit der Herausgabe der begehrten Unterlagen erreichen könne. Im Übrigen habe das Landesamt für Steuern ihm die „Pool-Regelung“ bereits eingehend erläutert, so dass der Kläger über die notwendigen Kenntnisse verfüge, um die von ihm erhobene Klage zu begründen. Er habe auch nicht dargelegt, dass er ernstlich einen Schadensersatzprozess anstrebe, und keinen entsprechenden Antrag beim Dienstherrn gestellt. Ein Anspruch aus § 1 Abs. 1 IFG scheitere daran, dass hierauf nur Auskünfte gegenüber Bundesbehörden gestützt werden könnten.
Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Eine isolierte Klage auf Akteneinsicht bzw. – wie hier – auf Vorlage von Unterlagen zur „Pool-Regelung“ für Beförderungen nach BesGr A11 im Zusammenhang mit Verfahren auf Beförderung bzw. Geltendmachung von Schadensersatz wegen Nichtbeförderung, um das Vorgehen (besser) begründen zu können, ist nach § 44a Satz 1 VwGO unzulässig. Es ist dem Kläger zumutbar, sein Begehren in einem Verfahren wegen Nichtbeförderung durchzusetzen (vgl. BVerwG, U.v. 22.9.2016 – 2 C 16.15 – juris Rn. 28). Ein solches ist aber nicht (mehr) anhängig, da der Kläger zum 1. September 2013 befördert und sein Widerspruch zurückgewiesen wurde und er keinen Schadensersatzanspruch geltend gemacht hat.
1.2 Die hiergegen innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände des Klägers begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Wenn der Kläger meint, das Verwaltungsgericht begehe einen unzulässigen Zirkelschluss, indem es von der Rechtmäßigkeit der „Pool-Regelung“ ausgehe, so dass kein Anspruch des Klägers auf eine entsprechend frühere Beförderung bestehe, um mit dieser Begründung das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage auf Herausgabe der Unterlagen zu verneinen, ist ihm entgegenzuhalten, dass er weder ausdrücklich noch sinngemäß – auch nicht im Zusammenhang mit einem evtl. Schadensersatzanspruch wegen ggf. zu Unrecht unterbliebener früherer Beförderung – einen entsprechenden Klageantrag gestellt hat, in dessen Rahmen eine Überprüfung der „Pool-Regelung“ möglich und zulässig gewesen wäre. Vielmehr hat der Kläger ausdrücklich erklärt, zunächst lediglich die Auskunftsansprüche zu erheben, bevor er ggf. weitergehende Ansprüche geltend machen könne, so dass das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass für eine isolierte Klage auf Auskunftserteilung kein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Deshalb wäre der Kläger gehalten gewesen, den Anspruch auf Vorlage der von ihm verlangten Unterlagen im Rahmen eines Verfahrens auf frühere Beförderung bzw. auf Schadensersatz wegen unterbliebener rechtzeitiger Beförderung geltend zu machen. Insoweit lässt sich auch aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG kein Anspruch auf Vorlage der Unterlagen ableiten (vgl. BVerwG, U.v. 22.9.2016 a.a.O.). Auch aus der Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG) folgt nichts anderes. Im Übrigen hat das Landesamt für Steuern dem Kläger eingehend erläutert, wie die Beförderungen in BesGr A11 auf der Grundlage der „Pool-Regeln“ durchgeführt werden, so dass der Kläger über die notwendigen Kenntnisse verfügte, um eine Klage auf Beförderung bzw. auf Schadensersatz wegen Nichtbeförderung begründen zu können. Damit ist seinem Begehren bereits ausreichend Rechnung getragen worden, so dass auch aus diesem Grund das Rechtsschutzbedürfnis für eine isolierte Klage auf Vorlage der Unterlagen zu verneinen ist. Die Ausführungen des Klägers zu dem von ihm behaupteten Verstoß der „Pool-Regelung“ gegen den Leistungsgrundsatz liegen demgemäß neben der Sache. Im Übrigen obliegt es grundsätzlich dem gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren Organisationsermessen des Dienstherrn, welche Beförderungsplanstellen er wie ausbringt (vgl. BVerwG, U.v. 26.10.2000 – 2 C 31.99 – juris Rn. 12); von „Willkür“ kann diesbezüglich vorliegend ersichtlich keine Rede sein.
2. Aus den unter 1. dargestellten Gründen ergibt sich weiter, dass die Rechtssache auch nicht die behauptete grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO besitzt. Der Kläger formuliert schon keine klärungsbedürftige und klärungsfähige verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage, sondern wiederholt lediglich sein Vorbringen zu den ernstlichen Zweifeln. Die Tatsache, dass sich die „Pool-Regelung“ auf alle Finanzbeamten in BesGr A10 auswirken kann, genügt hierfür nicht.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG (wie Vorinstanz).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).