Aktenzeichen M 17 K 16.35668
Leitsatz
Die Anerkennung als Asylbewerber sowie die Zuerkennung des subsidiären Schutzes scheitern, wenn die Verfolgungsgeschichte nicht im Wesentlichen widerspruchsfrei erfolgt und sich so als unglaubwürdig darstellt. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung hierauf hingewiesen wurde, dass auch im Fall des Nichterscheines der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die Klage hat keinen Erfolg.
Sie ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 29. November 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Er hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz – AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG, noch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Auch ein Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) besteht nicht. Die vom Bundesamt nach Maßgabe des § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung sowie das 30-monatige Einreise- und Aufenthaltsverbot sind nicht zu beanstanden.
1. Zur Begründung wird auf die zutreffende Begründung in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
2. Ergänzend wird hierzu Folgendes ausgeführt:
2.1 Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.
Die einzelnen Verfolgungshandlungen werden in § 3a AsylG näher umschrieben; die einzelnen Verfolgungsgründe werden in § 3b AsylG einer näheren Begriffsbestimmung zugeführt. Eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG kann nach § 3c AsylG ausgehen vom Staat (Nr. 1), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat oder die ihn beherrschenden Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (Nr. 3).
2.2 Nach § 4 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er – ohne Anknüpfung an bestimmte Verfolgungshandlungen oder -gründe – stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Dabei gilt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG als „ernsthafter Schaden“ die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr.1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bzw. Bestrafung (Nr.2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines international oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes (Nr.3).
Wann eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Eine schlechte Behandlung einschließlich Bestrafung muss jedenfalls ein Minimum an Schwere erreichen, um in den mit § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG und Art. 15 lit. b QualRL insoweit identischen Schutzbereich von Art. 3 EMRK zu fallen. Kriterien hierfür sind zum Beispiel die Art der Behandlung oder Bestrafung und der Zusammenhang, in dem sie erfolgte, die Art und Weise ihrer Vollstreckung, ihrer zeitlichen Dauer, ihrer psychischen und geistigen Wirkungen sowie gegebenfalls abgestellt auf Geschlecht, Alter bzw. Gesundheitszustand des Opfers.
Wann eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F., nunmehr § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) besteht, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts rechtsgrundsätzlich geklärt (BVerwG, Be.v. 27.6.2013 – 10 B 11/13 und 10 B 12/13.). Insoweit bedarf es zunächst für die Feststellung der erforderlichen Gefahrendichte unter anderem einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos, anhand deren zu bestimmen ist, ob dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben droht. Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“; BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – NVwZ 2012, 454 – juris Rn. 17 unter Anführung von EGMR, U.v. 28.2.2008 – Saadi/Italien, Nr. 37201/06 – NVwZ 2008, 1330 Rn.125 ff.), was dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entspricht (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 4.09 – BVerwGE 136, 360 zu § 60 Abs. 2 AufenthG und Art. 15 lit.b RL 2004/83/EG; BayVGH, B.v. 17.1.2017 – 13a ZB 16.30182 – juris Rn. 7 m.w.N.).
Im Hinblick auf die allgemeine Gefahrenlage in Afghanistan hat das Bundesverwaltungsgericht das Risiko (für das Jahr 2009) von etwa 1:800 oder 0,12% in der Herkunftsprovinz verletzt oder getötet zu werden sowie die auf der Grundlage dieser Feststellungen gezogene Schlussfolgerung, dass der Kläger bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt sei, im Ergebnis revisionsgerichtlich nicht beanstandet (BVerwG, U.v.17.11.2011-a.a.O., Rn.22).
2.3 Für die Frage, ob aufgrund individueller gefahrerhöhender Umstände mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Gefahr für Leib oder Leben droht, wird in Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU sowohl für die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz als auch für die Gewährung subsidiären Schutzes eine tatsächliche Vermutung normiert, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Dadurch wird der Vorverfolgte/Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei der Rückkehr erneut realisieren werden (BVerwG, U.v. 7.9.2010 – 10 C 11.09 – juris; BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 5.09 – juris).
Ansonsten kommt es darauf an, ob in Anbetracht aller Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 sowie U.v. 5.11.1991 – 9 C 118.90 – jeweils juris).
2.4 Allerdings wird dem Ausländer der Flüchtlingsstatus sowie der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und von dem vernünftiger Weise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§§ 3e Abs. 1, 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG). Die Verweisung auf eine interne Fluchtalternative ist allerdings nur zumutbar, wenn dort nicht andere, unzumutbare Nachteile drohen, so, wenn dem Asylsuchenden am Ort der internen Schutzalternative ein Leben erwartet, das zu Hunger, Verelendung sowie zum Tod führt oder wenn er dort nichts anderes zu erwarten hat als ein „Dahinvegetieren am Rande des Existenzminimums“ (BVerwG, B.v. 17.5.2006 – 1 B 100/05 – juris; BVerwG, B.v. 21.5.2003 – 1 B 298/02 – juris). Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen vom 19. April 2016 hält eine innerstaatliche Fluchtalternative in Afghanistan nur für zumutbar, wenn der betreffende Ausländer dort Zugang zu Obdach, Grundleistungen wie Trinkwasser, sanitären Einrichtungen, Gesundheitsfürsorge und Bildung sowie die Möglichkeit, sich eine Existenzgrundlage zu schaffen, hat. Als Ausnahme vom Erfordernis einer externen Unterstützung sieht er alleinstehende, leistungsfähige Männer und Ehepaare im Arbeitsalter an, die nicht aufgrund persönlicher Umstände auf eine besondere Unterstützung angewiesen sind. Solche Personen können dazu in der Lage sein, ohne die Unterstützung durch die Familie oder durch eine Gemeinschaft in städtischen und halbstädtischen Gebieten zu leben, die unter staatlicher Kontrolle sind und die nötige Infrastruktur und Möglichkeit bieten, die Grundbedürfnisse zu befriedigen (vgl. UNHCR, Eligibility Guidelines for accessing the international protection needs of asylum-seekers from Afghanistan, 19.4.2016, S. 83 ff.). Außerdem muss das Zufluchtsgebiet für den Betroffenen sicher und legal erreichbar sein (Hailbronner, Asyl- und Ausländerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1325).
2.5 Schließlich steht § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bzw. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG – insoweit handelt es sich um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand (BVerwG, U.v. 8.9.2011 – 10 C 14.10 – BVerwGE 140, 319 Rn. 16 ff.) – einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Maßgeblich sind die Gesamtumstände des jeweiligen Falls und Prognosemaßstab ist (auch hier) die beachtliche Wahrscheinlichkeit. Ein Abschiebungsverbot infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt nur in Fällen ganz extremer Gewalt in Betracht und auch schlechte humanitäre Bedingungen können nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen, so, wenn der Ausländer „gleichsam sehenden Auges“ dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 – juris, Rn. 15).
2.6 Allerdings ist es Sache des jeweiligen Schutzsuchenden darzulegen, dass in seinem Falle die tatsächlichen Grundlagen für eine Schutzgewährung – insbesondere also ein Verfolgungsschicksal bzw. eine (noch) anhaltende Gefährdungssituation – gegeben sind. Eine Glaubhaftmachung derjenigen Umstände, die seinen eigenen Lebensbereich betreffen, erfordert einen substantiierten, im Wesentlichen widerspruchsfreien und nicht wechselnden Tatsachenvortrag, der geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen, und der auch mit den objektiven Umständen in Einklang zu bringen ist. Der Schutzsuchende hat seine guten Gründe für eine ihm drohende Verfolgung unter Angabe genauer Einzelheiten und in sich stimmig, zu schildern (BVerwG, B.v. 10.5.1994 – 9 C 434.93, NVwZ 1994, 1123 ff.; B.v. 26.10.1989 – 9 B 405.89 – InfAuslR 1990, 38 ff.; OVG NRW, B.v. 22.6.1982 – 18 A 10375/81).
3. Gemessen an den ausgeführten Anforderungen ist weder die Anerkennung des Klägers als Flüchtling, noch die Zuerkennung subsidiären Schutzes gerechtfertigt.
3.1 Der Sachvortrag des Klägers erfüllt nicht die Anforderungen einer im Wesentlichen widerspruchsfreien und nicht wechselnden Wiedergabe der Umstände seines eigenen Lebensbereichs. Sie sind so, wie im gerichtlichen Verfahren vorgebracht, nicht zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft und vermögen deshalb nicht den Tatbestand der vorgenannten Schutzformen auszufüllen.
Der Kläger hatte bei seiner Anhörung beim Bundesamt am … Oktober 2016, befragt zu seinem Verfolgungsschicksal bzw. zu den Umständen, die einer Abschiebung entgegenstehen, den Raketenangriff auf dem Universitätsgelände geschildert, bei dem er verletzt wurde. Die Taliban hat der Kläger nur insoweit erwähnt, als es Gerüchte gegeben habe, wonach durch diese nach der Provinz … auch eine Besetzung der Provinz … bevorstehe. Weiter könnten die Taliban erfahren, dass er im Ausland gewesen sei. Als Motiv seiner Ausreise wurden – anknüpfend an den Raketenangriff auf dem Universitätsgelände – familiäre Gründe angegeben und der Wunsch, sein Studium im Ausland fortzusetzen. Auf die Frage, ob ihm persönlich in Afghanistan etwas passiert oder zugestoßen sei, hat er angegeben, dass er zu keinem Zeitpunkt bedroht worden sei. Auf die Frage, was er befürchte, wenn er nach Afghanistan zurückkehren müsste, gab er an, das Schlimmste, was ihm passieren könne, sei, dass er sein Studium nicht fortführen könne, weil er es abgebrochen habe. Dies wäre ganz schwierig für ihn. Zur Frage, ob er gesundheitliche Probleme habe, gab er an, nur ab und zu Migräne zu haben. Abschließend gab er zur Frage, ob er noch irgendetwas ergänzen oder vortragen wolle, an, dass dies alles gewesen sei.
Demgegenüber hat der Kläger in seinem Schreiben vom 4. Januar 2017 an das Gericht, an dessen Authentizität nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung kein Zweifel besteht, vorgetragen, dass er aus unmittelbarer Nähe miterlebt habe, wie ein junger Mann, der sich geweigert habe, für die Taliban zu kämpfen, von diesen getötet worden sei. Er sei mit sämtlichen Bewohnern seines Heimatdorfes von den Taliban auf einen zentralen Platz gezwungen worden, wo diejenigen Einwohner getötet worden seien, die für die Polizei oder die afghanische Armee gearbeitet hätten. Danach sei er mehrfach persönlich von den Taliban angesprochen und – nachdem er es abgelehnt habe, sich ihnen anzuschließen – mit dem Tod bedroht worden. Nach dem Umzug in den Nachbar-Distrikt … … habe er erfahren, dass die Taliban ihr vormaliges Haus niedergebrannt hätten. Als offiziell dokumentierter Soldat und Taliban-Gegner sei er in ganz Afghanistan gefährdet.
Auch wenn es zutreffen sollte, dass es bei der Anhörung beim Bundesamt gewisse Verständigungsschwierigkeiten mit der Dolmetscherin gegeben habe, vermag dies nicht die völlig veränderten Angaben des Klägers zu seinen Ausreisemotiven aus Afghanistan im gerichtlichen Verfahren zu erklären. Gegen größere Verständigungsschwierigkeiten spricht jedenfalls, dass der Kläger selbst – nach Rückübersetzung – bestätigte, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe und dies mit seiner Unterschrift auf dem Kontrollbogen bestätigte. Auch in der Folgezeit hat der Kläger nichts gegen die Niederschrift vorgebracht.
Im Übrigen hat der Kläger selbst im gerichtlichen Verfahren angegeben, dass die Dolmetscherin im Grundsatz des Dari mächtig war. Demgemäß kann nicht davon ausgegangen werden, dass er jedenfalls die sehr einfach gefassten Fragen (z.B. was ihm in Person in Afghanistan zugestoßen sei, was er bei einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte, ob er gesundheitliche Probleme habe, ob er noch etwas zu seinen Asylgründen ergänzen oder vortragen wolle.) wegen Verständigungsschwierigkeiten unzutreffend beantwortet hätte.
Es ist für das Gericht schlechterdings nicht nachvollziehbar, dass die im gerichtlichen Verfahren vorgetragenen Umstände der Bedrohung des Klägers sich so zugetragen haben und der Kläger dies in keiner Weise in die Anhörung bei dem Bundesamt, die immerhin insgesamt 130 Minuten ausmachte, eingebracht hat.
Wenn es zuträfe, dass der Kläger bei den Taliban auf einer Todesliste steht, wäre das als Fluchtgrund zwingend anzugeben gewesen. Widersprüchlich dazu ist auch der Umstand, dass der Kläger als Hauptgrund – wohl im Sinne eines zwingenden Grundes, nicht in Afghanistan zu sein – seine Verwandtschaft zu seinem Onkel als Hauptgouverneur der Provinz … benannte. Denn, wenn jemand unmittelbar selbst in eigener Person mit dem Tod bedroht worden ist, bedarf es nicht der Darlegung einer nur mittelbaren Bedrohungslage über gefährdete bzw. (aus Sicht der Verfolger) missliebige Verwandte.
Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist das Vorbringen des Klägers, dass er seine Läden in der Provinz … nicht habe zurücklassen können, um z.B. nach Kabul zu ziehen, wobei er andererseits das Land verlassen hat und nunmehr seine Familie diese Läden weiterführt.
3.2 Unabhängig davon ist davon auszugehen, dass der Kläger eine für ihn zumutbare interne Schutzalternative in den großen Städten Afghanistans, wie z.B. in Kabul und Herat, finden kann. Er hat einen höheren Schulabschluss und zudem Auslandserfahrung, sodass vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt und Fuß fasst. Dass der Kläger derart ins Visier der Taliban gekommen wäre, dass davon ausgegangen werden müsste, dass er dort aufgespürt und von den Taliban bedroht wird, ist nach Vorstehendem – auch in Ansehung zu seinem Onkel als Hauptgouverneur der Provinz … – nicht beachtlich wahrscheinlich.
Im Übrigen besteht auch in der Nord-Ost-Region Afghanistans, der Heimatregion des Klägers, mit einer Einwohnerzahl von knapp 4.000.000, in der im Jahr 2016 1.270 Zivilisten getötet oder verletzt wurden, was einem Risiko von etwa 1:3000 entspricht, aufgrund der allgemeinen Gefahrenlage keine erhebliche individuelle Gefahr (vgl. VG München, U.v. 22.6.2017 – M 17 K 17.31284).
4. Auch Abschiebungsverbote liegen nicht vor. Aus den unter 3.2 genannten Gründen besteht für den Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine extreme Gefahrenlage.
Auch die dem Kläger attestierten Krankheiten führen nicht zu einem Abschiebungsverbot. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann nur gegeben sein, wenn die Gefahr besteht, dass sich eine vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, das heißt, dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Die Diagnose einer PTBS – die schon für den Kläger nicht bezeichnet ist, sondern nur eine dementsprechende Belastungssituation – begründet für sich gesehen nach der seit dem 17. März 2016 geltenden Fassung des § 60 Abs. 7 AufenthG nicht den Tatbestand eines Abschiebungsverbotes. Eine PTBS ist als solche weder lebens-bedrohlich, noch eine schwerwiegende Erkrankung die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG).
Auch für die weiteren angegebenen Erkrankungen (depressive Episode – F 32.1G, Migräne – G 43.0G) liegt keine qualifizierte ärztliche Bescheinigung entsprechend den Anforderungen des § 60a Abs. 2c AufenthG vor, dass diese Erkrankungen zu einer erheblichen und konkreten Gefahr im dargelegten Sinne bei einer Rückkehr des Klägers nach Afghanistan führen.
5. Nach alledem ist auch die von dem Bundesamt nach Maßgabe des § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung rechtmäßig.
6. Schließlich begegnet auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG keinen rechtlichen Bedenken. Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).