Verwaltungsrecht

Kein Vertrauensschutz bei erneuter Ausweisung eines straffälligen Assoziationsberechtigten

Aktenzeichen  10 C 15.1347

Datum:
6.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 47757
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 53, § 54, § 55
EMRK Art. 8
ARB 1/80 Art. 7 S. 1, Art. 14 Abs. 1
BayVwVfG Art. 24 Abs. 1, Art. 48
Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung Art. 9
GG Art. 6
VwGO § 166
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1 Im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens sind die Erfolgsaussichten einer gegen eine Ausweisung gerichteten Klage nach den §§ 53 ff. AufenthG in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung zu beurteilen, wenn die Entscheidungsreife der Verwaltungsstreitsache bereits vor diesem Zeitpunkt eingetreten war. (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Hebt die zuständige Ausländerbehörde eine Ausweisungsverfügung wegen erkannter Defizite auf und weist den betroffenen Ausländer in der Folge erneut aus, nachdem sie zuvor Ermittlungen zu den Auswirkungen der Ausweisung auf die Kinder des Betroffenen angestellt und eine neue Ermessensentscheidung getroffene hatte, liegt keine “Rücknahme der Rücknahme”, sondern eine neue eigenständige Ausweisung vor.  (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Ein Ausweisungsgrund wird nur dann “verbraucht”, wenn die Behörde durch ihr Verhalten dem betroffenen Ausländer Vertrauensschutz vermittelt, sodass er sich in besonderer Weise auf seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet einrichten konnte (wie BVerwG BeckRS 1999 30082354). Dies ist dann nicht der Fall, wenn dem Bevollmächtigten des Ausländers bekannt ist, dass die Behörde die Ausweisung nach Aufhebung der vorherigen Ausweisungsverfügung weiter betreibt und Ermittlungen im Rahmen der erforderlichen Ermessensentscheidung anstellt. (red. LS Clemens Kurzidem)
4 Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen nach § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 AufenthG in der jetzigen Fassung entsprechen exakt denjenigen, die nach ständiger Rechtsprechung bereits nach der bis zum 31.12.2015 geltenden Gesetzesfassung erfüllt sein mussten (wie VGH München BeckRS 2016, 46956). (red. LS Clemens Kurzidem)
5 Schließt ein ausgewiesener Ausländer im Wissen um seine Straftat und die langjährige Haft sowie um die von der Ausländerbehörde (weiterhin) betriebene Ausweisung, also in Kenntnis der unsicheren Aufenthaltsperspektive, mit seiner Verlobten die Ehe, kommt diesem Umstand bei der Interessenabwägung im Rahmen der Ausweisung kein entscheidendes Gewicht zu (wie VGH München BeckRS 2016, 44267). (red. LS Clemens Kurzidem)

Verfahrensgang

M 12 K 14.3776 2015-06-02 Ent VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.Mit seiner Beschwerde verfolgt der Kläger seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen seine Ausweisung weiter.
Der 1981 in Deutschland geborene Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, wurde vom Beklagten mit Bescheid vom 31. Juli 2014 ausgewiesen, nachdem ein erster Ausweisungsbescheid vom 5. März 2009 in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 10. Februar 2010 aufgehoben worden war. Anlass für die Ausweisung war seine Verurteilung durch das Landgericht Landshut vom 7. Februar 2006 wegen Totschlags und mehrerer Fälle des Handeltreibens mit und der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Jahren und 9 Monaten. Der Kläger erhob am 27. August 2014 Anfechtungsklage.
Mit Beschluss vom 2. Juni 2015 lehnte das Verwaltungsgericht den gleichzeitig mit der Klageerhebung gestellten Antrag auf Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Bevollmächtigten ab, da keine hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage gegeben seien. Da der Kläger ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 erworben habe, dürfe er nur im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach § 55 Abs. 1, § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG und Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 ausgewiesen werden. Es handle sich nicht um eine Rücknahme der Aufhebungsverfügung vom 10. Februar 2010, so dass der ursprüngliche Bescheid vom 5. März 2009 wieder aufleben würde. Der Beklagte habe vielmehr auf der Grundlage früher nicht vorhandener Unterlagen einen neuen Bescheid unter erneuter Beurteilung der Wiederholungsgefahr, erneuter Ermessensausübung und erneuter Prüfung der Verhältnismäßigkeit erlassen, so dass Art. 48 f. BayVwVfG nicht als Grundlage zur Überprüfung des angegriffenen Bescheids heranzuziehen seien.
Vom Kläger gehe eine hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft aus, die auf seinem persönlichen Verhalten beruhe. Er habe seine Ehefrau unter dem Einfluss einer drogenbedingten Enthemmung getötet. Von ihm gehe eine erhebliche Wiederholungsgefahr in Bezug auf Betäubungsmittel- und Gewaltdelikte aus. Nach der psychiatrischen Stellungnahme vom 4. April 2013 bestehe beim Kläger bei der Einnahme von Drogen eine große Wahrscheinlichkeit für das Wiederauftreten psychotischer Symptome mit daraus resultierenden Gewaltdelikten. Er habe bisher keine Drogentherapie erfolgreich abgeschlossen. Nach den Berichten der Justizvollzugsanstalt, zuletzt vom 18. Juli 2014, sei das Vollzugsverhalten des Klägers nicht beanstandungsfrei gewesen; sowohl die Gewalt- als auch die Suchtmittelproblematik seien nicht ausreichend bearbeitet. Die psychiatrische Abteilung der Justizvollzugsanstalt gehe davon aus, dass der Kläger in Freiheit wieder Drogen konsumieren werde. Aus alledem ergebe sich, dass beim Kläger eine nicht ausreichend behandelte Suchtmittelproblematik und hohes Gewaltpotential vorliege.
Die Ermessensausübung des Beklagten sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet sowie sein Status als faktischer Inländer seien angemessen berücksichtigt. Die Ausweisung erweise sich auch unter Berücksichtigung von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK als verhältnismäßig. Sie stelle zwar einen gravierenden Eingriff in die familiären Beziehungen zu seinen zwei deutschen Kindern, zu seiner Verlobten sowie zu seinen Eltern und Geschwistern dar, erweise sich aber dennoch im Hinblick auf die Schwere und die Art der begangenen Straftaten sowie auf die bestehende Wiederholungsgefahr als verhältnismäßig. Bezüglich des Kindeswohls sei zu sehen, dass dem Kläger das Sorgerecht für beide Kinder entzogen worden sei. Die Kinder seien seit Mai 2005, also seit sie fünf Monate bzw. zwei Jahre alt seien, bei den Großeltern aufgewachsen, die für sie die ersten und wichtigsten Bezugspersonen seien. Nach dem Gutachten vom 15. Dezember 2010, das die Notwendigkeit der Verfügbarkeit des Vaters für eine therapeutische Aufarbeitung des Geschehenen (d. h. der Tötung der Mutter durch den Vater) betone, schienen beide Kinder ihn nicht als Mitglied der Kernfamilie und als Erziehungsperson zu erleben. Hieraus ergebe sich, dass die Anwesenheit des Klägers für die Kinder zwar ideal wäre, dass ihnen durch dessen Abschiebung aber auch nicht ihre engste und vertrauteste Bezugsperson genommen werde. Ferner beherrsche der Kläger die türkische Sprache in ausreichendem Maße, und es sei ihm zuzumuten, sich ein Leben in der Türkei aufzubauen.
Hiergegen erhob der Kläger Beschwerde mit dem Antrag,
ihm für die erste Instanz Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm seine Bevollmächtigte beizuordnen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, bei der streitgegenständlichen Ausweisungsverfügung handle es sich in Wirklichkeit um eine „Rücknahme der Rücknahme“ der früheren Ausweisungsverfügung, für die aber die rechtlichen Voraussetzungen nicht vorlägen.
Wegen der Einzelheiten wird ergänzend auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.
II. Die zulässige Beschwerde (§ 146 Abs. 1 VwGO) ist unbegründet.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen nicht vor. Nach dieser Regelung erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (vgl. BayVGH, B. v. 11.1.2016 – 10 C 15.724 – juris Rn. 14; B. v. 5.12.2014 – 10 C 13.1035 – juris Rn. 4; B. v. 10.4.2013 – 10 C 12.1757 – juris Rn. 25; B. v. 19.3.2013 – 10 C 13.334, 10 C 13.371 – juris Rn. 26 m. w. N.). Die Entscheidungsreife tritt regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie nach einer Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO) ein (vgl. BVerwG, B. v. 12.9.2007 – 10 C 39.07 u. a. – juris Rn. 1). Danach ist die Entscheidungsreife hier am 4. Juni 2015 eingetreten, denn an diesem Tag sind die vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen beim Verwaltungsgericht eingegangen. Daran ändert der Umstand nichts, dass das Verwaltungsgericht bereits am 2. Juni 2015 entschieden hat, da es nur auf die mangelnden Erfolgsaussichten abgestellt und die Bedürftigkeit des Klägers nicht geprüft hat. Damit sind für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage aber nicht die §§ 53 ff. AufenthG in der Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) und des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722), die nach Art. 9 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung und Art. 19 Abs. 2 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes am 1. Januar 2016 in Kraft getreten sind (n. F.), sondern die §§ 53 ff. AufenthG in der vor dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung (a. F.) maßgeblich.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass gegen die Ausweisung voraussichtlich keine rechtlichen Bedenken bestehen.
Es hat insbesondere zu Recht ausgeführt, dass es sich bei dem Erlass der streitgegenständlichen Ausweisungsverfügung vom 31. Juli 2014 nicht um eine Rücknahme der Aufhebungsentscheidung vom 10. Februar 2010 handelte; es war nämlich nie beabsichtigt, die erste Ausweisungsverfügung vom 5. März 2009 wieder aufleben zu lassen. Insofern greift das Vorbringen in der Beschwerdebegründung nicht. Vielmehr hat der Beklagte die Ausweisungsentscheidung vom 5. März 2009 wegen erkannter Defizite (vgl. die Ausführungen in dem Beschluss über die Gewährung von Prozesskostenhilfe vom 1.2.2010 im damaligen Verfahren M 23 K 09.1219) in der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2010 nach der Erörterung der Sach- und Rechtslage aufgehoben und im Anschluss sogleich mit Ermittlungen insbesondere zu den Auswirkungen einer Ausweisung des Klägers auf das Wohl seiner beiden Kinder begonnen. Bei dem Bescheid vom 31. Juli 2014 handelt es sich gegenüber demjenigen vom 5. März 2009 um einen völlig eigenständigen, erneuten Verwaltungsakt mit einer neuen Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen und neuen Ermessenserwägungen.
Der Beklagte war auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes an der erneuten Ausweisung gehindert. Zwar kann ein Verzicht auf eine Ausweisung grundsätzlich zu einem „Verbrauch“ des Ausweisungsgrundes führen, wenn dem betroffenen Ausländer hierdurch Vertrauensschutz vermittelt wird, so dass er sich im Vertrauen darauf in besonderer Weise auf einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet einrichten konnte (BVerwG, U. v. 16.11.1999 – 1 C 11/99 – DVBl 2000, 425 Rn. 20). Im vorliegenden Fall jedoch konnte der Kläger keineswegs darauf vertrauen, dass der Beklagte nach der Aufhebung des ersten Ausweisungsbescheids in der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2010 seine Ausweisung nicht weiter betreiben würde. Es war ihm über seine Bevollmächtigte bekannt (siehe etwa Schreiben des Gutachters vom 13.9.2010; Bl. 382 der Behördenakte), dass die Ausländerbehörde die zu erwartenden Folgen einer Ausweisung bzw. Abschiebung des Klägers auf seine beiden Kinder ermittelte (siehe Art. 24 Abs. 1 BayVwVfG). Auch hat die Ausländerbehörde gegenüber der jetzigen wie auch gegenüber weiteren Bevollmächtigten des Klägers im Telefongespräch bzw. schriftlich festgestellt, dass eine Ausweisung weiterhin geplant sei (siehe etwa Bl. 431, 456, 566 der Behördenakte).
Aber auch unabhängig von dem Vortrag in der Beschwerdebegründung hegt der Senat keine Bedenken an der Einschätzung des Verwaltungsgerichts. Zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife begründete das persönliche Verhalten des Klägers eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft durch eine von ihm ausgehende erhebliche Wiederholungsgefahr in Bezug auf Betäubungsmittel- und Gewaltdelikte. Das Verwaltungsgericht hat dabei zu Recht nicht auf statistische Wahrscheinlichkeiten abgestellt, sondern einzelfallbezogen eine umfassende Würdigung der Persönlichkeit des Klägers vorgenommen. Die Gefahrenprognose wird vor allem gestützt durch die letzten Berichte der Justizvollzugsanstalt vom 8. Mai 2013 (Bl. 532 ff. der Behördenakte; mit der Stellungnahme der Psychiatrischen Abteilung vom 4.4.2013, Bl. 544) und vom 18. Juli 2014 (Bl. 585 der Behördenakte). Hieraus ergibt sich, dass die beim Kläger bestehende starke Suchtmittel- und Gewaltproblematik trotz des langjährigen Aufenthalts im Justizvollzug und in einer Entziehungsanstalt nicht abschließend bearbeitet werden konnte. Laut der Stellungnahme der Psychiatrischen Abteilung der Justizvollzugsanstalt ist aus psychiatrischer Sicht davon auszugehen, dass der Kläger in Freiheit wieder Drogen konsumieren werde, weshalb eine große Wahrscheinlichkeit für das Wiederauftreten psychotischer Symptome mit daraus resultierenden Gewaltdelikten bestehe. Die zuletzt in der Justizvollzugsanstalt durchgeführten einzeltherapeutischen Sitzungen schätzte der Therapeut als nicht sonderlich effektiv ein; Gründe hierfür seien eine starke Drogenbindung und die ausgeprägte Identitätsbildung im Drogenmilieu. Nach dem Bericht der Justizvollzugsanstalt hatten 2014 mehrere Disziplinarmaßnahmen verhängt werden müssen; diese reihten sich ein in die langjährigen Auffälligkeiten vor der Einweisung in die Entziehungsanstalt.
Auch die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Würdigung der Ermessensentscheidung des Beklagten sowie die Prüfung der Verhältnismäßigkeit unter Berücksichtigung von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK begegnet keinen Bedenken. Auf die ausführliche Darstellung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts (BA S. 33 ff.) wird verwiesen.
Schließlich ist auch nicht zu erkennen, dass aufgrund von nach der Entscheidungsreife für den Antrag auf Prozesskostenhilfe eingetretenen Änderungen der Sach- und Rechtslage sich die Erfolgsaussichten der Klage zugunsten des Klägers geändert hätten.
Zwar sind zur Entscheidung über die Klage nunmehr die §§ 53 ff. AufenthG in der Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386), zuletzt geändert durch das Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11. März 2016 (BGBl I S. 394), heranzuziehen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen nach § 53 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 AufenthG in der jetzigen Fassung entsprechen exakt denjenigen, die nach ständiger Rechtsprechung bereits nach der vorherigen Gesetzesfassung erfüllt sein mussten (hierzu ausführlich BayVGH, B. v. 13.5.2016 – 10 ZB 15.492 – Rn. 13). Ebenso ist nicht erkennbar, dass die nunmehr zu treffende, voll überprüfbare Abwägungsentscheidung zu einem für den Kläger gegenüber der in dem angefochtenen Bescheid getroffenen Ermessensentscheidung günstigeren Ergebnis führen müsste.
Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass er am 28. April 2016 seine Verlobte geheiratet habe, führt dies ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage. Bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen kann diesem Umstand kein entscheidendes Gewicht zukommen, da die Ehe im Wissen um die Straftat und die langjährige Haft sowie um die von der Ausländerbehörde (weiterhin) betriebene Ausweisung, also in Kenntnis der unsicheren Aufenthaltsperspektive, geschlossen wurde (vgl. BayVGH, B. v. 3.3.2016 – 10 ZB 14.844 – juris Rn. 18; BayVGH, U. v. 25.8.2014 – 10 B 13.715 – juris Rn. 50).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil die nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) anfallende Gebühr streitwertunabhängig ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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