Aktenzeichen M 26 S 16.1369
VwGO VwGO § 57 Abs. 1, Abs. 2, § 68 Abs. 1 S. 2, § 80 Abs. 5
BGB BGB § 188 Abs. 2
BayAGVwGO BayAGVwGO Art. 15
Leitsatz
Bei der Entziehung einer Fahrerlaubnis nach dem Punktsystem handelt es sich nicht um eine personenbezogene Prüfungsentscheidung iSd Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 BayAGVwGO. Ein Vorverfahren ist daher nicht erforderlich. (red. LS Jan Luckey)
Die irrtümliche Einlegung eines Widerspruchs mit der Folge einer erst späteren und dann verfristeten Klageeinreichung ändert nichts an der Unzulässigkeit der Klage, wenn die Rechtsmittelbelehrung fehlerfrei erfolgt ist. (red. LS Jan Luckey)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis u. a. der Klassen A und B nach dem Punktsystem.
Mit Bescheid vom 11. März 2016 entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis wegen Erreichens eines Standes von acht Punkten im Fahreignungsregister. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am … März 2016 zugestellt. Als einschlägiger Rechtsbehelf wird in der dortigen Rechtsbehelfsbelehrung die Klage zum Verwaltungsgericht angegeben. Mit Schriftsatz vom … März 2016 hatte der Bevollmächtigte des Antragstellers gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde darauf hingewiesen, dass er für eine Entscheidung betreffend die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht zustellungsbevollmächtigt sei, sondern dass eine Zustellung direkt an den Antragsteller erfolgen müsse.
Mit Schriftsatz vom … März 2016 legte der Bevollmächtigte des Antragstellers Widerspruch gegen den Bescheid vom … März 2016 ein. Mit Schriftsatz vom gleichen Tag wandte er sich an das Verwaltungsgericht München und beantragte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom … März 2016 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Mit Beschluss vom 20. April 2016 wurde die Verwaltungsstreitsache auf den Einzelrichter übertragen.
Im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist unzulässig. Ihm fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, da der streitgegenständliche Bescheid bereits bestandskräftig ist (NK-GVR, § 46 FeV, Rn. 46).
Der von dem Bevollmächtigten des Antragstellers eingelegte Widerspruch ist unstatthaft. Das Widerspruchsverfahren entfällt nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i. V. m. Art. 15 Abs. 2 AGVwGO, weil kein Fall von Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AGVwGO vorliegt. Bei der Entziehung einer Fahrerlaubnis nach dem Punktsystem handelt es sich nicht um eine personenbezogene Prüfungsentscheidung (NK-GVR, § 46 FeV, Rn. 58 m. w. N. zur Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs). Zutreffend gibt daher auch die Rechtsbehelfsbelehrung des streitgegenständlichen Bescheids als einschlägigen Hauptsacherechtsbehelf die Anfechtungsklage an. Eine solche wurde jedoch nicht erhoben.
Der streitgegenständliche Bescheid wurde dem Antragsteller am … März 2016 zugestellt, so dass die einmonatige Klagefrist am … April 2016 ablief (§ 74 Abs. 1 Satz 2, § 57 Abs. 1 und 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist richtig erteilt, so dass sich die Dauer der Frist auch nicht auf ein Jahr verlängert (§ 58 Abs. 1 VwGO). Es liegt auch kein Zustellungsmangel vor (Art. 41 Abs. 5 BayVwVfG i. V. m. Art. 8 Abs. 1 Satz 2 VwZVG), nachdem sich die der Fahrerlaubnisbehörde vorgelegte Vollmacht ausdrücklich nicht auf die Zustellung des streitgegenständlichen Bescheids erstreckt hat. Anhaltspunkte für eine Wiedereinsetzung (§ 60 VwGO) sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5, 46.1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.