Aktenzeichen M 5 S 16.32007
Leitsatz
Die Einreise auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hindert eine Anerkennung als Asylberechtigter. (redaktioneller Leitsatz)
Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal aufgrund Homosexualität, welches die Zuerkennung als eine Rechtsstellung als Asylberechtigter oder Flüchtling rechtfertigen würde, muss glaubhaft gemacht werden. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist senegalesischer Staatsangehöriger mit Volkszugehörigkeit Wolof. Er reiste nach eigenen Angaben auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 9. April 2014 Asylantrag.
Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab die Antragsteller an, dass seine Verwandten herausbekommen hätten, dass er homosexuell sei. Zwei jüngere Brüder seines Vaters hätten damit gedroht, ihn umzubringen. Er sei bei der Polizei gewesen und dort hätte man ihm gesagt, dass sie ihn nicht schützen könnten. Daher habe er sich ein Visum für Frankreich besorgt und sei nach Paris geflogen. Nach drei Tagen sei er mit dem Zug nach … gefahren und habe einen Asylantrag gestellt.
Mit Bescheid vom 27. Juli 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet ab, lehnte den Antrag auf subsidiären Schutz ab (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Antragstellerpartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung in den Senegal oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 10 bzw. 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Zur Begründung führte das Bundesamt insbesondere aus, dass der Vortrag der angeblichen Homosexualität unglaubhaft sei. Der Bescheid wurde am 2. August 2016 gegen Postzustellungsurkunde zugestellt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerpartei am 5. August 2016 Klage und beantragte gleichzeitig,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen.
Die Antragsgegnerin legte am 10. August 2016 die Akten vor und stellte keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Klageverfahren sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (Art. 16a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 AsylG).
1. Gemäß Art. 16a GG, § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG offensichtlich nicht besteht – wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht – und ob dieser weiterhin Bestand haben kann (BVerfG, B.v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – BVerfGE 67, 43). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a GG) und die Voraussetzungen des § 3 AsylG offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S.v. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.), was nach ständiger Rechtsprechung aber nicht anzunehmen ist, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen, und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – InfAuslR 1993, 196).
2. An der Rechtmäßigkeit der insoweit seitens des Bundesamts getroffenen Entscheidungen bestehen hier keine derartigen ernstlichen Zweifel.
a) Die Anerkennung als Asylberechtigter scheidet bereits deswegen aus, weil die Antragstellerpartei auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist ist (Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. § 26 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG).
Aber auch ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Asylberechtigter oder als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag der Antragstellerpartei nicht erkennbar. Das Gericht folgt der zutreffenden Begründung der Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG). Auch das Gericht hält den Vortrag des Ausländers für völlig unglaubhaft. So ist es nicht nachvollziehbar, dass es nach dem angeblichen Bekanntwerden seiner Homosexualität im Jahr 2010 drei Jahre gedauert habe, bis ihn seine Verwandten massiv bedroht hätten. Außerdem ist es nicht glaubhaft, dass ihn seine Familie innerhalb kurzer Zeit in ganz Senegal aufspüren könne. Schließlich ist es nicht nachvollziehbar, dass er eine am 25. Dezember 2011 geborene Tochter habe (Bl. 21 der Bundesamtsakte), die bei der Mutter lebe. Andererseits will der Antragsteller im Jahr 2005 bemerkt haben, dass er homosexuell sei, und er seit 2007 einen Freund gehabt habe, mit dem er sich vier Mal in der Woche getroffen habe. Der Eindruck der Unglaubhaftigkeit wird durch den Umstand unterstrichen, dass ihm in Paris angeblich sein Geld und seine gesamten Ausweispapiere gestohlen worden seien, ihm aber noch ein Betrag für die Fahrt nach M… verblieben sei.
b) Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Vor diesem Hintergrund ist die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.
Soweit der Antragsteller auf das ärztliche Attest von Dr. B. vom 19. Juli 2016 verweist, wonach sich der Ausländer wegen persistierender abdomineller Beschwerden in ärztlicher Behandlung befinde, die Diagnostik noch nicht abgeschlossen sei, so dass Ausmaß und Dauer der Therapie momentan noch nicht festgelegt werden könnten, folgt daraus nichts anderes. Diese Bescheinigung genügt nicht den formalen wie inhaltlichen Anforderungen des § 60 a Abs. 2 c Satz 3 AufenthG. Daraus folgt im Ansatz kein Anhalt dafür, dass der Ausländer an einer Erkrankung leiden könnte, die ohne Behandlung zu einer wesentlichen oder lebensbedrohlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands führen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).