Verwaltungsrecht

Keine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage mangels Ablehnung des subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet

Aktenzeichen  M 17 S 17.31192, M 17 K 17.31190

Datum:
7.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
AsylG AsylG § 34 Abs. 1, § 36 Abs. 1

 

Leitsatz

Die aufschiebende Wirkung der Klage ist nicht schon deshalb anzuordnen, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Tenor der Entscheidung den Asylantrag aufgrund der alten Gesetzeslage nicht auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes ausdrücklich als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat, die Voraussetzungen des § 30 AsylG idF vom 06.08.2016 aber in der Sache vorliegen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Verfahren M 17 S 17.31192 und M 17 K 17.31190 werden hinsichtlich des jeweiligen Prozesskostenhilfeantrags zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
IV.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts wird für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (M 17 S 17.31192) und das Hauptsacheverfahren (M 17 K 17.31190) abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist israelischer Staatsangehöriger, dem Volk der Palästinenser zugehörig, reiste nach eigenen Angaben am … Januar 2013 über England, Frankreich und Dänemark auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 17. September 2014 einen Asylantrag.
Bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am … August 2016 in der Justizvollzugsanstalt … gab der Antragsteller im Wesentlichen an, er habe sich im Jahr 2008 oder 2009 in … in einer Diskothek aufgehalten. Zu jener Zeit habe ein Krieg zwischen Israel und der Hisbollah stattgefunden. Die Leute seien ihm gegenüber aggressiv geworden, weil er ein Araber sei und hätten ihn geschlagen. Obwohl er weggelaufen sei, habe er einen Schlag auf den Kopf erhalten und geblutet. Ein Israeli habe versucht ihn umzubringen und ihn mit dem Auto angefahren. Er sei schwer verletzt worden und habe sich drei Jahre in ärztlicher Behandlung befunden. Die Stadt … habe ihm eine Entschädigung von insgesamt 1.400.000 Schekel (über 300.000 €) bezahlt. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus sei er ca. einen Monat später nach Europa geflogen. Er sei mit seinem israelischen Reisepass in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und habe sich ca. sechs Monate in … aufgehalten. Er sei dann mit dem Flugzeug nach Israel zurückgekehrt, um einen neuen Pass zu beantragen. Nachdem er seinen neuen Reisepass erhalten habe, sei er wieder nach Deutschland eingereist. In … habe er eine Aufenthaltserlaubnis (AE) für ein Jahr erhalten. Dort habe ca. zwei Jahre gelebt, einen geplanten Deutschkurs allerdings nicht besucht, da er sich mehr in Kneipen und Diskotheken aufgehalten habe. Nach Ablauf seiner AE habe man ihn aufgefordert, Deutschland zu verlassen. Wegen des Krieges zwischen Israel und den Hamas habe er aber aus Angst, dass wieder etwas passieren könnte, nicht zurückkehren können und deshalb einen Asylantrag gestellt. Der Antragsteller glaube, dass bei einer Rückkehr in sein Heimatland sein Leben in Gefahr wäre. Er habe kein Vertrauen mehr zu den Israelis. In Israel habe er keine Probleme mit der Polizei und den Behörden gehabt. Politisch habe er sich nicht betätigt.
Mit Bescheid vom 16. Januar 2017 (Bl. 72 ff. der Behördenakte – BA), der dem Antragsteller mit Schreiben vom 17. Januar 2017 übersandt wurde, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab (Nr. 1), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 2) und verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) (Nr. 3). Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche ab Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Israel oder in einen anderen Staat angedroht, in den der Antragsteller einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (Nr. 4). Zudem wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG angeordnet und auf 30 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Nr. 5).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht vorlägen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Selbst nach eigenen Angaben mache der Antragsteller nicht geltend, dass er aufgrund flüchtlingsrechtlich relevanter Anknüpfungstatsachen im Falle der Rückkehr einer Verfolgung ausgesetzt sein würde. Vielmehr habe der Antragsteller angegeben, nie Schwierigkeiten mit der Polizei oder den Behörden gehabt und sich nie politisch betätigt zu haben. Selbst wenn man die unglaubhaften Angaben des Antragstellers, jemand habe versucht, ihn mit dem Auto umzubringen, als wahr unterstellt, handele es sich hierbei weder um eine staatliche Verfolgung noch um Verfolgung eines nichtstaatlichen Akteurs, sondern um kriminelles Unrecht. Dem Antragsteller sei zuzumuten die Hilfe des Staates Israel in Anspruch zu nehmen, der auch willens und in der Lage sei, den Antragsteller ausreichend vor Übergriffen Dritter zu schützen und gegen kriminelles Unrecht vorzugehen.
Dies habe der Antragsteller im vorliegenden Fall auch getan. Er habe mit Hilfe eines Rechtsanwaltes von der Stadt … eine Entschädigung von insgesamt 1.400.000 Schekel (300.000 €) erhalten. Diese Entschädigungszahlung lasse die Vermutung zu, dass es sich bei dem Unfall nicht um einen Mordversuch gehandelt habe, sondern um einen ganz gewöhnlichen Verkehrsunfall, der dazu geführt habe, dass die Stadt … dem Antragsteller eine Entschädigung habe zahlen müssen.
Bei einer Rückkehr nach Israel drohe dem Antragsteller auch kein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 AsylG. Eine Verletzung von Menschenrechten und Grundfreiheiten der EMRK komme nicht in Betracht. Es sei zu erwarten, dass der Antragsteller als volljähriger, gesunder Mann, der mangels familiärer Bindungen keine Unterhaltslasten habe, auch ohne nennenswertes Vermögen, mit abgeschlossener Berufsausbildung und zehnjähriger Berufserfahrung im Falle einer Rückkehr in der Lage wäre, das erforderliche Existenzminimum in seiner Heimat, wie bisher, als Automechaniker, sicherstellen könne. Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung sei im vorliegenden Fall angemessen, denn Anhaltspunkte für eine kürzere Fristsetzung aufgrund schutzwürdiger Belange seien weder ausreichend vorgetragen noch lägen sie nach den Erkenntnissen des Bundesamtes vor.
Mit Schreiben vom 21. Januar 2017, dem Bayerischen Verwaltungsgericht München am 25. Januar 2017 zugegangen, erhob der Antragsteller beim Verwaltungsgericht München Asylklage und beantragte zudem, da er juristischer Laie sei,
die Beiordnung eines Anwalts – Fachanwalt für Migration und Flüchtlinge.
Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2017, dem Bayerischen Verwaltungsgericht München am 26. Januar 2017 zugegangen, stellte er den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wurde bislang nicht vorgelegt.
Am 26. Januar 2017 übersandte die Antragsgegnerin die Behördenakten und stellte keinen Antrag.
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 7. Februar 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der sonstigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen, insbesondere auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung ist – nachdem kein Nachweis über den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheids vorliegt vorbehaltlich der Frage der Einhaltung der Antrags- und Klagefrist – zulässig (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 AsylG; § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 36 Abs. 3 AsylG), jedoch unbegründet.
1. Entsprechend der Gesetzeslage des Art. 16 a GG, § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S. v. Art. 16 a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.).
Die Androhung der Abschiebung unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet (§ 34 Abs. 1 i. V. m. § 36 Abs. 1 AsylG). Das Gericht hat daher die Einschätzung des Bundesamts, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Maßgeblich ist dabei, ob sich diese Einschätzung im Ergebnis als tragfähig und rechtmäßig erweist. Darüber hinaus hat das Gericht gemessen am Maßstab der ernstlichen Zweifel auch zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG verneint hat (vgl. zum Ganzen: Marx, Kommentar zum AsylVfG, 8. Auflage, § 36 Rdnr. 43, 56 f. jew. m. w. N.).
Die aufschiebende Wirkung der Klage ist indes wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides nicht schon deshalb anzuordnen, weil das Bundesamt – wie hier – im Tenor der Entscheidung den Asylantrag aufgrund der alten Gesetzeslage nicht auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes ausdrücklich als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat, die Voraussetzungen des § 30 AsylG i. d. F. vom 6. August 2016 aber in der Sache vorliegen (ebenso VG Stuttgart, B. v. 1.9.2016 – A 7 K 3628/16; VG Köln, B. v. 24.8.2016 – 3 L 1612/16.A; a.A. VG Stuttgart, B. v. 20.8.2016 – A 11 K 730/16 – jeweils juris). Fehlt im Bescheid eine ausdrückliche Feststellung der Offensichtlichkeit in Bezug auf den subsidiären Schutz, führt dies auch nicht dazu, dass deshalb automatisch ein Fall der sonstigen Ablehnung im Sinne von § 38 Abs. 1 AsylG mit der Folge der aufschiebenden Wirkung der Klage vorliegt (a. A. VG Münster, B. v. 7.8.2016 – 6 L 618/16.A – juris).
2. Vorliegend bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 16. Januar 2017. Das Bundesamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Bundesamt keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festgestellt hat. Dem Antragsteller droht offensichtlich weder im Hinblick auf die allgemeine Situation in Israel noch aufgrund besonderer individueller Umstände eine asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG sowie der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG. Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 16. Januar 2017 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen:
2.1. Für das Gericht ist offensichtlich, dass der geltend gemachte Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter dem Antragsteller nicht zusteht.
Der Bescheid umfasst offenkundig auch die Entscheidung über den Antrag des Antragstellers auf die Zuerkennung der Asylberechtigung und ist insoweit hinreichend bestimmt (§ 37 VwVfG). Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei der Ermittlung dieses objektiven Erklärungswertes sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsaktes (BVerwG, U. v. 16.10.2013 – 8 C 21.12 – juris Rn. 15 m. w. N.). Gemessen daran beinhaltet der streitgegenständliche Bescheid vom 16. Januar 2017 auch die Ablehnung der Asylanerkennung des Antragstellers als offensichtlich unbegründet. Der Bescheid ist – wie jeder andere Verwaltungsakt – einer Auslegung (entsprechend §§ 133, 157 BGB) zugänglich, so dass nicht allein der Tenor des jeweiligen Bescheids ausschlaggebend ist. Vielmehr genügt es, wenn sich die Regelung aus dem Tenor und der Begründung des Bescheids ergibt. In diesem wird auf Seite 2 unter Bezugnahme auf § 13 Abs. 2 AsylG der Inhalt eines Asylantrags als Obersatz angeführt. Auf Seite 3 des Bescheids werden die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigte im Obersatz abgelehnt, was sodann sorgfältig begründet wird.
2.1.1. Die Anerkennung als Asylberechtigter scheidet bereits deswegen aus, weil der Antragsteller auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist ist (Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. § 26 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG).
2.1.2. Aber auch ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Asylberechtigten oder als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag des Antragstellers nicht erkennbar. Es ergeben sich schon im Ansatz ganz offensichtlich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass bei dem Antragsteller eine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung vorliegen könnte.
Soweit der Antragsteller im Wesentlichen vortrug, er sei im Jahr 2008 oder 2009 von Israelis verletzt worden und es sei allgemein sehr gefährlich in Israel zu leben, ergeben sich offensichtlich keine Hinweise für eine staatliche, politische Verfolgung i. S. des § 3 AsylG oder Art. 16a GG. Vielmehr handelt es sich hierbei um kriminelles Unrecht nichtstaatlicher Akteure. Bei einer von Dritten ausgehender Verfolgung erfordert § 3c Nr. 3 AsylG jedoch, dass der Staat nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz zu gewähren. Von einer Unwilligkeit oder Unfähigkeit der israelischen Behörden, ihre Staatsangehörigen vor strafbaren Handlungen zu schützen, ist aber nicht auszugehen. Der Antragsteller könnte darüber hinaus in einen anderen Teil Israels ausweichen, wenn er an seinem Herkunftsort weitere Übergriffe befürchtet (§ 3e Abs. 1 AsylG). Abgesehen davon, liegt der Vorfall bereits über acht Jahre zurück und steht nicht im zeitlich unmittelbaren Zusammenhang mit der Ausreise des Antragstellers im Jahr 2012. Das Asylgrundrecht beruht aber auf dem Zufluchtgedanken und setzt von seinem Tatbestand her grundsätzlich einen kausalen Zusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht voraus (vgl. BVerfG, B. v. 26.11.1986 – 2 BvR 1058/85 – NVwZ 1987, 311/313 – juris). Zudem sprechen die eigenen Angaben des Antragstellers gegen eine asylrechtlich relevante Verfolgung, wonach er in Israel keine Probleme mit der Polizei und den Behörden gehabt, sich politisch nicht betätigt habe und nach Israel zur Beantragung eines neuen Passes zurückgekehrt sei.
2.2. Die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG kommt ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht, weil unter Hinweis auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz und unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass ihm bei Rückkehr nach Israel ein ernsthafter Schaden droht. Die Voraussetzungen für die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Soweit der Antragsteller auf die allgemeine Terrorgefahr in Israel verweist, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides. Nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind Gefahren nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Aus der Sperrklausel des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG folgt, dass der Betreffende sich nicht auf das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG berufen kann, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die zuständige Landesbehörde einen allgemeinen Abschiebestopp erlassen hat oder – wie vorliegend – nicht. Mit dieser Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung bzw. Bevölkerungsgruppe im Zielstaat gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt und die Ausländerbehörde entschieden wird, sondern für die ganze Gruppe der potenziell Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung des Innenministeriums im Wege des § 60a AufenthG (BayVGH, B. v. 21.09.2016 – 10 C 16.1164 – juris; BVerwG, U. v. 13.6.2013 – 10 C 13.12 – juris Rn. 13 m. w. N.). Auch wenn die allgemeine Gefahr den Ausländer konkret betrifft, ist die Anwendbarkeit des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gesperrt, wenn dieselbe Gefahr zugleich einer Vielzahl anderer Personen im Abschiebestaat droht. Diese Sperrwirkung kann aber aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG im Wege einer verfassungskonformen Auslegung durchbrochen werden, wenn dies zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke erforderlich ist. Ein solcher Ausnahmefall liegt nur vor, wenn der Ausländer bei einer Rückkehr einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Wann allgemeine Gefahren von Verfassung wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Das Erfordernis des unmittelbaren – zeitlichen – Zusammenhangs zwischen Abschiebung und drohender Rechtsgutverletzung setzt zudem für die Annahme einer extremen Gefahrensituation voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann (BVerwG, U. v. 29.9.2011 – 10 C 24.10 – juris Rn. 20; BayVGH, U. v. 24.10.2013 – 13a B 12.30421 – juris Rn. 19 m. w. N.). Von einer solchen extremen Gefahrenlage, die sich alsbald nach der Rückkehr des Antragstellers nach Israel realisieren würde, ist tatsächlich derzeit nicht auszugehen. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheides des Bundesamtes vom 16. Januar 2017 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
2.4. Vor diesem Hintergrund ist auch die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
3. Der (gerichtskostenfreie, § 83b AsylG) Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
4. Die Entscheidung über die Verbindung der Verfahren M 17 S 17.31192 und M 17 K 17.31190 zur gemeinsamen Entscheidung bezüglich der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe beruht auf § 93 Satz 1 VwGO.
5. Ist nach dem Vorstehenden der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung erfolglos, so gilt dies auch für den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts sowohl für das Antrags- als auch für das Klageverfahren. Denn es fehlt an der gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlichen hinreichenden Aussicht auf Erfolg der Rechtsverfolgung. Hierzu wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen. Im Übrigen lagen im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts die nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderlichen Unterlagen nicht vor.
6. Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG unanfechtbar; dies gilt auch im Hinblick auf die Versagung von Prozesskostenhilfe (vgl. BayVGH, B. v. 25.09.1992 – 24 C 92.32498 – juris Rn. 2).

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