Aktenzeichen B 5 E 17.481
VwGO VwGO § 123
Leitsatz
Die Antragsbefugnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung fehlt, wenn ein ämtergleicher Dienstposten im Wege der behördeninternen Umsetzung ohne Beförderung mit einem anderen Beamten besetzt wird. Denn diese Maßnahme berührt den Bewerbungsverfahrensanspruch (Art. 33 Abs. 2 GG) nicht. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege der einstweiligen Anordnung gegen die Besetzung eines Dienstpostens als Hundeführer in der Justizvollzugsanstalt (JVA) …
Der Antragsteller ist als Hauptsekretär im Justizvollzugsdienst Beamter des Antragsgegners und in der JVA … tätig.
Mit Schreiben vom 3. März 2017 teilte die JVA … dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz (StMJ) mit, dass der derzeit eingesetzte Rauschgiftspürhund aus gesundheitlichen und Altersgründen Ende des Jahres 2017 ersetzt werden solle und auch der bisherige Hundeführer seine Tätigkeit zum Jahresende einstellen werde. Mit dem Beigeladenen, einem Hauptsekretär im Justizvollzugsdienst, sei bereits ein neuer Hundeführer gefunden worden. Um einen lückenlosen Übergang zu gewährleisten, solle bereits im Frühjahr 2017 ein neuer Spürhund beschafft und im Jahresverlauf ausgebildet werden. Mit Vertrag vom 7. April 2017 wurde vom Antragsgegner eine Hündin für die JVA … angekauft und zur Überprüfung ihrer Veranlagung und der körperlichen Eignung dem Beigeladenen zunächst bis zum 8. Mai 2017 auf Probe überlassen. Eine Rückgabe der Hündin innerhalb der Probezeit erfolgte nicht.
Mit Schreiben vom 19. Juni 2017 bewarb sich der Antragsteller als Hundeführer in der JVA …. Am 23. Juni 2017 wurde ihm telefonisch mitgeteilt, dass der Nachfolger des bisherigen Hundeführers bereits feststehe.
Am 26. Juni 2017 erhob der Antragsteller zur Niederschrift der Urkundsbeamtin des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth Klage mit dem Antrag, den Posten des Hundeführers der JVA … ordentlich auszuschreiben und durch ein ordentliches Auswahlverfahren vom Dienststellenleiter zu besetzen (B 5 K 17.482). Gleichzeitig beantragte er sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung dieser Klage anzuordnen bzw. hilfsweise ein Eilverfahren auf einstweilige Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) mit dem Ziel, den momentanen Hundeführer in seiner bisherigen Position zu belassen und den Dienstposten des Hundeführers erst nach Abschluss des ordentlichen Stellenbesetzungsverfahrens zu besetzen.
Der Hundeführer sei ein hervorgehobener Dienstposten und eine Beförderungsstelle bis zum normalen Endamt der zweiten Qualifikationsebene (A 9+Z). Der Antragsteller habe sich am 20. Juni 2017 schriftlich auf die Stelle des Hundeführers beworben, am 23. Juni 2017 habe ihm der Aufsichtsdienstleiter telefonisch mitgeteilt, dass die Stelle bereits mit dem Beigeladenen besetzt sei, eine Ausschreibung nicht stattgefunden habe und seine Bewerbung deshalb nicht weiter bearbeitet werde.
Mit Schriftsätzen vom 29. Juni 2017 und 7. Juli 2017 erwiderte die JVA … für den Antragsgegner und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Es werde darum gebeten, von der Auflage entbunden zu werden, bis zur Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes von (weiteren) Vollzugs- und Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen. Die neue Rauschgiftspürhündin sei bereits ab 7. April 2017 vom Beigeladenen aufgenommen worden, um zu prüfen, ob „Hund und Herr“ zusammenpassen und sich das Tier voraussichtlich für die künftige Arbeit eigne. Seit Anfang April 2017 arbeite der Beigeladene im täglichen Training daran, die Hündin auf sich zu konditionieren und ihre Triebigkeit zu fördern sowie bei ihr dauerhaft zu verankern, dass sie seine für die künftige Arbeit unabdingbaren Unterordnungsbefehle sicher und unmittelbar ausführt. Parallel nähmen Hundeführer und Hündin seit drei Monaten an Veranstaltungen des Polizeipräsidiums Oberfranken zur Aus- und Fortbildung der Rauschgiftsuchhunde teil, bei denen ein erfolgreiches Zusammenspiel zwischen Hund und Hundeführer etabliert und dauerhaft verankert werde. Eine stabile Bindung des Junghundes an eine einzige Bezugsperson sei von äußerster Wichtigkeit. Die Hündin befinde sich derzeit in einer entscheidenden Trainingsphase, ein Besitzerwechsel oder ein längeres Pausieren der Ausbildung würden die künftige Verwendbarkeit als Rauschgiftspürhund in Frage stellen.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei bereits unzulässig, da die vom Antragsteller begehrte Anordnung auf eine Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache hinausliefe, weil sie unumkehrbare Folgen hätte. Darüber hinaus sei der Antrag auch unbegründet. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf eine interne Stellenausschreibung. Zwar bestehe ein grundsätzlicher Anspruch auf Zugang zu öffentlichen Ämtern nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Daraus ergebe sich aber keine Pflicht zur Ausschreibung aller Dienstposten. Bewerber würden in der JVA … nach Art. 20 Abs. 1 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) dann durch öffentliche Ausschreibung ermittelt, wenn für die Besetzung der fraglichen Stelle geeignete Regelbewerber i.S.d. Art. 4 Abs. 1 des Leistungslaufbahngesetzes (LlbG) nicht zur Verfügung stünden und daran ein besonderes öffentliches Interesse bestünde. In allen anderen Fällen obliege die Ausgestaltung der Personalentscheidungen dem Dienststellenleiter der Behörde. In der JVA … werde dieses Direktionsrecht und Organisationsermessen dahingehend ausgeübt, dass nur herausgehobene Dienstposten intern auszuschreiben und nach Art. 16 LlbG zu besetzen sind. Alle übrigen Dienstposten im Bereich des allgemeinen Vollzugsdienstes würden nach gängiger Verwaltungspraxis ohne interne Ausschreibung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung durch den Dienststellenleiter vergeben. Der Dienstposten des Hundeführers zähle entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht zu den herausgehobenen Dienstposten. Dementsprechend sei für seine Besetzung keine interne Ausschreibung erfolgt, der Beigeladene aber gleichwohl unter Beachtung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ausgewählt worden. Im Gegensatz zum Beigeladenen fehle es dem Antragsteller bereits an der Erfahrung und fachlichen Leistung, die der Beigeladene als Mitglied der Sicherungsgruppe erworben habe. Der Antragsteller habe auch nicht glaubhaft gemacht, dass ihm durch das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache unzumutbare Nachteile entstünden.
Mit Beschluss vom 13. Juli 2017 wurde der Beigeladene zum Verfahren beigeladen. Er äußerte sich zum Verfahren nicht.
Ergänzend wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
1. Soweit der Antragsteller im Hauptantrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage im Verfahren B 5 K 17.482 begehrt, ist der Antrag bereits unstatthaft. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO kommt nach der Systematik des § 80 VwGO nur dann in Betracht, wenn in der Hauptsache eine Anfechtungsklage i.S.d. § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft ist, das klägerische Begehren also auf die Aufhebung eines Verwaltungsaktes gerichtet ist. Dies ist im Verfahren B 5 K 17.482 aber gerade nicht der Fall.
2. Auch der Hilfsantrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung i.S.d. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist unzulässig, dem Antragsteller fehlt bereits die erforderliche Antragsbefugnis. Auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO muss der Antragsteller plausibel und schlüssig darlegen, dass ihm der geltend gemachte Anordnungsanspruch zustehen kann und ein Anordnungsgrund zumindest möglich ist (vgl. Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 32. EL Oktober 2016, § 123, Rn. 107). Daran fehlt es hier, da es sich bei dem streitgegenständlichen Dienstposten um einen statusadäquaten Dienstposten handelt, hinsichtlich dessen Besetzung dem Antragsteller kein Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) zukommen kann und auch im Übrigen eine Rechtsverletzung nicht in Betracht kommt.
a) Bei dem streitbefangenen Dienstposten des Hundeführers der JVA … handelt es sich nach den Angaben der Antragsgegnerseite nicht um einen herausgehobenen Dienstposten oder Beförderungsdienstposten. Es handelt sich also um einen für den Antragsteller und den Beigeladenen statusadäquaten Dienstposten. Dies ist auch nicht deswegen anders zu beurteilen, weil der Dienstposten, wie vom Antragsteller angegeben, im Sinne einer Dienstpostenbündelung bis A 9+Z bewertet ist. Für den Antragsteller wie für den Beigeladenen, beide Hauptsekretär im Justizvollzugsdienst in der Besoldungsgruppe A 8, stellt dieser Dienstposten einen ämtergleichen Dienstposten dar, der durch eine behördeninterne Umsetzung besetzt wird. Mit der Umsetzung ist keine Beförderung verbunden, es handelt sich auch nicht um einen Dienstposten, der im Hinblick auf eine zukünftige Beförderungsentscheidung erprobungsgeeignet wäre (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.2007 – 2 A 2/06 – Buchholz 232.1 § 11 BLV Nr. 4).
b) Eine Umsetzung stellt eine das Statusamt und das funktionelle Amt im abstrakten Sinne unberührt lassende Zuweisung eines anderen Dienstpostens (Amt im konkret-funktionellen Sinne) innerhalb einer Behörde dar. Sie ist eine innerorganisationsrechtliche Maßnahme, die die Individualsphäre des Beamten grundsätzlich nicht berührt (BVerwG, U.v. 22.5.1980 – 2 C 30/78 – BVerwGE 60, 144). Sie kann auf jeden sachlichen organisations- oder personalwirtschaftlichen Grund gestützt werden (BVerwG, U.v. 28.2.2008 – 2 A 1.07 – NVwZ-RR 2008, 547) und erfolgt allein im öffentlichen Interesse an einer möglichst optimalen Aufgabenerfüllung und Stellenbesetzung. Eine Auswahlentscheidung unter den Bewerbern um eine ämtergleiche Umsetzung unterfällt aber mit Blick auf den dargestellten Rechtscharakter grundsätzlich nicht dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG, da bei ihr nicht die Vergabe eines höherwertigen Statusamtes oder eine dies vorwegnehmende Entscheidung in Rede steht. Sie ist daher grundsätzlich nicht an die hierzu in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe gebunden. Ein Beamter hat deshalb keinen Anspruch auf Übertragung eines bestimmten Dienstpostens (BVerwG, U.v. 19.11.2015 – 2 A 6/13 – BVerwGE 153, 246 – juris Rn. 16 ff.). Somit scheidet bereits deswegen eine Verletzung des Antragstellers in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG aus.
c) Dass eine Auswahlentscheidung – wie im Falle einer Umsetzungskonkurrenz – außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 33 Abs. 2 GG liegt, bedeutet zwar nicht, dass ein Beamter rechtsschutzlos gestellt wäre. Der Ermessensentscheidung des Dienstherrn setzt jedenfalls die allgemeine beamtenrechtliche Fürsorgepflicht Grenzen. Der Dienstherr ist deshalb gehalten, bei seinen Entscheidungen die wohlverstandenen Interessen des Beamten in gebührender Weise zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2005 – 2 BvR 583/05 – BverfGK 5, 250 m.w.N.). Anhaltspunkte für eine entsprechende – nur ausnahmsweise denkbare – Verdichtung der aus der Fürsorgepflicht folgende Berücksichtigung privater Belange des Beamten zu einem Anspruch auf Vergabe eines konkreten Dienstpostens (vgl. BVerwG, U.v. 19.11.2015 – 2 A 6/13 – BVerwGE 153, 246 – juris Rn. 26) sind hier aber nicht ansatzweise erkennbar.
d) Mangels eines grundsätzlichen Bewerbungsverfahrensanspruches kann dem Antragsteller auch kein (allgemeiner) Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zustehen, der gerichtlich durchgesetzt werden könnte. Denn die Rechtssphäre des nicht berücksichtigten Beamten ist von der Auswahlentscheidung über eine ämtergleiche Umsetzung unter Ausschluss von Beförderungsbewerbern nicht betroffen (BVerwG, U.v. 19.11.2015 – 2 A 6/13 – BVerwGE 153, 246 – juris Rn. 27).
3. Aber auch wenn hier von einer möglichen Verletzung eines Bewerbungsverfahrensanspruches des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG und damit einer entsprechenden Antragsbefugnis ausgegangen werden könnte, würde dies nicht zum Erfolg des Antrages führen. Denn nach den überzeugenden und nachvollziehbaren Darlegungen der Antragsgegnerseite ist die zwischenzeitlich erfolgte Besetzung des Dienstpostens des Hundeführers nicht wieder rückgängig zu machen, ohne die bereits begonnene Ausbildung des ausgewählten Rauschgiftspürhundes und seine künftige Verwendung in der JVA … ernsthaft zu gefährden bzw. zunichte zu machen. Der erst nach Besetzung des Dienstpostens und nach Beginn der Ausbildung des Spürhundes gestellte Antrag ist daher auf ein unmögliches Ziel gerichtet, ihm fehlt deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, da der Antragsteller keine schutzwürdigen Interessen verfolgt (vgl. Ehlers in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 32. EL Oktober 2016, Vorb. zu § 40, Rn. 74 f.). Aber selbst wenn man es für möglich hielte, die Umsetzung des Beigeladenen rückgängig zu machen, würde dies lediglich dazu führen, dass kein Anordnungsgrund für die begehrte einstweilige Anordnung, mithin also eine Begründung für die besondere Dringlichkeit der Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren, glaubhaft gemacht ist. Denn dann müsste davon ausgegangen werden, dass die Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens jederzeit und ohne Nachteile für den Antragsteller wieder rückgängig gemacht werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 11.11.2008 – 3 CE 08.2643 – juris Rn. 27; B.v. 20.3.2009 – 3 CE 08.3278 – juris Rn. 32, B.v. 18.10.2011 – 3 CE 11.1479 – juris Rn. 21; B.v. 9.7.2012 – 3 CE 12.872 – juris Rn. 14; B.v. 8.1.2014 – 3 CE 13.2202 – juris Rn. 21).
4. Der Antragsteller hat als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene, der sich mangels eigener Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 Satz 1 VwGO), seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, § 162 Abs. 3 VwGO.
5. Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG), wobei der Streitwert nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B.v. 16.4.2013 –6 C 13.284 – juris; B.v. 22.4.2013 – 3 C 13.298 – juris) auch im Eilverfahren mit dem vollen Regelstreitwert zu bemessen ist.