Aktenzeichen M 17 K 15.3097
Leitsatz
1. Die Erstattung von Auslagen für eine Reise vom bisherigen an den neuen Dienstort zur Besichtigung der im eigenen Eigentum stehenden Wohnung kann nicht auf § 11 Abs. 1 AUV gestützt werden, da in diesem Fall die Reise nicht dazu dient, überhaupt eine geeignete Wohnung zu finden. (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Wegfall der Bereicherung erfordert einen adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Empfang der Leistung und dem Vermögensverlust; dieser ist nicht gegeben, wenn die gewährte Geldleistung gerade nicht im Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts verbraucht wurde, da bereits telefonisch die Mitteilung erfolgte, die Aufwendungen würden nicht erstattet. (redaktioneller Leitsatz)
3. Grob fahrlässige Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit des Bescheids ist gegeben, wenn der Beamte entgegen einer eindeutigen telefonischen Vorauskunft des zuständigen Sachbearbeiters die Auslagen von seinem Dienstherrn nun doch erstattet bekommt und dieser damit eine diametral gegensätzliche Rechtsauffassung vertritt, ohne dass hierfür Gründe ersichtlich sind. (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine eigene anderweitige Rechtsauffassung eines Beamten hinsichtlich der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen einer Norm begründet keinen Vertrauensschutz. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2014 in Gestalt des Beschwerdebescheides vom 16. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Rechtsgrundlage für die Rückforderung des Trennungsgelds ist nicht § 12 Abs. 2 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG), da dieser nur für die Rückforderung von Bezügen im Sinne des Besoldungsgesetzes gilt, wozu die Leistungen nach der Verordnung über die Umzugskostenvergütung bei Auslandsumzügen (Auslandsumzugskostenverordnung – AUV) vom 26. November 2012 (BGBl I S. 2349) nicht gehören, da diese in § 1 Abs. 2 und 3 BBesG gerade nicht genannt sind. Anspruchsgrundlage sind somit §§ 48, 49a Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG).
2. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind hier erfüllt.
2.1. Gemäß § 48 Abs. 1, 2 VwVfG kann ein begünstigender rechtswidriger Verwaltungsakt – wie hier die Gewährung von Auslagen für eine Wohnungsbesichtigungsreise – zurückgenommen werden, es sei denn der Begünstigte hat auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut und sein Vertrauen ist unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte dagegen nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (§ 48 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG), den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (Nr. 2) oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3). Der Gedanke des Vertrauensschutzes entspringt dem Grundsatz der Rechtssicherheit, welcher wiederum seine Grundlage in dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip findet. Ebenfalls Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips ist der Rechtsgrundsatz der materiellen Gerechtigkeit. Beide Grundsätze sind bei der Frage nach der Rechtmäßigkeit einer Rückforderung im Rahmen der Abwägung in Ausgleich zu bringen (BVerwG, U.v. 14.8.1986 – 3 C 9/85 – juris Rn. 27).
2.1.1. Die Gewährung von Auslagen für eine Wohnungsbesichtigungsreise an den Kläger für den Zeitraum vom …. bis …. August 2013 war rechtswidrig:
Gemäß §§ 12, 14 BUKG i.V.m § 11 Abs. 1 AUV werden Auslagen für eine gemeinsame Reise der berechtigten Person und einer berücksichtigungsfähigen Person nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 4 AUV vom bisherigen an den neuen Dienstort zur Wohnungssuche (Wohnungsbesichtigungsreise) oder für eine Reise einer dieser Personen vom neuen zum bisherigen Dienstort zur Vorbereitung und Durchführung des Umzugs (Umzugsabwicklungsreise) erstattet. Auslagen für eine Wohnungsbesichtigungsreise zu einer Dienstwohnung werden hingegen nicht erstattet (§ 11 Abs. 3 AUV).
a) Ein Anspruch auf Erstattung von Auslagen für eine Reise vom bisherigen an den neuen Dienstort zur Besichtigung der in seinem Eigentum stehenden Wohnung kann allerdings nicht auf § 11 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AUV gestützt werden.
Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Reise des Klägers zwischen dem …. und …. August 2013 von … nach … zur seiner Eigentumswohnung in der … … … … erfolgte (Flugdaten s. Bl. 113 ff. d.BA; vgl. Antrag auf Gewährung von Mietentschädigung gemäß § 15 vom 1. Oktober 2013; Bl. 84 ff. d.BA). Eine Wohnungsbesichtigungsreise im Sinne des § 11 Abs. 1 AUV führte der Kläger damit nicht durch. Dies folgt bereits aus dem unzweideutigen Wortlaut der Vorschrift, wonach die Reise „zur Wohnungssuche“ durchgeführt werden muss. Eine Reise zur Wohnungssuche setzt bereits begriffsnotwendig voraus, dass noch keine Wohnung am neuen Dienstort gefunden wurde. Gestützt wird dies auch durch den Sinn und Zweck des § 11 Abs. 1 AUV. Nach der amtlichen Begründung des § 11 Abs. 1 AUV (Meyer/Fricke, Umzugskostenrecht im öffentlichen Dienst, Stand Juli 2015, § 11 AUV) trägt die Erstattung von Auslagen für eine Wohnungsbesichtigungsreise dem dienstlichen Bedürfnis nach einer möglichst raschen Durchführung des Umzugs sowie dem Bedürfnis der Betroffenen, die zukünftige Wohnung gemeinsam auszusuchen, Rechnung. Insoweit ist es auch unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht des Dienstherren nicht zu beanstanden, wenn dem Bedürfnis, eine unbekannte Wohnung vor deren Anmietung persönlich zu begutachten, größeres Gewicht beigemessen wird als dem Wunsch, seine eigene, in der Zwischenzeit leer stehende Wohnung vor Wiederbezug zu besichtigen.
Obwohl eine Eigentumswohnung nicht unter den Ausschlusstatbestand des § 11 Abs. 3 AUV fällt, da es sich insoweit nicht um eine Dienstwohnung handelt, kann dennoch der gesetzgeberische Zweck des § 11 Abs. 3 AUV sinngemäß auf den hier zu entscheidenden Fall übertragen werden. Nach der amtlichen Begründung zu § 11 Abs. 3 AUV (vgl. Meyer/Fricke, Umzugskostenrecht im öffentlichen Dienst, Stand Juli 2015, § 11 AUV) besteht bei Bezug einer Dienstwohnung keine Notwendigkeit, eine Wohnungsbesichtigungsreise durchzuführen, da detaillierte Informationen über die Beschaffenheit der Dienstwohnung elektronisch verfügbar sind. Erst recht gilt dies bei einer bereits in seinem Eigentum stehenden Wohnung, in der der Kläger bereits geraume Zeit vor der Versetzung nach … gelebt hat. Entgegen der Klagepartei dient eine Wohnungsbesichtigungsreise nicht dazu, seine eigene Wohnung z. B. nach Vermietung oder Leerstand „in Augenschein zu nehmen“, um zu überprüfen, ob die Räumlichkeiten bewohnbar sind, eine Kündigung wegen Eigenbedarfs möglich ist. Ziel dieser Vorschrift ist nicht, den nahtlosen Wiedereinzug, z. B. durch Freischaltung des Telefon-, Wasser- oder Gasanschlusses zu gewährleisten, sondern eine geeignete Wohnung überhaupt erst zu finden.
Die Nichterstattungsfähigkeit der Auslagen für eine Reise des Klägers zu seiner in seinem Eigentum stehenden Wohnung wird ferner bestätigt durch Nr. 11.3 der Anwendungshinweise des Auswärtigen Amtes zur Durchführung der AUV (Stand 24.1.2013) (siehe Kopicki/Irlenbusch, Umzugskostenrecht des Bundes, Stand November 2014, Band II, Teil C Nr. 8.2), wonach Kosten einer Wohnungsbesichtigungsreise zum eigenen Haus/zur eigenen Wohnung nicht erstattet werden können, da keine Wohnung gesucht wird und detaillierte Informationen über Lage/Beschaffenheit vorhanden sind. Diese insoweit ergangene norminterpretierende Verwaltungsvorschrift bindet zwar das Gericht mangels normativer Wirkung nicht, da die Befugnis zur letztverbindlichen Auslegung des objektiven Rechts – anders als die Befugnis zur Ermessensausübung – nicht der Verwaltung überantwortet ist, sondern durch Art. 19 Abs. 4 GG den Gerichten obliegt (BVerwG, U.v. 10.12.1969 – 8 C 104.69 – BVerwGE 34, 278, 282; vgl. ferner BVerwG, U.v. 22.06.1989 – 5 C 42.88 – BVerwGE 82, 163, 169; BVerwG, U.v. 22.10.1989 – 5 C 33.88 – juris Rn. 18), gleichwohl wird insoweit durch diese Dienstvorschriften konkretisiert, was im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift § 11 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AUV in rechtlich nicht zu beanstandender Weise erfolgt.
b) Ein Anspruch auf Erstattung der Auslagen kann zudem nicht auf § 11 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AUV gestützt werden, da eine Umzugsabwicklungsreise lediglich eine Reise vom neuen zum alten Dienstort – nicht umgekehrt – erfasst.
Nach alledem war somit die Gewährung von Auslagen für die vom Kläger in dem Zeitraum vom …. bis …. August 2013 durchgeführte Reise zu seiner Eigentumswohnung nach … mittels der Bescheide vom 4. November 2013 und 17. Januar 2014 rechtswidrig.
2.1.2. Der Kläger kann der Rücknahme der Auslagengewährung auch kein schutzwürdiges Vertrauen entgegenhalten. Es ist schon nicht hinreichend dargelegt, dass der Kläger die gewährte Leistung verbraucht hat (a.). Darüber hinaus scheidet Vertrauensschutz aus, da der Kläger die Rechtswidrigkeit der Bescheid jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG) und damit mit der Rücknahme der Bescheide im Zeitpunkt ihres Erlasses rechnen musste (b.).
a) Der Kläger hat es bislang unterlassen, substantiiert vorzutragen, ob und inwieweit er die gewährte Leistung verbraucht hat bzw. Quittungen über die Ausgaben vorzulegen. Soweit er sich bislang allein darauf beruft, die erstatteten Aufwendungen für seine tatsächlich auch durchgeführte Reise von … nach … und zurück ausgegeben zu haben, trägt dies nicht, da für den Wegfall der Bereicherung ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem Empfang der Leistung und dem Vermögensverlust beim Kläger erforderlich ist. Da die Ausgaben für die Flugreise zeitlich vor der Erstattung der Auslagen durch die Beklagte und ohne ursächlichen Zusammenhang mit dem Vermögenszuwachs erfolgte – der Kläger musste bei Buchung seines Fluges aufgrund der mündlichen Mitteilung des Umzugssachbearbeiters von einer Nichterstattung ausgehen – verbrauchte er diesen Geldbetrag (jedenfalls) nicht kausal durch die im Vorfeld stattgefundene eigenmächtig veranlasste Flugreise.
Ein Verbrauch im Vorgriff auf die behördliche Leistung mag allenfalls dann in Betracht kommen, wenn der Begünstigte den erwarteten Betrag beispielsweise schon aufgrund einer mündlichen Erklärung und im Vorgriff auf den Verwaltungsakt zum Kauf von Gegenständen einsetzt, die er ohne die erwartete Zuwendung nicht erworben hätte (OVG Hamburg, U.v. 27.03.1987 – Bf. I 33/86 – NVwZ 1988, 73 f.). Vergleichbare vertrauensschaffende Umstände liegen diesem Fall im Zeitpunkt der Vermögensdisposition des Klägers allerdings nicht zugrunde. Der Kläger hat die ihm gewährte Geldleistung durch die Bezahlung seines Hin- und Rückfluges gerade nicht im Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes verbraucht, da er zu diesem Zeitpunkt lediglich die telefonische Mitteilung erhalten hatte, die Aufwendungen für die Reise würden nicht erstattet.
Ein Fall von Luxusausgaben in dem Sinn, dass das Empfangene für außergewöhnliche Dinge ausgegeben wurde, und somit keine Bereicherung mehr gegeben ist, liegt ebenfalls nicht vor (Palandt, BGB 75. Aufl. 2016 § 818 RdNr. 41). Die Ausgaben von 525,12 EUR gehören nicht in diese Kategorie. Im vorliegenden Fall kommt dem Kläger auch nicht die Erleichterung der Beweislast (Palandt, a. a. O., RdNr. 55) zugute, denn nur für untere und mittlere Einkommen gilt die grundsätzliche Lebenserfahrung, dass auch ohne besonderen Verwendungsnachweis Beträge, die nicht mehr als 10% der Bezüge ausmachen, zur Verbesserung des Lebensstandards ausgegeben wurden (VG München, U.v. 17.01.2013 – M 17 K 12.2788 – UA S. 10; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 7. Aufl. 2011, §14 RdNr. 32).
b) Im Übrigen kann sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen, da er die Rechtswidrigkeit der Bescheide im Zeitpunkt ihres Erlasses kannte oder jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG).
Auch im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG gilt der Fahrlässigkeitsbegriff des § 276 Abs. 2 BGB. Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Der Bedeutungsgehalt dieses Begriffs und des darauf aufbauenden Rechtsbegriffs der groben Fahrlässigkeit sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundessozialgerichts übereinstimmt, hinreichend geklärt (vgl. BVerwG, B.v. 12.12.2007 – 2 B 93/07 -, juris Rn. 5ff.): Der Fahrlässigkeitsbegriff bezieht sich auf ein individuelles Verhalten; er enthält einen subjektiven Vorwurf. Daher muss stets unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände, der individuellen Kenntnisse und Erfahrungen des Handelnden beurteilt werden, ob und in welchem Maß sein Verhalten fahrlässig war. Grobe Fahrlässigkeit erfordert ein besonders schwerwiegendes und auch subjektiv schlechthin unentschuldbares Fehlverhalten, das über das gewöhnliche Maß an Fahrlässigkeit erheblich hinausgeht (vgl. BVerwG, U.v. 17.09.1964 – 2 C 147.61 – BVerwGE 19, 243, 248 und vom 17.02.1993 – 11 C 47.92 – BVerwGE 92, 81, 84; B.v. 22.11.2006 – 2 B 47.06 – juris Rn. 4; BSG, U.v. 20.09.1977 – 8/12 RKg. 8/76 – Der Betrieb 1978, 307, 308; BGH, U.v. 30.01.2001 – VI ZR 49/00 – NJW 2001, 2092, 2093 und vom 29.01.2003 – IV ZR 173/01 – NJW 2003, 1118, 1119; st. Rspr.).
Ob Fahrlässigkeit als einfach oder grob zu bewerten ist, hängt vom Ergebnis der Abwägung aller objektiven und subjektiven Tatumstände im Einzelfall ab und entzieht sich deshalb weitgehend einer Anwendung fester Regeln.
In diesem Fall hat der Kläger grob fahrlässig gehandelt, als er davon ausging, seine Reise nach … sei eine Wohnungsbesichtigungsreise nach § 11 Abs. 1 AUV und seine hierfür getätigten Auslagen würden ihm rechtmäßig zustehen. Aufgrund der eindeutigen telefonischen Auskunft des zuständigen Umzugssachbearbeiters am 13. August 2013, dass ihm kein Anspruch auf Erstattung der Auslagen für eine Wohnungsbesichtigungsreise zu seiner Eigentumswohnung nach … zukomme, konnte er sich nicht schlicht darauf verlassen, dass die im nach hinein ergangenen Bewilligungsbescheide vom 4. November 2013 und 17. Januar 2014 zu Recht ergangen seien und es sich mithin bei der telefonischen Auskunft um eine nunmehr korrigierte Rechtsauffassung gehandelt habe. Ihm musste sich die einfache, ganz nahe liegende Überlegung anhand des eindeutigen Wortlauts des § 11 Abs. 1 AUV aufdrängen, warum entgegen der vorherigen Auskunft seine dennoch „ins Blaue hinein“ gestellten Anträge positiv verbeschieden wurden, obwohl die Reise nicht den Zweck der „Wohnungssuche“ erfüllte. Gründe dafür, warum sich der Kläger darauf hätte verlassen können sollen, dass die Beklagte ihm nun doch – entgegen ihrer eindeutigen telefonischen Vorauskunft – die Auslagen für seine Reise nach … rechtmäßig gewährt und damit eine nunmehr diametral gegensätzliche Rechtsauffassung verfolgt, sind nicht ersichtlich.
Schließlich ergibt sich keine andere rechtliche Beurteilung aus dem Vortrag des Klägers, dass für ihn auch nach gründlichem Studium der Vorschriften kein Grund ersichtlich gewesen sei, warum ein Anspruch nicht bestehen solle. Abgesehen davon, dass sich dies aus dem unzweideutigen Wortlaut des § 11 Abs. 1 AUV ergibt, begründet eine eigene, anderweitige Rechtsauffassung eines Beamten hinsichtlich der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen einer Norm keinen Vertrauensschutz.
Hinzu kommt, dass im Rahmen der Prüfung, ob grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt, bei der auf die Beurteilung der groben Fahrlässigkeit auch individuelle Kenntnisse Berücksichtigung finden müssen. Bei einem Soldaten im Range eines Oberstleutnants sind dabei sicherlich strengere Anforderungen zu stellen als an andere. Soldaten wie Beamten ist aufgrund der Treuepflicht zuzumuten, Geldleistungsbescheide des Dienstherrn zu überprüfen und bei Unklarheit rückzufragen (Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 48 Rn. 163). Schließlich übersandte das BAIUDBw dem Kläger am … Juli 2013 auf elektronischem Weg das „Infopaket Umzug“. Darin wird explizit darauf hingewiesen, dass Fahrten zur Besichtigung einer am neuen Dienstort bereits vorhandenen Eigentumswohnung oder eines eigenen Hauses nicht erstattet werden“. Anhaltspunkte dafür, dass auch dieser Hinweis ein Irrtum gewesen sein könnte, gibt es nicht. Dem Kläger mussten sich aus diesem Grund erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Bewilligungsbescheide aufdrängen, mit denen ihm die Auslagen für seine Reise zu seiner Eigentumswohnung in … gewährt wurden.
2.1.3. Der Rücknahme der Trennungsgeldbewilligung steht auch nicht § 48 Abs. 4 VwVfG entgegen, wonach die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt, zu dem die Behörde von den Tatsachen Kenntnis erhält, welche die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, zulässig ist. Zwischen dem Erlass der Bescheide vom 4. November 2013 und 17. Januar 2014 und dem Rücknahmebescheid vom 28. Oktober 2014 war noch kein Jahr verstrichen, so dass die Rückforderung der Auslagen für die Reise somit fristgerecht erfolgte.
2.1.4. Die Rücknahmeentscheidung wurde auch frei von Ermessensfehlern getroffen.
Nach den Grundsätzen des intendierten Ermessens ist es im vorliegenden Fall unschädlich, dass weder im Ausgangs- noch im Widerspruchsbescheid ausdrücklich Ermessenserwägungen angestellt werden. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG für die Fälle, in denen ein Vertrauensschutz wegen § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG – wie hier – ausscheidet, die Rücknahme des Verwaltungsaktes in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit anordnet. § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG ist als eine ermessenslenkende Norm zu betrachten. Im Falle einer derartigen gesetzlichen Ermessenslenkung müssen besondere Gründe vorliegen, um eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen. Bei Vorliegen eines Regelfalles bedarf es insoweit keiner Begründung nach § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG. Nur dann, wenn der Behörde außergewöhnliche Umstände des Falles bekannt geworden oder erkennbar sind, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen, liegt ein rechtsfehlerhafter Gebrauch des Ermessens vor, wenn diese Umstände von der Behörde nicht erwogen worden sind (BayVGH, U.v. 15.3.2001 – 7 B 00.107 – juris Rn. 31; BVerwG, U.v. 23.05.1996 – 3 C 13/94; VG Gießen, U.v. 19.03.2003 – 8 E 1344/02 – NVwZ-RR 2004, 275 ff, beide m. w. N.). Derartige Umstände sind vorliegend nicht erkennbar.
Ermessenserwägungen waren vorliegend aber auch deshalb entbehrlich, weil die die Beklagte bei der Entscheidung, ob der überzahlte Betrag zurückzuzahlen ist, eine Billigkeitsentscheidung (S. 5 des Bescheides vom 28. Oktober 2014) getroffen hatte. Da im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung alle Erwägungen von Bedeutung sind, die auch in das Ermessen nach § 48 Abs. 1 VwVfG einzustellen sind, ist eine ausdrückliche Ermessensbetätigung im Rahmen des § 48 VwVfG nicht erforderlich (ebenso VGH BW, U.v. 23.03.1988 – 11 S 2584/86).
2.2. Damit hat der Kläger gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG die ihm gewährten Auslagen für seine Reise nach … vom …. bis …. August 2013 zu erstatten.
Der Kläger kann sich auch nicht auf eine etwaige Entreicherung (§ 49a Abs. 2 Satz 1 VwVfG i. V. m. § 818 Abs. 3 BGB) berufen, da er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme der Trennungsgeldgewährungen geführt haben (§ 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG). Insoweit wird auf die Ausführungen unter 2.1.2. Bezug genommen.
Ob bei der Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs nach § 49a VwVfG aus Billigkeitsgründen von der Rückforderung abgesehen werden kann (§ 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG analog), kann offen bleiben. Jedenfalls hat die Beklagte auch ausreichende Billigkeitserwägungen getroffen.
Im Rückforderungsbescheid vom 28. Oktober 2014 wurde ausgeführt, dass unter Würdigung aller Umstände auch aus Billigkeitsgründen weder ganz noch teilweise von der Rückforderung abgesehen werden könne. Dabei wurde berücksichtigt, dass es offensichtlich gewesen sei, dass die vom Dienstherrn gezahlte Umzugskostenvergütung keine rechtliche Grundlage gehabt habe. Soweit sich der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auf die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 26.4.2012 – 2 C 15/10 – juris – Absehen von der Rückforderung in der Größenordnung von 30% des überzahlten Betrages bei Mitverschulden der Behörde) beruft, so unterscheidet sich der dort entschiedene Fall wesentlich vom vorliegenden. Zum einen handelt es sich um einen Fall, in dem § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG direkt anzuwenden war. Zudem unterscheidet sich die zurückzuzahlende Summe, die wesentlich höher war als vorliegend, sowie die Höhe der Dienstbezüge des Beamten, die niedriger als die des Klägers waren. Der wesentliche Unterschied liegt aber darin, dass dort eine Überzahlung über einen sehr langen Zeitraum aufgrund des Verschuldens des Beklagten erfolgte, während hier nur eine einmalige Auszahlung im Streit steht. Das Bundesverwaltungsgericht weist unmissverständlich darauf hin, dass es bei der Billigkeitsentscheidung darauf ankommt, den Umständen des Einzelfalles gerecht zu werden und dass aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen ist, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt. Es ist keinesfalls so, dass nach dieser Rechtsprechung ausnahmslos bei der überwiegenden behördlichen Verantwortung für die Überzahlung von der Rückforderung abzusehen ist. Vorliegend wurde eine nachvollziehbare Billigkeitsentscheidung getroffen, die der Überprüfung durch das Gericht (§ 114 VwGO) standhält (VG München, U.v. 17.01.2013 – M 17 K 12.2788 – UA S. 11f.).
3. Aus diesen Gründen war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO ab zuweisen.
4. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 525,12 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.