Verwaltungsrecht

Keine Gruppenverfolgung der Roma in Serbien

Aktenzeichen  M 17 K 16.30335

Datum:
20.10.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 113025
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4, § 29a
AufenthG § 11 Abs. 2, § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

1 Die Klage gegen die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots ist unzulässig, weil die Aufhebung der Befristung zu einem unbefristeten Verbot führen würde. (redaktioneller Leitsatz)
2 Serbien ist ein sicherer Herkunftsstaat. Es findet keine Gruppenverfolgung von Roma statt. (redaktioneller Leitsatz)
3 Psychische Erkrankungen sind auch in Serbien behandelbar. Ein Ausländer muss sich auf den Standard der Gesundheitsversorgung in seinem Heimatland verweisen lassen, auch wenn dieser dem Niveau in der Bundesrepublik Deutschland nicht entspricht. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Oktober 2016 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen war. Denn in der frist- und formgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen Nr. 7 des Bescheids vom 11. Januar 2016 richtet und im Übrigen unbegründet, da der Bescheid rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
1. Bezüglich Nr. 7 des streitgegenständlichen Bescheids, in der das sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG lediglich gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zeitlich befristet wird, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Denn die schlichte Aufhebung der Nr. 7 des Bescheids aufgrund einer Anfechtungsklage beträfe lediglich die getroffene Befristungsentscheidung als solche, so dass ein erfolgreiches Rechtsmittel zur Folge hätte, dass das – unmittelbar kraft Gesetz geltende – Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde. Die Rechtsstellung der Kläger wäre somit nicht verbessert. Das Ziel einer kürzeren Befristung der gesetzlichen Sperrwirkung nach § 11 Abs. 2 AufenthG müsste, ebenso wie die Erteilung einer Betretenserlaubnis gemäß § 11 Abs. 8 AufenthG, im Wege der Verpflichtungsklage erstritten werden (vgl. NdsOVG, B. v. 14.12.2015 – 8 PA 199/15 – juris Rn. 5; VG München, B. v. 12.1.2016 – M 21 S 15.31689 – UA S. 8; VG Ansbach, B. v. 20.11.2015 – AN 5 S 15.01667 – juris Rn. 2; B. v. 18.11.2015 – AN 5 S 15.01616 – UA S. 2; VG Aachen, B. v. 30.10.2015 – 6 L 807/15.A – juris Rn. 8; Funke/Kaiser, GK-AufenthG, Stand Dezember 2015, § 11 Rn. 183, 190, 193, 196).
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Kläger keine substantiierten Bedenken gegen die Länge der Befristung vorgebracht haben.
2. Im Übrigen ist die Klage zwar zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 11. Januar 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) noch Zuerkennung des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) oder Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
Für das Gericht ist offensichtlich, dass der geltend gemachte Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft den Klägern nicht zusteht.
Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Asylberechtigte oder als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag der Kläger nicht erkennbar. Das Gericht folgt daher der zutreffenden Begründung der Beklagte im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Die Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet beruht auf § 29 a Abs. 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat i. S. d. Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Das Heimatland der Kläger, Serbien, ist ein sicherer Herkunftsstaat in diesem Sinne (vgl. § 29 a Abs. 2 AsylG in Anlage II zu § 29 a AsylG). Die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat erfolgte aufgrund des Gesetzes zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer vom 31. Oktober 2014 (BGBl. I S. 1649) mit Wirkung vom 6. November 2014. Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich die Einstufung als verfassungswidrig erweist (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1507/93, Rn. 65).
Gegen die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat bestehen weder verfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken. Dies entspricht auch der ganz überwiegenden Meinung der deutschen Verwaltungsgerichte, der sich das zu entscheidende Gericht anschließt (vgl. VG Regensburg, B. v. 24.2.2015 – RN 6 S 15.30120 – juris Rn. 18; VG Bayreuth, B. v. 13.2.2015 – B 3 S 15.30041 – juris Rn. 17; VG Berlin U. v. 28.01.2015 – 7 K 546.15 A – juris Rn. 19-32; B. v. 9.12.2014, 7 L 603.14 A – juris; VG Hamburg B. v. 6.3.2015 – 5 AE 270/15 – juris Rn. 4; VG Gelsenkirchen, B. v. 29.1.2015 – 19a L 94/15.A; VG Oldenburg B. v. 9.4.2015 – 7 B 1548/15 – juris Rn. 22; VG Aachen, B. v. 3.2.2015 – 9 L 680/14.A- juris Rn. 9; a. A. VG Münster, Beschl. v. 27.11.2014, 4 L 867/14.A – juris sowie Bader in InfAuslR, 2015, 69 ff.).
Die Kläger haben die durch § 29 a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung auch nicht durch den schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erschüttern können. Zur Ausräumung der Vermutung ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal der Kläger gründet. Dabei können sie ihre Furcht vor politischer Verfolgung auch dann auf ein persönliches Verfolgungsschicksal stützen, wenn dieses seine Wurzel in allgemeinen Verhältnissen hat. Die Vermutung ist erst ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muss vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im Allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit des Klägers glaubhaft sein. Zur Substantiierung trägt insoweit bei, wenn der Asylbewerber die Beweismittel vorlegt oder benennt, die nach den Umständen von ihm erwartet werden können. Diesen Voraussetzungen wird ein Kläger umso schwerer genügen können, je mehr er seine individuelle Verfolgungsfurcht auf allgemeine Verhältnisse gründet, die schon der gesetzlichen Kennzeichnung des Staates als sicherer Herkunftsstaat oder der Aufrechterhaltung dieser Qualifizierung entgegensteht (BVerfG U. v. 14.05.1996, – 2 BvR 1507/93 und 2 BvR 1508/93 -, BVerfGE 94, 115 ff, juris Rn. 97-99).
Die Klägerin zu 1. hat keinen schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erbracht. Das gilt insbesondere im Hinblick auf ihren Vortrag, in der Republik Serbien aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Volk der Roma und ihrer Religionszugehörigkeit einem erhöhten Verfolgungsrisiko ausgesetzt zu sein. Der Vortrag der Klägerin zu 1., auch in der mündlichen Verhandlung, war nach Überzeugung des Gerichts vage und unsubstantiiert und nicht geeignet, asylerhebliche Verfolgungshandlungen ihr persönlich gegenüber zu belegen. Es war in der mündlichen Verhandlung nicht möglich, die Widersprüche zwischen ihrem Vorbringen in ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt und dem in „Psychologischen Fachgutachten“ wiedergegebenen Schicksal auszuräumen oder aufzuklären, wofür jedoch die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast trägt.
Die Kläger haben im Fall ihrer Rückkehr nach Serbien keine Gruppenverfolgung als Volkszugehörige der Roma zu erwarten. Voraussetzung einer Gruppenverfolgung – egal ob durch staatliche oder nicht staatliche Akteure – ist stets, dass jedes im Verfolgungsgebiet lebende Gruppenmitglied wegen der Gruppenzugehörigkeit von Verfolgung betroffen ist. Dabei müssen Verfolgungshandlungen gegen die Gruppe vorliegen, die so intensiv und zahlreich sind, dass jedes Mitglied der Gruppe die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit ableiten kann (vgl. BVerwG, B. v. 1.2.2007 – 1 C 24.06 – NVwZ 2007, 590). Eine solche Verfolgungsdichte besteht für Angehörige der Roma in Serbien nicht.
Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt daher auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend ist auszuführen: Den Klägern ist nicht gemäß § 4 Abs. 1 AsylG subsidiärer Schutz zuzuerkennen. Subsidiär schutzberechtigt ist nach dieser Vorschrift, wer stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, ihm drohe in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden. Als ernsthafter Schaden gilt dabei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Die vorgenannten Gefahren müssen dabei gemäß § 4 Abs. 3 AsylG i. V. m. § 3c AsylG in der Regel von dem in Rede stehenden Staat oder den ihn beherrschenden Parteien oder Organisationen ausgehen. Die Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure kann hingegen nur dann zu subsidiärem Schutz führen, wenn der betreffende Staat selbst nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu gewähren. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern bei ihrer Rückkehr nach Serbien ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht. Sie haben auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, denn die tatbestandliche Voraussetzung eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes ist in Serbien nicht gegeben.
Ferner bestehen keine Anhaltspunkte für Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG. Eine Verletzung von Menschenrechten oder Grundfreiheiten, die sich aus der Konvention vom 4.11.1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergäbe, ist nicht ersichtlich. Was insbesondere § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anbetrifft, fehlt es an einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit.
Für die Kläger zu 2. und 4. sind für den Fall der Rückkehr nach Serbien schon keine Gefahren für ihre Gesundheit dargetan. Die geltend gemachte psychische Erkrankung der Klägerin zu 1. und die psychische Auffälligkeit des Klägers zu 3. begründen ebenfalls keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Regelung erfasst zwar nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann aber gegeben sein, wenn die Gefahr besteht, dass sich eine vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B. v. 17.8.2011 – 10 B 13/11 u. a. – juris; BayVGH, U. v. 3.7.2012 – 13a B 11.30064 – juris Rn. 34). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (OVG NRW, B. v. 30.12.2004 – 13 A 1250/04.A – juris Rn. 56). Diese Rechtsprechung hat nunmehr auch in § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 4 AufenthG seinen Niederschlag gefunden, wonach eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vorliegt bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.
Gemessen an diesen Grundsätzen ist für die Klägerin zu 1. zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts keine derart schwere Erkrankung dargetan. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss eine derartige Krankheit substantiiert vorgetragen sein, wozu regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attestes gehört. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt (BVerwG, U. v. 11.9.2007 – 10 C 8/07 – BVerwGE 129,251 ff.). Die Atteste von „…“ genügen den Anforderungen der Rechtsprechung nicht, denn sie sind nicht von einem Facharzt für Psychiatrie oder einem Psychologischen Psychotherapeuten erstellt worden. Die beiden Atteste des Bezirksklinikums … (Tagesklinik …) vom 14. Oktober 2015 und vom 18. Dezember 2015 stammen zwar von einem Facharzt für Psychiatrie, beruhen aber auf einer Konsultation, nicht jedoch auf einer eingehenden und nachvollziehbar dokumentierten Exploration der Klägerin zu 1., wie sie für eine Diagnose eines Posttraumatischen Belastungssyndroms erforderlich ist. Außerdem wird lediglich der Verdacht auf ein Posttraumatisches Belastungssyndrom diagnostiziert. Zudem stellen die Atteste zwar die Behandlungsbedürftigkeit der Klägerin zu 1. fest, enthalten jedoch keinerlei Prognose für den Fall der Rückkehr nach Serbien, so dass die im Asylverfahren einzig erheblichen konkreten Gefahren aufgrund der Behandlungsmöglichkeiten im Heimatland nicht belegt sind. Die nach § 74 Abs. 2 AsylG, § 87 b Abs. 3 VwGO verspätet vorgelegten psychiatrischen Atteste der Psychiatrischen Tagesklinik …, Dr. …, vom … August 2016, vom … September 2016 und vom … Oktober 2016 enthalten ebenfalls keine Prognose über den Verlauf der Erkrankung, wenn die Klägerin zu 1. auf die Behandlungsmöglichkeiten in ihrem Heimatland Serbien angewiesen ist.
Die diagnostizierten psychischen Erkrankungen der Klägerin zu 1. sind auch, wie vom Bundesamt zutreffend festgestellt, in Serbien grundsätzlich behandelbar.
Bei den Umständen eines Abbruchs der Behandlung oder eines Behandlerwechsels handelt es sich ebenso wenig um zielstaatsbezogene Umstände, die vom Bundesamt im Asylverfahren zu prüfen sind, wie bei der Aufnahme in das EU-Programm, sondern um Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, und deshalb allein von der Ausländerbehörde zu prüfen sind. Zwar könnte die Klägerin zu 1. bei einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet wohl eine bessere gesundheitliche Versorgung erlangen. Wie in § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG jedoch ausdrücklich klargestellt ist, ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Der Abschiebungsschutz des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gewährleistet nicht die Heilung oder bestmögliche Linderung von Krankheiten im Bundesgebiet, sondern „nur“, dass sich im Fall der Rückkehr in das Heimatland eine vorhandene Erkrankung nicht aufgrund der Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung oder aufgrund individuell eingeschränkten Zugangs zu Behandlungsmöglichkeiten in dem Zielstaat alsbald und in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führen würde. Ein Ausländer muss sich auf den Standard der Gesundheitsversorgung im Heimatland verweisen lassen, auch wenn dieser dem Niveau in Deutschland nicht entspricht (vgl. OVG NW, B. v. 27.7.2006 – 18 B 586/06; v. 14.6.2005 – 11 A 4518/02.A – juris). Ängste und subjektive Vorstellungen der Klägerin zu 1. vermögen keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote zu begründen. Sie muss sich für ihre psychische Erkrankung auf die in Serbien vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten verweisen lassen.
Für den Kläger zu 3. ergeben sich aus dem Arztbrief vom … September 2016 keine psychischen Erkrankungen, sondern vorbehaltlich weiterer Diagnostik eine Entwicklungsstörung. Daher sind erhebliche konkrete Gefahren für Leben oder Gesundheit des Klägers zu 3. nach einer Rückkehr nach Serbien wegen der Verhältnisse in seinem Heimatland nicht erkennbar.
Vor diesem Hintergrund ist auch die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
Schließlich stellt sich das auf § 11 Abs. 7 AufenthG gestützte befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot als rechtmäßig dar. Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden, zumal die Kläger gegen das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG keine Einwendungen vorgebracht und insbesondere kein fehlerhaftes Ermessen gerügt haben.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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