Verwaltungsrecht

Keine Heilung bei Auswahlentscheidung durch periodische Beurteilung

Aktenzeichen  B 5 K 18.992

Datum:
16.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 51077
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
LlbG Art. 56 Abs. 4 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

1.    Die Klage wird abgewiesen.
2.    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
3.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
4.    Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

I.
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Bescheid vom 23.03.2018 sowie der Widerspruchsbescheid vom 29.08.2018 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten; er hat keinen Anspruch auf erneute Entscheidung über die Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Bei dem hier streitgegenständlichen Dienstposten handelt es sich für Kläger und Beigeladenen um einen Beförderungsdienstposten (dazu unter 1.). Der Beklagte hat die angegriffene Auswahlentscheidung daher zu Recht nach leistungsbezogenen Kriterien vorgenommen. Eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Klägers ist nicht ersichtlich (dazu unter 2.).
1. a) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Dienstherr bei einer Stellenbesetzung zwischen Beförderungs- und Versetzungsbewerbern unterscheiden kann. Nur dann, wenn sich der Dienstherr für ein Auswahlverfahren entschließt, an dem Beförderungs- und Umsetzungs-/Versetzungsbewerber unterschiedslos teilnehmen, legt er sich auf ein an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) ausgerichtetes Auswahlverfahren (Auswahlverfahren nach dem Prinzip der Bestenauslese) fest. Der Dienstherr hat ein in seiner Organisationsfreiheit begründetes Wahlrecht zwischen Umsetzung, Versetzung und Beförderung, dessen Ausübung im pflichtgemäßen Ermessen der für den Dienstherrn handelnden Behörden steht (BVerwG, U.v. 25.11.2004 – 2 C 17/03 – BVerwGE 122, 237, juris Rn. 18; B.v. 20.8.2003 – 1 WB 23/03 – RiA 2004, 35, juris Rn. 4 m.w.N.). Welches „Modell“ der Dienstherr seiner Entscheidung über die Besetzung eines freien Dienstpostens zugrunde legt, hat er – gleichsam als „Organisationsgrundentscheidung“ – spätestens vor der Auswahlentscheidung festzulegen (BVerwG, B.v. 20.8.2003, a.a.O., juris Rn. 4).
Interessenten für einen Dienstposten, auf den sie ohne Statusveränderung umgesetzt oder versetzt werden wollen, haben grundsätzlich keinen Bewerbungsverfahrensanspruch nach Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. BVerwG, U.v. 25.11.2004 – 2 C 17/03 – NVwZ 2005, 702 m.w.N.; BayVGH, B.v. 20.3.2009 – 3 CE 08.3278 – juris). Der Beklagte hat in der gegenständlichen Stellenausschreibung vom 01.02.2018 darauf hingewiesen, dass eine Auswahl entsprechend den Vorgaben der Bestellungsrichtlinien erfolgt. Damit hat der Beklagte auch Nr. 3 der RBestPol in der damaligen Fassung in Bezug genommen, wonach ämtergleiche Um- oder Versetzungen – auch nach erfolgter Ausschreibung – vorrangig durchgeführt werden. Folglich hat der Beklagte mit der Bezugnahme auf die RBestPol in der gegenständlichen Ausschreibung deutlich gemacht, dass er Umsetzungs- bzw. Versetzungsbewerber einerseits und Beförderungsbewerber andererseits bei der Auswahlentscheidung nicht gleich behandeln will. Vielmehr ist mit Hinweis auf Nr. 3 RBestPol hinreichend klargestellt, dass Beamte, die bereits einen Dienstposten innehaben, der dem Wert des ausgeschriebenen Dienstpostens gleichwertig ist, nicht am Auswahlverfahren nach Nr. 2 RBestPol teilnehmen. Sie können jedoch auch nach erfolgter Ausschreibung dann vorrangig bestellt werden, wenn es besondere dienstliche Gründe erfordern oder zwingende persönliche Gründe vorliegen und Kosten dadurch nicht anfallen. In diesem Fall müsste die Auswahlentscheidung nur den Anforderungen an die Ausübung pflichtgemäßen (aber seit weit gespannten) Ermessens genügen und dürfte nicht willkürlich sein (vgl. BVerfG, B.v. 28.11.2007 – 2 BvR 1431/08 – NJW 2008, 909; BayVGH, B.v. 3.9.2008 – 3 CE 08.1538 u. v. 20.3.2009 – 3 CE 08.3278 – juris).
Sofern die Beklagtenseite darauf verweist, dass das personalwirtschaftliche Ermessen des Dienstherrn grundsätzlich auch die Befugnis umfasst, den Dienstposten ausschließlich leistungsbezogen zu besetzen (vgl. BVerwG, B.v. 27.9.2011 – 2 VR 3/11 – juris Rn. 20f.; BayVGH, B.v. 24.4.2009 – 3 CE 08.3152 – juris Rn. 27), verfängt diese Argumentation im vorliegenden Fall nicht. Denn das Polizeipräsidium hat sich mit der gegenständlichen Ausschreibung gerade nicht für eine Gleichbehandlung von Beförderungs- und Versetzungs-/Umsetzungsbewerbern entschieden, sondern hat mit dem Verweis auf die RBestPol vielmehr klargestellt, dass Versetzungen/Umsetzungen vorrangig durchgeführt werden. Der Beklagte hat sein Ermessen damit bereits anderweitig gebunden.
b) Gleichwohl hat der Beklagte im Rahmen der angegriffenen Auswahlentscheidung zu Recht auf den Grundsatz der Bestenauslese abgestellt. Denn bei dem hier in Rede stehenden Dienstposten handelt es sich für Kläger und Beigeladenen um einen Beförderungsdienstposten. Bereits im Rahmen der Ausschreibung vom 01.02.2018 hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass Dienstposten für Sachbearbeiterinnen/Sachbearbeiter 3. QE – Verkehr – bei einer Polizeiinspektion nach A 11/12 angehoben werden können. Zudem verwies der Beklagte auf die RBestPol, wonach bei vorgesehenen Bewertungsänderungen bei der Ausschreibung und bei den Dienstpostenbesetzungsverfahren die künftige Wertigkeit des Dienstpostens zu Grunde zu legen ist.
Nach den schriftsätzlichen Ausführungen der Beklagtenseite existieren im Bereich des Polizeipräsidiums Oberfranken 13 Dienstposten für Sachbearbeiterinnen/Sachbearbeiter
3. QE – Verkehr – bei einer Polizeiinspektion. Sieben dieser 13 Dienstposten seien bereits gehoben. Die nächste planmäßige Hebungsmöglichkeit bestehe zum 01.12.2022. Nach den weiteren Ausführungen der Beklagtenseite im Rahmen der mündlichen Verhandlung ist es in der Zwischenzeit – aufgrund erfolgreicher Bewerbungen der derzeitigen Stelleninhaber auf Beförderungsposten – bereits am 01.03.2019 zur Hebung eines Sachbearbeiterdienstpostens nach A 12 gekommen. Eine weitere Hebung stehe am 01.08.2019 unmittelbar bevor. Der Beigeladene komme – nach derzeitigem Sachstand – bei der übernächsten Hebungsmöglichkeit zum Zuge. Die nächste reguläre Hebungsmöglichkeit bestehe zum 01.05.2023.
Bereits schriftsätzlich trug die Beklagtenseite vor, dass für die Vergabe der Hebeoption kein offenes Auswahlverfahren stattfinde. Vielmehr werde die Hebung an den bestbeurteilten Sachbearbeiter vergeben, dessen Dienstposten noch nicht gehoben worden sei. Die vorstehenden Ausführungen der Beklagtenseite belegen, dass es sich bei der Hebeoption auf dem streitigen Dienstposten nicht lediglich um eine ungewisse Chance einer denkbaren Beförderung (vgl. BayVGH, B.v. 17.6.2008 – 3 CE 08.884 – juris Rn. 41f.) handelt. Vielmehr steht die Dienstpostenvergabe entsprechend der von Beklagtenseite geschilderten und unbestrittenen Vergabepraxis bereits in Zusammenhang mit einer konkreten Beförderungsplanung. Bei Freiwerden einer Hebemöglichkeit wird diese gleichsam automatisch, ohne dass eine Bewerbung der entsprechenden Dienstposteninhaber erforderlich wäre, an den leistungsstärksten der noch nicht gehobenen Verkehrssachbearbeiter bei einer PI vergeben. Letztlich kommen auf diese Weise alle im Geschäftsbereich des Beklagten tätigen Verkehrssachbearbeiter einer PI bei entsprechender Bewährung in den Genuss eines mit A 12 bewerteten Statusamtes. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung hat effektiver Rechtsschutz zur Sicherung der Bestenauslesegrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG bereits im Zeitpunkt der Dienstpostenvergabe stattzufinden, wenn die Bewährung auf dem Beförderungsdienstposten nach Ablauf der Bewährungszeit ohne erneute Auswahlentscheidung unmittelbar zur Beförderung führt (vgl. BVerfG, B.v. 8.10.2007 – 2 BvR 1846/07, 1835/07, 2 BvQ 32, 33/07 – NVwZ 2008, 69). In einem solchen einaktigen Verfahren, in dem mit der Vergabe des höherwertigen Dienstpostens die Auswahlentscheidung über die Beförderung in das höhere Statusamt vorweggenommen wird, ist das Verfahren von Dienstpostenbesetzung und Beförderung eine Einheit (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2018 – 2 A 2/18 – NVwZ 2019, 646). So liegt der Fall hier. Denn nach der Vergabepraxis des Beklagten wird mit der Besetzung des Verkehrssachbearbeiterdienstpostens bereits die entscheidende Weiche für eine Beförderung nach A 12 gestellt. Ein weiteres Auswahlverfahren im engeren Sinne findet bei Freiwerden einer Hebeoption nicht mehr statt.
Soweit von Klägerseite eingewandt wird, dass die Bestellungsrichtlinien (RBestPol) im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung lediglich im Entwurfsstadium vorgelegen hätten und im Übrigen die Rechtsnatur des Regelwerks sowie insbesondere dessen Bindungswirkung zweifelhaft sei, führt auch diese Argumentation zu keiner abweichenden Bewertung. Zum einen stellte der Beklagte zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung auf die seinerzeit geltende Version der Bestellungsrichtlinien vom 20.08.1997 in der Fassung vom 21.03.2003 (vgl. Behördenakte I, Bl. 95) und nicht lediglich auf einen Entwurf aus dem Jahr 2012 (vgl. Behördenakte I, Bl. 166) ab. Zum anderen gibt dieses als Verwaltungsvorschrift zu qualifizierende Regelwerk hinsichtlich der in Nr. 4.3 getroffenen Regelung zu Dienstpostenbestellungen bei „vorgesehenen“ Bewertungsänderungen lediglich die bereits in der o.g. Rechtsprechung entwickelten Grundsätze wieder, wonach zur Gewährleistung des Leistungsprinzips bereits im Zeitpunkt der Dienstpostenvergabe die Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG anzulegen sind, wenn die Tätigkeit auf dem Dienstposten nach entsprechender Bewährung ohne erneute Auswahlentscheidung unmittelbar in die Beförderung mündet (vgl. BVerfG, B.v. 8.10.2007 a.a.O.).
2. a) Die Auswahlentscheidung des Beklagten verletzt den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers nicht. Denn die Vergabe des ausgeschriebenen Dienstpostens an den Kläger erscheint jedenfalls nicht ernstlich möglich (vgl. BayVGH, B.v. 18.4.2018 – 3 CE 18.618 – juris Rn. 1 m.w.N.).
Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Daraus folgt der Anspruch eines Beförderungsbewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09, IÖD 2011, 14; U.v. 25.2.2010 – 2 C 22/09, ZBR 2011, 37; BVerfG, B.v. 29.7.2003 – 2 BvR 311/03, BayVBl 2004, 17).
Die Geltung dieses Grundsatzes wird nach Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Bestenauslesegrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Art. 33 Abs. 2 GG gibt somit die entscheidenden Beurteilungsgesichtspunkte für die Bewerberauswahl zur Besetzung von öffentlichen Ämtern abschließend vor. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Anderen Gesichtspunkten darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand von unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten kein Vorsprung von Bewerbern ergibt. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist (BVerfG, B.v. 11.5.2011 – 2 BvR 764/11; BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09, a.a.O.; U.v. 17.8.2005 – 2 C 37/04, BVerwGE 124, 99; U.v. 28.10.2004 – 2 C 23/03, BVerwGE 122, 147).
Einen Rechtsanspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Stelle hat der Kläger nicht. Ein solcher lässt sich nach herrschender Rechtsprechung nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten, die sich auf das vom Beamten bekleidete Amt beschränkt und somit amtsbezogen ist. Der Kläger hat aber einen Bewerbungsverfahrensanspruch, d.h. einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 94 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung für den Freistaat Bayern (BV), § 9 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) und Art. 16 Abs. 1 LlbG normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746 und vom B.v. 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – NVwZ 2008, 194).
Anhand dieser Vorgaben hat der Dienstherr unter mehreren Bewerbern den am besten Geeigneten ausfindig zu machen. Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung von Beamtenstellen, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Beamten an seinem angemessenen beruflichen Fortkommen. Ein Bewerber hat daher Anspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung (BVerwG, U. v. 25.8.1988 – 2 C 28/85 – juris; BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – BayVBl 2011, 565; VG München, B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris). Aus der Verletzung dieses Anspruchs folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Beförderung oder auf Vergabe des begehrten Dienstpostens. Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B. v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746).
Aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt daher die Möglichkeit des unterlegenen Bewerbers, in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen, ob er durch die Auswahlentscheidung in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf fehlerfreie Auswahl verletzt worden ist. Der Beamte kann dabei sowohl geltend machen, selbst in rechtswidriger Weise benachteiligt worden zu sein (vgl. etwa BVerwG, U.v. 28.10.2004 – 2 C 23/03, juris, zum Erfordernis eines Mindestdienstalters), als auch eine auf sachfremden Erwägungen beruhende unzulässige Bevorzugung des ausgewählten Konkurrenten rügen (vgl. etwa BVerwG, U.v. 17.8.2005 – 2 C 37/04, juris, für die Auswahl anhand der Wertigkeit des Dienstpostens, den der Mitbewerber innehatte). Der Fehler kann daher sowohl in der Qualifikationsbeurteilung des Beamten als auch in derjenigen des erfolgreichen Bewerbers oder im Leistungsvergleich zwischen den Bewerbern liegen (vgl. BVerfG, B.v. 20.9.2007 – 2 BvR 1972/07, ZBR 2008, 167; GKÖD, Bd. I, K § 8 Rn. 127).
Wird die Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung gerügt und hat der Dienstherr Richtlinien für die Abfassung der dienstlichen Beurteilung erlassen, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob diese – vermittels Art. 3 Abs. 1 GG den Dienstherrn gegenüber dem Beamten rechtlich bindenden – Richtlinien eingehalten sind und ob die Richtlinien mit den gesetzlichen Regelungen, speziell denen des Leistungslaufbahngesetzes über die dienstliche Beurteilung, und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (BVerwG, U.v. 21.3.2007 – 2 C 2/06, juris; v. 19.12.2002 – 2 C 31.01, juris und vom 30.4.1981 – 2 C 8/79, juris).
Bei der Auswahlentscheidung für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens sind die Feststellungen über Eignung, Befähigung und Leistung in erster Linie auf dienstliche Beurteilungen zu stützen. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in seinem Urteil vom 27.02.2003 (Az. 2 C 16.02 – NVwZ 2003, 1397) den Vorrang dienstlicher Beurteilungen, insbesondere den der jeweils aktuellen dienstlichen Beurteilung, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber betont. Dem entspricht die Regelung in Art. 56 Abs. 4 Satz 1 LlbG. Wird demnach als Grundlage bei der Übertragung höherwertiger Dienstposten nach Art. 16 Abs. 1 Satz 3 LlbG eine periodische Beurteilung herangezogen, ist diese bis zu dem in Verwaltungsvorschriften festzulegenden einheitlichen Verwendungsbeginn der nächsten periodischen Beurteilung zu verwenden. Daher geht der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich davon aus, dass die Beurteilungszeiträume für Regelbeurteilungen (hier drei Jahre) Hinweise geben, wie lange von der Aktualität einer dienstlichen Beurteilung auszugehen ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.3.2010 – 3 CE 9.3208 – juris Rn. 16). Im Hinblick auf die gebotene Transparenz des Stellenbesetzungsverfahrens ist jedoch dann, wenn der Dienstherr die Aktualität der letzten Beurteilung nicht mehr als gegeben ansieht, dies durch Erstellen einer Anlassbeurteilung zu dokumentieren (BayVGH, B.v. 8.8.2007 – 3 CE 07.1050 – juris Rn. 42). Entsprechend sieht auch Art. 56 Abs. 4 Satz 2 LlbG vor, dass dann, wenn sich während des laufenden periodischen Beurteilungszeitraums erhebliche Veränderungen der tatsächlichen Grundlagen der Beurteilungskriterien ergeben haben, so dass die weitere Verwendung der letzten periodischen Beurteilung bis zum nächsten darauf folgenden einheitlichen Verwendungsbeginn ausnahmsweise nicht mehr sachgerecht wäre, die periodische Beurteilung zu aktualisieren ist. Andererseits geht der BayVGH regelmäßig davon aus, dass der Dienstherr durch Berücksichtigung der aktuellen dienstlichen Beurteilung bei seiner Auswahlentscheidung inzidenter zum Ausdruck bringt, dass aus seiner Sicht keine relevanten Änderungen erfolgt sind (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2004 – 3 CE 04.76 – juris Rn. 80; B.v. 8.8.2007 a.a.O. juris Rn. 43; B.v. 24.4.2009 – 3 CE 08.3152 – juris Rn. 49).
Vorliegend wurde die streitige Auswahlentscheidung vom 14.03.2018 auf der Grundlage der periodischen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber für den Beurteilungszeitraum vom 01.06.2012 bis 31.05.2015 getroffen. Im Rahmen des Auswahlvermerks hat der Beklagte schriftlich niedergelegt, dass der Beigeladene in der zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellen Beurteilung aus 2015 mit elf Punkten im Statusamt eines Polizeihauptkommissars (A 11) das beste Gesamtergebnis erreicht habe. Demgegenüber erzielte der Kläger nach Aktenlage im gleichen Beurteilungszeitraum ein Gesamtergebnis von neun Punkten im Statusamt eines Polizeikommissars.
b) Soweit von Klägerseite nunmehr eingewandt wird, dass die dem Leistungsvergleich zugrunde gelegte periodische Beurteilung des Klägers aus dem Jahr 2015 aufgrund des fortgeschrittenen Zeitablaufs und angesichts der Tatsache, dass der Kläger zum 01.11.2015 befördert worden ist, nicht mehr hinreichend aktuell gewesen sei, kann diese Argumentation nicht durchdringen.
Zwar ist der Klägerseite zuzugeben, dass eine Beurteilung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann nicht mehr hinreichend aktuell ist, wenn einschneidende Änderungen eingetreten sind (BVerwG, B.v. 24.5.2011 – 1 WB 59.10 – NVwZ-RR 2012, 32; v. 22.9.2005 – 1 WB 4.05 – DVBl 2006, 574) oder andere Aufgaben wahrgenommen worden sind (BVerwG, U.v. 30.06.2011 – 2 C 19.10 – BVerwGE 140, 83; v. 11.2.2009 – 2 A 7.06 – NVwZ 2009, 787). Entsprechendes sieht nunmehr auch Art. 56 Abs. 4 Satz 2 LlbG vor, der auf erhebliche Veränderungen der tatsächlichen Grundlagen der Beurteilungskriterien abstellt. Dass nach der hier streitigen Auswahlentscheidung für den Kläger eine periodische Beurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 01.06.2015 bis 31.05.2018 erstellt worden ist, vermag diesen etwaigen Fehler in der Auswahlentscheidung nicht zu heilen. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Bewerberauswahl um ein höheres Statusamt oder – in der Vorwirkungskonstellation – um einen höherwertigen Dienstposten ist die Sachlage im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung (BVerwG, B.v. 12.12.2017 – 2 VR 2/16 – juris Rn. 52).
Die Klage bleibt jedoch gleichwohl ohne Erfolg, da auch im Falle einer erneuten fehlerfreien Auswahlentscheidung eine solche zu Gunsten des Klägers nicht ernstlich möglich erscheint (vgl. BayVGH, B.v. 18.4.2018 – 3 CE 18.618 – juris Rn. 1).
Eine Anlassbeurteilung, die zwischen zwei Regelbeurteilungen erstellt wird, darf die Feststellungen und Bewertungen zu Eignung, Leistung und Befähigung in der zuvor erstellten Regelbeurteilung lediglich fortentwickeln. Der Befugnis des Dienstherrn, Beförderungen auf der Grundlage von Anlassbeurteilungen vorzunehmen, wenn Regelbeurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell sind, korrespondiert seine Verpflichtung, Anlassbeurteilungen lediglich in einem die Regelbeurteilung fortentwickelnden Sinne zu erstellen. Dem Entwicklungscharakter solcher Anlassbeurteilungen entspricht es, dass Leistungssprünge nur ausnahmsweise zu verzeichnen sein dürften, das Notengefüge der Anlassbeurteilungen also im Wesentlichen demjenigen der Regelbeurteilungen entspricht (BVerwG, B.v. 22.11.2012 – 2 VR 5/12 – juris Rn. 30f.).
Um einen Leistungsgleichstand mit dem Beigeladenen, der sich zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung im höheren Statusamt befand, zu erzielen, hätte der Kläger in einer etwaigen Anlassbeurteilung eine Leistungssteigerung um vier Punkte, also ein Gesamturteil von 13 Punkten, benötigt. Dies erscheint sowohl im Hinblick auf die vorgenannte Rechtsprechung als auch angesichts der im Beurteilungszeitraum dieser Beurteilung stattgefundenen Beförderung des Klägers in ein höheres Statusamt zum 01.11.2015 äußerst unwahrscheinlich. Darüber hinaus ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass es im Zeitraum zwischen November 2015 (Beförderung des Klägers) und März 2018 (streitige Auswahlentscheidung) zu derart eklatanten Leistungssprüngen des Klägers gekommen wäre, die eine Steigerung des bisherigen Beurteilungsergebnis um vier Punkte gerechtfertigt hätten.
Damit bleibt es bei den bereits oben dargelegten Feststellungen, dass den im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung vorliegenden periodischen Beurteilungen ein im Vergleich zum Beigeladenen deutlich schlechteres Gesamturteil entnommen werden konnte. Substantiierte Einwendungen, aus denen sich eine Fehlerhaftigkeit der letzten periodischen Beurteilung des Beigeladenen ergeben würde, in welcher diesem ein Gesamturteil von elf Punkten zugesprochen worden ist, wurden nicht erhoben. Insbesondere kam es zu keiner nicht glaubwürdigen Verbesserung der Beurteilung des Beigeladenen. Vielmehr erhielt dieser im Vorbeurteilungszeitraum als Polizeioberkommissar ein Gesamturteil von 13 Punkten zugesprochen.
Der Kläger wird deshalb durch die zu seinen Lasten getroffene Auswahlentscheidung nicht in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt.
II.
Der Kläger hat als unterliegender Beteiligter die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene, der sich mangels eigener Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 Satz 1 VwGO), seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Wegen der allenfalls geringen Höhe der durch den Beklagten vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung von Vollstreckungsschutz nicht angezeigt.
III.
Die Berufung wird gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen. Der Frage, ob der Dienstposten des Sachbearbeiters/der Sachbearbeiterin 3. QE – Verkehr – bei einer Polizeiinspektion wegen der auf diesem Posten bestehenden Hebeoption als Beförderungsdienstposten einzuordnen ist, kommt grundsätzliche Bedeutung zu.

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