Verwaltungsrecht

Keine Herausgabe von Kaninchen wegen Verstoßes gegen Haltungsverbot

Aktenzeichen  M 23 E 17.1309

Datum:
26.5.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
TierSchG TierSchG § 2, § 15 Abs. 2, § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 2
VwGO VwGO § 123 Abs. 1

 

Leitsatz

Ein bestandskräftiges Kaninchenhaltungsverbot steht der Herausgabe weggenommener Kaninchen entgegen.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragstellerin hatte das Landratsamt Forchheim am 5. Februar 2014 aufgrund damals festgestellter erheblicher Mängel in der Tierhaltung u.a. untersagt, bis zum Nachweis der Sicherstellung einer den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechenden Haltung Kaninchen zu halten. Diese Anordnung ist nach Aktenlage bestandskräftig; ein relevanter Bezug zu der von der Antragstellerin beanspruchten Entscheidung des BayVGH v. 2. August 2016 (Streitwertbeschwerde, 9 C 16.909) ist nicht zu erkennen.
Nachdem die Antragstellerin in den Landkreis Fürstenfeldbruck verzogen war, fanden mehrfach Kontrollen der Haltung der dennoch angeschafften Kaninchen durch die Antragstellerin bzw. deren ehemaligen Lebensgefährten statt.
Zuletzt ordnete das Landratsamt Fürstenfeldbruck (Landratsamt) durch Bescheid vom 24. März 2017 u.a. an, die Antragstellerin müsse zur Überprüfung der Einhaltung tierschutzrechtlicher Bestimmungen in Bezug auf die Haltung von Kaninchen das Betreten der Wohnräume am Freitag, 24. März 2017, zwischen 11.00 – 16.00 Uhr dulden. Die Anordnung wurde für sofort vollziehbar erklärt.
Bei diesem Kontrolltermin wurden die 22 von der Antragstellerin gehaltenen Kaninchen durch das Landratsamt aufgrund mangelhafter Haltungsbedingungen fortgenommen.
Durch Bescheid vom 29. März 2017 ordnete das Landratsamt u.a. die Duldung der Fortnahme der am Freitag, 24. März 2017 fortgenommenen 22 Kaninchen sowie deren anderweitige pflegliche Unterbringung auf Kosten der Antragstellerin bzw. die Duldung der Veräußerung der Tiere an. Die sofortige Vollziehung des Bescheides wurde angeordnet.
Dies wurde im Wesentlichen und bezugnehmend auf ein Gutachten des Veterinäramtes des Landratsamtes vom 24. März 2017 mit der tierschutzwidrigen Haltung der Kaninchen begründet.
Bereits durch Schreiben vom 24. März 2017, eingegangen am 28. März 2017, erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht München (M 23 K 17.1310) mit dem ausdrücklichen Antrag, den Bescheid vom 24. März 2017 für „nichtig“ zu erklären.
Für das vorliegende Eilverfahren beantragte die Antragstellerin gleichzeitig die „sofortige Rückgabe der Tiere“, was im Einzelnen unter Bezugnahme auf verschiedene Strafanzeigen und Kontaktverbote gegen das Veterinäramt begründet wurde.
Niederschriftlich am 3. April 2017 ergänzte die Antragstellerin die Klage unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 29. März 2017 und gab für das vorliegende Verfahren an, die Tiere seien vom Landratsamt tierschutzwidrig untergebracht worden. Für das Wohl der Tiere sei die Rückgabe an die Antragstellerin zwingend von Nöten.
Durch Schriftsatz vom 4. April 2017 beantragte der Antragsgegner den Antrag abzulehnen und verwies im Wesentlichen auf die Verfahrensgeschichte, die festgestellte erhebliche Vernachlässigung der Tiere sowie auf die Tatsache, dass sich die Antragstellerin nicht an das Tierhalteverbot des Landratsamtes Forchheim gehalten habe. Das Klageverfahren in Bezug auf den Bescheid vom 24. März 2017 (= Duldung der Kontrolle am 24.3.2017) sei erledigt. Im Übrigen sei eine Herausgabe an die Antragstellerin schon aufgrund der unzureichenden Haltungsbedingungen und wegen des bestehenden Tierhalteverbotes abzulehnen.
Am 12. Mai 2017 fand ein Erörterungstermin vor dem Berichterstatter der 23. Kammer statt. Die Antragstellerin erklärte in der Folge, an dem Eilantrag festzuhalten.
Durch Beschluss vom 23. Mai 2017 wurde die Streitsache gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der explizit gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur umgehenden Rückgabe der Tiere an die Antragstellerin bleibt ohne Erfolg. Die Antragstellerin kann zumindest einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft machen (§ 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
Im Ergebnis nichts anderes gilt, wenn der Antrag der anwaltlich nicht vertretenen Antragstellerin sachdienlich (entsprechend §§ 86 Abs. 2, 88 VwGO) dahingehend auszulegen ist, dass es vorliegend im Kern um die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer erhobenen Anfechtungsklage gegen die sofort vollziehbaren Anordnungen in den Ziff. 1 und 2 des Bescheides vom 29. März 2017 (§ 123 Abs. 5 VwGO), verbunden mit einem Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch, geht (§ 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 5 S. 1 und 3 VwGO). Denn das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt jedenfalls das private Aussetzungsinteresse, so dass in der Folge auch eine einstweilige Herausgabe ausscheidet.
Gegen die Antragstellerin besteht ein bestandskräftiges Kaninchenhaltungsverbot des Landratsamtes Forchheim vom 5. Februar 2014, dem sich die Antragstellerin offenkundig durch Ignorierung entzieht. Einen Antrag bei dem zuständigen Landratsamt Fürstenfeldbruck auf Wiedergestattung der Kaninchenhaltung (§ 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 a.E. TierSchG) hat die Antragstellerin weder gestellt noch liegt eine positive Entscheidung hierüber vor. Das Haltungsverbot gilt fort. Bereits dies rechtfertigt die Wegnahme der Tiere, wie in Ziff. 1 erster Halbsatz des Bescheides vom 29. März 2017 angeordnet, und steht der Herausgabe der Tiere an die Antragstellerin entgegen.
Wesentlich hinzukommen die offenkundigen tierschutzwidrigen Haltungsbedingungen, die das Veterinäramt des Landratsamtes in seinem tierschutzrechtlichen Gutachten vom 24. März 2017 im Einzelnen darlegt und bewertet, und das die Grundlage der Wegnahme (mit der Folge der derzeitigen Unterbringung der Tiere auf Kosten der Antragstellerin) bildet. Das Gericht bezweifelt die inhaltliche Richtigkeit der Darlegungen des Veterinäramtes nicht. Die Veterinärin des Landratsamtes hat die Feststellungen in dem Erörterungstermin nochmals überzeugend zusammenfassend dargelegt und ergänzend in einem Aktenvermerk vom 10. Mai 2017 die derzeitig Unterbringung der Tiere geschildert.
Im Übrigen wurde die vorrangige amtstierärztliche Bewertung (§ 15 Abs. 2 TierSchG) von der Antragstellerin auch gar nicht fundiert, etwa durch eine abweichende tierschutzfachliche Bewertung eines Haustierarztes, in Frage gestellt. Die Antragstellerin beschränkt sich im Gegenteil auf die rein subjektive Behauptung tierschutzwidriger Umstände in der Tierauffangstation und beansprucht für sich das Monopol der fachlichen Beurteilung.
Schließlich hat die Antragstellerin aber auch – trotz gegenteiliger Behauptung – dem Veterinäramt gar nicht nachweisen können, dass sie aktuell Haltungsbedingungen tatsächlich, überprüfbar und nachhaltig in einer Art ändern würde, die es rechtfertigen könnte, ihr die Kaninchenhaltung – ggf. eingeschränkt – erneut zu gestatten.
Der Antrag war daher unter der Kostenfolge entsprechend § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz i.V.m. Ziff. 1.5 Satz 1 Streitwertkatalog.

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