Aktenzeichen Au 6 K 16.32308
Leitsatz
1 Volkszugehörige der Hazara unterliegen in Afghanistan zwar noch einer gewissen Diskriminierung, sie sind derzeit und in überschaubarer Zukunft aber weder einer an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung ausgesetzt (ebenso BayVGH BeckRS 2012, 54740, BeckRS 2013, 48093). (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2 Grds. ist Kabul im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan als Fluchtalternative geeignet, da das Risiko, dort durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, keine derart hohe Gefahrendichte aufweist, dass praktisch jede Zivilperson schon alleine aufgrund ihrer Anwesenheit in Kabul einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt wäre. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Kläger haben zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf die Gewährung subsidiären Schutzes oder von Abschiebungsschutz (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 19. Oktober 2016 ist daher rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es wird insoweit in vollem Umfang Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt:
1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine Verfolgung i. S. des § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten. Die Gefahr einer derartigen Verfolgung bei ihrer Rückkehr nach Afghanistan haben die Kläger nicht glaubhaft gemacht.
a) Es ist Sache des Schutzsuchenden, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Wegen des sachtypischen Beweisnotstands, in dem sich Flüchtlinge insbesondere im Hinblick auf asylbegründende Vorgänge im Verfolgerland vielfach befinden, genügt für diese Vorgänge in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
b) Nach Überzeugung des Einzelrichters haben die Kläger ihr Heimatland nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung im o.g. Sinne verlassen. Die Kläger zu 1 und 2 haben sich bei Darstellung ihrer Verfolgungsgründe bereits bei der getrennt erfolgten Anhörung vor dem Bundesamt (Blatt 116 der Bundesamtsakte) wesentlich widersprochen. Diesen Widerspruch konnten sie in der mündlichen Verhandlung nicht auflösen. Als Grund für ihre Ausreise wurde von den Klägern zu 1 und 2 in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend angegeben, der Kläger zu 1 hätte für die Taliban mit seinem Lkw Sprengstoff zu einem amerikanischen Flughafen transportieren sollen. Die Taliban hätten ihn hierzu zweimal angesprochen. Er sei jedoch nicht verschleppt worden. Dies steht in erheblichem Widerspruch zum Vortrag der Klägerin zu 2 bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt, bei der sie vortrug, soweit sie wisse, sei ihr Mann (der Kläger zu 1) zwei Mal verschleppt worden. Das zweite Mal sei er ca. einen Monat lang weg gewesen. Er sei geschlagen worden und habe Verletzungen im Gesicht gehabt. Auf diesen Widerspruch in der mündlichen Verhandlung angesprochen, gaben die Kläger an, der Kläger zu 1 habe in Afghanistan einen Verkehrsunfall mit seinem Lkw gehabt, aufgrund dessen er 40 Tage in einem Krankenhaus in … gelegen sei. Während dieser Zeit habe er seine Familie nicht über seinen Verbleib benachrichtigen können. Die Klägerin zu 2 habe aus Sorge um ihren Mann bei ihrem Schwager nachgefragt, welcher ihr böswillig und wahrheitswidrig gesagt habe, ihr Mann sei verschleppt worden. Bei der Rückkehr ihres Mannes aus dem Krankenhaus habe sich die Sache aufgeklärt. Die Klägerin zu 2 habe dies so auch dem Bundesamt gesagt, wisse aber nicht, wie es dort verstanden worden sei. Diese Begründung überzeugt nicht. Der Umstand, dass die Klägerin beim Bundesamt wider besseren Wissens eine Verfolgungsgeschichte angegeben hat, die sich – nach ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung – so nie zugetragen hat und zu den „eigentlichen“ Fluchtgründen nichts angab, ist ein deutliches Indiz dafür, dass es keinen tatsächlichen Vorfall, wie vom Kläger zu 1 geschildert, gab, der ursächlich für ihre Ausreise aus Afghanistan war. Andernfalls hätte es nahe gelegen, diesen Grund dem Bundesamt zu schildern. Die Klägerin zu 2 ist nach eigenen Angaben auf der Reise nach Europa von ihrem Mann über die Gründe ihrer spontanen Ausreise (laut Kläger zu 1 am zweiten Tag nach dem Vorfall) informiert worden. Hätte sich der vom Kläger zu 1 geschilderte Vorfall mit den Bewaffneten und dem „Transportauftrag“ so tatsächlich ereignet, hätte es nahe gelegen, dies beim Bundesamt als Grund für ihre Ausreise anzugeben, was die Klägerin zu 2 jedoch nicht getan hat. Nur am Rande sei erwähnt, dass auch der Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung bei Einzelheiten von den beim Bundesamt gemachten Angaben abweicht. So gab er beim Bundesamt an, beim zweiten Zusammentreffen sei ein Bewaffneter zu ihm gekommen, habe nach seinem Fahrzeug geschaut und sei zu ihm ins Auto gestiegen, in der mündlichen Verhandlung führte er hingegen aus, er sei ins Auto der Taliban gestiegen. Beim Bundesamt gab er als Ausrede gegenüber den Taliban an, dass sein Fahrzeug bereits voll beladen sei. In der mündlichen Verhandlung führte er hingegen aus, er habe den Taliban mitgeteilt, er bräuchte Zeit, um die Personalien, auf die sein Lkw bei der Verkehrspolizei zugelassen sei, zu ändern. Letztlich erscheint selbst bei Wahrunterstellung des Vortrags auch zweifelhaft, ob aktuell noch eine Verfolgung drohen würde. Der Kläger zu 1 wurde wohl zufällig unter den Lkw-Fahrern ausgewählt. Dem Kläger sollten 100.000 USD für den Transport des Sprengstoffes angeboten worden sein, jedoch sei das Geld noch nicht bezahlt worden. Nach dem Verschwinden des Klägers mussten sich seine „Auftraggeber“ somit lediglich nach jemand anders umsehen. Mit seinem Verschwinden hat sich der Kläger nicht aktiv in Opposition zu ihnen gesetzt. Dass seine „Auftraggeber“ nach fast zwei Jahren Abwesenheit ihn deswegen noch suchen sollten, ist nach Überzeugung des Einzelrichters nicht plausibel.
Soweit in der Klagebegründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 7. November 2014 (5a K 421/14.A – juris) geltend gemacht wird, der Kläger wäre wegen seiner Tätigkeit für die internationalen Streitkräfte bedroht und angegriffen worden, geht dies vorliegend an der Sache vorbei. Der Kläger zu 1 hat nicht vorgetragen, wegen seiner Tätigkeit für westlichen Institutionen von den Taliban bedroht und angegriffen zu werden, wie es dem genannten Urteil zugrunde liegt, sondern er sollte vielmehr mit ihnen kooperieren und eine Ablehnung hätte negative Folgen gehabt. Eine Kooperation hätte sogar eine Belohnung von 100.000 USD erbracht.
c) Ob die wohl zufällig erfolgte Auswahl des Klägers als Transporteur für den Sprengstoff überhaupt an ein Verfolgungsmerkmal im Sinne des § 3b AsylG anknüpft, bedarf nach Vorstehendem keiner weitere Ausführung.
d) Eine Verfolgung allein wegen ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara haben die Kläger in Afghanistan nicht zu befürchten. Volkszugehörige der Hazara unterliegen in Afghanistan zwar noch einer gewissen Diskriminierung, sind aber keiner durch die Taliban oder anderer nichtstaatlicher Akteure an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung ausgesetzt. Es fehlt jedenfalls an der für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen kritischen Verfolgungsdichte (BayVGH, U.v. 3.7.2012 – 13a B 11.30064 – juris Rn. 20 ff.; U.v. 1.2.2013 – 13a B 12.30045 – juris Rn. 18). Auch unter Berücksichtigung und Würdigung der aktuellen Auskunftslage und der Stellungnahme des UNHCR (Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.4.2016) ergibt sich keine abweichende rechtliche Bewertung. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amts hat sich für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara die Lage grundsätzlich verbessert (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19.10.2016, im Folgenden: Lagebericht, S. 9). Auch der im Lagebericht geschilderte Überfall auf eine Gruppe Hazara auf der Straße von Kabul nach Kandahar, zeigt die latenten Spannungen zwischen Taliban und Hazara, führt wegen der räumlichen Entfernung zu Kabul aber nicht zur Annahme einer auch dort generell für Hazara gesteigerten Leibes- und Lebensgefahr.
e) Dies gilt auch für die Zugehörigkeit zur Religionsgruppe der Schiiten, da Schiiten zwar nicht in allen Landesteilen gleichermaßen zahlenmäßig vertreten sind, aber doch neben den Sunniten mit etwa 19% die zahlenmäßig nächst große Religionsgruppe bilden (Lagebericht S. 10) und ein entsprechendes Gegengewicht bilden, so dass nicht von einer landesweiten Gruppenverfolgung ausgegangen werden kann. Einzelne lokale oder regionale Übergriffe radikaler Sunniten ändern nichts daran, dass die Bevölkerung Afghanistans seit jeher auch einen hohen Anteil an Schiiten umfasst und diese politisch repräsentiert sind (Lagebericht S. 10).
2. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Gewährung subsidiären Schutzes i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG. Die Kläger haben keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihnen bei einer Rückkehr nach Afghanistan ein ernsthafter Schaden droht.
Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG i.V.m. Art. 15 RL 2011/95/EU die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
a) Die Kläger haben eine ernsthafte Bedrohung, die eine Gefährdungslage i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG begründen würde, nicht glaubhaft gemacht (siehe oben).
b) Auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG liegen nicht vor. Den Klägern droht bei einer Rückkehr nach Afghanistan und hier insbesondere nach Kabul nach derzeitigem Kenntnisstand des Gerichts auch keine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
Die Frage, ob die in Afghanistan oder Teilen von Afghanistan stattfindenden gewalttätigen Auseinandersetzungen nach Intensität und Größenordnung als vereinzelt auftretende Gewalttaten i.S. von Art. 1 Nr. 2 des Zusatzprotokolls vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (BGBl. 1990 II S. 1637) – ZP II – oder aber als anhaltende Kampfhandlungen bewaffneter Gruppen im Sinne von Art. 1 Nr. 1 ZP II zu qualifizieren sind, kann dahinstehen, weil nach der Überzeugung des Gerichts der Kläger keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wäre. Denn es fehlt vorliegend an einer Verdichtung allgemeiner Gefahren, die weitere Voraussetzung für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist.
Der einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt erreicht in Kabul als für eine Rückkehr der Kläger in Betracht kommende Ort kein so hohes Niveau, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (s. hierzu auch BayVGH, B.v. 23.9.2013 – 13a ZB 13.30252 – juris). Dies ergibt sich auch unter Berücksichtigung der jüngsten Anschläge dort:
Das Risiko, dort durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, ist weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2017 – 13a ZB 16.30374 – Rn. 9; BayVGH, B.v. 28.3.2017 –13a ZB 17.30212 – Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 23.5.2017 – 13a ZB 17.30314 – Rn. 6 ff.): Auch aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes und weiteren Quellen ergibt sich nicht, dass sich die Sicherheitslage in Kabul im Vergleich zur Einschätzung in den vorangegangenen Lageberichten wesentlich verschlechtert hätte (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 19.10.2016, S. 4 mit Verweis auf UNAMA-Daten, S. 17 f.). Die Hauptgefährdung der afghanischen Zivilbevölkerung geht demnach von lokalen Machthabern und Kommandeuren aus, die sich der Kontrolle der Zentralregierung entziehen und häufig ihre Macht missbrauchen. Neben medienwirksamen Anschlägen auf militärische wie zivile internationale Akteure wurden vermehrt Anschläge auf afghanische Sicherheitskräfte verübt mit gestiegenen Opferzahlen insbesondere unter Armeeangehörigen (ebenda S. 17). Die im Vergleich zum Jahr 2015 um etwa 4% gestiegenen Opferzahlen der Zivilbevölkerung von 1.601 toten und 3.565 verletzten Zivilisten resultieren vor allem aus improvisierten Sprengsätzen (ebenda S. 17). Angriffe auf Kindergärten und Schulen fanden landesweit mit Schwerpunkt im Süden und Osten des Landes statt (ebenda S. 18). An aktuellen Daten listet die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UN Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) in ihrem Jahresbericht für 2016 (UNAMA, Afghanistan, Protection of Civilians in Armed Conflict, Annual Report 2016 vom Februar 2017, https://unama.unmissions.org/protection-of-civilians-reports, S. 3) im Jahr 2016 gestiegene Opferzahlen auf: Es handele sich um insgesamt 11.418 zivile Opfer, darunter 3.498 getötete und 7.920 verletzte Zivilisten, wobei die Zahl der getöteten Zivilisten seit dem Jahr 2014 gesunken und die der verletzten Zivilisten in diesem Zeitraum noch gestiegen ist. Seit dem Jahr 2009 habe der innerafghanische Konflikt zu 24.841 getöteten und 45.347 verletzten Zivilisten geführt. Der Anstieg der Opferzahlen im Jahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr sei wesentlich auf Bodenkämpfe, danach auf improvisierte Sprengsätze und schließlich auf Selbstmordattentate sowie komplexe Anschläge zurückzuführen (ebenda S. 3). Die höchsten Opferzahlen seien im Süden und in der Zentralregion festzustellen; insbesondere ein Anstieg in der Stadt Kabul um 34% im Vergleich zum Jahr 2015 auf 2.348 zivile Opfer, darunter 534 getötete und 1.814 verletzte Zivilsten (ebenda S. 4). Hingegen seien die Opferzahlen in den nordöstlichen und östlichen Gebieten etwas zurückgegangen (ebenda S. 4 f.). Für 61% der Opfer seien regierungsfeindliche Gruppen verantwortlich; im Wesentlichen durch improvisierte Sprengsätze (ebenda S. 7); allerdings in steigendem Umfang auch durch Selbstmord- und komplexe Attentate (ebenda S. 8). Friedensgespräche mit den Taliban seien bislang erfolglos geblieben; das Friedensabkommen mit Hisb-e-Islami und Gulbuddin Hekmatjar enthalte eine weitgehende Amnestie und Schutz vor Strafverfolgung für von diesen begangene Kriegs- und andere Verbrechen (ebenda S. 11). Den Anstieg bestätigt insofern auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 19.6.2017 zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, S. 2, https://www….pdf), wonach die Provinz Kabul im Jahr 2016 unter allen afghanischen Provinzen die meisten zivilen Toten und Verletzten zu verzeichnen gehabt habe (ebenda S. 2). Für das erste Halbjahr 2017 listet die UNAMA in ihrem Halbjahresbericht für 2017 (UNAMA, Midyear Report vom Juli 2017, S. 3 ff., https://unama.unmissions.org/ sites/default/files/protection_of_civilians_in_armed_conflict_midyear_report_2017_july_2017.pdf) folgende, dem Vorjahr vergleichbar eingestufte Opferzahlen auf: Es handele sich um insgesamt 5.243 zivile Opfer, darunter 1.662 getötete und 3.581 verletzte Zivilisten mit einem Rückgang um 1% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. 19% aller zivilen Opfer seien auf Selbstmordattentate sowie komplexe Anschläge in Kabul zurückzuführen (ebenda S. 3). Die Mehrheit der Opfer sei durch willkürlichen und gesetzwidrigen Gebrauch von improvisierten Sprengsätzen und Minen seitens der regierungsfeindlichen Gruppen verursacht worden. Das Selbstmordattentat vom 31. Mai 2017 in Kabul sei der folgenschwerste Angriff nach den Aufzeichnungen der UNAMA seit dem Jahr 2011 (ebenda S. 4; ähnlich SFH a.a.O., S. 3 f.). Neben den improvisierten Sprengsätzen und Minen seien Bodenkämpfe die nächst folgende Ursache für zivile Opfer mit einem Rückgang um 10% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Dies sei möglicherweise auch durch weniger bewegliche Frontlinien und darauf reagierende Ausweichbewegungen der Zivilbevölkerung aus hart umkämpften Gebieten verursacht (ebenda S. 4). Die Zahl weiblicher Opfer sei gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 23% gestiegen, jene der Kinder um 1% (ebenda S. 5). Die höchsten Opferzahlen auf Grund von Selbstmordattentaten sowie komplexen Anschlägen seien in der Provinz Kabul wegen der Anschläge in der Stadt Kabul zu verzeichnen (1.048 zivile Opfer, darunter 219 getötete und 829 verletzte Zivilisten), gefolgt von den Provinzen Helmand, Kandahar, Nangarhar und Uruzgan usw. (ebenda S. 5). In 15 von 34 afghanischen Provinzen seien die Opferzahlen durch Angriffe regierungsfeindlicher Gruppen gestiegen (ebenda S. 5; detailliert je Provinz ebenda S. 79). Diese Datenlage zeigt also einerseits etwa gleichbleibende gesamte Opferzahlen, allerdings einen Anstieg der zivilen Opferzahlen und eine relative Verschlechterung der Sicherheitslage in Stadt und Provinz Kabul durch die Zunahme gezielter Anschläge (vgl. UNHCR, Anmerkungen zur Situation in Afghanistan vom Dezember 2016). Allerdings hat die Zunahme von Anschlägen nach Überzeugung des Gerichts nicht zu einer solchen Verschlechterung der Sicherheitslage in der Zentralregion und in Kabul geführt, dass vernünftigerweise nicht mehr erwartet werden könnte, dass ein Rückkehrer sich dort niederlässt. Die allgemeine Gefährdungslage dort erreicht keine Intensität, dass ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nach den von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen an einen solchen Konflikt (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2017 – 13a ZB 16.30374 – Rn. 11; BayVGH, B.v. 19.6.2017 – 13a ZB 17.30400 – juris Rn. 14 ff.) angenommen werden könnte. Ausgehend von einer Opferzahl von rund 11.500 zivilen Opfern im Jahr 2016 und einer Bevölkerungszahl in Afghanistan von mindestens 27 Mio. Menschen ist das Risiko, dort durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, noch weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2017 – 13a ZB 16.30374 – Rn. 9; BayVGH, B.v. 28.3.2017 –13a ZB 17.30212 – Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 23.5.2017 – 13a ZB 17.30314 – Rn. 6 ff.: Wahrscheinlichkeit weit unter 1:800) und es besteht auch keine zu einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führende Gefahrenlage (vgl. BayVGH, B.v. 19.6.2017 – 13a ZB 17.30400 – juris Rn. 13). Dies gilt auch für die Stadt Kabul mit einer von UNAMA mitgeteilten Opferzahl von 1.048 zivile Opfern bei einer Einwohnerzahl in der Stadt Kabul von geschätzt 4,5 Mio. Menschen (vgl. Auswärtiges Amt, Länderinformationen Afghanistan, Schätzung 2011, www…de, Abruf vom 7.6.2017). Soweit Organisationen wie UNHCR und Pro Asyl sowie Presseberichte auf die Zunahme von Anschlägen in Kabul verweisen (vgl. UNHCR, Anmerkungen zur Situation in Afghanistan vom Dezember 2016), folgen sie eigenen Maßstäben, nicht jenen der o.g. Rechtsprechung. Dass die Opferzahlen – bei anderer Zählweise – höher liegen können, wie teils eingewandt wird (vgl. Stahlmann, Asylmagazin 2017, 82 mit Fn. 2), ändert sich diese Bewertung nicht, denn die von UNAMA mitgeteilten Daten sind methodisch nachvollziehbar ermittelt und auch deswegen belastbar, da sie von einer von der internationalen Staatengemeinschaft getragenen Organisation stammen. UNAMA wurde auf Grund der Resolution Nr. 1401 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen eingerichtet auf Bitten der afghanischen Regierung; das Mandat wurde bis heute verlängert, zuletzt am 17. März 2017 mit Resolution Nr. 2344 (vgl. UNAMA, Mandate, a.a.O.). UNAMA ist landesweit vertreten und unterhält Verbindungsbüros in Pakistan und im Iran; die Mission hat mehr als 1.500 Beschäftigte, darunter etwa 1.150 afghanische Beschäftigte (ebenda). Dass die Methodik der UNAMA überholt wäre, die Informationen an offen erkennbaren inhaltlichen Defiziten litten, insbesondere an entscheidungserheblichen unzutreffenden Tatsachenannahmen, unlösbaren Widersprüchen, sich aus den Stellungnahmen ergebenden Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit oder eines speziellen, hier nicht vorhandenen Fachwissens bedürften (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2015 – 7 C 15.13 – NVwZ 2016, 308/312 Rn. 47 m.w.N.), ist weder ersichtlich noch substantiiert gerügt. Im Gegenteil liegen für Afghanistan mangels Einwohnermeldewesens auch für die Bevölkerungszahlen nur Schätzungen vor (dies räumt auch Stahlmann, Asylmagazin 2017, 73/74 ein), so dass jede Datenerhebung schon deswegen an tatsächliche Grenzen stößt. Dass und weshalb andere Auskunftsquellen methodisch belastbarere Primärdaten hätten (auch SFH a.a.O. gibt keine selbst erhobenen Daten wieder), ist nicht ersichtlich, so dass die Daten von UNAMA weiterhin zu Grunde gelegt werden (vgl. auch Amnesty International, Afghanistan 2017 vom 15.2.2017, https://www…de/ jahresbericht/2017/afghanistan, S. 3 unter Verweis auf UNAMA-Daten). Auch der Ende Mai 2017 gegen die deutsche Botschaft in Kabul gerichtete Selbstmordanschlag führt zu keiner abweichenden Bewertung. Ausländische Institutionen und ihre afghanischen Helfer sind wie bisher Ziel gezielter Anschläge. Trotz der hohen Opferzahl sind die von der Rechtsprechung an die Annahme einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit von Schaden an Leib oder Leben gestellten Anforderungen nicht erfüllt (vgl. nur BayVGH, B.v. 23.5.2017 – 13a ZB 17.30314 – Rn. 7 m.w.N.). Daher erreicht die allgemeine Gefährdungslage in Kabul keine Intensität, dass Kabul im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage als Fluchtalternative nicht mehr geeignet wäre (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2017 – 13a ZB 16.30374 – Rn. 9; BayVGH, B.v. 28.3.2017 –13a ZB 17.30212 – Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 23.5.2017 – 13a ZB 17.30314 – Rn. 6 ff.). Daran wird auch im vorliegenden Fall festgehalten.
3. Schließlich liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vor.
a) § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Maßgeblich sind die Gesamtumstände des jeweiligen Falls und Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (vgl. EGMR, U.v. 28.2.2008 – Nr. 37201/06, Saadi/Italy – NVwZ 2008, 1330 Rn. 125, 140). Ein Abschiebungsverbot infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt nur in Fällen ganz extremer Gewalt in Betracht und auch schlechte humanitäre Bedingungen können nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen. In Afghanistan ist die allgemeine bzw. humanitäre Lage grundsätzlich nicht so schwierig, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten würde (vgl. BayVGH, B.v. 11.4.2017 – 13a ZB 17.30294 – juris Rn. 5; VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 – 3 A 140/16 – juris Rn. 55 ff.).
Indes können schlechte humanitäre Bedingungen eine auf eine Bevölkerungsgruppe bezogene Gefahrenlage darstellen, die zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinn von Art. 3 EMRK führt. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das erkennende Gericht anschließt, bei der Rückkehr von Familien mit minderjährigen Kindern unter den in Afghanistan derzeit herrschenden Rahmenbedingungen im Allgemeinen der Fall, so dass für sie ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG besteht (vgl. BayVGH, U.v. 23.3.2017 – 13a B 17.30030 – juris Rn. 15 m.w.N.). Alle Kläger sind dabei gemeinsam in die Betrachtung und Bewertung miteinzubeziehen. Denn unter Einbeziehung der Bedeutung, welche die deutsche Rechtsordnung dem Schutz von Ehe und Familie beimisst (Art. 6 GG), ist bei der Prognose, welche Gefahren dem Asylbewerber im Falle einer Abschiebung in den Heimatstaat drohen, regelmäßig von einer gemeinsamen Rückkehr aller Familienangehörigen auszugehen (vgl. BayVGH, U.v. 21.11.2014 – 13a B 14.30285 – juris Rn. 21 m.w.N.). Die einzelne und isolierte Rückkehr eines Familienmitglieds ist weder realistisch noch von Rechts wegen einzufordern (vgl. VG München, U.v. 18.5.2017 – 17 K 17.31269 – juris Rn. 19 m.w.N.). Etwaige Rückkehrhilfen können zwar eine (anfängliche) Unterstützung bieten, jedoch sind die Leistungen allein nicht ausreichend, um eine unmenschliche Behandlung in diesem Sinn auszuschließen (BayVGH, U.v. 23.3.2017 – 13a B 17.30030 – juris Rn. 24).
Vorliegend ist jedoch eine Sondersituation gegeben: Die Kläger haben bis zu ihrer Ausreise aus Afghanistan Anfang 2016 in Kabul gelebt und dort durch den erheblich über dem durchschnittlichen Einkommen liegenden Verdienst des Klägers von 2.000 – 3.000 USD ihren Lebensunterhalt sichern können. Neben seiner Tätigkeit als Kraftfahrer mit eigenem Lkw hat der Kläger Fahrzeuge verkauft. Dass er nach eigenen Angaben kaum lesen und schreiben kann, hat ihn in seiner erfolgreichen Erwerbstätigkeit offensichtlich nicht gehindert. Dabei hat er selbst internationale Geschäfte getätigt, indem er Fahrzeuge aus Europa in Afghanistan verkauft hat (vgl. Protokoll über die mündliche Verhandlung S. 4 f.). Die hierbei gesammelte Erfahrung und die damit zum Ausdruck gebrachte Geschäftstüchtigkeit sowie das hierfür erforderliche wirtschaftliche Netzwerk heben ihn dabei aus der Masse der Arbeitssuchenden in Kabul hervor. In Anbetracht der konkreten Umstände des Einzelfalls ist es nach Überzeugung des Einzelrichters dem Kläger zu 1 möglich, bei einer Rückkehr nach Afghanistan an seine früheren Tätigkeiten anzuknüpfen und auch zukünftig ein Einkommen zu erwirtschaften, dass zur Sicherung des Lebensunterhalts seiner Familie ausreicht. Insbesondere sein Lkw als Betriebsmittel steht ihm voraussichtlich noch zur Verfügung, nachdem er diesen bei einem Verwandten auf dem Hof abgestellt und den Verwandten beauftragt hat, seinen Lkw zu verwahren. Neben dieser guten Erwerbsperspektive spricht für das Vorliegen einer Sondersituation auch, dass die Kläger bis zu ihrer Ausreise zusammen mit den beiden Geschwistern und der Mutter des Klägers zu 1 in einem eigenen Haus in … gelebt haben. Damit steht den Klägern dort bei einer Rückkehr ausreichend Wohnraum zur Verfügung. Dass sich an dieser Situation etwas geändert hätte, haben die Kläger nicht vorgebracht. Soweit sie behaupten, seit dem Tod ihrer Tochter in Griechenland keinen Kontakt mehr zum Bruder des Klägers zu 1 zu haben, hat dies in der Person der Kläger liegende Gründe, lässt jedoch nicht den Schluss zu, der genannte Bruder würde nicht mehr in … im ehemaligen Elternhaus leben. So haben die Kläger als Grund für den fehlenden Kontakt angegeben, sie seien zu sehr mit ihren Problemen beschäftigt. Hinzu kommt, dass neben den Geschwistern des Klägers zu 1 noch weitere Angehörige der Klägerin zu 2 in … gelebt haben und wohl noch weiter dort leben, die nötigenfalls Hilfestellung leisten können. Zusammen mit den Verwandten erscheint es möglich, für die Kinder eine Betreuung zu organisieren, sodass nötigenfalls auch die Klägerin zu 2 ihre frühere Tätigkeit als Teppichknüpferin wie vor ihrer Ausreise teilweise wiederaufnehmen kann.
Im Ergebnis kann in Würdigung der gesamten Umstände des vorliegenden Einzelfalls – insbesondere mit Blick auf die Unterkunftssituation, die uneingeschränkte persönliche, sachliche sowie wirtschaftliche Erwerbsfähigkeit des Klägers zu 1 und unter Berücksichtigung des familiären Hintergrundes sowie dem Vertrautsein mit den Verhältnissen in … – nach Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 VwGO) hier nicht von einer ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG rechtfertigenden extremen Gefahrenlage ausgegangen werden.
b) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG ist ebenfalls nicht gegeben.
Die allgemeine Gefahr in Afghanistan hat sich für die Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist. Wann allgemeine Gefahren von Verfassung wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die drohenden Gefahren müssten nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Dies setzt voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Ausreise in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann, der Ausländer somit gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 – juris Rn. 15). Dies kann nach den obigen Ausführungen aufgrund der guten Erwerbsperspektive und des familiären Hintergrunds der Kläger jedoch nicht angenommen werden.
4. Nachdem sich auch das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG als rechtmäßig erweist, war die Klage mit der Kostenfolge der §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).