Aktenzeichen M 3 E 15.3709
Leitsatz
Erhebt der Antragsteller keine konkreten Einwände gegen die der Festsetzung der Zulassungszahl zugrunde gelegte Kapazitätsberechnung, bedarf es keiner Überprüfung der festgesetzten Zulassungszahl von Amts wegen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragspartei hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 2.500,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragspartei bewarb sich erfolglos um einen Studienplatz an der Hochschule für angewandte Wissenschaften München (im Folgenden: die Hochschule) im Bachelorstudiengang Betriebswirtschaft für das Wintersemester 2015/2016; die Hochschule lehnte ihre Bewerbung mit dem – mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen – Bescheid vom 14. August 2015 ab. Mit Schreiben vom … August 2015 beantragten die Bevollmächtigten des Antragstellers bei der Hochschule die Zulassung des Antragstellers zum Bachelorstudiengang Betriebswirtschaft außerhalb der festgesetzten Kapazität wegen der Nichtauslastung der festgesetzten Kapazität. Die Hochschule hat auch den Antrag auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität abgelehnt; über die gegen den Ablehnungsbescheid erhobene Klage (M 3 K 15.4960) ist noch nicht entschieden.
Am … August 2015 beantragten die Bevollmächtigten beim Verwaltungsgericht München,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, die Antragspartei vorläufig zum Studium Betriebswirtschaft (Bachelor) im 1. Fachsemester, beginnend mit dem Wintersemester 2015/2016 an der Hochschule zuzulassen.
Die Antragspartei begehre ihre vorläufige Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität.
Die Hochschule habe die Kapazität nicht ausgeschöpft.
Die Hochschule hat am 23. Oktober 2015 beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Mit der Satzung über die Zulassungszahlen im Wintersemester 2015/2016 und im Sommersemester 2016 an der Hochschule vom 29. Juni 2015 sei für das Wintersemester 2015/2016 im Bachelorstudiengang Betriebswirtschaft für das erste Fachsemester eine Zulassungszahl von 179 Studienanfängern festgesetzt worden; am 22. Oktober 2015 seien 182 Studierende im ersten Fachsemester immatrikuliert gewesen, die festgesetzte Kapazität sei damit überschritten worden. Weitere Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität stünden im Studiengang Beteriebswirtschaft nicht zur Verfügung.
Die zugrunde liegende Kapazitätsberechnung wurde vorgelegt und der Antragspartei übermittelt. Sie bezieht die nicht besetzten Stellen ein und geht (vgl. Übersicht Personalstellen am 1.2.2015) aus von
– 49 Professorenstellen und einer Verminderung des Deputats um insgesamt 72,5 SWS
– 2 Stellen für LbA mit einem Deputat von jeweils 19 SWS
– 2 Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter mit einem Deputat von jeweils 10 SWS
– Dienstleistungsexport: 109,6952 SWS
– Summe Verbrauch aus dem Ausbauprogramm: 87,9352 SWS
– Sb: 777,8696 SWS
– CA: 4,0958
– zp des streitgegenständlichen Studiengangs: 0,7531
– Schwundfaktor: 0,8010, errechnet auf der Grundlage der Zahlen für 5 zurückliegende Semester (Wintersemester 2012/2013 bis Wintersemester 2014/2015).
Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und die von der Hochschule vorgelegten Unterlagen zur Kapazitätsberechnung Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, jedoch unbegründet.
Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung eines bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Die Antragspartei muss demnach sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sog. Anordnungsgrund, als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den sog. Anordnungsanspruch, glaubhaft machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO).
Die Antragspartei hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, d. h. die Dringlichkeit des Begehrens, bereits vor Abschluss eines Hauptsacheverfahrens wenigstens vorläufig zu dem von ihr gewünschten Studiengang zum Wintersemester 2015/2016 bzw. zum nächstmöglichen nachfolgenden Termin zugelassen zu werden.
Die Antragspartei hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Sie hat sich nicht konkret dazu geäußert, weshalb an der Hochschule M. im Wintersemester 2015/2016 im streitgegenständlichen Bachelorstudiengang Betriebswirtschaft im 1. Fachsemester über die bereits zugelassenen 182 Studierenden hinaus, womit die festgesetzte Zulassungszahl von 179 Studienplätzen erschöpft wurde, ein weiterer Studienplatz zur Verfügung stehen sollte, den sie in Anspruch nehmen könnte.
Eine Überprüfung der festgesetzten Zulassungszahl von Amts wegen, allein im Hinblick auf die pauschale Behauptung der Antragspartei, die Kapazität sei nicht erschöpft, hat das Gericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht vorzunehmen (ständige Rechtsprechung, z. B. VG München, B. v. 30.10.2014 – M 3 E 14.4246, rechtskräftig). Hinsichtlich der inhaltlichen Nachprüfung von Kapazitätsberechnungen ist es zwar verfassungsrechtlich grundsätzlich geboten, dass die Verwaltungsgerichte bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes von ihrem Erkenntnis- und Erfahrungsstand ausgehend die gegebenen Begründungen nachvollziehen, Streitpunkten entsprechend dem Stand der Rechtsprechung und öffentlichen Diskussion nachgehen sowie die Einwände der Prozessbeteiligten würdigen (BVerfG vom 22.10.1991 – 1 BvR 393/85, 1 BvR 610/85 – BVerfGE 85, 36, Rn. 77, betreffend die Zulassung zum Studium der Zahnmedizin). Im vorliegenden Fall hat die Antragspartei keine konkreten Einwände gegen die vom Antragsgegner der Festsetzung der Zulassungszahl zugrunde gelegte Kapazitätsberechnung erhoben und auch sonst nichts vorgetragen, weshalb noch ein weiterer freier Studienplatz außerhalb der festgesetzten Kapazität vorhanden sein sollte. Die mit Antragstellung abgegebene Begründung ist völlig pauschal und geht nicht ein auf die konkrete Kapazitätsberechnung.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 52 Abs. 1, 2 GKG.