Verwaltungsrecht

Keine Verfolgung russischsprachiger Staatsangehöriger in der Ukraine

Aktenzeichen  11 ZB 17.30523

Datum:
30.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 113712
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

Da keine Anhaltspunkte für eine Verfolgung russischsprachiger Staatsangehöriger der Ukraine  bestehen, bedarf die Frage keiner grundsätzlichen Klärung im Berufungsverfahren. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 7 K 16.32115 2017-03-10 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem kein Zulassungsgrund ausdrücklich genannt wird, hat keinen Erfolg, da keiner der in § 78 Abs. 3 AsylG genannten Berufungszulassungsgründe hinreichend dargelegt ist.
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass eine konkrete, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72). Bei einer auf tatsächliche Verhältnisse gestützten Grundsatzrüge muss der Rechtsmittelführer Erkenntnisquellen zum Beleg dafür angeben, dass die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend oder zumindest zweifelhaft sind (vgl. OVG NW, B.v. 12.12.2016 – 4 A 2939/15.A – juris m.w.N.).
Eine Divergenz im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG liegt vor, wenn ein Rechts- oder Tatsachensatz des Verwaltungsgerichts von einem tragenden Rechts- oder Tatsachensatz des Divergenzgerichts abweicht und die Entscheidung darauf beruht. Die divergierenden Sätze müssen in der Antragsbegründung einander so gegenübergestellt werden, dass die Abweichung erkennbar wird (Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 73 m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt die Antragsbegründung vom 26. April 2017 nicht. Die Kläger haben weder eine Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und dargelegt, warum eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung vorliegen soll (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG), noch haben sie einen Rechts- oder Tatsachensatz des Verwaltungsgerichts benannt, der von einem Rechts- oder Tatsachensatz eines Divergenzgerichts abweichen würde (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG). Vielmehr üben sie im Stile der Geltendmachung ernstlicher Zweifel Kritik an der angefochtenen Ausgangsentscheidung. Auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kann der Antrag auf Zulassung der Berufung in asylrechtlichen Verfahren jedoch nicht gestützt werden.
Selbst wenn man die Begründung des Berufungszulassungsantrags dahingehend verstehen wollte, dass grundsätzlich klärungsbedürftig sei, ob russischsprachigen Staatsangehörigen der Ukraine aus diesem Grund politische Verfolgung drohe, kann dies nicht zur Zulassung der Berufung führen, da keine Erkenntnismittel genannt werden, die eine solche Bewertung nahe legen würden. Die Angaben eines Mitglieds einer Musikgruppe stellen kein objektives Erkenntnismittel, sondern die Meinung einer Einzelperson dar, aus der keine Rückschlüsse auf eine landesweite politische Verfolgung russischsprachiger Ukrainer gezogen werden können. Dem Bericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 7. Februar 2017 und anderen Erkenntnismitteln kann demgegenüber nicht entnommen werden, dass russischsprachige Staatsbürger der Ukraine, die ca. 30 Prozent der Bevölkerung stellen (Ukraine-Analysen Nr. 106 v. 11.9.2012, S. 11, http: …www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen106.pdf), einer Verfolgung ausgesetzt wären. Darüber hinaus gilt im Oblast Cherson, aus dem die Kläger stammen und in den sie zurückkehren können, Russisch als regionale Amtssprache (vgl. https: …de.wikipedia.org/wiki/Russische_Sprache_in_der_Ukraine; Ukraine-Analysen a.a.O. S. 12). Im Übrigen wurde bei der Asylantragstellung für den Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 jeweils als zweite Sprache Ukrainisch aufgenommen und die Klägerin zu 2 verfügt wohl über gute Kenntnisse der ukrainischen Sprache.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
Mit der unanfechtbaren (§ 80 AsylG) Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

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