Verwaltungsrecht

Keine Verlängerung des Aufenthaltstitels

Aktenzeichen  M 12 S 17.731, M 12 K 17.730

Datum:
7.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 2 Nr. 9, § 55, § 59 Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

Ist ein Ausländer bereits kraft Gesetzes vollziehbar ausreisepflichtig, ist für die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der zusätzlich ergangenen Ausweisung als Grundverwaltungsakt wegen fehlender Akzessorietät nicht erforderlich. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird für dieses Verfahren und für das Hauptsacheverfahren (M 12 K 17.730) abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Aufhebung der Ausweisung.
Der am … geborene Antragsteller ist kasachischer Staatsangehöriger. Der Antragsteller ist von einer deutschen Frau geschieden und hat zwei minderjährige Kinder mit ihr, zu denen der Antragsteller nach eigenen Angaben keinen Kontakt mehr hat. Nach eigenen Angaben lebt in Kasachstan der Bruder des Antragstellers.
Der Antragsteller reiste erstmals am 1. März 2003 in das Bundesgebiet ein.
Am 3. Juni 2003 erhielt der Antragsteller erstmals eine Aufenthaltserlaubnis.
Mit Urteil des Amtsgerichts … vom … April 2006 wurde der Antragsteller wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Antragsteller am … August 2005 seine damalige Ehefrau im betrunkenen Zustand mit der Faust auf das Auge geschlagen hatte.
Seit 2007 ist der Antragsteller nach eigenen Angaben geschieden.
Mit Urteil vom … Mai 2008 wurde der Antragsteller wegen Hausfriedensbruch mit Sachbeschädigung in Mittäterschaft zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Antragsteller zusammen mit einer anderen Person in ein Einfamilienhaus einbrach, indem er die Tür aufhebelte. Im Bad lagerten Sie Exkremente und Müll ab. Es entstand ein Sachschaden von 10.000,- Euro.
Ein am … März 2008 gestellter Verlängerungsantrag wurde mit Bescheid vom 12. Mai 2009 abgelehnt (Bl. 175 ff. d BA). Eine dagegen gerichtete Klage war erfolglos.
In der Folge tauchte der Antragsteller nach Ablauf der mit Bescheid gesetzten Ausreisefrist unter und war für die Behörden nicht mehr zu erreichen. Nach eigenen Angaben lebte der Antragsteller in Parks.
Seit dem 28. Dezember 2011 ist der kasachische Pass des Antragstellers abgelaufen.
Am … Januar 2016 wurde der Antragsteller von der Polizei im Münchner Stadtgebiet festgenommen, da er sich unberechtigt in einer Asylunterkunft aufhielt. Gegenüber der Polizei verneinte der Antragsteller einen Kontakt zu seinen Kindern. Bis 8. März 2016 befand sich der Antragsteller in Untersuchungshaft.
Mit Urteil des Amtsgerichts … vom … März 2016, rechtskräftig seit 16. März 2016, wurde der Antragsteller wegen unerlaubten Aufenthalts ohne Aufenthaltstitel in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt ohne Pass zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt, deren Vollzug zur Bewährung ausgesetzt wurde (Bl. 338 ff. d. BA). Der Verurteilung lag zugrunde, dass sich der Antragsteller nach Ablauf der Aufenthaltserlaubnis zum 3. April 2008 weiterhin im Bundesgebiet aufhielt. Zudem hielt sich der Antragsteller nach Ablauf der Gültigkeit seines kasachischen Nationalpasses im Bundesgebiet auf. Zugunsten des Antragstellers wurde gewertet, dass er geständig war und Untersuchungshaft erlitten hatte. Zu Lasten wurde die lange Dauer des unerlaubten Aufenthalts gewertet. Zur Einwirkung auf den Antragsteller war die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe erforderlich. Angesichts der Untersuchungshaft und des Geständnisses konnte die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden.
Am 9. März 2016 erhielt der Antragsteller eine Duldung, da er über keine gültigen Heimreisedokumente verfügte (Bl. 287 d. BA), letztmals bis zum 7. März 2017 (Bl. 415 d. BA).
Mit Schreiben vom 9. Januar 2017 wurde der Antragsteller zur beabsichtigten Ausweisung angehört.
Mit Schreiben vom … Januar 2017 führte der Antragsteller aus, dass er schon sehr lange in Deutschland lebe und sich gut eingelebt habe. Er sei weitestgehend straffrei geblieben. In seiner Heimat sehe es beruflich schlecht aus. In Deutschland lebten auch seine beiden Kinder, die er, falls es sich ergebe, mal wieder sehen wolle.
Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 31. Januar 2017 wurde der Antragsteller aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Nr. 1), die Wiedereinreise für zwei Jahre untersagt (Nr. 2), der Antragsteller zur Ausreise innerhalb von 14 Tagen nach dem Vorliegen von Passersatzdokumenten und Bekanntgabe der möglichen Ausreise gegenüber dem Antragsteller verpflichtet und die Abschiebung im Falle der nicht fristgerechten Ausreise nach Kasachstan angedroht (Nr. 3). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Straffälligkeit des Antragstellers die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährde, da er sich über sieben Jahre ohne gültige Aufenthaltserlaubnis in Deutschland aufhalte. Er habe sich über die gesetzte Ausreisefrist bedenkenlos hinweggesetzt und sei weiter illegal in Deutschland geblieben. Es bestehe ein Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG. Der Antragsteller habe kein Bleibeinteresse gemäß § 55 AufenthG. Er führe weder derzeit eine familiäre Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Familienangehörigen, noch trage er die Personensorge für die beiden minderjährigen Kinder oder nehme sein Umgangsrecht mit diesen wahr. Weiter sei der Antragsteller weder minderjährig noch besitze er eine Aufenthaltserlaubnis, sodass er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Der Antragsteller habe während seines illegalen Aufenthalts keinen Kontakt zu seinen Kindern aufgenommen, könne noch nicht mal deren Anschrift nennen und es sei von einer gewissen Entfremdung der Kinder vom Antragsteller auszugehen. Der Antragsteller sei seit acht Jahren den Kindesunterhalt schuldig und es werde bezweifelt, dass er jemals für seine Kinder finanziell aufkommen werde. Somit stünden dem Erlass der Ausweisungsverfügung keine ersichtlichen Gründe des Kindeswohls entgegen. Der Antragsteller habe keine erkennbaren sozialen, wirtschaftlichen oder anderweitigen Bindungen in Deutschland. Der Antragsteller habe durch die Duldung ausreichend Zeit gehabt, den Kontakt zu der Mutter und seinen Kindern wiederherzustellen, dies sei ihm aber nicht gelungen. Der Antragsteller sei zwar lange in Deutschland gewesen, diese lange Aufenthaltszeit ohne Aufenthaltstitel und gültigen Reisepass sei aber keine rechtmäßige gewesen. Der Antragsteller sei obdachlos gewesen, habe auf der Straße gelebt und habe aufgrund seiner Illegalität nicht arbeiten können. In seinem Heimatland habe er soziale Bindungen, sein Bruder lebe dort. Er sei in Kasachstan aufgewachsen und habe einen großen Teil seines Lebens dort verbracht. Es überwiege eindeutig das Ausweisungsinteresse. Zudem bezwecke das Ausweisungsinteresse auch, dass Ausländer auf die aufenthaltsrechtlichen Folgen von Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung aufmerksam gemacht würden. Dieser Zweck werde durch eine einheitlich-verlässlich Verwaltungspraxis der Ausländerbehörde erreicht. Der Antragsteller sei gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig. Das Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbot werde auf zwei Jahre befristet. Dieser Zeitraum werde für erforderlich gehalten, um dem Gefahrenpotential des Antragstellers Rechnung zu tragen. Dabei habe sich die Antragsgegnerin an der Bewährungszeit orientiert.
Am … Februar 2017 hat der Antragsteller zur Niederschrift des Gerichts Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 31. Januar 2017 aufzuheben.
Gleichzeitig hat er beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Weiter hat er beantragt,
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu gewähren.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsteller sich bereits seit 14 Jahren in Deutschland aufhalte. Er empfinde die Ausweisungsverfügung als hart und unverhältnismäßig, da ihm dadurch die Chance genommen werde, seine Kinder jemals wiederzusehen.
Mit Schreiben vom 6. März 2017 hat die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen und die Klage abzuweisen Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten genommen.
II.
1. Soweit sich der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Nr. 1 und 2 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 31. Januar 2017 bezieht, ist der Antrag wegen fehlender Statthaftigkeit unzulässig. Im Hinblick auf die Abschiebungsandrohung in Nr. 3 des Bescheides vom 31. Januar 2017 ist der Antrag unbegründet.
In Nr. 1 des Bescheides vom 28. Juni 2011 hat die Antragsgegnerin die Ausweisung des Antragstellers verfügt. Die vom Antragsteller erhobene Anfechtungsklage hat im Hinblick auf die Ausweisungsverfügung nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Diese Wirkung ist nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG auf das Prozessrecht beschränkt.
Die Antragsgegnerin hat in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheides das durch die in Nr. 1 des Bescheides ausgesprochene Ausweisungsverfügung ausgelöste, nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG eintretende Verbot der Wiedereinreise in das Bundesgebiet auf zwei Jahre ab Ausreise befristet. Für das Klageverfahren ist im Hinblick auf das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für eine bloße Anfechtungsklage nach § 42 VwGO, die nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung hat, vorliegend kein Raum, da die Befristung des nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG gesetzlich eintretenden Einreiseverbots keine Verletzung des Antragstellers in seinen Rechten beinhalten kann. Ein Rechtschutzbedürfnis des Antragstellers ist allenfalls im Hinblick auf eine kürzere Bemessung der Sperrfrist als die ausgesprochene von 2 Jahren denkbar. Insoweit ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist im Hinblick auf ein Verpflichtungsbegehren nicht statthaft.
In Nr. 3 des Bescheides vom 31. Januar 2017 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Ausreisefrist von 14 Tagen nach dem Vorliegen von Passersatzdokumenten und Bekanntgabe der möglichen Ausreise gegenüber dem Antragsteller gesetzt und für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise ihm seine Abschiebung nach Kasachstan angedroht. Insoweit ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsandrohung nicht begründet.
Für die hierbei zu treffende Ermessensentscheidung des Gerichts ist vornehmlich die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung maßgeblich. In die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung ist nicht die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung einzubeziehen. Die Abschiebungsandrohung ist nach § 59 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG rechtmäßig. Darüber hinaus ergibt sich auch unter summarischer einbeziehender Betrachtung der Ausweisungsverfügung keine von der Maßgeblichkeit der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung abweichende Beurteilung bei der gerichtlichen Ermessensentscheidung.
Die Abschiebungsandrohung ist eine Regelvoraussetzung für die Durchführung der in § 58 AufenthG geregelten Abschiebung. Mit ihr werden behördliche Zwangsmaßnahmen nach erfolglosem Fristablauf in Aussicht gestellt. Daher wird die Abschiebungsandrohung in der Rechtsprechung allgemein als selbstständig anfechtbarer Verwaltungsakt angesehen (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2016, § 59 Rn. 10). Wegen ihres Charakters als Vollstreckungsmaßnahme ist die Abschiebungsandrohung in ihrer Rechtmäßigkeit vom rechtlichen Schicksal der Grundverfügung abhängig, sofern die Ausreisepflicht auf einer Grundverfügung (z.B. Ausweisung, Nichtverlängerung der Aufenthaltserlaubnis) beruht (vgl. Hailbronner a.a.O. Rn. 10). Die mit der Grundverfügung verbundene Abschiebungsandrohung teilt als Vollstreckungsmaßnahme grundsätzlich auch das rechtliche Schicksal des Grundverwaltungsaktes selbst (BVerwGE 62, 215, 223).
Besteht dagegen eine gesetzliche Ausreisepflicht, z.B. weil eine Aufenthaltserlaubnis kraft Gesetzes erloschen ist oder weil sich der Ausländer illegal im Bundesgebiet aufhält, so bedarf es zur Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung keines Grundverwaltungsaktes.
Besteht die Ausreisepflicht bereits kraft Gesetzes und wird sie zusätzlich auf einen Grundverwaltungsakt (z.B. Ausweisung) gestützt, so ist die Abschiebungsandrohung in ihrer Rechtmäßigkeit vom rechtlichen Bestand der Grundverfügung ebenfalls unabhängig (vgl. Hailbronner a.a.O. Rn. 11, 115). In dieser Konstellation umfasst die Rechtswidrigkeit des Grundverwaltungsaktes nicht automatisch die Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung (Hailbronner a.a.O. Rn. 115).
Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin die verfügte Abschiebungsandrohung zutreffend bereits auf die kraft Gesetzes bestehende Ausreisepflicht des Antragstellers gestützt. Die Ausreisepflicht des Antragstellers besteht nach § 50 Abs. 1 AufenthG, da er bereits vor der Ausweisungsverfügung nicht mehr in Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels (§ 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) war. Vielmehr wurde sein letzter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit Bescheid vom 12. Mai 2009 rechtskräftig abgelehnt. Der Antragsteller ist nach § 58 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 letzte Alternative AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig. Da der Antragsteller ungeachtet der Ausweisungsverfügung vorliegend bereits gesetzlich vollziehbar ausreisepflichtig ist, ist für die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung als Grundverwaltungsakte in Folge fehlender Akzessorietät nicht erforderlich.
Die Abschiebungsandrohung ist nach § 59 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG rechtmäßig. Die Abschiebung wurde schriftlich unter Bestimmung einer Ausreisefrist angedroht und in der Abschiebungsandrohung wurde der Zielstaat Kasachstan zutreffend benannt. Des Weiteren wurde auf die Möglichkeit der Abschiebung in einen anderen zur Aufnahme des Antragstellers bereiten oder verpflichteten Staat hingewiesen.
Somit bleibt für die gerichtliche Ermessensausübung nach § 80 Abs. 5 VwGO die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung maßgeblich, so dass der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung unbegründet ist.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 30.5./1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen.
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat sowohl für das Eilverfahren als auch für das Hauptsacheverfahren (M 12 K 14.3772) keinen Erfolg.
Gemäß § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO erhält auf Antrag diejenige Partei Prozesskostenhilfe, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Prozesskostenhilfe ist bereits dann zu gewähren, wenn nur hinreichende Erfolgsaussichten für den beabsichtigten Rechtsstreit bestehen. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit in dem Sinne, dass der Prozesserfolg schon gewiss sein muss, ist nicht erforderlich. Es genügt eine sich bei summarischer Prüfung ergebende Offenheit des Erfolgs.
Maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist dabei der Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (BayVGH, B.v. 10.4.2013 – 10 C 12.1757 – juris). Diese ist regelmäßig dann gegeben, sobald das Gesuch um Prozesskostenhilfe vollständig, einschließlich der Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, vorliegt.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da weder der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO noch die Klage hinreichende Erfolgsaussichten im Sinne von § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO haben.
Hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens bestehen keine hinreichenden Erfolgsaussichten.
Die mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 31. Januar 2017 verfügte Ausweisung und Abschiebungsandrohung ist nach überschlägiger Prüfung und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO Dabei beurteilt sich die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids nach dem Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), das durch die Art. 5, 8 Abs. 6, 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939) geändert worden ist. Hiernach ist die Entscheidung über eine Ausweisung stets eine gerichtlich voll überprüfbare Rechtsentscheidung (vgl. BT-Drs. 18/4097, S. 49; BR-Drs. 612/14, S. 56; VG Ansbach, U.v. 28.1.2016 – AN 5 K 15.00416 – juris Rn. 42).
Die Ausweisungsentscheidung der Antragsgegnerin ist voraussichtlich rechtmäßig. Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der BRD gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.
Vom Antragsteller geht voraussichtlich eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus, § 53 Abs. 1 AufenthG. Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH, U.v. 30.10.2012 – 10 B 11.2744 – juris Rn. 33 m.w.N.). Dabei gilt für die im Rahmen tatrichterlicher Prognose festzustellende Wiederholungsgefahr ein mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (BVerwG, U.v. 4.10.2012 – 1 C 13.11 – juris Rn. 18; U.v. 10.7.2012 – 1 C 19.11 – juris Rn. 16 m.w.N.). Zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife besteht unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass vom Antragsteller die Gefahr der Begehung von weiteren Straftaten ausgeht.
Der Antragsteller wurde mit Urteil des Amtsgerichts … vom *. März 2016 wegen unerlaubten Aufenthalts ohne Aufenthaltstitel in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt ohne Pass zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, deren Vollzug zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Verurteilung lag ein mehr als sieben Jahre andauernder illegaler Aufenthalt im Bundesgebiet zugrunde. Weder der Bescheid der Antragsgegnerin vom 12. Mai 2009 noch die darauffolgenden negativen gerichtlichen Entscheidungen haben den Antragsteller dazu bewegt, die Bundesrepublik trotz seiner gesetzlichen Ausreiseverpflichtung zu verlassen. Vielmehr tauchte der Antragsteller bewusst unter und lebte im Park, um sich dem Zugriff durch die Ausländerbehörde zu entziehen. Dieser Sachverhalt in Verbindung mit der Tatsache, dass der Antragsteller zum jetzigen Zeitpunkt weiterhin nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels ist, lassen die Kammer zur Überzeugung gelangen, dass der Antragsteller voraussichtlich auch in Zukunft nicht freiwillig ausreisen und sich illegal in Deutschland aufhalten wird. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass sich der Antragsteller seit über fünf Jahren ohne gültigen Pass in Deutschland aufhält.
Zudem bestehen generalpräventive Gründe für die Ausweisung. Der Gesetzgeber hat – in Anknüpfung an die seit § 10 AuslG 1965 ununterbrochen bestehenden Rechtslage – in der Gesetzesbegründung zur Neufassung des Ausweisungsrechts auch ausdrücklich die Maßgeblichkeit generalpräventiver Erwägungen unterstrichen (vgl. BT-Drs 18/4097, S. 49), soweit nicht die in § 53 Abs. 3 AufenthG genannten Personengruppen, zu denen der Antragsteller nicht gehört, betroffen sind. Angesichts dieses klar zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willens, an der Möglichkeit einer generalpräventiv begründeten Ausweisung entsprechend der bisherigen Rechtslage festzuhalten, besteht kein Anlass daran zu zweifeln, dass auch nach dem neuen Ausweisungsrecht eine generalpräventive Ausweisung rechtmäßig ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2016 – 10 ZB 14.844 – juris Rn. 10, BayVGH, B.v. 19.9.2016 – 19 CS 15.1600 – juris Rn. 34). Dem Gedanken der Generalprävention liegt zugrunde, dass – über eine ggf. erfolgte strafrechtliche Sanktion hinaus – ein besonderes Bedürfnis besteht, durch die Ausweisung andere Ausländer von Taten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten. Erforderlich ist regelmäßig, dass eine Ausweisungspraxis, die an die Begehung ähnlicher Taten anknüpft, geeignet ist, auf potentielle weitere Täter abschreckend zu wirken. Das BVerfG hat entschieden, dass die Heranziehung generalpräventiver Gründe bei einer Ausweisungsentscheidung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wird (vgl. BVerfG, B.v. 21.3.1985 – 2 BvR 1642/83; B.v. 17.1.1979 – 1 BvR 241/77; B.v. 10.8.2007 – 2 BvR 535/06; B.v. 22.8.2000 – 2 BvR 1363/2000 – juris). Es liegt vorliegend im dringenden öffentlichen Interesse, ein derartiges wie das von dem Antragsteller begangene Delikt neben den strafrechtlichen Sanktionen mit dem Mittel der Ausweisung zu bekämpfen, um auf diese Weise andere Ausländer von der Nachahmung eines solchen Verhaltens abzuschrecken. Im Hinblick auf unerlaubten Aufenthalt ohne Aufenthaltstitel und Pass soll Ausländern vor Augen geführt werden, dass derartige Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz mit der sofortigen Aufenthaltsbeendigung und einem damit einhergehenden Aufenthaltsverbot bedacht werden. Diesem Zweck wird durch eine einheitlich verlässliche Verwaltungspraxis der Ausländerbehörden Rechnung getragen. Die konsequente Ahndung des unerlaubten Aufenthalts ohne Aufenthaltstitel und Pass ist geeignet, unmittelbar auf das Verhalten anderer Ausländer einzuwirken und damit künftigen Delikten generalpräventiv vorzubeugen.
Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage i.S.d. § 53 Abs. 1 AufenthG zu treffende Abwägung ergibt, dass das Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse des Antragstellers voraussichtlich überwiegt.
§ 53 AufenthG gestaltet die Ausweisung als Ergebnis einer umfassenden, ergebnisoffenen Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus. Sofern das öffentliche Interesse an der Ausreise das Interesse des Ausländers am Verbleib im Bundesgebiet nach dieser Gesamtabwägung überwiegt, ist die Ausweisung rechtmäßig. In die Abwägung nach § 53 Abs. 1 AufenthG sind die in §§ 54, 55 AufenthG vorgesehenen Ausweisungs- und Bleibeinteressen mit der im Gesetz vorgenommenen grundsätzlichen Gewichtung einzubeziehen. Neben den dort explizit aufgeführten Interessen sind aber noch weitere, nicht ausdrücklich benannte sonstige Bleibe- oder Ausweisungsinteressen denkbar. Die Katalogisierung in den §§ 54, 55 AufenthG schließt die Berücksichtigung weiterer Umstände nicht aus (BT-Drs. 18/4097, S. 49). Nach § 53 Abs. 2 AufenthG sind bei der Abwägung nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer des Aufenthalts, die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen. Die Aufzählung der in § 53 Abs. 2 AufenthG genannten Kriterien ist aber nicht abschließend (BT-Drs. 18/4097, S. 50). Es sind für die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung maßgeblich auch die Kriterien des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte heranzuziehen (vgl. nur EGMR, U.v. 18.10.2006 – Üner, Nr. 46410/99 – juris; EGMR, U.v. 2.8.2001 – Boultif, Nr. 54273/00 – InfAuslR 2001, 476-481). Hiernach sind vor allem die Art und die Schwere der vom Ausländer begangenen Straftaten, die Dauer des Aufenthaltes in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll, die seit der Begehung der Straftat verstrichene Zeit und das seitherige Verhalten des Ausländers, die Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen, die familiäre Situation des Ausländers, ob zu der Familie Kinder gehören und welches Alter diese haben, sowie die Ernsthaftigkeit der Schwierigkeiten, welche die Familienangehörigen voraussichtlich in dem Staat ausgesetzt wären, in den der Ausländer ausgewiesen werden soll, die Belange und das Wohl der Kinder und die Stabilität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland und zum Zielland zu berücksichtigen (VG Oldenburg, U.v. 11.1.2016 – 11 A 892/15 – juris Rn. 24).
Im Hinblick auf den Antragsteller besteht ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse i.S.d. § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG. Der Antragsteller hat einen nicht nur geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen. Dies ergibt sich aus der Verurteilung zu drei Monaten Freiheitsstrafe wegen unerlaubten Aufenthalts ohne Aufenthaltstitel in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt ohne Pass vom 8. März 2016. Eine Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat ist als nicht geringfügig in diesem Sinne anzusehen (BayVGH, B.v. 19.9.2016 – 19 CS 15.1600 – juris m.w.N.).
Dem schwerwiegenden Ausweisungsinteresse steht weder ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 AufenthG noch ein schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 2 AufenthG gegenüber. Denn der Antragsteller hat weder eine gültige Aufenthaltsnoch eine Niederlassungserlaubnis noch treffen auf ihn die übrigen Tatbestände des § 55 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG zu. Er lebt in keiner familiären Lebensgemeinschaft mit seinen Kindern, übt weder sein Personensorgerecht noch sein Umgangsrecht für diese aus, noch resultiert aus der Berücksichtigung des Kindeswohls (§ 55 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG) ein schwerwiegendes Bleibeinteresse. Der Antragsteller hat nach eigenen Angaben keinen Kontakt zu seinen Kindern. Sowohl in der Begründung der Klage als auch in seinem Schreiben vom … Januar 2017 äußerte der Antragsteller nur den vagen Wunsch, seine Kinder irgendwann einmal wieder zusehen, falls es sich ergibt.
Die nach § 53 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG durchzuführende Gesamtabwägung ergibt unter Berücksichtigung der §§ 54, 55 AufenthG und unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dass die Ausweisung des Antragstellers rechtmäßig ist, weil das Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse voraussichtlich überwiegt.
Im Rahmen einer umfassenden Gesamtabwägung nach § 53 Abs. 1 AufenthG unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände kann festgestellt werden, ob das Interesse an der Ausweisung das Bleibeinteresse überwiegt (vgl. BT-Drs. 18/4097, S. 49). Vorliegend überwiegt das schwerwiegende Ausweisungsinteresse i.S.d. § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG die Interessen des Antragstellers an einem Verbleib in der BRD, insbesondere sprechen Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht gegen die Ausweisung des Antragstellers.
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Die Behörde darf nach Art. 8 Abs. 2 EMRK in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Da Art. 8 Abs. 2 EMRK eindeutig Ausnahmen von den in Art. 8 Abs. 1 EMRK zugesicherten Rechten vorsieht, kann aus Art. 8 Abs. 1 EMRK kein absolutes Recht auf Nichtausweisung abgeleitet werden (Bauer in Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, Vor §§ 53-56 AufenthG Rn. 96 ff.). Vielmehr bedarf es einer einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung, in die sämtliche Aspekte des Einzelfalls einzustellen sind.
Nach der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG hat der Staat die Pflicht, die Familie zu schützen und zu fördern. Jedoch ergibt sich auch hieraus kein unmittelbarer Anspruch auf Aufenthalt (vgl. nur BVerfG, B.v. 9.1.2009 – 2 BvR 1064/08 – juris Rn. 14). Vielmehr verpflichtet Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG die Ausländerbehörde wie auch die Gerichte, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des Antragstellers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen bei der Entscheidung zu berücksichtigen (BVerfG, B.v. 23.1.2006 – 2 BvR 1935/05 – juris – Rn. 16; BVerfG, B.v. 9.1.2009 – 2 BvR 1064/08 – juris Rn. 14). Insofern beanspruchen die oben zu Art. 8 EMRK genannten Kriterien auch Geltung für die Beantwortung der Frage, ob der vorliegende Eingriff verhältnismäßig im Sinne von Art. 6 GG, Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 3 GG ist.
Dem Antragsteller kann nicht der Status eines faktischen Inländers zuerkannt werden, wonach die Ausweisung von Ausländern, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzen kann (BVerwG, U.v. 29.9.1998 – 1 C 8/96 – juris Rn. 30). Dies ist beim Antragsteller nicht der Fall. Denn er ist nicht in Deutschland geboren, erst mit 23 Jahren eingereist und hat einen Großteil seiner Kindheit in Kasachstan verbracht. Daher dürften ihm die Gebräuche in seinem Heimatland auch nicht völlig fremd sein, mag er sich auch an die Lebensgewohnheiten in Deutschland gewöhnt haben. Der Antragsteller befand sich während der besonders prägenden Kinderjahre in Kasachstan. Zudem hat sich der Antragsteller nicht sozial und wirtschaftlich in Deutschland integriert. Der Antragsteller war die längere Zeit seines Aufenthalts und ist auch zum jetzigen Zeitpunkt arbeitslos und hat die letzten sieben Jahre ohne festen Wohnsitz gelebt. Es ist dem Antragsteller zuzumuten, sich in sein Heimatland zu integrieren. Sein Bruder lebt in Kasachstan. Daher wird sich der Antragsteller in seinem Heimatland zurechtfinden und sich dort eine neue Existenz aufbauen können.
Weiter ist vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK und des Art. 6 GG zu berücksichtigen, dass die Kinder des Antragstellers in Deutschland leben. Allerdings entfaltet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. z.B. B.v. 10.5.2008 – 2 BvR 588/08 – juris) Art. 6 GG nämlich nicht schon aufgrund formalrechtlicher familiärer Bindungen ausländerrechtliche Schutzwirkungen, sondern entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern (vgl. auch VGH München, B.v. 24.11.2008 – 10 CE 08.3014 – juris; VGH München, B.v. 17.5.2013 – 10 CE 13.1065 – juris, VG München B.v. 23.10.2013 – M 10 E 13.3727 – juris). Eine solche wäre nur dann gegeben, wenn eine Vater-Kind-Beziehung bereits tatsächlich gelebt würde. Vorliegend hat der Antragsteller aber keinen Kontakt zu seinen Kindern, sondern wünscht sich diesen bloß zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft.
Vor diesem Hintergrund fällt die nach § 53 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG zu treffende Gesamtabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Das Ausweisungsinteresse überwiegt das Bleibeinteresse. Die Ausweisung steht auch mit Art. 8 EMRK im Einklang, da sie gesetzlich vorgesehen ist (§ 53 Abs. 1 AufenthG) und einen in dieser Bestimmung aufgeführten legitimen Zweck, nämlich die Verteidigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und die Verhinderung von Straftaten, verfolgt. Die Ausweisung ist die geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme, um den beabsichtigten Zweck durchzusetzen. Durch ein anderes, milderes Mittel kann der mit ihr verfolgte Zweck vorliegend nicht erreicht werden. Im Ergebnis ist die Ausweisung des Antragstellers daher voraussichtlich verhältnismäßig und rechtmäßig.
Die Befristung der Wirkungen der Ausweisung in Nr. 2 des angegriffenen Bescheids auf zwei Jahre weist keine Rechtsfehler auf.
Die Ausweisung des Antragstellers hat gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG ein Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbot zur Folge. Dieses ist von Amts wegen zu befristen, § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG.
Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ist über die Länge der Frist nach Ermessen zu entscheiden.
Da es sich um eine behördliche Ermessensentscheidung handelt, kann gerichtlich nach § 114 Satz 1 VwGO nur überprüft werden, ob überhaupt Ermessen ausgeübt wurde, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Gemessen an diesem Maßstab hat die Antragsgegnerin ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
Die Antragsgegnerin berücksichtigte bei der Bestimmung der Länge der Frist das Gewicht des Ausweisungsgrundes und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck. Im Rahmen einer prognostischen Einschätzung des Einzelfalls und unter Berücksichtigung höherrangigen Rechts, also verfassungsrechtlicher Wert-entscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK kam sie in nicht zu beanstandender Weise zu der in dem angegriffenen Bescheid verfügten Fristsetzung.
Die Antragsgegnerin berücksichtigte im Einzelnen, dass dem Antragsteller ein soziales Umfeld in Deutschland fehlt. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin im Rahmen ihres Ermessens einen Zeitraum von zwei Jahren für erforderlich hielt, um dem Gefahrenpotential des Antragstellers Rechnung tragen zu können.
Diese Frist ist auch gemessen an den verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen und den Vorgaben des Art. 8 EMRK angesichts der Bedeutung der bedrohten Rechtsgüter und der Wiederholungsgefahr nicht zu beanstanden. Gegebenenfalls bestehende besondere Härten können durch die Ausnahmegenehmigung nach § 11 Abs. 8 AufenthG gemildert werden.
Hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO wird auf vorstehende Erwägungen Bezug genommen.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war daher sowohl für das Eilverfahren (M 12 S. 17.731) als auch für das Hauptsacheverfahren (M 12 K 17.730) abzulehnen.
Die Entscheidung im Prozesskostenhilfeverfahren ergeht gebührenfrei. Kosten der Antragsgegnerin werden nicht erstattet (§ 166 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).

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