Aktenzeichen 13a ZB 17.30293
AsylG § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 78 Abs. 3 Nr. 3
GG Art. 103 Abs. 1
Leitsatz
Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG BeckRS 2003, 22030). (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RN 12 K 16.32325 2017-01-24 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da der Zulassungsantrag aus nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Januar 2017 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG nicht vorliegen. Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht habe die von ihm vorgelegte Bestätigung eines Abgeordneten, wonach er mehrere Jahre lang als dessen Fahrer tätig gewesen, bedroht worden sei und deshalb seine Tätigkeit beendet habe, nicht berücksichtigt. Zudem sei in der mündlichen Verhandlung explizit darauf hingewiesen worden, dass die Verfolgung auf seine politische Einstellung abziele, weil er als Regierungsmitarbeiter für die Taliban Teil des verhassten Regimes sei.
Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B.v. 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 – BVerfGE 107, 395/409 = NJW 2003, 1924). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wonach vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat, kann allerdings nur dann festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte von ihnen entgegengenommenes Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen, damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt werden kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfG, B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – NVwZ 2016, 238). Gemessen hieran war dem Kläger das rechtliche Gehör nicht versagt.
Wie aus dem angefochtenen Urteil hervorgeht, hat sich das Verwaltungsgericht mit den vom Kläger geschilderten persönlichen Verhältnissen einschließlich der Tätigkeit als Fahrer eines Abgeordneten befasst (UA S. 4), sein Vorbringen aber als widersprüchlich betrachtet. Insbesondere wiesen die Angaben zur befürchteten Verfolgung wegen seiner Ehefrau und seiner Tätigkeit als Fahrer im Parlament bei der Anhörung beim Bundesamt einerseits und in der mündlichen Verhandlung andrerseits, in deren Verlauf er sich zusätzlich widersprüchlich geäußert habe, erhebliche Unterschiede auf. Selbst wenn aber das Vorbringen als wahr unterstellt würde, knüpfe es nicht an ein asylrechtlich relevantes Merkmal an. Damit hat das Verwaltungsgericht den tatsächlichen Vortrag des Klägers vollständig in Erwägung gezogen, was dieser letztendlich auch nicht bestreitet. Soweit er sich auf die von ihm vorgelegte Bestätigung eines Abgeordneten bezieht und rügt, dieser Vortrag sei übergangen worden, ergibt sich nichts anderes. Das dort geschilderte tatsächliche Vorbringen, dass er für den Abgeordneten tätig gewesen und bedroht worden sei, hat das Verwaltungsgericht bei der Entscheidung erwogen. Gemessen an den dargestellten höchstrichterlichen Grundsätzen ist deshalb davon auszugehen, dass hierbei auch die vorgelegte Bestätigung in Erwägung gezogen wurde. Sie war ausweislich der Niederschrift (S. 2 f.) Gegenstand der mündlichen Verhandlung, der Kläger wurde auf die Widersprüche zu seinen Aussagen beim Bundesamt hingewiesen und nochmals zu seiner Tätigkeit befragt. Auf die Nichtberücksichtigung eines Vortrages ließe sich nur schließen, wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvorbringens zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht eingeht (BVerfG, B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – NVwZ 2016, 238). Das ist hier aber nicht der Fall.
Ob aus den geschilderten Vorfällen eine Verfolgungsgefahr im Sinn von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG im Hinblick auf seine politische Einstellung resultiert, wie der Kläger weiter einwendet, betrifft die rechtliche Beurteilung des von ihm vorgetragenen Sachverhalts und vermag keinen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör zu begründen. Aus einer von der Ansicht eines Beteiligten abweichenden Beweiswürdigung des Gerichts kann nicht auf einen Gehörsverstoß geschlossen werden (BVerwG, B.v. 15.5.2014 – 9 B 14.14 – juris). Das Verwaltungsgericht hat durchaus zur Kenntnis genommen, dass der Kläger für die Regierung tätig war, es hat allerdings eine von der Auffassung des Klägers abweichende Beweiswürdigung vorgenommen. Ein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung des Klägers anschließt, kann aus dem Grundrecht auf rechtliches Gehör nicht hergeleitet werden (BayVerfGH, E.v. 2.10.2013 – Vf. 7-VI-12 – VerfGH 66, 179 = BayVBl 2014, 171).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.