Aktenzeichen 11 CS 17.200
Leitsatz
Der Anspruch der Prozessbeteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, seine Entscheidung nur auf Tatsachen oder Beweisergebnisse zu stützen‚ zu denen sich die Beteiligten äußern konnten, sowie deren rechtzeitige und möglicherweise erhebliche Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, soweit sie aus verfahrens- oder materiellrechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben müssen oder können. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
11 CS 16.2585 2017-01-09 Bes VGHMUENCHEN VG Regensburg
Tenor
I. Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Beschluss des Senats vom 9. Januar 2017, der die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage zum Gegenstand hat.
Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2017 erhob die Antragstellerin Gegenvorstellung gegen den Beschluss. Der Beschluss sei fehlerhaft. Es werde beantragt, den Beschluss gemäß § 80 Abs. 7 VwGO teilweise abzuändern.
Mit Schreiben vom 31. Januar 2017 wies der Senat die Antragstellerin darauf hin, dass die Zulässigkeit der Gegenvorstellung fraglich erscheine. Für eine Änderung der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschlüsse gemäß § 80 Abs. 7 VwGO sei das Gericht der Hauptsache, hier das Verwaltungsgericht Regensburg, bei dem die Klage anhängig sei, zuständig. Die Antragstellerin wurde gebeten, mitzuteilen, ob es sich bei ihrem Begehren um eine Gegenvorstellung oder einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO handele. Ferner wurde Gelegenheit zur Äußerung zur beabsichtigten Verweisung eines etwaigen Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO an das Verwaltungsgericht Regensburg gegeben.
Hierzu trug die Antragstellerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 6. Februar 2017 vor, die Ausführungen im Gerichtsschreiben vom 31. Januar 2017 sei nicht nachvollziehbar. Der Schriftsatz vom 13. Januar 2017 sei als Anhörungsrüge gemäß § 152a VwGO auszulegen.
II.
Der Senat behandelt das sich aus dem Schriftsatz der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 13. Januar 2017 ergebende Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin entsprechend ihrem Schriftsatz vom 6. Februar 2017 als Anhörungsrüge gemäß § 152a VwGO.
1. Es kann dahinstehen, ob die Anhörungsrüge nicht bereits unzulässig und deshalb zu verwerfen ist (§ 152a Abs. 4 Satz 1 VwGO), weil ihrer Begründung – entgegen der Anforderung nach § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO – nicht entnommen werden kann, inwiefern das Gericht den Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt haben soll.
Denn die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Januar 2017 ist jedenfalls unbegründet.
Der Senat hat bei der Zurückweisung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. Oktober 2016 (RO 5 S 16.1399) den Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 6 VwGO). Der Anspruch der Prozessbeteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, seine Entscheidung nur auf Tatsachen oder Beweisergebnisse zu stützen‚ zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (§ 108 Abs. 2 VwGO), sowie deren rechtzeitige und möglicherweise erhebliche Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, soweit sie aus verfahrens- oder materiellrechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben müssen oder können (vgl. BayVerfGH, E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 44 m.w.N.).
Der Senat hat das rechtserhebliche Vorbringen der Antragstellerin in jenem Verfahren in vollem Umfang zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, wie der Beschluss vom 9. Januar 2017 belegt. Dass er dabei aus der Sicht der Antragstellerin zu einem verfehlten Ergebnis gekommen sein soll, rechtfertigt nicht den Vorwurf einer Versagung des rechtlichen Gehörs. Der Schriftsatz der Antragstellerin vom 13. Januar 2017 enthält keine Darlegung der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Er begründet nur, warum der Beschluss nach Auffassung der Antragstellerin fehlerhaft sein soll.
1.1 Der Senat hat im Beschluss vom 9. Januar 2017 (BA S. 7) ausgeführt, dass die Behörde Anlass gehabt hätte, zu prüfen, ob die Fahrtenbuchauflage insoweit aufrechtzuerhalten sei, als die Antragstellerin nicht nur eine Liste der 14 mit Nummern bezeichneten Fahrzeuge, die einzelnen Personen zugeordnet seien, vorgelegt, sondern auch die entsprechenden Personen (namentlich) genannt hätte. Einen solchen Antrag bei der Behörde hat die Antragstellerin offenbar nicht gestellt, jedenfalls aber die Namen der Personen, denen die Fahrzeuge zugeordnet sein sollen, auch im Beschwerdeverfahren nicht genannt. Warum der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Antragstellerin vorab hätte darauf hinweisen müssen, dass die Namen genannt werden müssen, ist unerfindlich. Die Antragstellerin nennt auch in der Anhörungsrüge keine Namen.
1.2 Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin hat die Behörde im streitgegenständlichen Bescheid vom 25. August 2016 die Prognose aufgestellt, dass zu befürchten sei, dass auch mit den weiteren Fahrzeugen der Antragstellerin einschlägige Verkehrszuwiderhandlungen begangen würden. Einer weiteren Begründung der Prognose bedurfte es angesichts des im Bescheid dargestellten Geschäftsgebaren der Antragstellerin, wonach ihre Fahrzeuge nicht nur von einer Vielzahl von Angestellten, sondern auch von Drittfirmen und Subunternehmen benutzt würden, nicht, wie der Senat im Beschluss vom 9. Januar 2017 (BA S. 6 ff.) ausführlich dargestellt hat.
1.3 Der Senat hat im Beschluss vom 9. Januar 2017 ausgeführt, den Behördenakten sei zu entnehmen, dass die Behörde eine Halterabfrage bezüglich der Antragstellerin durchgeführt habe. Die Behörde sei sich daher dessen bewusst gewesen, dass es eine Fahrtenbuchauflage für eine große Zahl von Fahrzeugen anordne. Es sei nicht notwendig, alle betroffenen Fahrzeuge mit Angabe des amtlichen Kennzeichens zu bezeichnen, was sich bereits daraus ergebe, dass auch Ersatzfahrzeuge von der Fahrtenbuchauflage betroffen sein können. Dem stellt die Antragstellerin in der Anhörungsrüge nur ihre anderslautende Auffassung gegenüber.
Auch zur Bestimmtheit des Bescheids hat sich der Senat im Beschluss vom 9. Januar 2017 geäußert. Ob auch Anhänger von der Fahrtenbuchauflage erfasst sein sollen, könne sich nur aus einer objektiven Auslegung des Bescheids ergeben. Es komme nicht darauf an, ob ein Behördenmitarbeiter in einem Schriftsatz an das Verwaltungsgericht etwas anderes ausgeführt habe.
1.4 Allein die Tatsache, dass die Antragstellerin über 52 Fahrzeuge verfügt, die von der Fahrtenbuchauflage betroffen sind, erfordert keine besondere Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids. Wie der Senat im Beschluss vom 9. Januar 2017 (BA S. 3, 6 f.) dargelegt hat, ist gerade die Tatsache, dass angesichts des Geschäftsgebarens der Antragstellerin 52 Fahrzeuge von Personen geführt werden, die im Nachhinein nicht mehr ermittelt werden können, aus Gründen der Sicherheit des Straßenverkehrs nicht hinnehmbar. Es war daher offensichtlich kein Ausnahmefall gegeben. Die sofortige Vollziehung der Fahrtenbuchauflage wird durch die Tatsache, dass 52 Fahrzeuge der Antragstellerin betroffen sind, offensichtlich nicht weniger dringlich als im Normalfall.
2. Die Kosten der erfolglosen Anhörungsrüge sind gemäß § 154 Abs. 1 VwGO der Antragstellerin aufzuerlegen. Die Höhe der Gerichtsgebühr ergibt sich unmittelbar aus Nr. 5400 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes; einer Streitwertfestsetzung bedarf es daher nicht.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).