Verwaltungsrecht

Keine Zuerkennung der Rechtsstellung als Wirtschaftsflüchtling einer Philippinin

Aktenzeichen  M 17 K 16.30154

Datum:
8.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3c Nr. 3, § 3e Abs. 1, § 36
AufenthG AufenthG § 11 Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

Der philippinische Staat nimmt keine Repressionen Dritter hin, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass bei einer von einem nichtstaatlichen Akteur ausgehenden Verfolgung der Staat nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz zu gewähren. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar

Gründe

Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen Nr. 6 des Bescheids vom 19. Januar 2016 richtet (s.u. I.), im Übrigen unbegründet (s.u. II).
I.
In Nr. 6 des streitgegenständlichen Bescheids wird lediglich das sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zeitlich befristet. Der Antrag ist insoweit mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Denn die schlichte Aufhebung der Nr. 6 des Bescheids aufgrund einer Anfechtungsklage beträfe lediglich die getroffene Befristungsentscheidung als solche, so dass ein erfolgreiches Rechtsmittel zur Folge hätte, dass das – unmittelbar kraft Gesetz geltende – Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde. Die Rechtsstellung der Klägerin wäre somit nicht verbessert. Das Ziel einer kürzeren Befristung der gesetzlichen Sperrwirkung nach § 11 Abs. 2 AufenthG müsste, ebenso wie die (vorläufige) Erteilung einer Betretenserlaubnis gemäß § 11 Abs. 8 AufenthG, im Wege der Verpflichtungsklage erstritten werden (vgl. NdsOVG, B. v. 14.12.2015 – 8 PA 199/15 – juris Rn. 5; VG München, B. v. 12.1.2016 – M 21 S 15.31689 – UA S. 8; VG Ansbach, B. v. 20.11.2015 – AN 5 S 15.01667 – juris Rn. 2; B. v. 18.11.2015 – AN 5 S 15.01616 – UA S. 2; VG Aachen, B. v. 30.10.2015 – 6 L 807/15.A – juris Rn. 8; Funke/Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, Stand Dezember 2015, § 11 Rn. 183, 190, 193, 196; a.A: wohl VG München, U. v. 9.12.2015 – M 2 K 15.31158 – UA S. 14).
II.
Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet, da der angegriffene Verwaltungsaktes rechtmäßig ist (vgl. Art. 16a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 AsylG).
1. Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag der Klägerin nicht erkennbar. Vielmehr hat sie sich primär auf wirtschaftliche und familiäre Schwierigkeiten berufen. Diese begründen aber mangels Anknüpfung an die dort genannten Merkmale keine Verfolgung im Sinne von § 3 AsylG (oder Art. 16a GG). Das Gericht folgt daher der zutreffenden Begründung der Beklagten im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG). Auch aus den Schilderungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, wonach sie vor mehr als 16 Jahren als Minderjährige in den Philippinen schlecht behandelt worden sei bzw. ihr Arbeitgeber versucht habe, sie zu vergewaltigen, lässt sich keine Verfolgungsgefahr im Sinne von § 3 AsylG ableiten.
2. Das Bundesamt hat auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
2.1 Der Vortrag der Klägerseite zu den familiären Schwierigkeiten und konfessionellen Streitigkeiten im Heimatland der Klägerin blieb auch in der mündlichen Verhandlung relativ pauschal und unsubstantiiert. Letztendlich hat die Klägerin lediglich angegeben, dass ihre Familie ihren Ehemann und dessen Familie die Klägerin nicht akzeptiere und die Familien den Kontakt abgebrochen hätten. Auch die Angabe der Klägerin, dass der Vater und Bruder ihres Ehemanns gedroht hätten, die Klägerin und ihre Kinder zu töten, kann nicht zur Zuerkennung subsidiären Schutzes bzw. zur Bejahung von Abschiebungshindernissen führen. Abgesehen davon, dass es der Klägerin und ihrem Mann möglich wäre, die Hilfe staatlicher Stellen in Anspruch zu nehmen, hätten sie bei einer Rückkehr auf die Philippinen auch die Möglichkeit, sich in einem anderen Landesteil niederzulassen, um Streitigkeiten mit den Eltern der Klägerin zu vermeiden. Ebenso könnten sie – falls eine Ausreise in das Heimatland des Ehemanns erfolgen sollte – in einen Landesteil fernab der Familie des Ehemanns ziehen (vgl. z. B. VG Aachen, B. v. 18.7.2014 – 9 L 424/14.A – juris Rn. 10; VG Gelsenkirchen, U. v. 30.5.2012 – 7a K 646/12.A – juris Rn. 20; VG Würzburg, B. v. 29.11.2010 – W 1 S 10.30287 – juris Rn. 20).
2.2 Eine etwaige Geltendmachung der Unmöglichkeit der Abschiebung aus rechtlichen Gründen aufgrund der bestehenden Ehe bzw. eines etwaigen Familienverbands (Art. 6 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK) wäre kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, sondern ein allenfalls im Rahmen von § 60a AufenthG zu prüfendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, für das sich die Klägerin auf einen Antrag auf Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde verweisen lassen muss (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 18.5.2010 – 11 LB 186/08 – juris Rn. 47; OVG Berlin-Bbg. B. v. 30.4.2013 – OVG 12 S 25.13 – juris unter Hinweis auf § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG; BVerwG, U. v. 25.9.1997 – 1 C 6/97 – juris).
3. Schließlich ist auch die vom Bundesamt nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG).

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