Aktenzeichen Au 5 K 17.30594
Leitsatz
1 Allein der Umstand, dass eine Person in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, löst keine staatlichen Repressionen nach einer Rückkehr nach Iran aus. (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Abbruch einer begonnenen psychiatrischen Therapie kann nicht als zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis geltend gemacht werden, denn fremde Staatsangehörige können ein Recht auf Verbleib in dem Hoheitsgebiet des Abschiebungsstaates grundsätzlich nicht beanspruchen, um weiterhin in den Genuss einer medizinischen, sozialen oder anderen adäquaten Versorgung zu gelangen, die der abschiebende Staat während ihres Aufenthaltes gewährt hat (EGMR BeckRS 2005, 07790). (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Der Einzelrichter konnte über den Rechtsstreit nach § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2017 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Die Beklagte wurde form- und fristgerecht sowie unter dem Hinweis geladen, dass eine Entscheidung auch bei Nichterscheinen eines Beteiligten ergehen kann.
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist, soweit er mit der Klage angegriffen ist, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Maßgeblich für die Entscheidung ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. In diesem Zeitpunkt hat der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG. Es ist ihm weder der subsidiäre Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen, noch liegen in seiner Person nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.
1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen im Fall des Klägers nicht vor.
Nach § 3 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3 c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3 c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3 d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3 c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3 d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3 e Abs. 1 AsylG).
Bei der Beurteilung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – NVwZ 2013, 936 ff.; VG München, U.v. 28.1.2015 – M 12 K 14.30579 – juris Rn. 23).
Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Antragsteller eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Antragsteller, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.
Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-)Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus.
Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es – unter Angabe genauer Einzelheiten – einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 – A 12 S 2023/11 – juris; Hess. VGH, U.v. 4.9.2014 – 8 A 2434/11.A – juris).
Ausgehend von diesen Grundsätzen führt das Begehren des Klägers nicht zum Erfolg. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2017 nochmals und insoweit übereinstimmend mit seiner Anhörung gegenüber dem Bundesamt auf seine Schwierigkeiten bei der Registrierung zur Erlangung von Personaldokumenten sowie auf seinen innerfamiliären Konflikt wegen einer außerehelichen Beziehung mit der Ehefrau seines Stiefbruders verwiesen. Mit diesem Vorfall hat der Kläger gerade nicht an ein asylrelevantes Merkmal im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG angeknüpft. Sowohl bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, dass er bei einer Rückkehr in den Iran befürchte, Opfer einer Racheaktion seiner Familie bzw. Verwandtschaft zu werden. Gegenüber dem Bundesamt hat sich der Kläger auch dahingehend eingelassen, dass eine Gefahr durch staatliche Stellen für ihn im Iran nicht bestehe. Er befürchte jedoch Repressalien durch seine Familie. Der vom Kläger glaubhaft geschilderte innerfamiliäre Konflikt unterfällt jedoch nicht dem Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 AsylG. Insoweit ist der Kläger darauf zu verweisen, Schutz bei staatlichen Stellen bzw. der nationalen Polizei zu suchen. Dass dieser für den Kläger unerreichbar wäre, ist für das Gericht nicht ersichtlich. Dies ungeachtet der Tatsache, dass der Kläger derzeit über keine gültigen Personalpapiere verfügt. Soweit ersichtlich hat der Kläger die maßgeblichen Papiere nach Teheran übersandt und wartet derzeit auf einen positiven Abschluss der Angelegenheit. Dass der Kläger selbst wegen des von ihm begangenen Ehebruchs einem Gerichtsverfahren unterzogen wird, hat dieser selbst nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2017 vorgetragen, dass sich die beiden betroffenen Familien inzwischen außergerichtlich geeinigt hätten und eine weitere gerichtliche Auseinandersetzung nicht stattfinde. Vor diesem Hintergrund ist es unwahrscheinlich, dass der Kläger bei einer unterstellten Rückkehr in den Iran selbst noch einem gerichtlichen Verfahren wegen der von ihm begangenen außerehelichen Handlungen unterzogen wird. Dies hat der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung nicht mehr geltend gemacht. Er hat vielmehr nochmals auf die ausgesprochene persönliche Bedrohung seitens seines Stiefbruders verwiesen. Das Gericht ist überdies der Auffassung, dass der volljährige Kläger sich einem derartigen Zusammentreffen mit seiner Familie dadurch entziehen könnte, dass er sich in einem anderen Landesteil des Iran niederlässt. Dies umso mehr, als der Kläger im Verfahren vorgetragen hat, dass er teilweise sowohl im Südiran als auch im Nordiran gelebt habe. Eine innerstaatliche Migration ist ihm daher nicht unbekannt und zumutbar.
Nichts anderes ergibt sich aus der Tatsache, dass der Kläger in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat. Auch nach der aktuellen Auskunftslage (vgl. Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 9.12.2015; Stand: November 2015) löst allein der Umstand, dass eine Person in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, keine staatlichen Repressionen nach einer Rückkehr nach Iran aus (vgl. Lagebericht S. 30). Den iranischen Sicherheitsbehörden ist bekannt, dass Asylbewerber aus dem Iran überwiegend aus anderen als politischen Gründen versuchen, in Deutschland einen dauernden Aufenthalt zu erreichen und hierzu Asylverfahren betreiben, also eine Asylantragstellung keinen Rückschluss auf die politische Einstellung des jeweiligen Asylbewerbers zulässt (vgl. BayVGH, B.v. 25.2.2013 – 14 ZB 13.30023 – juris Rn. 3). Zwar kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, besonders zu Kontakten während dieser Zeit. Die Befragung geht in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitätigen Inhaftierung einher. Es ist nach der Auskunftslage jedoch kein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte darüber hinaus staatlichen Repressionen ausgesetzt wurden. Auch ist kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Daher ist insoweit ebenfalls die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für den Kläger ausgeschlossen.
2. Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG.
Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG gelten dabei die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend.
Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in den Iran ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, wonach ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt ist, wenn eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes droht. Derartige Umstände hat der Kläger, auch unter Berücksichtigung seiner Asylantragstellung im Bundesgebiet, bereits nicht geltend gemacht.
3. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben.
Insoweit wird zunächst nach § 77 Abs. 2 AsylG auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen und ergänzend Folgendes ausgeführt.
Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht ersichtlich.
Ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist im Fall des Klägers nicht festzustellen. Hiernach soll von der Abschiebung des Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Nach Einschätzung des Gerichts droht dem Kläger bei einer Rückkehr in den Iran eine solche erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben nicht.
Der Kläger macht vorliegend ein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geltend. Dieses liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn eine individuelle Erkrankung feststeht und der Betreffende in seinem Heimatland eine der Krankheit entsprechende Behandlung nicht erhalten kann, weil es diese dort nicht gibt, oder er sich bei Vorhandensein ausreichender medizinischer Versorgungsmöglichkeiten aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse seine Behandlung nicht finanzieren kann. Bei Behaupten einer psychischen Erkrankung, wie im vorliegenden Fall, die ihre Ursachen in Ereignissen oder Verhältnissen im Heimatland des Betreffenden haben soll, ist darüber hinaus zu prüfen, ob ihm eine Rückkehr in seine Heimat zuzumuten ist, und zwar insbesondere unter dem Gesichtspunkt, wie weit eine Rückkehr negativen Einfluss auf die Behandlung einer psychischen Erkrankung hat.
Eine solche Gefahr kann sich auch aus einem Abschiebezielstaat zu erwartenden Verschlimmerung der Krankheit ergeben. Dabei setzt die Annahme einer erheblichen konkreten Gefahr voraus, dass sich der Gesundheitszustand des Betroffenen alsbald nach der Ankunft im Zielland der Abschiebung infolge unzureichender Behandlungsmöglichkeiten wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, weil dort eine adäquate Behandlung wegen des geringen Versorgungsstandards nicht möglich ist oder der Betroffene insbesondere mangels finanzieller Mittel eine Behandlung nicht erlangen kann (vgl. BVerwG, U.v. 9.9.1997 – 9 C 48/96 – InfAuslR 1998, 125; U.v. 29.10.2002 – 1 C 1/02 – DVBl. 2003, 463).
Nach diesen Grundsätzen liegt eine derartige extreme allgemeine Gefahrenlage aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) bzw. einer depressiven Episode beim Kläger im Falle einer derart zeitigen Rückkehr in den Iran zur Überzeugung des Gerichts nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit vor. Die vom Kläger im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ärztlichen Atteste genügen nicht den in der Rechtsprechung verlangten Anforderungen an die Qualität eines Gutachtens zum Vorliegen einer psychischen Erkrankung.
Zwar lassen sich die Anforderungen an die Qualität eines Gutachtens zum Vorliegen einer psychischen Erkrankung nicht abstrakt bestimmen. In erster Linie ist es dem Sachverständigen selbst überlassen, in welcher Art und Weise seine Stellungnahme abfasst und unterbreitet. Dabei ist auch zu bedenken, dass das Gericht bei den in diesem Zusammenhang entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen keine eigene, nicht durch entsprechende medizinischen Sachverstand vermittelte Sachkunde besitzt (vgl. BVerwG, B.v. 17.8.2011 – 10 B 13/11 – juris Rn. 4). Dem Ergebnis eines Fachgutachtens ist jedoch nur dann zu folgen, wenn es schlüssig, nachvollziehbar und transparent hergeleitet ist und auf einer zutreffenden Grundlage beruht.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört zur Substantiierung des Vorbringens einer posttraumatischen Belastungsstörung angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie einer vielfältigen Symptomatik regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests (BVerwG, U.v. 11.9.2007 – 10 C 8/07 – juris Rn. 15). Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztliche Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das ärztliche Attest Aufschluss über die Schwere der Erkrankung, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) ergeben. Wird das Vorliegen einer psychischen Erkrankung auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland – wie hier – vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Ob für eine depressive Episode dieselben Anforderungen an ein ärztliches Attest gestellt werden müssen, kann vorliegend offen bleiben. Im gerichtlichen Verfahren wurde insoweit lediglich ein ärztliches Attest des Allgemeinmediziners Dr. … vom 28. Februar 2017 vorgelegt, der ohne nähere medizinische Ausführungen zum Ergebnis gelangt, dass der Kläger an schweren Depressionen und einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung leide. Auf welcher Tatsachengrundlage der behandelnde Arzt zu dieser Einschätzung gekommen ist, lässt sich dem Attest nicht entnehmen. Zudem handelt es sich nicht um ein fachärztliches Attest. Kein anderes rechtliches Ergebnis zu begründen vermag die Bestätigung des Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeuten Dr. … vom 16. März 2017, wonach der Kläger bei seinem einmaligen ärztlichen Besuch eine seit ca. Juli 2016 bestehende depressive Symptomatik vorgetragen habe, welche aktuell medikamentös mit Mirtazapin behandelt werde. Der Bestätigung ist lediglich zu entnehmen, dass mit dem Kläger weitere Termine zur Durchführung einer Therapie vereinbart wurden, da dem Kläger sein behandelnder Allgemeinarzt (Dr. …) eine zusätzliche psychotherapeutische Behandlung empfohlen habe.
Weder das vom Kläger vorgelegte ärztliche Attest eines Allgemeinmediziners als auch die Bestätigung des Kinder- und Jugendpsychotherapeuten genügen den vorbezeichneten Anforderungen, so dass auch keine weitere Beweisaufnahme durch das Gericht veranlasst ist. In der ärztlichen Bestätigung vom 16. März 2017 fehlen jegliche Angaben dazu, wie sich die Krankheit des Klägers im konkreten Fall darstellt und inwiefern die vom Kläger geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde überhaupt bestätigt wurden. Das Attest gibt auch keinen Aufschluss über die Schwere der Krankheit und den bisherigen Behandlungsverlauf. Insoweit wird lediglich der Beginn einer Therapie angedeutet. Zur Diagnose einer PTBS schweigt die ärztliche Bestätigung vollständig.
Weitergehend weist das Gericht darauf hin, dass auch der eventuelle Abbruch einer begonnenen psychiatrischen Therapie nicht als zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis geltend gemacht werden kann, denn fremde Staatsangehörige können ein Recht auf Verbleib in dem Hoheitsgebiet des Abschiebungsstaates grundsätzlich nicht beanspruchen, um weiterhin in den Genuss einer medizinischen, sozialen oder anderen adäquaten Versorgung zu gelangen, die der abschiebende Staat während ihres Aufenthaltes gewährt hat (vgl. EGMR, E. vom 7.10.2004 – 33743/03 – NVwZ 2005, S. 1043 ff.).
Aus den dargestellten Gründen, ist das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu verneinen und dem Kläger eine Rückkehr in den Iran zumutbar. Dies gilt ungeachtet des vom Kläger geltend gemachten derzeit nicht abgeschlossenen Verfahrens zur Legalisierung seiner Identität. Da insoweit auch nach dem eigenen Vortrag des Klägers sämtliche Unterlagen vollständig bei den zuständigen Stellen in Teheran eingereicht worden sind, ist der Kläger darauf zu verweisen, den Ausgang des Verfahrens in seinem Heimatstaat abwarten.
4. Daher war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.