Aktenzeichen 10 CE 20.931, 10 C 20.934
Leitsatz
Solange die Identität des Ausländers objektiv nicht geklärt ist, scheidet ein Anspruch auf Ausbildungsduldung aus, unabhängig davon, ob der Ausländer (weiter) zu einer hinreichenden Klärung beitragen kann oder eine solche überhaupt möglich ist. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 10 E 19.6205 2020-03-10 Bes VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Die Verfahren 10 CE 20.931 und 10 C 20.934 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden
II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
III. Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren.
IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren 10 CE 20.931 wird auf 5.000,– € festgesetzt.
Gründe
I.
Mit seinen Beschwerden verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm vorläufig eine Ausbildungsduldung und Beschäftigungserlaubnis zur Aufnahme der Berufsausbildung zum Bäcker bei der Firma S. in S. zu erteilen, und seinen diesbezüglichen Prozesskostenhilfeantrag, der zudem die Erteilung einer Duldung zur Beschäftigung als Bäcker umfasst, weiter.
Der Antragsteller, ein gambischer Staatsangehöriger, betrieb in der Bundesrepublik erfolglos ein Asylverfahren. Sein Asylantrag wurde mit bestandskräftigem Bescheid vom 21. März 2017 abgelehnt. Da er der Aufforderung des Antragsgegners, einen Pass oder Passersatz vorzulegen bzw. ein Passersatzantragsformular auszufüllen, nicht nachkam, leitete dieser mit Schreiben vom 28. November 2017 ein Passersatzpapierverfahren ein.
Mit Schreiben vom 14. Juni 2019, beantragte der Antragsteller die Umverteilung nach S.-S. aufgrund einer bevorstehenden Lehrstelle als Bäcker bei der Bäckerei S. am Standort S. Einen Termin am 17. Juni 2019 zur Identitätsklärung bei Vertretern der gambischen Republik nahm er nicht wahr.
Mit Schreiben vom 28. Juni 2019, eingegangen beim Antragsgegner am 1. Juli 2019, beantragte der Antragsteller die Durchführung des Passersatzpapierbeschaffungsverfahrens. Er gab an, sich schon im Jahr 2017 um einem Pass bemüht zu haben.
Mit Schreiben vom 22. Juli 2019 stellte der Antragsteller ausdrücklich einen Antrag auf Erteilung einer Ausbildungsduldung. Der Antragsgegner lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 26. November 2019 ab. Dagegen erhob der Antragsteller Klage (M 10 K 19.6204) und beantragte im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes sinngemäß, den Antragsgegner dazu zu verpflichten, ihm vorläufig eine Ausbildungsduldung und Beschäftigungserlaubnis zur Aufnahme der Berufsausbildung zum Bäcker bei der Firma S. in S. zu erteilen (M 10 E 19.6205). Zugleich beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Antrags- und das Klageverfahren.
Mit Beschluss vom 10. März 2020 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz und den Prozesskostenhilfeantrag ab. Zur Begründung führte es aus, es sei nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Obsiegen in der Hauptsache auszugehen, sodass die im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes beantragte Erteilung einer Ausbildungsduldung samt Beschäftigungserlaubnis eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache darstelle. Der Antragsteller habe nach vorläufiger Prüfung keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung und einer Beschäftigungserlaubnis. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für das Bestehen eines solchen Anspruches sei der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, sodass auf die aktuelle Rechtslage abzustellen sei. Der Ausbildungsduldung stehe zum einen das Erteilungsverbot des § 60c Abs. 2 Nr. 3 AufenthG entgegen. Der Antragsteller habe nicht bis zur Beantragung der Ausbildungsduldung geeignete Identitätspapiere vorgelegt und deshalb seine Identität nicht nachgewiesen. Es greife auch die Fiktion des § 60c Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 2 AufenthG nicht ein, da er im Zeitpunkt der ersten Antragstellung mit Schreiben vom 14. Juni 2019 noch kein Antragsformular auf Durchführung des PEP-Verfahrens ausgefüllt habe, sodass er keinesfalls alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zur Identitätsklärung ergriffen habe. Zum Zeitpunkt der wiederholten Antragstellung am 22. Juli 2019 habe der Antragsteller zwar den geforderten PEP-Antrag ausgefüllt. Er habe aber davor nicht alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zur Identitätsklärung getroffen. Es reiche nicht aus, sich nach der Möglichkeit einer Ausstellung gambischer Pässe zu erkundigen. Zudem habe es der Antragsteller zu vertreten, dass seine Identität erst nach der Antragstellung habe geklärt werden können. Er habe den PEP-Antrag erst im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Beantragung der Ausbildungsduldung gestellt. Der Erteilung einer Ausbildungsduldung stehe zudem § 60c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG entgegen, da zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstanden. Der Termin zur Vorführung des Antragstellers bei einer gambischen Delegation am 17. Juni 2019 sei jedenfalls vor der ersten Beantragung einer Ausbildungsduldung vereinbart worden. Damit seien zum maßgeblichen Zeitpunkt der ersten Antragstellung bereits vergleichbar konkrete Vorbereitungsmaßnahmen für die Abschiebung eingeleitet worden. Der Antragsteller habe auch keinen Anordnungsanspruch auf Neuverbescheidung hinsichtlich der Ausbildungsduldung. Gemäß § 60c Abs. 7 AufenthG könne unbeschadet von § 60c Abs. 2 Nr. 3 AufenthG eine Ausbildungsduldung erteilt werden, wenn der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen habe. Der Antragsteller habe aber nicht alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen getroffen, um seine Identität zu klären, sodass die Voraussetzungen des § 60c Abs. 7 AufenthG nicht erfüllt und kein behördliches Ermessen zu Erteilung einer Ausbildungsduldung eröffnet sei. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei unabhängig von der finanziellen Situation des Antragstellers abzulehnen, weil sein Antrag nach § 123 VwGO keinen Erfolg habe. Die in der Hauptsache erhobene Klage habe ebenfalls keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg. Der Erteilung der insoweit infrage kommenden Beschäftigungsduldung nach § 60d Abs. 1 AufenthG stehe § 60d Abs. 1 Nr. 1a AufenthG entgegen. Ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Beschäftigungsduldung gemäß § 60d Abs. 4 AufenthG bestehe ebenfalls nicht. Ein Rückgriff auf die allgemein für die Erteilung einer Duldung nach Ermessen geltende Vorschrift des § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG sei aufgrund der ausdrücklichen Regelung in § 60d AufenthG nicht zulässig.
Im Beschwerdeverfahren beantragt der Antragsteller sinngemäß, den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. März 2020 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihm eine Ausbildungsduldung und Beschäftigungserlaubnis für die Aufnahme einer Berufsausbildung als Bäcker zu erteilen, und ihm für die Verfahren M 10 E 19.6205 und M 10 K 19.6204 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und seinen Prozessbevollmächtigten beizuordnen.
Das Schreiben vom 14. Juni 2019 stelle lediglich einen Antrag auf Umverteilung dar. Der Antrag auf Ausbildungsduldung sei erst am 22. Juli 2019 gestellt worden, nachdem der Antragsteller den PEP-Antrag gestellt und umfangreiche Ausführungen zu den Fragen gemacht habe. Er habe sich auch schon vor der Antragstellung nachhaltig bemüht, seine Identität zu klären. Ein etwaiges Fehlverhalten in der Vergangenheit könne ihm jedenfalls nicht mehr entgegengehalten werden. Die Tatbestände, die die Erteilung der Ausbildungsduldung erschwerten oder verhinderten, müssten eng ausgelegt werden. Es könne nicht jeder Verstoß Berücksichtigung finden. Es werde auch erheblich bezweifelt, dass dem Antragsteller bewusst gewesen sei, dass es sich bei der Befragung im Juni 2019 um eine Vorstellung beim gambischen Botschaftspersonal gehandelt habe. Die Aufforderung sei seinem Prozessbevollmächtigten nicht bekannt gegeben worden. Der Antragsgegner habe auch nicht deutlich gemacht, dass diese Maßnahme wichtig sei. Zudem sei nicht das neue Recht anzuwenden, weil der Antragsteller dadurch schlechter gestellt wäre als nach altem Recht. Der Antrag im einstweiligen Rechtsschutz sei auch nicht auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Aus der Antragstellung gehe deutlich hervor, dass es um eine vorläufige Anordnung der Aufnahme der Ausbildung gehe. Zudem handele es sich um eine Überraschungsentscheidung, da das Gericht noch am 18. März 2020 darauf verwiesen habe, dass die Entscheidung voraussichtlich im März 2020 fallen werde; der Beschluss trage aber bereits das Datum 10. März 2020. Daher seien die Schriftsätze vom 24. März und vom 2. April 2020 nicht mehr berücksichtigt worden.
II.
Die zulässigen Beschwerden sind unbegründet. Im Verfahren 10 CE 20.931 rechtfertigt das Beschwerdevorbringen, auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), keine Abänderung der Nr. I. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. März 2020 (1.). Die Beschwerde bleibt auch bezüglich der Nr. IV. des Beschlusses vom 10. März 2020 ohne Erfolg, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung in den Verfahren 10 E 19.6205 und 10 K 19.6204 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (2.).
1. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat, weil er weder einen Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG noch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag nach § 60c Abs. 7 AufenthG hat.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist die gerichtliche Entscheidung in der Tatsacheninstanz, bei einem Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung zur Erteilung einer Ausbildungsduldung also der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung des Senats. Rechtsänderungen sind daher – entgegen der Ansicht des Antragstellers – im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen. (VGH BW, B.v.14.1.2020 – 11 S 2956/19 – juris Rn.11). Anzuwenden ist daher das Aufenthaltsgesetz in der Fassung, die es durch das Gesetz vom 20. November 2019 (BGBl I S. 1626) erhalten hat.
Der Senat lässt offen, ob der Antragsteller im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung noch einen Anordnungsgrund hat. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Erteilung einer Ausbildungsduldung samt Beschäftigungserlaubnis war für eine am 1. August 2019 beginnende Ausbildung beantragt. Der Antragsteller hat nicht vorgetragen, dass er seine Berufsausbildung trotz der inzwischen vergangenen Zeit noch rückwirkend beginnen könne.
Die Verpflichtung des Antragsgegners im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, dem Antragsteller eine Ausbildungsduldung zu erteilen, stellt unabhängig von der konkreten Formulierung des Rechtsschutzbegehrens eine Vorwegnahme der Hauptsache dar, weil der Antragsteller damit seine Ausbildung vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens beginnen kann. Eine solche Vorwegnahme der Hauptsache ist jedoch zulässig, wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für ihn unzumutbar sind und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht (OVG LSA, B.v. 18.9.2019 – 2 79/19 – juris Rn. 15 m.w.N.). Diesen Maßstab hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt und zu Recht eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache angenommen, weil der Antragsteller aller Voraussicht nach keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung hat und deshalb im Hauptsacheverfahren nicht obsiegen wird.
§ 60c Abs. 2 Nr. 3 AufenthG schließt einen Anspruch auf die Ausbildungsduldung aus, wenn die Identität des Ausländers nicht geklärt ist. Solange die Identität objektiv nicht geklärt ist, scheidet ein Duldungsanspruch aus, unabhängig davon, ob der Ausländer (weiter) zu einer hinreichenden Klärung beitragen kann oder eine solche überhaupt möglich ist (Röder/Wittmann in ZAR 2019, 412/421). Die Klärung der Identität setzt die Gewissheit voraus, dass ein Ausländer die Person ist, für die er sich ausgibt, mithin Verwechslungsgefahr nicht besteht. Ohne Weiteres geklärt ist die Identität in der Regel bei Vorlage eines anerkannten Passes oder Passersatzes (Bergmann/Dienelt/Samel, AuslR, 14. Aufl. 2020, AufenthG, § 5 Rn. 43). Die Identität lässt sich aber auch auf andere Weise klären, etwa indem diese im Rahmen der Vorsprache einer Identifizierungskommission des (vermutlichen) Herkunftslandes, bestätigt wird. Neben sonstigen Identitätsdokumenten mit Lichtbild sind auch andere amtliche Dokumente aus dem Herkunftsstaat, die biometrische Merkmale und Angaben zur Person enthalten, geeignet, wenn sie die Möglichkeit der Identifizierung bieten, wie beispielsweise ein Führerschein, Dienstausweis oder eine Personenstandsurkunde mit Lichtbild. Auch amtliche Dokumente ohne biometrische Merkmale, etwa Geburts- und Heiratsurkunden, Meldebescheinigungen, Schulzeugnisse oder Schulbescheinigungen kommen zum Nachweis in Betracht ebenso elektronisch abgelegte Identitätsdokumente mit Lichtbild (BT-Drs. 19/8286, 15; kritisch hierzu Dietz NVwZextra 2019, 1/7). Eine solche Identitätsklärung ist im Falle des Antragstellers zu dem in § 60c Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) AufenthG genannten Zeitpunkt noch nicht erfolgt, und zwar unabhängig davon, ob der Antrag auf Ausbildungsduldung bereits mit Schriftsatz vom 14. Juni 2019 oder erst mit Schreiben vom 22. Juli 2019 gestellt wurde. Der Antragsteller hat zwar am 1. Juli 2019 einen PEP-Antrag gestellt. Eine Identitätsklärung ist damit aber nicht eingetreten, weil die Angaben, die der Antragsteller in diesem Antrag gemacht hat, nicht verifiziert sind. Daran ändert auch die Ausstellung eines auf diesen Angaben beruhenden Heimreisescheins durch das gambische Konsulat am 24. Januar 2020 nichts, weil dieser nur bestätigt, dass der Antragsteller gambischer Staatsangehöriger ist.
Die Frist des § 60c Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) AufenthG gilt nach Halbs. 2 als gewahrt, wenn der Antragsteller alle erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen zur Identitätsklärung ergriffen hat, und die Identität erst nach dieser Frist geklärt werden kann, ohne dass der Ausländer dies zu vertreten hat. In diesem Fall entsteht der betroffenen Person ein gebundener Rechtsanspruch auf die Ausbildungsduldung, mit der Folge, dass der Versagungsgrund nicht eingreift. Bleibt die Identität – warum auch immer – dagegen ungeklärt, scheidet ein gebundener Anspruch auf die Ausbildungsduldung in jedem Fall aus. Hier entscheidet das bisherige Mitwirkungsverhalten nur noch über die Frage, ob von dem Versagungsgrund gem. § 60c Abs. 7 AufenthG im Ermessenswege abgesehen werden kann (Röder in BeckOK Migrationsrecht, Stand 1.3.2020, AufenthG, § 60c Rn. 46 ff).
Vorliegend hat der Antragsteller weder innerhalb der Frist des § 60c Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) AufenthG alle erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen noch konnte seine Identität nach Ablauf dieser Frist geklärt werden. Der Antragsteller wurde vom Antragsgegner unmittelbar nach Abschluss seines Asylverfahrens mit Bescheid vom 19. September 2017 aufgefordert, einen Pass oder Passersatz vorzulegen oder ein Passersatzantragsformular vollständig und wahrheitsgemäß auszufüllen und gegebenenfalls zu einem vom Landratsamt bestimmten Termin bei der Auslandsvertretung von Gambia vorzusprechen. Der Antragsteller hat zwar glaubhaft gemacht, dass er am 16. Oktober 2017 einen Beratungstermin bei der Caritas wahrgenommen hat, bei dem ihm die Schwierigkeiten bei einer Passbeschaffung aufgezeigt worden sind. Er hat jedoch keinerlei Nachweise darüber vorgelegt, dass er anderweitige Anstrengungen unternommen hätte, Identitätspapiere oder andere Dokumente, die seine Identität belegen könnten, zu beschaffen. Auch hat sich der Antragsteller nicht mehr bei der Caritas gemeldet, die im bei der Beschaffung von Identitätsdokumenten für eine freiwillige Rückkehr nach Gambia behilflich gewesen wäre. Vielmehr hat er die Mitwirkung bei der Beschaffung eines Heimreisescheins ausdrücklich verweigert (Blatt 156 ff. der Behördenakte). Das Ausfüllen eines PEP-Antrages dient nicht nur der Beschaffung von Heimreisedokumenten, sondern auch der Identitätsfeststellung. Diesen PEP-Antrag hat der Antragsteller erst am 1. Juli 2019 ausgefüllt und unterschrieben bei der Antragsgegnerin eingereicht. Erst nachdem der Antragsgegner eine räumliche Beschränkung nach § 61 Abs. 1c Satz 2 AufenthG wegen der fehlenden Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen angeordnet hatte, ein entsprechendes Eilrechtsschutzverfahren erfolglos verlief und dem Antragsteller die Sozialleistungen gekürzt worden sind, erklärte er sich bereit, bis 1. März 2019 einen PEP-Antrag auszufüllen. Der entsprechende Antrag ging jedoch dann erst am 1. Juli 2019 beim Antragsgegner ein. Festzustellen bleibt, dass der Antragsteller über einen Zeitraum von fast zwei Jahren jegliche Mitwirkung an seiner Identitätsklärung verweigert hat und auch selbst nichts dazu beigetragen hat, entsprechende Dokumente aus seiner Heimat zu beschaffen.
Auch die weitere kumulative Voraussetzung des § 60c Abs. 2 Halbs. 2 AufenthG ist nicht erfüllt, weil die Identität des Antragstellers nach wie vor nicht geklärt ist. Insbesondere hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass in der Zwischenzeit im Rahmen einer Vorsprache beim gambischen Konsulat am 14. Januar 2020 seine Identität geklärt worden wäre.
Infolgedessen ist das Verwaltungsgericht auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 60c Abs. 7 AufenthG nicht erfüllt sind, weil der Antragsteller nicht die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen hat (siehe oben).
Liegt bereits der Ausschlussgrund des § 60c Abs. 2 Nr. 3 AufenthG vor, kommt es nicht mehr darauf an, ob im Zeitpunkt der Antragstellung auf Ausbildungsduldung bereits konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung, die in einem hinreichenden sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zur Aufenthaltsbeendigung stehen, bevorstehen (§ 60c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG). Daher kann auch offenbleiben, ob es sich bei dem dem Antragsteller mit Schreiben vom 6. Juni 2019 mitgeteilten Termin zur Durchführung einer Sicherheitsbefragung am 17. Juni 2019, die einer Identitätsfeststellung in Form einer Anhörung durch eine Delegation aus Gambia dienen sollte, um eine vergleichbar konkrete Vorbereitungsmaßnahme zur Abschiebung (§ 60c Abs. 2 Nr. 5 Buchst. d) AufenthG) handelte (vgl. BT-Drs. 19/8286). Jedenfalls war die Vorführung zur Anhörung bei der Delegation aus Gambia bereits vor Eingang des Schriftsatzes vom 14. Juni 2019 und erst recht bei der ausdrücklichen Stellung des Antrages auf Erteilung einer Ausbildungduldung mit Schriftsatz vom 22. Juli 2019 eingeleitet.
Ausführungen zur behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs bzw. zur Überraschungsentscheidung sind im Zusammenhang mit dem im Wege einer einstweiligen Anordnung geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung nicht unmittelbar entscheidungserheblich. In diesem Verfahren obliegt es dem Antragsteller das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen glaubhaft zu machen. Ob der Antragsgegner parallel zum gerichtlichen Verfahren Vorbereitungen zu einer Abschiebung trifft, ist dafür nicht entscheidungserheblich. Denn im Fall einer stattgebenden Gerichtsentscheidung dürfte der Antragsteller nicht abgeschoben werden. Das Schreiben des Antragsgegners vom 5. März 2020 wurde dem Antragsteller zur Kenntnis gegeben. Das Vorbringen in den Schriftsätzen vom 24. März und 2. April 2020 stellt lediglich eine Bewertung der bereits gerichtsbekannten Tatsachen durch den Antragsteller vor.
2. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Verfahren M 10 E 19.6205 und M 10 K 19.6204 ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen des § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Für das Verfahren M 10 E 19.6205 ergibt sich dies aus den Ausführungen unter 1. Im Verfahren M 10 K 19.6204 hat der Antragsteller zudem eine Ermessensduldung für die Tätigkeit als Bäcker beantragt. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf verwiesen, dass Voraussetzung für eine Beschäftigungsduldung nach § 60d AufenthG ebenfalls die Klärung der Identität des Ausländers ist. § 60d Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) AufenthG ist insoweit identisch mit § 60c Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) AufenthG. Die Erteilung einer Beschäftigungsduldung nach § 60d Abs. 4 AufenthG scheitert aus den gleichen Gründen wie die Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60c Abs. 7 AufenthG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung im Verfahren 10 CE 20.931 ergibt sich aus§ 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.
Einer Streitwertfestsetzung für das Verfahren 10 C 20.934 bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).