Verwaltungsrecht

Klage auf Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren im Widerspruchsverfahren

Aktenzeichen  AN 3 K 16.02467

Datum:
2.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG BayVwVfG Art. 80
VwGO VwGO § 72, § 73

 

Leitsatz

Für den Anspruch auf Kostentragung für in einem Vorverfahren entstandene Gebühren eines Rechtsanwalts ist eine für den Kläger positive Kostengrundentscheidung im Rahmen einer Abhilfe- oder Widerspruchsentscheidung notwendig, in der auch bestimmt wird, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg, da dem Kläger, unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der hier erhobenen Leistungsklage, der geltend gemachte Anspruch materiell-rechtlich nicht zusteht.
Mit der allgemeinen Leistungsklage erstrebt der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Rechtsanwaltsgebühren, die ihm in einem Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid der Beklagten vom 21. März 2012 entstanden sind. Er begehrt damit nicht den Erlass eines Verwaltungsaktes, sondern die Verpflichtung zu einem tatsächlichen Handeln.
1. Für die Rechtsanwaltsgebühren, die dem Kläger im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstanden sind, handelt es sich bereits nicht um Kosten des Vorverfahrens nach Art. 80 BayVwVfG, auch wenn sie zu einer Zeit entstanden sind, in der über den Widerspruch noch nicht entschieden war. Diese Kosten sind umfasst von den Kostenentscheidungen des VG Ansbach im Beschluss vom 25. Juni 2012 bzw. des BayVGH im Beschluss vom 16.Oktober 2012, mit welchen jeweils dem Kläger die Verfahrenskosten nach § 154 Abs. 1, 2 VwGO auferlegt wurden, da seine Anträge erfolglos blieben. Ein Anspruch auf Erstattung dieser Kosten besteht daher schon aus diesem Grunde nicht.
2. Für den Anspruch auf Kostentragung für in einem Vorverfahren entstandene Gebühren eines Rechtsanwalts ist eine für den Kläger positive Kostengrundentscheidung im Rahmen einer Abhilfe- oder Widerspruchsentscheidung notwendig, in der auch bestimmt wird, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war, §§ 72, 73 VwGO, Art. 80 BayVwVfG.
Im Fall der Erledigung des Widerspruchs auf andere Weise – also wenn die Behörde den mit einem Widerspruch angefochtenen Ausgangsbescheid aus der Welt schaffen will – hat sie grundsätzlich die Wahl, ob sie dem Widerspruch gemäß § 72 VwGO mit der Kostenfolge des Art. 80 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG abhilft oder ob sie den Verwaltungsakt in einem eigenständigen Verfahren außerhalb des Widerspruchsverfahrens beseitigt. In diesem Fall hat sie über die Kosten gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 5 BayVwVfG nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes eine Entscheidung (Kostengrundentscheidung) zu treffen (BayVGH, B.v. 18.8.2010 – 6 ZB 10.1081 -, juris Rn. 4).
Bei der Kostengrundentscheidung und der Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten handelt es sich um Verwaltungsakte, die von Amts wegen ergehen, wenn die Voraussetzungen vorliegen, Art. 80 BayVwVfG (Beck’scher Online-Kommentar VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, Stand 1.10.2016, Rn. 127). Für den Fall des Unterbleibens der Entscheidung oder des Ergehens einer negativen Entscheidung kann der Anspruch mit den Mitteln des Verwaltungs- und Prozessrechts im Widerspruchs- oder Klageverfahren durchgesetzt werden.
Vorliegend hat der Kläger von den ihm prozess- und verfahrensrechtlich zur Seite stehenden Mitteln keinen Gebrauch gemacht. Vielmehr blieb er untätig, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 den mit Schreiben vom 13. Dezember 2012 geltend gemachten Anspruch abgelehnt hatte. Die wegen der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung:gemäß §§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO einjährige Widerspruchsfrist ist mittlerweile abgelaufen. Die für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs notwendige Kostengrundentscheidung zugunsten des Klägers, auf deren Grundlage der Ausspruch der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren nach Art. 80 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG – auch im Rahmen einer etwa nach Art. 80 Abs. 1 Satz 5 BayVwVfG zu treffenden Billigkeitsentscheidung bei Erledigung des Widerspruchs auf andere Weise – hätte erfolgen können, liegt bestandskräftig nicht vor. Damit erweist sich die nun erhobene allgemeine Leistungsklage bereits als unstatthaft.
3. Darüber hinaus hätte dem Kläger auch aus Billigkeitserwägungen kein Anspruch auf Übernahme der Rechtsanwaltskosten aus dem Vorverfahren nach dem für eine Kostenentscheidung maßgeblichen Sachstand zum Zeitpunkt der „Gegenstandsloserklärung“ zugestanden. Für eine derartige Ermessensreduktion bestehen vorliegend keinerlei Anhaltspunkte. Denn der Kläger wurde durch den Bescheid der Beklagten vom 21. März 2012 nicht in eigenen Rechten verletzt, weshalb auch die gerichtlichen Verfahren zur Ablehnung seiner Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes führten. Dass in Folge durch eine nochmalige Überprüfung des Abrechnungsgebietes auf Hinweis der Beschwerdeinstanz ein zu Lasten des Klägers höherer Beitrag erhoben und gleichzeitig der Bescheid vom 21. März 2012 für gegenstandslos erklärt wurde, hätte wegen Fehlens einer materiellen Beschwer des Klägers durch diesen Bescheid keine für den Kläger positive Kostenentscheidung der Beklagten herbeiführen können. Die Auffassung des Prozessbevollmächtigten, der erklärte, alleine die Tatsache, dass die Behörde an ihrem Bescheid nicht mehr festhalte, müsse zu einer Übernahme der Kosten des Vorverfahrens führen, ist so nicht zutreffend, da maßgeblich für Kostenentscheidungen stets die Frage des Obsiegens bzw. Unterliegens mit einem Rechtsbehelf und damit die materielle Rechtslage ist, vgl. §§ 72, 73 VwGO, Art. 80 BayVwVfG und §§ 154 Abs. 1, 162 VwGO für Gerichtskosten.
In der Rechtsprechung ist für den Fall der Erledigung eines Widerspruchs nur dann die Möglichkeit eines Kostenerstattungsanspruchs anerkannt, wenn sich die Behörde – um der Abhilfeentscheidung mit einer Kostenentscheidung nach Art. 80 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG zu entgehen – in die Erledigung „flüchtet“ (Beck’scher Online-Kommentar VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, Stand 1.10.2016, § 80 Rn. 130; BVerwG, U.v. 28.4.2009 – 2 A 8/08 -, juris Rn. 16). Dieser Fall liegt hier jedoch nicht vor, da auch der Zweitbescheid vom 27. November 2012 einer rechtlichen Überprüfung standhielt.
Demnach war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

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