Verwaltungsrecht

Kommunale Lehrkräfte –  Lehrpersonalzuschuss bei Stichtagsregelung

Aktenzeichen  M 3 K 15.1837

Datum:
21.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 151126
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BaySchFG Art. 16, Art. 18
AVBaySchFG § 12
BayEUG Art. 50

 

Leitsatz

Die Stichtagsregelung ist nicht so strikt auszulegen, dass eine zufällig an diesem Tag erkrankte Lehrkraft nicht für den Unterricht vorgesehen werden könnte, sondern die Art und Dauer der Erkrankung sind zu berücksichtigen. Dies erfordert eine gewisse Prognose. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Unter Aufhebung des Bescheids der Regierung von Oberbayern vom 19. Januar 2015 in Form des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 31. März 2015 wird der Beklagte verpflichtet, der Klägerin den beantragten Personalzuschuss 2014 unter Ansatz von 19 Unterrichtsstunden für die Lehrkraft … zu gewähren.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist auch begründet.
Der Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 19. Januar 2015 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 31. März 2015 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Gewährung des beantragten Lehrpersonalzuschusses 2014 unter Ansatz von 19 Unterrichtsstunden für die Lehrkraft … Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus § 3 des zwischen dem Beklagten und der Klägerin am 14. Juli 1997 geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrages, mit dem die Folgen der Errichtung einer Staatlichen Berufsoberschule in I… zum Schuljahr 1997/1998 für die bis dahin bestehende Städtische Berufsoberschule der Klägerin geregelt wurden.
Danach erhält die Klägerin für ihre nach § 2 Abs. 2 des Vertrages an den Beklagten abgeordneten städtischen Lehrkräfte den im BaySchFG vorgesehenen Lehrpersonalzuschuss in der jeweiligen Höhe, verzichtet aber gleichzeitig auf jede weitere Bezügeerstattung.
Dabei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Regelung in § 3 des Vertrages lediglich um eine Rechtsfolgenverweisung hinsichtlich der jeweiligen Höhe des im BaySchFG vorgesehenen Lehrpersonalzuschusses handelt, oder ob sich der zu gewährende Lehrpersonalzuschuss insgesamt nach den gesamten hierfür im BaySchFG vorgesehenen Bestimmungen richten soll. Für eine bloße Rechtsfolgenverweisung könnte nämlich sprechen, dass die Lehrkräfte ab dem Wirksamwerden der vertraglichen Regelung ihre Arbeitsleistung für die vorgesehene staatliche Berufsoberschule erbringen, jedoch weiterhin Bedienstete der Klägerin bleiben und von dieser ihre Beihilfe, Beihilfen und sonstige Leistungen erhalten. Nachdem in § 3 des Vertrags aber nur auf die jeweilige Höhe, nicht auf die jeweiligen Voraussetzungen allgemein, Bezug genommen wird, könnte dies auch dahingehend ausgelegt werden, dass im Gegensatz zur Vergangenheit, in der der Klägerin ja bereits die für kommunale Schulen nach dem BaySchFG vorgesehenen Lehrpersonalzuschüsse gewährt wurden, künftig der vom Beklagten an die Klägerin für die Überlassung ihres Personals an der künftigen staatlichen Schule zu ersetzende Betrag der Höhe nach dem im BaySchFG vorgesehenen Lehrpersonalzuschuss entsprechen soll.
Unabhängig davon ist die Kürzung ohne Ansatz von 19 Unterrichtsstunden für die Lehrkraft … auch nach den Bestimmungen des BaySchFG rechtswidrig.
Gemäß Art. 16 Abs. 1 BaySchFG gewährt der Staat für kommunale Schulen einen Zuschuss zum Lehrpersonalaufwand (Lehrpersonalzuschuss). Der Lehrpersonalzuschuss wird für das Haushaltsjahr gewährt. Wird eine Schule errichtet oder aufgelöst, so wird der Lehrpersonalzuschuss für das maßgebliche Haushaltsjahr anteilig gewährt. Gemäß Art. 18 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BaySchFG ist Bemessungsgrundlage des Lehrpersonalzuschusses für berufliche Schulen der im Rahmen der Stundentafel vorgesehene Unterricht einschließlich der im Rahmen des Unterrichts vorgeschriebenen fachpraktischen Ausbildung (Art. 50 Abs. 3 BayEUG) nach den Verhältnissen am Stichtag der Amtlichen Schuldaten für das dem Haushaltsjahr vorhergehende Jahr. Als Unterricht gelten die nach dem Stundenplan der Schule vorgesehenen Unterrichtswochenstunden sowie die gewährten Anrechnungs- und Ermäßigungsstunden, soweit sie auch staatlichen Lehrkräften gewährt werden dürfen.
Gemäß § 12 Abs. 2 der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes vom 23. Januar 1997, zuletzt geändert am 21. Februar 2018, GVBl S. 42, (AVBaySchFG) wird der Lehrpersonalzuschuss auf der Grundlage der Summe der gleichmäßig auf das Schuljahr verteilten Unterrichtswochenstunden berechnet, die sich am 20. Oktober aus der für einen längeren Zeitraum (in der Regel für mindestens ein Schulhalbjahr) geltenden planmäßigen Verteilung des Unterrichts auf die Lehrkräfte (einschließlich Werkstattausbilder) der Schule (Stundenplan) ergeben. Zu der Summe der Unterrichtswochenstunden, die sich nach § 12 Absätze 2 und 3 AVBaySchFG ergibt, werden nach Maßgabe staatlicher Regelung gewährte Anrechnungs- und Ermäßigungsstunden hinzugezählt § 12 Abs. 4 Satz 1 AVBaySchFG.
Der maßgebliche Stichtag ist vorliegend für das Haushaltsjahr 2014 der 20. Oktober 2013 und die Verhältnisse an diesem Stichtag. In ihrem Widerspruchsbescheid geht die Regierung von Oberbayern davon aus, dass vorgesehener Unterricht der Unterricht ist, der mit dem vorhandenen und einsetzbaren Lehrpersonal eingeplant werden kann. Die Stichtagsregelung ist also nicht so strikt auszulegen, dass eine zufällig an diesem Tag erkrankte Lehrkraft nicht für den Unterricht vorgesehen werden könnte, sondern die Art und Dauer der Erkrankung sind zu berücksichtigen. Dies erfordert naturgemäß eine gewisse Prognose. Wenn in diesem Zusammenhang in der vom Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst herausgegebenen „Erhebungs- und Merkmalsbeschreibung“ zu den Amtlichen Schuldaten 2014/15 – Lehrer- und Unterrichtsteil in der Nummer 42 unter der Überschrift „Gewährte Ermäßigungsstunden/Reduktion, längerfristige Abwesenheit mit Dienstbezügen“ u.a. ausgeführt wird: “Bei Lehrkräften, die längerfristig mit Dienstbezügen abwesend und daher nicht zum Unterrichtseinsatz vorgesehen sind, wird die Gesamtzahl der vergüteten Stunden bei Mutterschutz bzw. bei „Sonstige Gründe“ (z.B. wegen längerfristiger Krankheit, Kur) eingetragen.“, nimmt dies Bezug auf die auf Seite 2 dieser Erhebungs- und Merkmalsbeschreibung unter 2.1 dargestellte Auflistung unterschiedlicher Personengruppen unter den Lehrkräften, von denen Daten über die Verhältnisse zum Stichtag bereitzustellen sind. Neben den unter dem ersten Spiegelstrich dort genannten Lehrkräfte, die an der berichtenden Schule am Stichtag eingesetzt sind und dort eigenverantwortlich Unterricht erteilen, ist unter dem vierten Spiegelstrich auch die Gruppe der Lehrkräfte genannt, die mit Dienstbezügen abwesend und deshalb laut Stundenplan nicht zum Unterrichtseinsatz vorgesehen sind (z.B. wegen längerer Krankheit, Kur, Mutterschutz). Hinsichtlich des Merkmals „und deshalb laut Stundenplan nicht zum Unterrichtseinsatz vorgesehen“ kann jedoch nicht allein auf den Stichtag bezogen ausgefüllt werden, sondern erfordert eine Prognose. Ob diese – zukunftsgerichtete – Prognose maßgeblich unter Berücksichtigung zurückliegender Sachverhalte oder vorausschauend zu treffen ist, richtet sich nach dem zu beurteilenden Einzelfall.
Im vorliegenden Fall war die Lehrkraft … im Schuljahr 2012/2013 vom 8. Mai 2013 bis 19. Juli 2013 dienstunfähig erkrankt. Am 22. Juli trat Herr … seinen Dienst wieder an, kam während der Sommerferien am 14. August 2013 seiner Einteilung zur Ferienpräsenz an der Schule nach und nahm auch im Schuljahr 2013/2014 an der Schuljahresanfangskonferenz am 11. September 2013 teil. Laut Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 12. September war die Lehrkraft dann vom 13. September voraussichtlich bis zum 31. Oktober 2013 krank. Unstreitig handelte es sich dabei nicht um eine Folge der ersten Erkrankung, sondern um eine andere Krankheit. Zum Stichtag 20. Oktober 2013 war die Lehrkraft also aller Voraussicht nach noch 11 weitere Tage krankgeschrieben. Auch wenn die Erkrankung bereits seit Mitte September vorlag, bestand keine Veranlassung, von einer Fortdauer der Erkrankung auszugehen und die Lehrkraft nicht zum Unterrichtseinsatz vorzusehen. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine längere Erkrankung handeln könnte, waren zu diesem Zeitpunkt nicht gegeben. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn es sich bei der Ursache der erneuten Dienstunfähigkeit um die gleiche Erkrankung wie im vorausgegangenen Schuljahr gehandelt hätte oder wenn aufgrund der Umstände oder der Art der neuen Erkrankung dem Dienstherrn oder der Schule bekannt sein konnte, dass die Lehrkraft für einen längeren Zeitraum ausfallen würde. Dies war aber hier nicht der Fall.
Aus den dargestellten Gründen war der Klage daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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