Aktenzeichen 20 ZB 17.186
BayKAG Art. 5
Leitsatz
1 Das Gesetz stellt keine besonderen Anforderungen an die Widmung als öffentliche Wasserversorgungseinrichtung. Die entsprechende Widmung ergibt sich aus den Gesamtumständen, wobei der Aufnahme in vorhandene Bestandspläne eine besondere Bedeutung zukommt (ebenso BayVGH BeckRS 2007, 30135). (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine konkludente Widmung ist etwa in der Inbetriebnahme der Anlagen einer Einrichtung und in dem Erlass von Gebührenbescheiden zu sehen. Dagegen kann in der bloßen Verbindung der durch den Erschließungsträger hergestellten Leitungen mit der kommunalen leitungsgebundenen Einrichtung kein Widmungsakt gesehen werden; das Gleiche gilt für die “Abnahmereife” bzw. die “vergessene Abnahme” der vom Erschließungsträger gefertigten Leitungen. (Rn. 4 – 5) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RN 11 K 15.2059 2016-12-14 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.480,74 € festgesetzt.
Gründe
Der gemäß § 124 a Abs. 4 Sätze 1 bis 4 VwGO zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
Aus dem Vorbringen des Klägers in seinem Zulassungsantrag ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente in Frage gestellt werden. Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77/83; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4/03 – DVBl 2004, 838; BayVGH, B.v. 24.2.2006 – 1 ZB 05.614 – juris Rn. 11; B.v. 19.3.2013 – 20 ZB 12.1881 – juris Rn. 2).
Die vom Kläger geltend gemachte Verjährung liegt nicht vor. Denn die vierjährige Festsetzungsverjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Beitrag entstanden ist (vgl. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb 2. Spiegelstrich, Doppelbuchst. cc, § 169 Abs. 2 Satz 1, § 170 Abs. 1 AO). Hierfür wäre erforderlich gewesen, dass die Beitragspflicht im Jahre 2009 entstanden wäre, so dass die Beitragserhebung mit Bescheid vom 3. November 2014 mit Ablauf des Jahres 2013 außerhalb der Festsetzungsfrist erfolgt ist. Hierfür hat der Kläger in seinem Antrag auf Zulassung der Berufung keine hinreichenden Umstände dargelegt.
Das Gesetz stellt keine besonderen Anforderungen an die Form des Widmungsaktes. Dass und wie weit eine Widmung vorliegt, muss sich aus den gesamten Umständen ergeben (BayVGH, U. v. 21.12.2000 – 23 B 00.2132 – GK 2001 Rn. 173). Dabei kommt der Aufnahme in vorhandene Bestandspläne eine besondere Bedeutung zu (BayVGH, B.v. 25.7.2007 – 23 CS 07.1539 – juris). Aber auch aus anderen Umständen kann sich eine konkludente Widmung durch die Gemeinde ergeben. So ist in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B.v. 10.2.2017 – 4 B 157.16 – juris) anerkannt, dass in der Inbetriebnahme und Nutzung der Anlagen einer Einrichtung und in dem Erlass der Gebührenbescheide eine Widmung gesehen werden kann. Hierdurch ist der Wille des Einrichtungsträgers, die Anlagen einem öffentlichen Zweck zuzuführen, hinreichend deutlich nach außen dokumentiert worden. Einer Eintragung der Leitungsrechte in das Grundbuch bedarf es grundsätzlich nicht. Auf die Eigentumsverhältnisse an den einzelnen Teilen der Anlage sowie deren Sonderrechtsfähigkeit nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts kommt es für die Widmung grundsätzlich nicht an (BVerwG, B.v. 13.1.2016 – 7 B 3.15 – juris Rn. 7). Deshalb ist es fraglich, ob die vom Verwaltungsgericht geforderte Dispositionsbefugnis des Einrichtungsträgers tatsächlich für eine Widmung und damit für das Entstehen der Beitragspflicht erforderlich ist. Darauf kommt es hier jedoch nicht an, denn entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichts (Seite 10 des Urteils) hat der Kläger solche Umstände, die eine konkludente Widmung rechtfertigen können, nicht dargelegt.
Zunächst vertritt der Kläger in seiner Antragsbegründung die Rechtsmeinung, dass eine im Rahmen eines Erschließungsvertrages von einem Erschließungsträger ordnungsgemäß erstellte Leitung durch Anschluss an das Leitungsnetz zum Teil der Erschließungseinrichtung werde, ohne dass es einer gesonderten Widmung der Leitung bedürfe. Eine solche Sichtweise widerspricht jedoch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach zu einer öffentlichen Einrichtung alles gehört, was die Gemeinde in Erfüllung ihrer Aufgaben bereithält und durch einen gemeindlichen Widmungsakt der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt, sodass auf einen Widmungsakt nicht verzichtet werden kann (BayVGH, U.v. 21.10. 2003 – 23 B 03.824 – BeckRS 2003, 31483). Darüber hinaus kann in der bloßen Verbindung der durch den Erschließungsträger hergestellten Leitungen mit der kommunalen leitungsgebundenen Einrichtung kein Widmungsakt gesehen werden, denn hier fehlt es bereits an einer Willenserklärung des Einrichtungsträgers. Gleiches gilt für die Annahme des Klägers, dass in der „Abnahmereife“ bzw. in der „vergessenen Abnahme“ der vom Erschließungsträger gefertigten Leitungen aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Widmung zu sehen sei. Denn solche vertragsrechtliche Überlegungen sind auf die Beurteilung der Widmung als dinglichem Verwaltungsakt nicht übertragbar. Die Abnahme im Jahr 2009 ist darüber hinaus nicht belegt und damit nicht dargelegt. Soweit der Kläger schließlich noch vorträgt, dass das Grundstück des Nachbarn bereits im Jahre 2009 mit Wasser aus der gemeindlichen Wasserversorgungsanlage versorgt worden sei, so steht dies im Widerspruch zu den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, wonach im Juli 2011 auf einem Nachbargrundstück ein Wasserzähler angebracht worden sei, für dieses Grundstück Wasser aus der Leitung bezogen worden sei und 2012 ein entsprechender Gebührenbescheid ergangen sei. Ein bloßes Bestreiten der Ausführungen in der Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags ist nicht in der Lage, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu begründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 3 GKG.
Mit diesem Beschluss wird das angegriffene Urteil rechtskräftig (vgl. § 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).