Aktenzeichen M 5 E 16.2983
RBestPol Nr. 3
Leitsatz
Nur dann, wenn sich der Dienstherr für ein Auswahlverfahren entschließt, an dem Beförderungs- und Umsetzungs-(Versetzungs-)Bewerber unterschiedslos teilnehmen, muss er sich an dem gewählten Modell der “Bestenauslese” auch bezüglich der Versetzungs-(Umsetzungs-)Bewerber festhalten lassen (vgl. BayVGH BeckRS 2015, 51978). (redaktioneller Leitsatz)
Findet der Grundsatz der “Bestenauslese” keine Anwendung, liefert auch der Gesichtspunkt, dass eine zwischenzeitlich erworbene faktische Bewährung des Konkurrenten im Rahmen einer erneuten Auswahlentscheidung berücksichtigt werden könnte, keinen Anordnungsgrund. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Zum Verfahren wird Herr … beigeladen.
II.
Der Antrag wird abgelehnt.
III.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
IV.
Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsgegner schrieb im Mitteilungsblatt Nr. 2 vom 29. Januar 2016 den Dienstposten eines/einer Sachbearbeiter/in 3. QE zgl. stellvertretende(r) Leiterin/Leiter der Prüfungsstelle … bei der … Bereitschaftspolizeiabteilung M. (A 11/12) aus. In den Vorbemerkungen der Stellenausschreibung wurde u. a. darauf hingewiesen, dass Umsetzungen nach Nr. 3 der Richtlinien über die Bestellung auf Dienstposten des gehobenen und des höheren Dienstes der Bayerischen Polizei (RBestPol) vorrangig durchgeführt werden können. Auf diese Stelle bewarben sich u. a. die Antragstellerin und der Beigeladene.
Die Antragstellerin steht als Polizeihauptkommissarin (Besoldungsgruppe A 12) in Diensten des Antragsgegners, der Beigeladene als Polizeihauptkommissar (Besoldungsgruppe A 11).
Die Antragstellerin schilderte mit Schreiben vom 7. März 2016 und 12. April 2016 die Gründe, die ihre Umsetzung auf den streitbefangenen Dienstposten nahelegen würden.
Mit Besetzungsvermerk ohne Datum (Bl. 154 der Behördenakten) entschied das Präsidium, die ausgeschriebene Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen. Er habe unter den Beamten der Besoldungsgruppe A 11 das beste Gesamturteil der dienstlichen Beurteilungen. Bei den Beamten der Besoldungsgruppe A 12 lägen keine zwingenden persönlichen Gründe für eine vorrangige Umsetzung vor, das gelte insbesondere auch für die Antragstellerin. Der Bezirkspersonalrat stimmte der Besetzung am 17. März zu, die stellvertretende Bezirksvertrauensperson der Schwerbehinderten am 2. Mai 2016. Die Gleichstellungsbeauftragte wurde mit Schreiben vom 10. März 2016 beteiligt.
Mit Schreiben vom 21. Juni 2016 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass die Stelle mit dem Beigeladenen besetzt werden soll. Zwingende persönliche Gründe für eine vorrangig durchzuführende Umsetzung der Beamtin lägen nicht vor. Denn ihr seien zum 1. März 2016 bereits Erleichterungen in ihrer Verwendung gewährt worden, seit 1. Juli 2016 werde sie auf einer anderen Verwendung innerhalb der … eingesetzt.
Am 7. Juli 2016 erhob die Antragstellerin gegen die Besetzungsentscheidung Klage, über die noch nicht entschieden ist (M 5 K 16.2984).
Mit Schriftsatz vom 7. Juli 2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat die Antragstellerin beantragt,
dem Antragsgegner zu untersagen, den Dienstposten Sachbearbeiterin/Sachbearbeiter 3. QE Prüfungsstelle in der … Bereitschaftspolizeiabteilung in M. mit dem Beigeladenen zu besetzen.
Die Antragstellerin sei im Auswahlverfahren vorrangig zu berücksichtigen. Die Ermessensausübung sei rechtswidrig gehandhabt worden. Die Argumente der Antragstellerin seien gar nicht oder nur ungenügend berücksichtigt worden.
Das Polizeipräsidium hat für den Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es bestehe weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch. Die Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens mit dem Beigeladenen könne selbst nach dessen Beförderung auf der ausgeschriebenen Stelle nach A 12 durch Umsetzung wieder rückgängig gemacht werden. Die Besetzungsentscheidung zugunsten des Beigeladenen sei auch nicht ermessensfehlerhaft.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist zulässig, aber unbegründet.
1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr droht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass die Antragstellerin sowohl einen Anordnungsanspruch, den materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, als auch einen Anordnungsgrund, die Eilbedürftigkeit der Streitsache, glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung – ZPO).
Vorliegend fehlt es bereits an dem für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund.
2. Der Antragstellerin droht kein Rechtsverlust, wenn sich im bereits anhängigen Klageverfahren herausstellen sollte, dass die vorgenommene Besetzungsentscheidung zugunsten des Beigeladenen rechtswidrig war, da der streitbefangene Dienstposten jederzeit – wie auch der Antragsgegner erklärt hat – durch Versetzung/Umsetzung des Beigeladenen wieder freigemacht werden könnte. Ebenso kann die Antragstellerin, die schon ein Amt der Besoldungsgruppe A 12 innehat, jederzeit auf den mit A 12 bewerteten Dienstposten umgesetzt werden.
Nach Nr. 3.1 RBestPol nehmen Beamte, die bereits einen Dienstposten innehaben, der dem Wert des ausgeschriebenen Dienstpostens gleichwertig ist oder einen gegenüber dem ausgeschriebenen Dienstposten höher bewerteten Dienstposten innehaben, nicht an einem leistungsbezogenen Auswahlverfahren teil. In diesem Fall können die Beamten aus besonderen dienstlichen oder zwingenden persönlichen Gründen vorrangig bestellt werden. Dabei stellt der Dienstherr ausdrücklich auf den Begriff des Dienstpostens und nicht des statusrechtlichen Amtes ab. Durch die Besetzung des streitgegenständlichen Postens mit dem Beigeladenen kann der Antragstellerin, die bereits statusrechtlich im Amt A 12 ist, kein Nachteil entstehen, selbst wenn sich in einem Hauptsacheverfahren die Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung herausstellen sollte (BayVGH, B.v. 19.2.2015 – 3 CE 14.2693 – juris Rn. 14; B.v. 8.1.2014 – 3 CE 13.2202 – juris).
a) Ein drohender Rechtsnachteil für die Antragstellerin ergibt sich auch nicht aus einem eventuellen Bewährungsvorsprung des Beigeladenen im Rahmen seiner zwischenzeitlichen Aufgabenwahrnehmung auf dem streitbefangenen Dienstposten. Denn die Problematik eines etwaigen Bewährungsvorsprungs spielt nur bei einer Konkurrenzsituation von Beförderungsbewerbern eine Rolle. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Antragsgegner hat mit dem Hinweis darauf, dass Umsetzungen nach Nr. 3 RBestPol vorrangig durchgeführt werden könnten, hinreichend klargestellt, dass Beamte, die bereits einen Dienstposten innehaben, der – wie hier – dem Wert des ausgeschriebenen Dienstpostens gleichwertig ist, nicht am Auswahlverfahren nach Nr. 2 RBestPol teilnehmen. Sie können jedoch – auch nach erfolgter Ausschreibung – dann vorrangig bestellt werden, wenn es besondere dienstliche Gründe erfordern oder zwingende persönliche Gründe vorliegen und Kosten dadurch nicht anfallen. Nur dann, wenn sich der Dienstherr für ein Auswahlverfahren entschließt, an dem Beförderungs- und Umsetzungs-(Versetzungs-)Bewerber unterschiedslos teilnehmen, muss er sich an dem gewählten Modell der „Bestenauslese“ auch bezüglich der Versetzungs-(Umsetzungs-)Bewerber festhalten lassen (BayVGH, B.v. 1.9.2015 – 3 CE 15.1327 – juris Rn. 20; B.v. 19.2.2015 – 3 CE 14.2693 – juris Rn. 18; B.v. 9.7.2012 – 3 CE 12.872 – juris; B.v. 18.10.2011 – 3 CE 11.1479 – juris; B.v. 20.3.2009 – 3 CE 08.3278 – juris; B.v. 11.11.2008 – 3 CE 08.2643 – juris).
Da in der vorliegenden Konkurrenzsituation der Grundsatz der „Bestenauslese“ keine Anwendung findet, kann ein eventueller Bewährungsvorsprung des Beigeladenen einen Anordnungsgrund nicht begründen.
b) Findet der Grundsatz der „Bestenauslese“ keine Anwendung, liefert auch der Gesichtspunkt, dass eine zwischenzeitlich erworbene faktische Bewährung des Beigeladenen im Rahmen einer erneuten Auswahlentscheidung berücksichtigt werden könnte, keinen Anordnungsgrund. Denn der Dienstherr hat bei einer gegebenenfalls erneut vorzunehmenden Auswahlentscheidung ohne Bindung an den Leistungsgrundsatz einen sehr weit gespannten Ermessensspielraum (BayVGH, B.v. 1.9.2015 – 3 CE 15.1327 – juris Rn. 22; B.v. 9.7.2012 – 3 CE 12.872 – juris; B.v. 18.10.2011 – 3 CE 11.1479 – juris), bei dem z. B. auch umgekehrt berücksichtigt werden könnte, dass die angesprochene Bewährung in einer nicht rechtmäßig erlangten Ausgangsposition erworben wurde. Daher stellt der Umstand einer faktischen Bewährung – anders als im Anwendungsbereich des Leistungsgrundsatzes – keinen den Dienstherrn bindenden Gesichtspunkt dar. Gestützt wird dieses Ergebnis auch von der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach selbst dann, wenn man eine zwischenzeitlich erfolgte Beförderung des ausersehenen Stellenbewerbers – die in der Regel eine Bewährung auf dem aktuellen Dienstposten voraussetzt – in Betracht zieht, dieser Umstand nicht zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führt (BayVGH, B.v. 20.3.2009 – 3 CE 08.3278 – juris; B.v. 11.11.2008 – 3 CE 08.2643 – juris).
3. Die Antragstellerin hat als unterlegene Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der nach § 65 Abs. 2 VwGO beizualdende ausgewählte Beamte hat seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen (§ 154 Abs. 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) – voller Auffangwert (BayVGH, B.v. 8.1.2014 – 3 CE 13.2203 – juris) .