Verwaltungsrecht

Kostenlast nach Hauptsacheerledigung bei Fortführungsantrag nach § 33 Abs. 5 S. 2 AsylG

Aktenzeichen  B 4 K 16.31787

Datum:
26.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 33 Abs. 4, Abs. 5 S. 2
VwGO VwGO § 161 Abs. 2

 

Leitsatz

Es entspricht der Billigkeit, nach einer Erledigung der Hauptsache dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wenn der Einstellungsbescheid wegen eines Fortführungsantrages nach § 33 Abs. 5 S. 2 AsylG aufgehoben wurde, da der Kläger damit die Ursache für das erledigende Ereignis gesetzt hat. Unerheblich ist für die Kostenentscheidung, dass der aufgehobene Einstellungsbescheid mangels ordnungsgemäßer Belehrung iSd § 33 Abs. 4 AsylG rechtswidrig war. (Rn. 10 – 12) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Das Verfahren wird eingestellt.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Mit Schreiben vom 09.11.2016 lud das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Kläger zur persönlichen Anhörung für den 30.11.2016 nach B. Dem Schreiben an den im Asylverfahren nicht anwaltlich vertretenen Kläger war zwar ein Hinweis auf die nach der sich aus der geltenden Gesetzeslage ergebenden Rechtsfolge der fiktiven Rücknahme bei Nichterscheinen in deutscher Sprache beigefügt, nicht jedoch in Englisch, das der Kläger versteht. Eine Empfangsbestätigung für den Hinweis findet sich nicht in der Bundesamtsakte.
Nachdem der Kläger zum Termin nicht erschienen war, stellte das Bundesamt mit Bescheid vom 30.11.2016 fest, die Klage gelte als zurückgenommen und stellte das Asylverfahren ein. Weiter stellte die Behörde fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen, setzte dem Kläger eine Ausreisefrist von einer Woche, drohte ihm die Abschiebung nach Sierra Leone an und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung.
Gegen den am 01.12.2016 als Einschreiben zur Post gegebenen Bescheid hat der Kläger per Telefax vom 08.12.2016 Klage erhoben und sinngemäß beantragt,
1.den Bescheid der Beklagten vom 30.11.2016 aufzuheben;
2.festzustellen, dass der Asylantrag nicht als zurückgenommen gilt,
3.festzustellen, dass der Kläger asylberechtigt ist, sowie
4.festzustellen, dass bei ihm die Flüchtlingseigenschaft, der subsidiäre Schutzstatus und Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen Nachdem der Kläger am 11.04.2017 persönlich bei der Außenstelle München des Bundesamtes einen Fortführungsantrag gestellt hatte, hob die Beklagte mit Bescheid ebenfalls vom 11.04.2017 den streitgegenständlichen Bescheid auf.
Mit Schreiben vom 11.04.2017, das am 13.04.2017 eingegangen ist, erklärte der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und verwahrte sich gegen die Kostenlast. Mit Schriftsatz vom 25.04.2017, das am 26.04.2017 eingegangen ist, stimmte die Beklagte zu und schlug vor, die Kosten der Klägerseite aufzuerlegen bzw. alternativ gegeneinander aufzuheben.
II.
1. Da die Parteien die Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren gemäß § 161 Abs. 3 VwGO analog einzustellen.
2. Nach § 161 Abs. 2 VwGO ist über die Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. In der Regel entspricht es der Billigkeit, demjenigen die Kosten zu überbürden, der im Verfahren voraussichtlich unterlegen wäre. Bei der Billigkeitsentscheidung ist jedoch auch zu berücksichtigen, auf wen das erledigende Ereignis zurückzuführen ist.
Der Billigkeit entspricht es hier, die Kosten dem Kläger zu überbürden.
Es spricht zwar viel dafür, dass der Verwaltungsakt, mit dem im Bescheid der Beklagten vom 30.11.2016 die Feststellung getroffen wurde, der Asylantrag gelte als zurückgenommen, weil der Kläger das Verfahren nicht betrieben habe, aus formellen Gründen rechtswidrig war. Die Rücknahmefiktion wäre nämlich nur dann eingetreten, wenn der Kläger gemäß § 33 Abs. 4 AsylG auf diese Rechtsfolge gegen Empfangsbestätigung, d. h. einer Erklärung, dass der Hinweis vom Kläger oder einem Dritten persönlich entgegengenommen wurde (VG Kassel, B. v. 06.03.2017 – 6 L 437. KS.A – juris Rn.15), hingewiesen worden wäre und der Hinweis auch in einer ihm verständlichen Sprache (VG Arnsberg, B. v. 16.02.2017 – 2 L 134/17.A – juris Rn. 17-23) erteilt worden wäre. An beiden Voraussetzungen fehlte es in der Ladung zur persönlichen Anhörung vom 08.11.2016.
Das Unterlassen einer ordnungsgemäßen Belehrung im Ladungsschreiben wirkt sich auf die Kostenentscheidung jedoch nicht aus.
Die Beklagte hat das erledigende Ereignis, die Aufhebung des Bescheides vom 30.11.2016 mit Bescheid vom 11.04.2017, nicht deswegen ins Werk gesetzt, weil sie den von ihr erlassenen Bescheid als rechtswidrig erkannt hatte und beseitigen wollte. Vielmehr reagierte sie mit der Aufhebung des Bescheides allein darauf, dass der Kläger am 11.04.2017 einen Fortführungsantrag gemäß § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG gestellt hatte. Nachdem die Beklagte auf Antrag des Klägers das Asylverfahren gemäß § 33 Abs. 5 Satz 5 AsylG wieder aufgenommen hatte, musste sie notwendigerweise, unabhängig davon ob der Einstellungsbescheid aus formellen und/oder materiellen Gründen rechtmäßig war oder nicht, den zuvor erlassenen Einstellungsbescheid vom 30.11.2016 vollständig aufheben (vgl. VG Regensburg, B. v. 18.04.2016 – RO 9 S. 16.30620- juris Rn.18).
Damit hat allein der Kläger mit seinem Fortführungsantrag die Ursache für das erledigende Ereignis gesetzt und hat deshalb die Kosten des gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
Hinweis:
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen