Aktenzeichen M 24 S 15.5884
DVAsyl DVAsyl § 8
Leitsatz
Die ohne Übergangsregelung seit Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20.10.2015 am 24.10.2015 verbindliche Regelung des § 47 Abs. 1a AsylG findet auch auf solche Asylbewerber Anwendung, die ihren Asylantrag vor dem 24.10.2015 gestellt haben und vor diesem Tag aus der Aufnahmeeinrichtung heraus erstverteilt worden sind (ebenso VGH München BeckRS 2016, 40766). (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Rechtsstreit betrifft eine vom Antragsgegner (Ag.) gegenüber dem Antragsteller (ASt.) von Amts wegen verfügte landesinterne Umverteilung in die Ankunfts- und Rückführungseinrichtung I Bayern in … (ARE I). Der ASt. ist kosovarischer Staatsangehöriger und hat am 15. Januar 2015 in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylfolgeantrag gestellt (Bl. 8 der von der Regierung von Schwaben vorgelegten Verwaltungsakte – d. A.).
Mit streitgegenständlichem Bescheid (sgB) vom … Dezember 2015 wies die Regierung von Oberbayern (ROB) dem ASt. als künftigen Wohnsitz die ARE I zu. Dabei hält der sgB (dort S. 3) hinsichtlich des ASt. unter anderem fest: „Status: Duldung nach § 60a AufenthG, seit 30.05.2011“.
Bis zum Ergehen des sgB wohnte der ASt. in einer Gemeinschaftsunterkunft (GU) in …, die ihm bereits im Asylerstverfahren zugewiesen war (Bl. 3 f. d. A.).
Mit Klageschrift vom 28. Dezember 2015, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, beantragten die Klägerbevollmächtigten (Bev.), den sgB aufzuheben. Mit Antragsschrift vom 28. Dezember 2015, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, beantragten die Bev.
die aufschiebende Wirkung (a.W.) der Klage anzuordnen.
Dabei wurde unter anderem vorgetragen, der ASt. lebe in familiärer Gemeinschaft mit Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern (geboren 2011 und 2012) in … Der sgB greife in eine bestehende familiäre Lebensgemeinschaft ein. Die Ehefrau des ASt. sei erwerbstätig. Der ASt. betreue in ihrer Abwesenheit die Kinder. All dies werde unmöglich gemacht, wenn der ASt. sich in die Aufnahmeeinrichtung nach … begeben müsse.
Mit Sammelzuleitung vom 5. Januar 2016 legte die Regierung von Schwaben dem Gericht die Verwaltungsakte vor.
Mit Klage- und Antragserwiderung vom 2. Februar 2016 beantragte der Ag. Klageabweisung und
Antragsablehnung.
Dabei wurde unter anderem vorgetragen, der ASt. sei am 31. Mai 2012 abgeschoben worden und habe am 15. Januar 2015 einen Folgeantrag gestellt. Die ARE I verfüge über freie Kapazitäten. Die Anschlussunterbringung in Bayern sei ausgelastet und solle künftig – der gesetzlichen Regelung in § 47 Abs. 1a AsylG entsprechend – vor allem Asylbewerbern zum Aufenthalt dienen, die nicht aus sicheren Herkunftsstaaten stammen. Ein etwaiges Vertrauen des ASt. darauf, in der Anschlussunterbringung in der unmittelbaren Nähe seiner Familienangehörigen zu verbleiben, müsse angesichts des dargelegten erheblichen öffentlichen Interesses zurücktreten. Dem ASt. stehe es zum einen frei, seine Familie jederzeit zu besuchen, zum anderen könne auch eine gemeinsame private Wohnsitznahme beantragt werden.
Mit Schriftsatz vom 8. Februar 2016 teilten die Bev. mit, dass die Ehefrau und das Kind des ASt. keine Asylbewerber seien. Die Ehefrau sei im Besitz einer befristeten Aufenthaltserlaubnis; sie habe die Erteilung der Niederlassungserlaubnis beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die parallelen Gerichtsakten M 24 K 15.5883 und M 24 S 15.5884 sowie auf die von der Regierung von Schwaben vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Eilantrag bleibt in der Sache erfolglos.
1. Das Verwaltungsgericht (VG) München ist als Gericht der Hauptsache insbesondere örtlich zuständig gemäß § 52 Nr. 2 Satz 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es handelt sich um eine Streitigkeit nach dem Asylgesetz (AsylG), weil für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblich jedenfalls auch § 47 Abs. 1a AsylG ist (BayVGH, B. v. 9.12.2015 – 21 CS 15.30249 – juris Rn. 2-5). Dabei hatte der ASt. in dem (für die Bestimmung der örtlichen gerichtlichen Zuständigkeit gemäß § 83 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – maßgeblichen) Zeitpunkt des Klageeingangs aufgrund des sgB seinen Aufenthalt in der ARE I in …, mithin im Gerichtsbezirk des VG München zu nehmen (Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung – AGVwGO), zumal die in der Hauptsache erhobene Klage kraft Gesetzes keine a.W. hat (§ 75 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO).
Zur Entscheidung berufen ist der Berichterstatter als Einzelrichter (§ 76 Abs. 4 AsylG).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die vorliegende, gemäß § 101 Abs. 3 VwGO ohne mündliche Verhandlung ergehende, Entscheidung ist in der Sache der Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG). Dabei sind auch die durch Art. 1 und Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722 – AsylVf-B-G) vorgenommenen und zum 24. Oktober 2015 in Kraft getretenen Änderungen des früheren Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG), das durch das AsylVf-B-G in „Asylgesetz“ (AsylG) umbenannt worden ist, im Rahmen der vorliegenden Entscheidung zu berücksichtigen, insbesondere hinsichtlich § 47 Abs. 1a AsylG und hinsichtlich der Anlage II zu § 29a AsylG (Art. 1 Nr. 15 Buchst. b) und Nr. 35 AsylVf-B-G).
2. Der Eilantrag ist zulässig (§ 80 Abs. 5 VwGO), insbesondere statthaft, weil – wie gezeigt – die in der Hauptsache erhobene Klage kraft Gesetzes keine a.W. hat.
3. Der Eilantrag ist unbegründet.
3.1. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall eines gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) ganz oder teilweise anordnen. Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob diejenigen Interessen, die für einen gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts streiten, oder diejenigen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht als alleiniges Indiz zu berücksichtigen (beispielsweise BVerwG, B. v. 25.3.1993 – 1 ER 301/92 – NJW 1993, 3213, juris Rn. 3). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, weil er zulässig und begründet ist, so wird im Regelfall nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung und der Antrag bleibt voraussichtlich erfolglos. Sind die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen zu beurteilen, findet eine eigene gerichtliche Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.
3.2. Nach summarischer Prüfung ist vorliegend davon auszugehen, dass sich der sgB als rechtmäßig erweisen und die in der Hauptsache erhobene (zulässige) Klage in der Sache voraussichtlich erfolglos bleiben wird, weswegen das staatliche Vollzugsinteresse das Suspensivinteresse des ASt. überwiegt.
3.2.1. Als Rechtsgrundlage der im sgB von Amts wegen verfügten landesinternen Umverteilung einschlägig ist § 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl).
Nach dieser Vorschrift kann aus Gründen des öffentlichen Interesses landesintern eine Umverteilung in einen anderen Landkreis oder in eine andere kreisfreie Gemeinde im selben oder in einem anderen Regierungsbezirk erfolgen. Zuständig ist insoweit gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 DVAsyl diejenige Regierung, in deren Bezirk die Verteilung erfolgen soll, vorliegend also die ROB, weil … im Regierungsbezirk Oberbayern liegt. Dabei bedarf es für derartige Verteilungsentscheidungen gemäß § 47 Abs. 1a Satz 2 i. V. m. § 50 Abs. 4 Sätze 3 und 4 AsylG i. V. m. § 8 Abs. 4 und § 7 Abs. 4 Satz 2 DVAsyl weder einer Anhörung noch einer Begründung.
Das öffentliche Interesse i. S. v. § 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 DVAsyl ergibt sich vorliegend aus der durch Art. 1 Nr. 15 Buchst. b AsylVf-B-G eingeführten und gemäß Art. 15 Abs. 1 AsylVf-B-G am 24. Oktober 2015 in Kraft getretenen Vorgabe des § 47 Abs. 1a AsylG. Nach § 47 Abs. 1a Satz 1 AsylG sind Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat i. S. v. § 29a AsylG i. V. m. der Anlage II zum AsylG (abweichend von § 47 Abs. 1 AsylG, wonach Asylbewerber im Ausgangspunkt längstens sechs Monate zum Aufenthalt in einer Aufnahmeeinrichtung [AE] verpflichtet sind) bis zur Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag und darüber hinaus auch im Falle der Ablehnung des Asylantrags bis zur Ausreise oder bis zum Vollzug der Abschiebungsandrohung verpflichtet, in der für ihre Aufnahme zuständigen AE zu wohnen. Gemäß § 47 Abs. 1a Satz 2 AsylG finden allerdings auch insoweit die §§ 48 bis 50 AsylG Anwendung. Dabei besteht auch bei Asylfolgeantragstellern aus sicheren Herkunftsstaaten unter den Voraussetzungen des § 71 Abs. 2 Satz 2 AsylG n. F. i. V. m. § 47 Abs. 1a AsylG eine entsprechende Pflicht, in der AE zu wohnen (vgl. BT-Drs. 18/6185 zu Art. 1 Nr. 27 Buchst. a), S. 36, oben).
Die ohne Übergangsregelung seit 24. Oktober 2015 verbindliche Regelung des § 47 Abs. 1a AsylG findet auch auf solche Asylbewerber Anwendung, die ihren Asylantrag vor dem 24. Oktober 2015 gestellt hatten und vor diesem Tag aus der AE heraus erstverteilt worden waren. Der Einzelrichter schließt sich insoweit folgenden Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B. v. 9.12.2015 – 21 CS 15.30249 – Rn. 7, juris) an:
Die Bestimmung des § 47 Abs. 1a Satz 2 AsylG, wonach die §§ 48 bis 50 AsylG unberührt bleiben, spricht für sich genommen nicht gegen die Annahme des Beklagten, dass auch solche Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat der neu geschaffenen Wohnpflicht unterliegen, die bereits auf die Regierungsbezirke verteilt wurden. Damit ist lediglich bestimmt, dass die Wohnpflicht des § 47 Abs. 1a Satz 1 AsylG aus den in den §§ 48 bis 50 AsylG geregelten Gründen endet. Es kann jedoch nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass die Gründe, die zu einem Ende der aus § 47 Abs. 1 (a. F.) folgenden Wohnpflicht geführt haben, auch einer späteren Umverteilung in eine auf der Grundlage des § 47 Abs. 1a Satz 1 AsylG bestehende Aufnahmeeinrichtung entgegenstehen. Denn diese Aufnahmeeinrichtungen wurden eigens für den Zweck geschaffen, bei Personen ohne flüchtlingsrelevanten Schutzbedarf – wie den Antragstellern – eine abschließende sowie im Ergebnis schnellere Bearbeitung der Asylverfahren und eine raschere Beendigung des Aufenthalts zu gewährleisten (vgl. BT-Drs. 18/6185 S. 33 f.).
Vor diesem Hintergrund ist § 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 DVAsyl eine hinreichende Rechtsgrundlage, um die kraft Gesetzes (§ 47 Abs. 1a AsylG) auch für zuvor bereits aus einer AE heraus verteilte Asylbewerber bestehende Verpflichtung (wieder) in einer AE zu wohnen, mittels einer landesinternen Umverteilungsentscheidung von Amts wegen zu vollziehen.
3.2.2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 47 Abs. 1a AsylG sind vorliegend nicht zweifelhaft.
3.2.2.1. Der ASt. ist unstreitig Staatsangehöriger Kosovos, mithin eines sicheren Herkunftsstaates i. S. v. §§ 47 Abs. 1a, 29a AsylG i. V. m. der Anlage II zum AsylG, und hat nach Verlassen des Bundesgebietes hier einen Asylfolgeantrag gestellt (§ 71 Abs. 2 Satz 2 AsylG). Es ist auch weder von der Antragspartei vorgetragen noch ersichtlich, dass es im Fall des ASt. (abweichend von der Regel des § 29a Abs. 1 AsylG) zu einer Positiventscheidung i. S. v. § 29a Abs. 1 letzter Halbsatz AsylG gekommen wäre, so dass die aus § 47 Abs. 1a AsylG resultierende Pflicht, in einer AE zu wohnen, nicht geendet hat. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass im Fall des ASt. eine Anerkennung als Asylberechtigter oder eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutzes oder eine Feststellung nationaler Abschiebungsverbote erfolgt wäre. Im vorliegenden Rechtsstreit, der sich nur auf eine landesinterne Umverteilung bezieht, ist darüber hinaus nicht „inzident“ zu prüfen, ob dem ASt. insoweit ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutzes oder auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote zusteht oder nicht, und zwar schon deshalb nicht, weil nach dem Asylgesetz hierfür nicht der Beklagte, sondern allein das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als Behörde der Bundesrepublik Deutschland zuständig ist – die Klärung der genannten zielstaatsbezogenen Fragen bleibt ausschließlich den insoweit vorgesehenen Verwaltungsverfahren des BAMF und den jeweils zugehörigen gerichtlichen Verfahren vorbehalten. Auf die von der Klageschrift angesprochene Frage, ob Asylverfahren von Flüchtlingen aus dem Kosovo keineswegs von vornherein aussichtslos sind, kommt es vor diesem Hintergrund im Kontext des § 47 Abs. 1a AsylG nicht an.
Die in … gelegene ARE I ist eine Aufnahmeeinrichtung (AE) i. S. v. § 47 Abs. 1a AsylG i. V. m. § 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 DVAsyl i. V. m. § 5 Abs. 1 DVAsyl. Es handelt sich um eine allein im staatlichen Zuständigkeitsbereich der Regierung von Oberbayern angesiedelte Thematik, weil die Regierung von Oberbayern nicht nur für die landesinterne Umverteilung selbst, sondern auch für die Errichtung und den Betrieb der Regierungsaufnahmestelle wie auch der AE zuständig ist (§ 3 Satz 1 und § 5 Abs. 1 Satz 1 DVAsyl).
3.2.2.2. Der sgB verstößt nicht gegen die in § 47 Abs. 1a Satz 2 i. V. m. § 50 Abs. 4 Satz 5 AsylG und § 8 Abs. 6 DVAsyl genannten Anforderungen.
Allerdings ist im Fall des ASt. der in § 50 Abs. 4 Satz 5 i. V. m. § 47 Abs. 1a Satz 2 AsylG und in § 8 Abs. 6 DVAsyl genannte Aspekt der Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten sowie Eltern mit ihren minderjährigen ledigen Kindern einschlägig. Zwar beziehen sich die genannten Vorschriften regelmäßig auf Konstellationen, in denen die Eheleute und Familienangehörigen sämtlich Asylbewerber sind und es darum geht, Verteilungsentscheidungen hinsichtlich solcher Personengruppen aufeinander abzustimmen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Ehefrau und die Kinder des ASt. selbst keine Asylbewerber sind und dem staatlichen System der Verteilung von Ausländern nicht unterliegen. Das ändert jedoch im Ergebnis nichts an der Einschlägigkeit der genannten Schutznormen. Bei der Auslegung dieser Bestimmungen ist nämlich zu berücksichtigen, dass Ehe und Familie sowohl nach Art. 6 Grundgesetz (GG) als auch nach Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) Schutz genießen. Selbst wenn aber wegen der in § 50 Abs. 4 Satz 5 AsylG (nicht aber in § 8 Abs. 6 DVAsyl) enthaltenen Verweisung auf § 26 Abs. 1 bis 3 AsylG nur Haushaltsgemeinschaften von Asylbewerbern erfasst sein sollten, wäre zu prüfen, ob nicht aus den genannten verfassungs- und konventionsrechtlichen Gründen ein „sonstiger humanitärer Grund von vergleichbarem Gewicht“ vorliegt. Allerdings schließen diese Vorschriften landesinterne Umverteilungen, die dazu führen, dass die Eheleute und Familienangehörigen an unterschiedlichen wohnhaft sind, nicht per se aus, und zwar in keiner der genannten Auslegungsvarianten. Vielmehr ist im jeweiligen Einzelfall zu bewerten, ob das jeweilige öffentliche Interesse im Vergleich mit dem Gewicht der verfassungs- und konventionsrechtlich geschützten Haushaltsgemeinschaft geeignet ist, den Eingriff in diese Haushaltsgemeinschaft zu rechtfertigen.
Vorliegend rechtfertigt vor diesem Hintergrund das öffentliche Interesse an der Umverteilung den Eingriff in das private Interesse des ASt. an der Wahrung der Haushaltsgemeinschaft.
Zwar hat die Klagepartei unter anderem vorgetragen, die in … lebende Ehefrau des ASt. sei erwerbstätig und der ASt. betreue in ihrer Abwesenheit die Kinder, was unmöglich gemacht werde, wenn der ASt. nach … umziehen müsse.
Dem steht aber das öffentliche Interesse gegenüber, die begrenzten Aufnahmekapazitäten außerhalb der ARE I für solche Asylbewerber zu nutzen, die nicht aus sicheren Herkunftsstaaten i. S. v. § 47 Abs. 1a AsylG stammen. Dieses öffentliche Interesse ist nicht rein logistischer oder organisatorischer Art – vielmehr kommt diesem Aspekt seinerseits verfassungs- und konventionsrechtliches Gewicht zu: Es ist nämlich zu sehen, dass selbstverständlich auch bei den Asylbewerbern aus nicht-sicheren Herkunftsstaaten Haushaltsgemeinschaftsinteressen bestehen, die verfassungs- und konventionsrechtlich ebenso geschützt sind wie die des ASt. und seiner Familie. Die Verwaltung ist aber gehalten, diesen Interessen Rechnung zu tragen, wobei sie bei der anspruchsvollen Aufgabe der entsprechenden Umsetzung legitimer Weise berücksichtigen kann, dass die Grundregel des § 47 Abs. 1a AsylG auf diese Gruppe von Asylbewerbern (aus nicht-sicheren Herkunftsstaaten) anders als im Fall des ASt. gerade keine Anwendung findet.
Dies vorausgesetzt, kommt den übrigen vom Ag. vorgetragenen Aspekten, dass nämlich der ASt. die Möglichkeit hat, seine Familie zu besuchen, und nicht gehindert ist, einen Antrag auf private Wohnsitznahme zu stellen, maßgebliches Gewicht bei. Das Gericht verkennt nicht, dass der nach dem Vortrag der Klagepartei praktisch eingespielte Ablauf des Familienlebens, insbesondere die Kinderbetreuung während der Berufstätigkeit der Ehefrau und Mutter der gemeinsamen Kinder, durch den sgB beeinträchtigt wird. Dieser Eingriff ist vorliegend aber im Ergebnis gerechtfertigt. Es ist zu sehen, dass der sgB nur eine landesinterne Umverteilung innerhalb Bayerns betrifft, was von der Intensität des Eingriffs her in keiner Weise mit einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet vergleichbar ist. Hinzu kommt, dass der ASt. schon bislang seinen Aufenthalt nicht in der Wohnung der Ehefrau und der Kinder, sondern in einer GU … zu nehmen hatte und dass (unabhängig davon) die begrenzten GU-Kapazitäten außerhalb der ARE I – wie gezeigt – legitimer Weise für Asylbewerber aus nicht-sicheren Herkunftsstaaten genutzt werden sollen.
Sonstige humanitäre Gründe von mit der Haushaltsgemeinschaft vergleichbarem Gewicht sind im Kontext der streitgegenständlichen landesinternen Umverteilung nicht ersichtlich. Insbesondere bewirkt das – wie gezeigt – gegenüber dem privaten Interesse des ASt,. in der Nähe seiner Familie zu wohnen, überwiegende öffentliche Interesse an der Umverteilung (s.o.), dass auch insoweit kein sonstiger humanitärer Grund von vergleichbarem Gewicht vorliegt.
3.2.3. Der sgB leidet nicht unter Ermessensfehlern (§ 114 VwGO). Dabei ist zu sehen, dass die vorliegende landesinterne Umverteilungsentscheidung gemäß § 8 Abs. 4 i. V. m. § 7 Abs. 4 Satz 2 DVAsyl i. V. m. § 50 Abs. 4 Satz 3 i. V. m. § 47 Abs. 1a Satz 2 AsylG von vornherein keiner expliziten Begründung bedarf.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass der sgB auf ermessensfehlerhaften Erwägungen beruhen könnte; vielmehr dient der sgB der Umsetzung der bundesrechtlich in § 47 Abs. 1a AsylG verankerten Pflicht des ASt., (wieder) in einer AE zu wohnen, sowie dem im Hinblick auf diese Vorschrift legitimen Ziel, die begrenzten GU-Kapazitäten für Asylbewerber aus nicht-sicheren Herkunftsstaaten nutzen zu können.
3.2.4. Im Ergebnis erweist sich der sgB deshalb nach summarischer Prüfung als rechtmäßig. Aus Sicht des (für das Eilverfahren maßgeblichen) Zeitpunktes der vorliegenden Entscheidung wird die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben, so dass das Vollzugsinteresse des Ag. das Suspensivinteresse der Antragspartei überwiegt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
…