Aktenzeichen M 7 K 15.3998
Leitsatz
1 Ein subjektiv-öffentliches Recht, aufgrund dessen die Feststellung beansprucht werden könnte, dass eine Person, die sich einen Phantasienamen und eine fiktive Existenz außerhalb des deutschen Staatswesens zugelegt hat, nicht mit sich selbst bzw. der Person identisch ist, die den staatlichen Behörden unter ihrem bürgerlich rechtlichen Namen bekannt und in staatlichen Ausweispapieren genannt ist, gibt es nicht (Anschluss an OVG NRW BeckRS 2016, 55140). (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine derartige Klage kann auch nicht gemäß § 88 VwGO zweckgerecht dahingehend ausgelegt werden, dass sie auf eine Namensänderung gerichtet ist. (redaktioneller Leitsatz)
3 Gegen nichtige bzw. wirkungslose Urteile, die zwar nicht der materiellen, jedoch der formellen Rechtskraft fähig sind, ist der Kläger auf die statthaften Rechtsmittel der jeweiligen Gerichtsbarkeit zu verweisen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Nachdem der Kläger ausweislich des Ladungsschreibens vom 14. Februar 2017 und der Postzustellungsurkunde vom 17. Februar 2017 form- und fristgerecht unter Hinweis gem. § 102 Abs. 2 VwGO geladen worden ist, konnte über den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung am 10. März 2017 auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden.
Die Klage, mit der der Kläger die Feststellungen begehrt, dass „J. von A. aus dem Hause …“ nicht mit … identisch ist und dass zivil- und strafgerichtliche Entscheidungen anderer Gerichte keine Wirkungen haben, ist bereits unzulässig.
Da Klägerbezeichnung und Unterschrift auseinanderfallen, ist bereits zweifelhaft, ob die Klage wirksam erhoben ist. Denn die gem. § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO einzuhaltende Schriftform ist nur gewahrt, wenn die Klageschrift vom Kläger oder seinem Prozessbevollmächtigten handschriftlich unterzeichnet ist. Allerdings kann nach den verschiedenen Selbstbezeichnungen, den dazu gemachten Ausführungen und einigen Handschriftenproben wohl davon ausgegangen werden, dass die Klage vom Kläger herrührt.
Jedenfalls fehlt es an der Prozessvoraussetzung der Klagebefugnis gem. § 42 Abs. 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift muss ein Kläger geltend machen können, durch den angefochtenen Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines begehrten Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist § 42 Abs. 2 VwGO entsprechend auf die hier in Betracht kommende Feststellungsklage anzuwenden (BVerwG, U. v. 19. November 2015 – 2 A 6/13 – juris Rn 30 u. U. v. 26. Januar 1996 – 8 C 19/94 – juris Rn 20 m.w.N.), so dass eine Klagebefugnis neben einem berechtigten Interesse an der begehrten Feststellung (§ 43 Abs. 1 VwGO) vorliegen muss. Denn ein Rechtsschutzbegehren ist ohne Rücksicht auf die Klageart nur dann zulässig, wenn es sich auf Rechte stützt, die gerade dem Kläger zustehen können (BVerwG, U. v. 26. Januar 1996 – 8 C 19/94 – juris Rn 20). In § 42 Abs. 2 VwGO kommt ein allgemeines Strukturprinzip des Verwaltungsrechtsschutzes zum Ausdruck. Vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 4 GG ist er, wenn auch nicht ausschließlich (vgl. § 42 Abs. 2 Hs. 1 VwGO), so doch in erster Linie, auf den Individualrechtsschutz ausgerichtet (BVerwG, U. v. 5. September 2013 – 7 C 21/12 – juris Rn 18). Eine Klagebefugnis ist gegeben, wenn unter Zugrundelegung des Klagevorbringens eine Verletzung des geltend gemachten Rechts möglich bzw. denkbar erscheint (BVerwG, U. v. 5. April 2016 – 1 C 3/15 – juris Rn 16 u. U. v. 19. November 2015 – 2 A 6/13 – juris Rn 15; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 31. Erg.lfg. Juni 2016, § 42 Rn 65 ff.). Dies ist nicht der Fall, wenn die vom Kläger geltend gemachte Rechtsposition offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen oder ihm zustehen kann (BVerwG, U. v. 19. November 2015 – 2 A 6/13 – juris Rn 15).
Der Kläger begehrt unter dem Phantasienamen „J. von A. aus dem Hause …“ die Feststellung, dass er nicht die von ihm – insoweit widersprüchlich – als Kläger bezeichnete Person „…“ ist und dass alle gegen letzteren ergangenen zivil- und strafgerichtlichen Entscheidungen keine Wirkung haben. Dass es sich augenfällig um einen Phantasienamen handelt, ergibt sich nicht nur aus der unüblichen Namensform und den wirren bzw. völlig abwegigen Ausführungen (vgl. selbst gefertigte Urkunde „(An-)Erkennung im Naturrecht …“), sondern auch daraus, dass sich der Kläger in seinem Klageschreiben und den beigefügten Unterlagen jeweils mit derselben Handschrift noch weitere erfundene Namen wie „J. von München“ und „T. von Siegerland“ zugelegt hat. Ein subjektiv-öffentliches Recht, aufgrund dessen die Feststellung beansprucht werden könnte, dass eine Person, die sich einen Phantasienamen und eine fiktive Existenz außerhalb des deutschen Staatswesens zugelegt hat, nicht mit sich selbst bzw. der Person identisch ist, die den staatlichen Behörden unter ihrem bürgerlich rechtlichen Namen bekannt und in staatlichen Ausweispapieren genannt ist, gibt es indes nicht (vgl. OVG NW, B. v. 22. November 2016 – 19 A 1456/16 – juris Rn 5 zum Anspruch auf Ausstellung eines frei erfundenen Ausweisdokuments auf der Grundlage einer ebenfalls frei erfundenen „Staatsbürgerschaft“).
Nach dem gestellten Antrag und dem Klagevorbringen lässt sich die Klage auch nicht zweckgerecht dahin auslegen (§ 88 VwGO), dass der Kläger eine Namensänderung begehrt. Denn er hat nicht beantragt, dass sein bisheriger Name in den Namen zu ändern sei, den er sich selbst beigelegt hat, sondern beansprucht anzuerkennen, dass ihm letzterer bereits zustehe. Im Übrigen wäre eine gem. § 3 NamÄndG auf die Änderung des Vor- und Familiennamens gerichtete Verpflichtungsklage deshalb unzulässig, weil sie in prozessualer Hinsicht voraussetzt, dass zuvor ohne Erfolg ein entsprechender Antrag bei der zuständigen Verwaltungsbehörde gestellt worden ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Vorbem. vor § 68 Rn 5a m.w.N.). Diese Zulässigkeitsvoraussetzung folgt aus § 68 Abs. 2, § 75 Satz 1 VwGO („Antrag auf Vornahme“) und zusätzlich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, nach dem es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden (BayVGH, B. v. 12. August 2016 – 15 ZB 15.696 – juris Rn 22 m.w.N.). An einem solchen Antrag fehlt es hier.
Ebenso wenig gibt es eine Rechtsgrundlage für eine verwaltungsgerichtliche Feststellung des Inhalts, dass Urteile anderer Rechtszweige wirkungslos sind oder dass das Gericht eines anderen Rechtszweigs den falschen Beklagten verurteilt hat, so dass auch bezüglich des zweiten Klageantrags eine Rechtsverletzung nicht möglich oder denkbar erscheint und eine Klagebefugnis fehlt. Gegen nichtige bzw. wirkungslose Urteile, die zwar nicht der materiellen, jedoch der formellen Rechtskraft fähig sind, ist der Kläger auf die statthaften Rechtsmittel der jeweiligen Gerichtsbarkeit zu verweisen (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 511 Rn 7 f.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.